Bundesheer
Das österreichische Bundesheer als bewaffnete Macht der Republik Österreich ist Teil der österreichischen Bundesverwaltung und steht gemäß Artikel 80 B-VG – de iure – unter dem Oberbefehl des Bundespräsidenten und – de iure und de facto – der Befehlsgewalt und, soweit diese nicht dem Bundespräsidenten obliegt, der Verfügungsgewalt des Bundesministers für Landesverteidigung. Der Bundesminister für Landesverteidigung übt die Befehlsgewalt über die Dienststellen des Bundesheeres grundsätzlich durch deren Kommandanten und Leiter aus.

Der derzeitige Bundesminister für Landesverteidigung ist Günther Platter, Chef des Generalstabes ist General Roland Ertl.
Primäre Aufgabe des österreichischen Bundesheeres ist die militärische Landesverteidigung. Weiters obliegen dem Heer vor allem die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren sowie Hilfeleistung bei Elementarereignissen.
Das Bundesheer besteht aus ca. 35.000 Mann im Präsenzstand und ca. 75.000 Mann der Miliz.
Die Organisation des Bundesheeres im Frieden umfasst nur Wehrpflichtige des Präsenzstandes, die Einsatzorganisation umfasst auch die Milizsoldaten. Für die Heranziehung von mehr als 5.000 Mann der Miliz oder Reserve ist die Ermächtigung des Bundespräsidenten erforderlich.
Die organisatorische Gliederung des Bundesheeres sieht vor allem folgende Kommanden vor: Das Kommando Landstreitkräfte, das Kommando Luftstreitkräfte, das Kommando Internationale Einsätze und das Kommando Spezialeinsatzkräfte. Diese Konzentration der Truppenführung auf vor allem erstere zwei Kommanden löste die Gliederung in Korps, die bis 2002 bestand, ab.
Seit 1960 ist das Heer an Auslandseinsätzen unter UN-Mandat beteiligt, seit 1995 in der Partnerschaft für den Frieden der NATO. Um das Bundesheer an die Anforderungen der kommenden Jahre anzupassen, wurde von Bundesminister Günther Platter eine Reformkommission eingesetzt, deren Bericht Mitte Juni 2004 offiziell an den Minister übergeben wurde.
Aufgaben des Bundesheeres
Aufgaben des Bundesheeres sind gemäß Art 79 B-VG und § 2 Abs. 1 Wehrgesetz
- Militärische Landesverteidigung (§ 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz)
- Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen sowie der demokratischen Freiheiten der Bürger (Assistenzeinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Wehrgesetz)
- Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren (Assistenzeinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Wehrgesetz)
- Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges (Assistenzeinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Wehrgesetz)
- Hilfeleistung im Ausland bei Maßnahmen der Friedenssicherung, der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe sowie der Such- und Rettungsdienste (Auslandseinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. d Wehrgesetz)
Wehrsystem
Wehrpflicht
Das Wehrsystem sieht vor, dass jeder männliche österreichische Staatsbürger im Alter von 17 bis 50 (Offiziere, Unteroffiziere und Spezialisten: 65) Jahren wehrpflichtig ist und Frauen freiwillig Dienst im Bundesheer leisten können. Männliche Staatsbürger, die aus Gewissensgründen die Erfüllung der Wehrpflicht verweigern, müssen Ersatzdienst leisten (Zivildienst). Das Bundesheer wird somit vor allem auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht gebildet und ergänzt.
Milizsystem
Gemäß Artikel 79 B-VG ist das Bundesheer nach einem Milizsystem einzurichten, wonach es in Friedenszeiten nur zu Übungen und in geringerer Mannstärke zusammentritt. Die Wehrpflichtigen gehören für die Dauer ihrer Wehrpflicht dem Präsenzstand, dem Milizstand oder dem Reservestand an:
Präsenzstand | Personen, die dem Präsenzstand angehören sind Soldaten. Dem Präsenzstand gehören Wehrpflichtige an, die zum Präsenzdienst (in der Dauer von insgesamt 6 Monaten) einberufen sind („Präsenzdiener“) - bzw Frauen, die sich freiwillig zum Ausbildungsdienst melden - sowie Personen, die dem Bundesheer aufgrund eines Dienstverhältnissen angehören („Berufssoldaten“).
|
Milizstand | Dem Milizstand gehören Personen an, die nicht im Präsenzstand sind, jedoch auch nicht in den Reservestand (siehe unten) getreten sind. Demnach ist „Milizsoldat“, wer beispielsweise im Zuge einer Mobilmachung vom Reservestand in den Milizstand versetzt wird oder sich in Friedenszeiten freiwillig, vor Rückkehr in den Zivilberuf, zur militärischen Weiterbildung in regelmäßigen Truppenübungen verpflichtet hat. Auch im Milizstand stehen Wehrpflichtige, die Grundwehrdienst von weniger als 8 Monaten geleistet haben und die restliche Zeit in Form von z.B. alljährlichen Truppenübungen ableisten.
Der Milizstand zeichnet sich dadurch aus, dass der Milizsoldat zwar in das Bundesheer eingegliedert, jedoch nur zu Übungs- und Einsatzzwecken militärisch tätig ist und ansonsten einem Zivilberuf nachgeht. Der Milizstand ist somit ideal für all diejenigen, die sich gerne im Bundesheer engagieren, aber nach Abschluss des Grundwehrdienstes kein Dienstverhältnis zum Bundesheer begründen möchten.
Durch ihre Eingliederung in die Einsatzorganisation treffen Milizsoldaten besonders Pflichten im Rahmen der Einsatzvorbereitung, sie können Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände zur persönlichen Verwahrung bekommen und sind unter den Voraussetzungen des § 35 Wehrgesetz zum Tragen der Uniform auch in Nichtübungs- oder Einsatzzeiten berechtigt. |
Reservestand | Alle Wehrpflichtigen, die weder dem Präsenzstand noch dem Milizstand angehören, sind „Reservisten“. Sie können außerhalb des Bundesheeres ihren Dienstgrad nur mit dem Zusatz „dRes“ („des Reservestandes“) führen und sind unter den Voraussetzungen des § 35 Wehrgesetz zum Tragen der Uniform auch in Nichtübungs- oder Einsatzzeiten berechtigt.
|
Von den mehr als 1.000.000 ausgebildeten Wehrpflichtigen im Alter von 18 bis 50 (bzw. 65) stehen ca. 35.000 im Präsenzstand (= ca. 16.000 Berufssoldaten + ca. 17.000 Präsenzdiener), ca. 75.000 im Milizstand und theoretisch ca. 990.000 im Reservestand. Von letzteren wird jedoch aufgrund von mangelnder Eignung für den Einsatz bzw. Unabkömmlichkeit im Zivilberuf nur ein gewisser Teil heranziehbar sein.
Friedensorganisation und Einsatzorganisation
- Friedensorganisation: Im Frieden tritt das Bundesheer zu Übungen und Assistenzeinsätzen zusammen. Um schnell auf vor allem terroristische Angriffe im Inneren, Assistenzanfragen ziviler Behören (Hochwasserschäden, Lawinen etc.) sowie Veränderungen in der unmittelbaren Nachbarschaft Österreichs reagieren zu können, werden Präsenzkräfte in der Stärke von rund 10.000 Mann aufgestellt, zu deren Bildung bestimmte Verbände und Einheiten abwechselnd herangezogen werden.
- Einsatzorganisation: Bei Einsätzen zur militärischen Landesverteidigung kann die Organisation des Bundesheeres von der Friedens- zur Einsatzorganisation werden. Letztere unterscheidet sich von der Friedensorganisation dadurch, dass ihr auch die Wehrpflichtigen des Milizstandes angehören, womit die Gesamtstärke des Heeres beträchtlich anwächst.
Der Übergang von der Friedens- in die Einsatzorganisation erfolgt durch die Mobilmachung. Alle für den Einsatz aufzubietenden Soldaten leisten dann Einsatzpräsenzdienst. Die Heranziehung von Milizsoldaten und Reservisten zum Einsatzpräsenzdienst verfügt bis zu einer Gesamtzahl von 5.000 Mann (innerhalb der ihm von der Bundesregierung erteilten Ermächtigung) der Bundesminister für Landesverteidigung, darüber hinaus der Bundespräsident.
Organisation des Bundesheeres
Organisatorische Gliederung
- Bundesministerium für Landesverteidigung
- Kommando Landstreitkräfte
- 9 Militärkommanden
- Militärkommando Wien
- Militärkommando Niederösterreich
- Militärkommando Burgenland
- Militärkommando Oberösterreich
- Militärkommando Steiermark
- Militärkommando Salzburg
- Militärkommando Kärnten
- Militärkommando Tirol
- Militärkommando Vorarlberg
- 1., 6., 7. Jägerbrigade (direkt dem Kommando Landstreitkräfte unterstellt)
- Jägerbataillon 25 (luftlandetauglich; der 7. Jägerbrigade unterstellt)
- 3., 4. Panzergrenadierbrigade (direkt dem Kommando Landstreitkräfte unterstellt)
- 9 Militärkommanden
- Kommando Luftstreitkräfte (Abzeichen)
- Kommando Luftraumüberwachung
- Kommando Internationale Einsätze (KdoIE)
- Kommando Spezialeinsatzkräfte (KdoSEK; AUSOC)
- Ämter
- Heerespersonalamt
- Heeresnachrichtenamt
- Abwehramt
- Amt für Rüstung und Wehrtechnik
- Akademien
- Landesverteidigungsakademie
- Theresianische Militärakademie
- Heeresunteroffiziersakademie
- Kommando Landstreitkräfte
Gliederung nach Waffengattungen
Führungstruppen |
|
Kampftruppen |
|
Kampfunterstützung |
|
Logistik |
|
Taktische Zeichen siehe: Artzeichen
Gliederung nach Dislokation
- Wien
- Niederösterreich
- Burgenland
- Oberösterreich
- Steiermark
- Salzburg
- Kärnten
- Tirol
- Vorarlberg
Hierarchie und Verbandsstärke
Funktion | Vorgesehene Dienstgrade für diese Funktion |
Verbandsstärke |
Chef des Generalstabes | General | Generalstab |
Kommandant der Landstreitkräfte | Generalleutnant | Landstreitkräfte |
Kommandant der Luftstreitkräfte | Generalmajor | Luftstreitkräfte |
Kommandant einer Brigade | Brigadier | Brigade |
Kommandant eines Regiments | Oberst Oberstleutnant |
Regiment |
Kommandant eines Bataillons | Oberst Oberstleutnant |
Bataillon |
Kommandant einer Kompanie | Major Hauptmann Oberleutnant |
Kompanie |
Kommandant eines Zuges | Leutnant Fähnrich Vizeleutnant Offiziersstellvertreter Oberstabswachtmeister Stabswachtmeister |
Zug |
Kommandant einer Gruppe | Oberwachtmeister Wachtmeister |
Gruppe |
Kommandant eines Trupps | Zugsführer Korporal Gefreiter |
Trupp |
Taktische Zeichen siehe: Größenordnungszeichen
Dienstgrade
siehe: Dienstgrade im Bundesheer
Waffen und Gerät
Infanteriewaffen
- Pistole 80 (P80) (GLOCK 17)
- Sturmgewehr 77 (Stg77) Steyr AUG
- Scharfschützengewehr 69 (SSG69) Steyr SSG 69
- Maschinengewehr 74 (MG74) Maschinengewehr 42
Kraftfahrzeuge
- KTM 250
- Steyr Pinzgauer 712 / 716 M
- Puch G
- Steyr 680M
- Steyr 12M18
Panzer
- Kampfpanzer:
- 114 Leopard 2 A4
- Jagdpanzer:
- 152 Kürassier
- Schützenpanzer:
- 112 Ulan
- Transportpanzer:
- 465 Saurer 4K4E/F
- 68 Pandur
- Bergepanzer:
- M88 A1
Artillerie
- Panzerhaubitze M 109 A5Ö
Bundesheer in Zahlen


Geschichte des Bundesheeres
- Überblick über die Österreichischen Streitkräfte
Die Geschichte der Österreichischen Streitkräfte (1945-2000)
Chronologie
1950er
- 1952: Gründung der B-Gendarmerie
- 1955: Wiedererrichtung des Österreichischen Bundesheeres
- 1956: Voller Grenzsicherungseinsatz entlang der ungarischen Grenze anlässlich des Ungarischer Volksaufstand
- 1958: Errichtung der Heeres-Unteroffiziersschule sowie Wiedereröffnung der Militärakademie in der Burg von Wiener Neustadt (Theresianische Militärakademie, MilAk)
1960er
- 1960: Beginn des UN-Einsatzes im Kongo (Beendigung 1963)
- 1962: Ernennung der ersten Reserveoffiziere
- 1963: Hilfseinsatz im Erdbebengebiet von Skopje (Jugoslawien)
- 1965: Katastropheneinsätze des Bundesheeres in Kärnten und Osttirol, Salzburg und Tirol
- 1966: Hochwassereinsätze des Bundesheeres in Salzburg, Osttirol, Kärnten und der Steiermark
- 1968: Teilalarmierung und verstärkte Grenzsicherung entland der tschechoslowakischen Grenze anlässlich des Prager Frühlings
1970er
- 1972: Beginn des UN-Einsatzes in Zypern
- 1975: Einführung des Kampfanzuges 75
- 1976: Hilfseinsatz des Bundesheeres im Erdbebengebiet von Friaul (Italien); Pionier-Assistenzeinsatz nach dem Einsturz und der Wiedererrichtung der Reichsbrücke in Wien
1980er
- 1980: Beteiligung des Bundesheeres an Hilfsmaßnahmen für die Erdbebenopfer in Süditalien (Region Avellino)
- 1985: Hochwassereinsatz
- 1988: Erdbebeneinsatz österreichischer Soldaten in Armenien
- 1989: Erste Auswahl und Ausbildung der österreichischen Kosmonauten beim Bundesheer
1990er
- 1990: Beginn des Assistenzeinsatzes an der Grenze zu Ungarn auf Anfrage des Bundesministeriums für Inneres
- 1991: Verstärkte Grenzsicherung und Verlegen von Teilen des Bundesheeres an die jugoslawische Grenze: Panzer der Jugoslawischen Volksarmee erreichen den Grenzraum. Eine Mig 21 der Jugoslawischen Volksarmee dringt in österreichischen Luftraum ein, Draken-Abfangjägern des Bundesheeres zwingen sie zur Landung in Klagenfurt.
- 1998: Die Theresianische Militärakademie (MilAk) richtet den Fachhochschul-Studiengang "Militärische Führung" ein, wodurch Berufsoffiziere erstmals für ihre militärakademische Ausbildung neben dem Dienstgrad Leutnant auch den akademischen Grad Magister (FH) erhalten.
- 1999: Assistenzeinsatz anlässlich der Lawinenkatastrophe in Galtür
Bundesminister und Ranghöchste Offiziere seit 1956

siehe auch: Ranghöchste Offiziere des Österreichischen Bundesheeres seit 1956
Bundesheer 2010
Um das Bundesheer an die Anforderungen der kommenden Jahre anzupassen, wurde von Bundesminister Günther Platter eine Reformkommission, bestehend aus militärischen Experten und prominenten österreichischen Persönlichkeiten, unter der Leitung von Helmut Zilk eingesetzt, deren Bericht Mitte Juni 2004 offiziell an den Minister übergeben wurde.
Der Bericht enthält im Kern folgende Vorschläge:
- Verkürzung der Wehrdienstzeit von 8 auf insgesamt nur mehr 6 Monate ab Jänner 2006
- Die Möglichkeiten eines Berufsheeres werden teilweise erwogen
- Senkung der Mobilmachungsstärke von derzeit ca. 110.000 auf ca. 50.000 Mann
- Änderungen der Aufgaben der Milizsoldaten
- Zwei Bataillone (2500 Mann) und ein Brigade (3500) für Auslandseinsätze
- Knapp die Hälfte der Liegenschaften des Bundesheeres soll verkauft werden
Internationale Bedeutung des Bundesheeres
Das österreichische Bundesheer nimmt seit 1960 an friedenserhaltenden internationalen Einsätzen teil:
Völkerrechtliche Einschränkungen des Bundesheeres
Der Staatsvertrag von Wien 1955 enthält zahlreiche, insbesondere Spezialwaffen betreffende, Einschränkungen des Bundesheeres.
siehe: Militärische und Luftfahrt-Bestimmungen des Staatsvertrages von Wien 1955.
Rechtliche Einordnung
- Das Bundesheer ist Teil der Bundesverwaltung.
- Ein militärischer Befehl ist als Weisung im Sinne des Artikel 20 B-VG zu qualifizieren.
Verweise
Artikel
- Angelobung
- Dienstgrade im Bundesheer
- Theresianische Militärakademie
- Liste der Kasernen des österreichischen Bundesheeres
Armeen anderer Länder
- Bundeswehr
- Schweizer Armee
- Streitkräfte der USA