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Neo (Tastaturbelegung)

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Hauptebene; die Farben bezeichnen die Finger, die im Zehnfingersystem benutzt werden, um diese Tasten anzuschlagen.
Sonderzeichenebene, ♫ bezeichnet die Compose-Taste

Neo ist eine unter ergonomischen Gesichtspunkten optimierte, freie Tastaturbelegung für die deutsche Standardtastatur. Sie verfolgt das Ziel, ein angenehmes und entspanntes Zehnfingertippen sowie eine große Zeichenvielfalt zu ermöglichen.

Konzept

Erleichtern des Tastschreibens

Ausgehend von statistischen Erkenntnissen zur Verteilung von Buchstaben bzw. Zeichen in der deutschen Sprache sowie auf Grund jüngerer Untersuchungen hinsichtlich Ergonomie soll die Neo-Tastaturbelegung die Fingerbewegungen beim Schreiben verkürzen. Die statistisch häufigsten Buchstaben liegen auf der Grundlinie und den schnellen Zeige- und Mittelfingern. Dadurch können im Vergleich zu anderen Tastaturbelegungen mehr Wörter geschrieben werden, ohne die Grundlinie zu verlassen.

Berücksichtigt wurden Erfahrungen der Dvorak-Tastaturbelegung (um 1932), der ergonomischen Belegung von Meier (1967) und einige spätere Untersuchungen sowie Versuche, eine ideale Belegung allein über Algorithmen berechnen zu lassen. Statt jedoch wie bei bisherigen ergonomischen Belegungen üblich nur einen rein mathematischen oder rein experimentellen Weg zu beschreiten, greift Neo Erkenntnisse beider auf und kombiniert diese unter Berücksichtigung der Ergonomie und der schnell einprägsamen Anordnung der Tasten. Somit beruht Neo einerseits auf statistischen Erhebungen, insbesondere der Buchstabenverteilung im Deutschen und anderen Sprachen, andererseits auf Untersuchungen zur Ergonomie durch Walter Rohmert[1], das MARSAN-Institut (1979) oder Malt (1977).

Die Auswirkungen der Buchstabenverteilung zeigen sich darin, dass sich aus der Grundhaltung beim Tippen bereits 63 % aller Buchstaben eines durchschnittlichen deutschen Textes schreiben lassen[2]. Was das für die Tipppraxis bedeutet, wird zum Beispiel daran sichtbar, dass sich schon mit den ersten Zeichen, die ein Tastschreiber lernt, Gedichte schreiben lassen[3]. Eins davon ist in die KTouch-Lektion für Neo eingeflossen[4].

Ebenen

Die aus Qwertz bekannten 3–4 Ebenen wurden auf 6 Ebenen erweitert. Die ersten beiden entsprechen in weiten Teilen Qwertz; auf der ersten Ebene befinden sich Klein- und auf der zweiten (erreichbar mit Shift) die entsprechenden Großbuchstaben. Auf der dritten Ebene, erreichbar mit Mod3, liegen die am häufigsten benutzten Satz-, Programmier- und Sonderzeichen. Diese Ebene berücksichtigt die üblichen Bi- und Trigramme, die häufig beim Programmieren, in Wikis, in Foren, beim Chatten oder in der Kommandozeile der gängigen Betriebssysteme gebraucht werden. Ebene 4 (Mod4) stellt eine Spiegelung der Navigationstasten und des Ziffernblocks rechts des Hauptfeldes dar, so dass man die Hände nicht vom Hauptfeld nehmen muss. Ebene 5 (Shift + Mod3) und 6 (Mod3 + Mod4) enthalten schließlich griechische Klein- und Großbuchstaben sowie weitere für den Formelsatz benötigte Zeichen.

Zeichenvielfalt und Typografie

Neo ermöglicht das Schreiben praktisch aller Sprachen mit latein-basiertem Alphabet. Dazu wurde das Ebenenkonzept auch auf die toten Tasten ausgeweitet und zusätzliche Compose-Kombinationen definiert.

Zum Anderen wurden sinnvolle Unicode-Zeichen auf die Tastatur gelegt, für die sonst eine Zeichentabelle bemüht werden müsste, oder die sonst nicht so einfach zu erreichen sind. Unter diesen Zeichen sind unter anderem die in gängigen Typografien üblichen Gänsefüßchen („…“), der Gedankenstrich (–), der echte Apostroph (’) und die in Büchern und Zeitungen häufig verwendeten Guillemets (»…«). Außerdem ist das im Juni 2008 standardisierte große ß verfügbar, weitere Beispiele sind ♀, ¿, ¤, ℤ und ♥.

Entstehungsgeschichte

Die initiale Version 1 wurde 2004 von Hanno Behrens auf der Mailingliste der De-ergo-Tastatur vorgestellt.[5] Der Name Neo ist ein rekursives Akronym und stand ursprünglich für NEO Ergonomic Oops, also „NEO“, später wurde die Deutung auf Neo ergonomisch optimiert festgelegt.

2005 begann man mit Neo 1.1 über eine bessere Positionierung von Zeichen nachzudenken, die häufig beim Programmieren gebraucht werden, was bei der Entwicklung bisheriger Belegungen nicht berücksichtigt worden war. Darin sind Klammern und Sonderzeichen nicht nur an den üblichen Positionen, sondern auch auf dem Grundfeld mit Hilfe der Taste Alt Gr zu erreichen. Zusätzlich wurde eine zweite Alt Gr-Taste auf der linken Tastaturhälfte eingeführt, die den Platz der bisherigen Feststelltaste einnahm.

Die am 29. März 2010 veröffentlichte Version 2 stellt einen wichtigen Meilenstein dar und führt zahlreiche grundlegende Änderungen ein:

  • Die Hauptebene wurde mit dem zyklischen Tausch der Tasten X, J und Q geringfügig angepasst.[Anmerkung 1]
  • Die Sonderzeichenebene wurde komplett überarbeitet, da die zugehörigen Umschalttasten viel besser erreichbar waren.
  • Die höheren Ebenen 4–6 wurden eingeführt.

Ausblick

Anschließend an die Fertigstellung von Neo 2 experimentiert ein Teil der Gemeinschaft mit unterschiedlichen Konzepten zur Weiterentwicklung von Neo unter dem Arbeitstitel Neo 3. Dazu gehören bessere Optimierungen von Bigrammen (d. h. die wiederholte Benutzung desselben Fingers für verschiedene Buchstaben)[6], verstärkte computergestützte Entwicklung und Experimente mit eigener Hardware.

Plattformen

In GNU/Linux ist es seit Ende 2006 für das X Window System X.Org bei allen aktuellen Distributionen schon als Variante des deutschen Tastaturlayouts enthalten.[7]

Treiber sind für alle gängigen Plattformen erhältlich:

Zusätzlich steht freie Lernsoftware für Linux und Windows zur Verfügung; die Neo-Lernsoftware ist offizieller Bestandteil des KTouch-Projektes.

Kritik

Früher wurde behauptet, man könne mit Neo schneller schreiben. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, dass mit beliebigen Tastaturbelegungen (Qwertz, Neo, Dvorak, Ristome, usw.) vergleichbare Schreibgeschwindigkeiten erreicht werden.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Zusammenfassung und Kopie der Studie Walter Rohmerts über Tastaturergonomie
  2. http://wiki.neo-layout.org/wiki/VorteileVonNeo
  3. http://draketo.de/licht/gedichte/ae-nr
  4. http://wiki.neo-layout.org/browser/ktouch/lectures/german.neo2.layout.ktouch.xml
  5. http://lists.goebel-consult.de/pipermail/de-ergo/
  6. http://lists.neo-layout.org/pipermail/diskussion/2009-August/013947.html
  7. Versionsverwaltung bei freedesktop.org enthält Neo-Tastaturbelegung seit dem 5. Mai 2006 mit dem Kommentar added de(neo), closing b.fd.o#6837: xkeyboard-config/symbols/de
  8. http://wiki.neo-layout.org/wiki/Erfahrungsberichte

Anmerkungen

  1. Das X wurde auf die linke Hand gelegt, damit die häufig benötigten Tastenkombinationen Strg + X, Strg + C und Strg + V auf einer Hand liegen und das (im Vergleich zu X und Q viel häufigere) J eine bessere Position erhält, da der kleine Finger wesentlich kürzer als die anderen ist und daher besser an die untere Reihe kommt.

Literatur

Frank Stähr: Neo – Ein ergonomisches Tastaturlayout, in: freiesMagazin, 05/2010, S. 29 ff. (online)