Herzogtum Sachsen-Lauenburg
Das Herzogtum Sachsen-Lauenburg war ein reichsunmittelbares Fürstentum im äußersten Südosten Schleswig-Holsteins mit dem territorialen Schwerpunkt in dem nach ihm benannten Kreis Herzogtum Lauenburg.
Neben den Kernterritorium um Lauenburg gehörten zeitweise aber auch andere Territorien hinzu, wie das Land Hadeln im Elbmündungsgebiet, das Amt Neuhaus im Landkreis Lüneburg nördlich der Elbe, die Elbmarschen des heutigen Kreises Lüneburg sowie die Stadt Bergedorf mit den Vierlanden, die heute zu Hamburg gehören. Das Herzogtum entstand 1296 durch Teilung des Rest-Herzogtums Sachsen. Die Residenzorte des Herzogtums waren die Städte Ratzeburg und Lauenburg.
Regierende Dynastien
Regierendes Herzogsgeschlecht waren bis 1689 die Askanier, danach war das Herzogtum mit dem Kurfürstentum Hannover (1689-1803), dem Königreich Dänemark (1814-1864) und Preußen (1865 - 1876) verbunden. 1876 wurde das Herzogtum als Kreis Herzogtum Lauenburg in die Provinz Schleswig-Holstein des Königreiches Preußen eingegliedert.
Stellung im Reich
Als Rechtsnachfolger des alten Stammesherzogtums Sachsen besaß das Herzogtum Lauenburg in seiner Anfangsphase Lehnshoheitsrechte gegenüber der nordelbischen Grafschaft Holstein, dem Bistum Ratzeburg sowie im mittleren Weserraum, die aber in späterer Zeit nicht mehr durchgesetzt werden konnten bzw. verkauft wurden. In Konkurrenz zu dem durch die Teilung 1296 ebenfalls entstandenen Herzogtum Sachsen-Wittenberg kämpften die Lauenburger Herzöge vergeblich um die Kurwürde. Dieser Kampf wiederholte sich nach dem Aussterben der Askanier in Sachsen-Wittenberg im Jahre 1422, diesmal in Konkurrenz zu den Wettinern aus der Markgrafschaft Meißen.
Wirtschaftliche Grundlagen
Wirtschaftliches Rückgrat des Herzogtums war die Landwirtschaft. Daneben profitierte aber das Land auch von seiner Lage im Städtedreieck Hamburg, Lübeck und Lüneburg. Der Transithandel zwischen diesen Städten verschaffte den Herzögen erhebliche Zolleinnahmen. Von großer Bedeutung war dabei der Salzhandel zwischen der Salzstadt Lüneburg und dem Ostseehafen Lübeck. Der Salzransport erfolgte auf dem Land- (heute als "Alte Salzstraße" bezeichnet) vor allem aber auf dem Wasserwege. Zu diesem Zweck wurden die Flüsse Stecknitz und Delvenau zwischen 1392 bis 1398 zum sogenannten "Stecknitzkanal" ausgebaut, eine der ältesten künstlichen Wasserstraßen Europas. Die damals errichtete Palmschleuse gilt als älteste Kammerschleuse des Kontinents. Allerdings konnten die hohen Zolleinnahmen die finanziellen Aufwendungen der Herzöge insbesondere für ihren Kampf um die Kurwürde nicht ausgleichen, so dass das Herzogtum permanent am Rande des Staatsbankrotts stand und immer zahlreiche Ortschaften an die Hansestadt Lübeck verpfändet waren. Dies gilt insbesondere für die Stadt Mölln, die von 1359 bis 1683 in lübscher Hand war.
Geschichte des Herzogtums
Frühgeschichte (bis 1296)
- 7./8. Jhdt. Der Teilstamm der Polaben des slawischen Großstammes der Abodriten besiedelt von Osten kommend den Nordteil des heutigen Kreises Herzogtum Lauenburg. Der Südteil des Kreises, die sogenannte "Sadelbande" gehört dagegen zum sächsischen Einflussbereich und ist zu dieser Zeit weitgehend unbesiedelt.
- 804 Karl der Große überlässt den Abodriten als Gegenleistung für ihre Unterstützung im Kampf gegen die Sachsen das ganze sächsische Nordalbingien.
- 810 Karl der Große ändert seine Politik und macht Nordalbingien zum Teil seines Fränkischen Reiches. Die Abodriten müssen sich auf ihr angestammtes Siedlungsgebiet zurückziehen. An der Grenze zwischen sächsischem und slawischem Siedlungsgebiet richtet Karl den sogenannten Limes saxoniae ein, der vom heutigen Lauenburg bis zur Kieler Förde reichte und mitten durch das heutige Kreisgebiet verlief.
- 9. Jhdt. Sächsische Kolonisationswelle in der Sadelbande (Südkreis), an der auch Slawen beteiligt werden.
- 1062 Erstmalige Erwähnung Ratzeburgs als Racesburg. Die Burg wurde zu Beginn des 11. Jahrhunderts vom Polabenfürsten Ratibor (Kurzname "Ratse") begründet.
- 1093 Schlacht bei Schmilau. Die siegreichen Sachsen erringen nun endgültig die Herrschaft über das nördliche Kreisgebiet.
- 1142 Heinrich der Löwe richtet auf dem Siedlungsgebiet der Polaben die Grafschaft Ratzeburg ein, die den Nordteil des heutigen Kreises Herzogtum Lauenburg und Teile des westlichen Mecklenburgs umfasst. Er belehnt Heinrich von Badewide mit der Grafschaft. Beginn der deutschen Kolonisation.
- 1154 Heinrich der Löwe begründet das Bistum Ratzeburg. Erster Ratzeburger Bischof ist Evermod.
- 1180 Heinrich der Löwe wird auf dem Reichstag zu Worms durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa aller seiner Lehen als verlustig erklärt und damit als Herzog von Sachsen abgesetzt. Heinrich muss nach einem Bürgerkrieg, der bis 1182 dauert, ins Exil gehen. Der Askanier Bernhard I. von Anhalt erhält das Herzogtum (allerdings ohne Westfalen) zu Lehen.
- 1182 Bernhard I. errichtet die Lauenburg.
- 1201 Ganz Nordelbien und das nördliche Mecklenburg geraten unter dänische Herrschaft, die Lauenburg wird von den Dänen erobert.
- 1204 Umgestaltung der Grafschaft Ratzeburg. Die Grafen von Schwerin erhalten als Belohnung für ihre Unterstützung der dänischen Expansion von den Dänen alle Gebiete der Grafschaft Ratzeburg östlich der heutigen schleswig-holsteinisch-mecklenburgischen Grenze. Dafür wird der Grafschaft die Sadelbande, die bisher immer der direkten Kontrolle der sächsischen Herzöge unterstand, der Grafschaft angeschlossen. Damit ist der Nord- und der Südteil des heutigen Kreises Herzogtum Lauenburg erstmals vereint.
- 1212 Durch Erbteilung im askanischen Hause entsteht das Fürstentum Anhalt.
- 1227 Schlacht bei Bornhöved. Ende der dänische Herrschaft in Norddeutschland. Da das Grafengeschlecht von Ratzeburg ausgestorben ist, können die Askanier als Herzöge von Sachsen und damit als Lehnsherren die Grafschaft Ratzeburg als erledigtes Lehen einziehen.
- 1235 Errichtung des welfischen Herzogtums Braunschweig-Lüneburg, wodurch die Position der Askanier deutlich geschwächt wird.
- 1260 Nach dem Tode ihres Vaters Albrechts I. übernehmen die Brüder Johann I. und Albrecht II. gemeinsam die Herrschaft.
Die askanische Zeit (1296-1689)
- 1296 Albrecht II. und seine 3 Neffen, die Söhne Johanns I., teilen das Herzogtum Sachsen. Albrecht übernimmt die Herrschaft in Sachsen-Wittenberg, Johann II., Erich I. und Albrecht III. erhalten Sachsen-Lauenburg. Dies ist das eigentliche Gründungsdatum des Herzogtums.
- 1305 Nach acht Jahren gemeinsamer Regierung teilen die drei Brüder ihr Herzogtum auf. Erich I. übernimmt den Ratzeburg-Möllner Anteil (Ratzeburg-Möllner Linie), Erich I. und Albrecht III. erhalten den Bergedorf-Möllner-Anteil (Bergedorf-Möllner-Linie).
- 1314 Höhepunkt des Streites um die noch gewohnheitsrechtliche Kurwürde zwischen Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Dadurch, dass beide Herzogtümer die Kurstimme bei der deutschen Königswahl wahrnehmen kommt es zur Doppelwahl (Stimmverhältnis 4:4) vom Habsburger Friedrich III. dem Schönen und dem Wittelsbacher Ludwig IV. dem Bayer. Lauenburg stimmt dabei für Ludwig.
- 1349 Landfriedensbündnis mit Lübeck und Hamburg gegen den aufsässigen und räuberischen Adel. Zahlreiche befestigte Adelssitze werden zerstört.
- 1356 Goldene Bulle, die Kurwürde wird institutionalisiert und landet endgültig bei Sachsen-Wittenberg.
- 1392 Beginn des Baus des Stecknitzkanals, er wird 1398 vollendet.
- 1401 Nach dem Tod des kinderlosen Erichs III. aus der Bergedorf-Möllner Linie kann Erich IV. aus der Ratzeburg-Lauenburger Linie das Herzogtum wieder vereinen.
- 1420 Nach erfolglosem Krieg gegen Hamburg und Lübeck (seit 1401) verliert das Herzogtum die Vierlande und die Stadt Bergedorf an die beiden Städte.
- 1422 Aussterben der Askanier in Sachsen-Wittenberg (Kurfürstentum Sachsen). Anspruch des lauenburgischen Herzogs auf das Erbe und erneuter Kampf um die Kurwürde, diesmal gegen die Wettiner.
- 1428 Kaiser Sigismund verleiht das Kurfürstentum Sachsen an die Wettiner (der Name "Sachsen" wandert dadurch in die heutige Region Sachsen). Die Lauenburger Herzöge erhalten jedoch ihren Anspruch weiter aufrecht.
- 1500 Das Herzogtum wird Teil des Niedersächsischen Reichkreises.
- 1531 Reformation im Herzogtum
- 1554 Auch der letzte Ratzerburger Bischof (Bistum Ratzeburg) wird Protestant
- 1618 Beginn des Dreißigjährigen Krieges
- 1623 Als erfolgreicher Feldherr in kaiserlichen Diensten erhält Herzog August die Herrschaft Schlackenwerth in Böhmen. Zwar residiert der Herzog jetzt kaum noch im Herzogtum, doch aufgrund der hohen böhmischen Einnahmen können die finaziellen Probleme der Herrschaft überwunden werden
- 1648 Ende des Dreißigjährigen Krieges
- 1689 Mit dem Tod des kinderlosen Herzogs Julius Franz sterben die Askanier in Sachsen-Lauenburg aus. Um das Erbe entbrennt ein Machtkampf zwischen Dänemark (Holstein), Mecklenburg und Braunschweig-Lüneburg, wobei sich Letzteres durchsetzen kann und das Herzogtum Lauenburg mit dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg in Personalunion verbindet.
Die hannoversche Zeit (1689-1814)
- 1692 Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg erhält die Kurwürde und nennt sich fortan Kurfürstentum Hannover.
- 1693 Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg baut Ratzeburg zur Festung aus. Die Dänemark empfinden dies als unerhörte Provokation und beginnen mit der Belagerung und Beschießung von Ratzeburg, das dabei völlig zerstört wird. Georg Wilhelm muss die Festung schleifen, kann aber das Herzogtum behaupten.
- 1714 Kurfürst Georg I. Ludwig wird als Georg I. König von Großbritannien. Lauenburg wird damit im weitesten Sinne Teil des britischen Empires.
- 1731 Das Land Hadeln (siehe Geschichte von Hadeln und Wursten), das seit 1689 unter kaiserlicher Verwaltung steht kommt unmittelbar an das Kurfürstentum Hannover und geht damit dem Herzogtum endgültig verloren.
- 1806 Erneut besetzen französische Truppen das Herzogtum. Sachsen-Lauenburg wird Teil des Königreichs Westfalen.
- 1810 Das Herzogtum wird bis 1814 in das französische Kaiserreich eingegliedert.
Dänische Zeit und Eingliederung in den preußisch-deutschen Staat (1815-1876)
- 1815 Wiener Kongress. Das Herzogtum Lauenburg wird als kleiner Ausgleich für den Verlust Norwegens in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden. Allerdings verbleiben dabei das Amt Neuhaus und die heute niedersächsische Elbmarschvogtei bei Hannover.
- 1864 Deutsch-Dänischer Krieg. Nach der Niederlage Dänemarks fällt das Herzogtum gemeinsam unter preußische und österreichische Verwaltung.
- 1865 Gasteiner Konvention. Österreich-Ungarn verkauft seine Ansprüche auf Lauenburg an Preußen
- 1865 Die lauenburgischen Stände bieten dem preußischen König Wilhelm I. den Herzogstitel an, den dieser annimmt. Das Herzogtum ist damit mit dem Königreich Preußen in Personalunion verbunden.
- 1871 Gründung des Deutschen Reichs
- 1871 Fürst Otto von Bismarck erhält als Dotation für seine Verdienste den Sachsenwald. Er ist als lauenburgischer Grundeigentümer damit Mitglied der lauenburgischen Ständeversammlung und kann auf diese Weise bei den Verhandlungen mit Preußen zahlreiche Rechte für die Lauenburger bewahren.
- 1872 Aufhebung der Grundherrschaft
- 1876 Mit der Eingliederung des Herzogtums als Kreis Herzogtum Lauenburg in die Provinz Schleswig-Holstein des Königreiches Preußen endet die Geschichte des Herzogtums. Der neue Kreis kann bei seiner Eingliederung aufgrund der Unterstützung Bismarcks einige Sonderrechte bewahren. So ging zum Beispiel der herzogliche Land- und Waldbesitz nicht in preußischen Staatsbesitz über sondern verblieb im Besitz des Kreises.
Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg
- Johann II., 1296 – 1305 (gemeinschaftliche Regierung)
- Albrecht III., 1296 – 1305 (gemeinschaftliche Regierung)
- Erich I., 1296 – 1305 (gemeinschaftliche Regierung)
1305 Teilung in die Bergedorf-Möllner und die Ratzeburg-Lauenburger Linie
Bergedorf-Möllner-Linie (1305 – 1401)
- Johann II., 1305 – 1321
- Albrecht IV., 1321 – 1343
- Johann III., 1343 – 1356
- Albrecht V., 1356 – 1370
- Erich III., 1370 – 1401
1401 an die Ratzeburg-Lauenburger Linie
Ratzeburg-Lauenburger Linie (1305 – 1401)
- Albrecht III., 1305 – 1308 (gemeinschaftliche Regierung)
- Erich I., 1305 – 1361 (bis 1308 gemeinschaftliche Regierung)
- Erich II., 1361 – 1368
- Erich IV., 1368 – 1401
1401 Vereinigung mit der Bergedorf-Möllner-Linie
Sachsen-Lauenburg (1401 – 1689)
- Erich IV., 1401 – 1412
- Erich V., 1412 – 1436
- Bernhard III., 1436 – 1463
- Johann IV., 1463 – 1507
- Magnus, 1507 – 1543
- Franz I., 1543 – 1581
- Franz II., 1581 – 1619
- August, 1619 – 1656
- Julius Heinrich, 1656 – 1665
- Franz Erdmann, 1665 – 1666
- Julius Franz, 1666 – 1689
Haus Braunschweig – Celle (1689 – 1705)
- Georg Wilhelm, 1689 – 1705 (Herzog von Braunschweig-Lüneburg)
- Georg I. Ludwig, 1705 – 1727 (Kurfürst von Hannover, ab 1714 als Georg I. König von Großbritannien)
- Georg II., 1727 – 1760 (König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover)
- Georg III., 1760 – 1803 (König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover)
französisch besetzt, 1803 – 1805
an Preußen, 1805 – 1806
zum Königreich Westfalen, 1806 – 1810
zum französischen Kaiserreich, 1810 – 1814
Oldenburger (1814 – 1864)
- Friedrich I., 1814 – 1839 (als Friedrich VI. König von Dänemark und Herzog von Schleswig-Holstein)
- Christian I., 1839 – 1848 (als Christian VIII. König von Dänemark und Herzog von Schleswig-Holstein)
- Friedrich II., 1848 – 1863 (als Friedrich VII. König von Dänemark und Herzog von Schleswig-Holstein)
- Christian II., 1863 – 1864 (als Christian IX. König von Dänemark und Herzog von Schleswig-Holstein)
Hohenzollern (1865 – 1876)
- Wilhelm I., 1865 – 1876 (König von Preußen, ab 1871 Kaiser des Deutschen Reiches
1876 Eingliederung in Preußen
1890 erhielt Otto von Bismarck bei seiner Entlassung als Reichskanzler den Titel Herzog von Lauenburg. Den Herzogtitel führte er jedoch niemals; er ließ auch Post zurückgehen, die so adressiert war.
Weblinks
Lage und Ausdehnung siehe: