Hauptschule
Deutschland
Definition
Die Hauptschule, Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts aus der sog. Oberstufe der Volksschule hervorgegangen, ist eine allgemeinbildende weiterführende Schule. Sie wird mit dem Hauptschulabschluss abgeschlossen. Die Hauptschule gilt als Regelschule, muss also von den Schulträgern obligatorisch angeboten werden, und ist zugleich Pflichtschule, "weil alle schulpflichtigen Schüler und Schülerinnen, die keine andere [...] Vollzeitschule besuchen, zum Besuch der Hauptschule verpflichtet sind" (Handbuch Hauptschulbildungsgang 1998, S. 9; siehe Literatur).
Aufgaben, Probleme, Herausforderungen
Im Anschluss an die Primarstufe (nach der 4. Klasse, in Berlin nach der 6. Klasse) folgt die Einstufung in die Sekundarstufe I.
Das sekundare Schulsystem in Deutschland ist in der Regel dreigliedrig angelegt: Hauptschule, Realschule und Gymnasium (Die Gesamtschule unterscheidet intern mehrere vergleichbare Leistungsstufen).
Die Hauptschule, früher eigentlich gedacht Schüler zu "handwerklichen" Berufen zu befähigen, zielt auch heute noch auf die Berufsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler für die Bereiche des Handwerks, der Industrie und der einfachen Dienstleistungen.
Der Unterricht ist sehr stark praxisbezogen, handlungsorientiert und baut in hohem Maße auf die Erfahrungen der Kinder auf, ohne aber auf wissenschaftliche Grundlagen und Zukunftsorientierung zu verzichten.
Berufsbezogene Erfahrungen sammeln die Schülerinnen und Schüler durch berufswahlvorbereitende Maßnahmen und mehrwöchige Betriebspraktika.
Die Entwicklung zum modernen, selbstständigen und mündigen Menschen wird - wie in allen anderen Schulformen - natürlich auch in der Hauptschule den Schülerinnen und Schülern vor allem durch die individuelle Betreuung ermöglicht.
Bedingt durch ihren Status als Pflichtschule wird die Hauptschule oft von leistungsschwächeren und verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern besucht.
In städtischen Ballungszentren mit hohem Ausländeranteil ist der Anteil von Schülern nichtdeutscher Muttersprache an den Hauptschulen höher als in anderen Schulformen (ca. 90 % in Berlin-Kreuzberg, Berlin-Neukölln).
Mit unterschiedlichen Konzepten werden die Schülerinnen und Schüler gefördert:
- Ausbau projektorientierter Unterrichtsmodule
- Deutschkurse für ausländische Schüler
- Gewaltprävention
- Jahrgangsübergreifender Unterricht
- Schulsozialarbeit
- Sonderpraktika/Jahrespraktika
- Soziale Gruppenarbeit
- Streitschlichtung (Schulmediation)
- Suchtberatung
- Teamteaching usw.
Der Fächerkanon der Hauptschule entspricht dem der anderen Schulformen. Ausnahme: Das Fach Arbeitslehre wird verstärkt unterrichtet und ist in einigen Bundesländern auch Hauptfach an Stelle der 1. Fremdsprache.
In der Regel erreicht der Schüler nach erfolgreichem Abschluss der 9. Klasse den Hauptschulabschluss.
Nicht zuletzt um der vielstimmigen Forderung nach der Vergleichbarkeit von Abschlüssen Rechnung zu tragen, verlangen einige Hauptschulen am Ende der 9. Klasse eine Abschlussprüfung in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch sowie eine ergänzende Projektprüfung (als freiwilligen Beitrag zu einem Thema).
Im Schuljahr 2003/04 gab es in Deutschland 5358 Hauptschulen (das sind 88 weniger als zwei Jahre zuvor) mit 1,1 Millionen Schülern.
Länderspezifische Schwerpunkte
In Berlin und Nordrhein-Westfalen gibt es eine 10-jährige Schulpflicht.
In Berlin erhält der Schüler nach Klasse 10 den "Erweiterten Hauptschulabschluss".
In Nordrhein-Westfalen werden nach Klasse 10 zwei Abschlüsse vergeben:
- Sekundarabschluss I - Hauptschulabschluss nach Klasse 10 Typ A
- Sekundarabschluss I - Fachoberschulreife nach Klasse 10 Typ B.
Politischer Wille ist es, die Schullaufbahn nach oben hin durchlässig zu gestalten: So ist es möglich, dass überdurchschnittlich begabte Absolventen der Hauptschule die Fachoberschulreife erlangen können und damit die Befähigung erhalten, die gymnasiale Oberstufe (Sekundarstufe II) zu besuchen.
In Niedersachsen startete 2004 ein Modellversuch, mit dem Ziel Hauptschüler gezielt in eine Ausbildung zu vermitteln. Einmal in der Woche gibt es einen "Praxistag", an dem die Schüler in verschiedene Unternehmen gehen und sich so für das Berufsleben qualifizieren können.
Im Saarland gibt es seit wenigen Jahren keine Hauptschulen mehr. Sie wurden durch die Erweiterten Realschulen ersetzt, in der die Schüler in den Klassen 5 und 6 gemeinsam und ab der 7. Klasse in verschiedene Zweige aufgeteilt werden (Haupt- bzw. Realschulzweig).
In Bayern geraten seit der Einführung der sechsstufigen Realschule (sukzessive ab 1999) die Hauptschulen durch Schülermangel zunehmend unter Druck. Besonders in bevölkerungsarmen Regionen müssen zunehmend Teilhauptschulen geschlossen werden - die Schüler werden in zentralen Hauptschulen zusammengefasst und dort unterrichtet.
Um die Chancen für schwächere Schüler auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, wurden spezielle Praxisklassen (so genannte P-Klassen) für lernschwache und eher praktisch begabte Schüler eingerichtet. Für Hauptschüler, die ihrer Begabung zufolge auch eine Realschule besuchen könnten, existieren M-Klassen, in denen das Erreichen des Mittleren Bildungsabschlusses (Mittlere Reife) nach einem zusätzlichen zehnten Jahr in der Hauptschule möglich gemacht wird.
- Siehe auch: Schultypen in Deutschland
Literatur und Weblinks
- Handbuch Hauptschulbildungsgang (1998). Hg. v. Dietmar J. Bronder/Heinz-Jürgen Ipfling/Karl G. Zenke, Bd. 1: Grundlegung, Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
- Handbuch Hauptschulbildungsgang (1999). Hg. v. Dietmar J. Bronder/Heinz-Jürgen Ipfling/Karl G. Zenke, Bd. 2: Praxisberichte, Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
- Handbuch Hauptschulbildungsgang (2004). Hg. v. Dietmar J. Bronder/Heinz-Jürgen Ipfling/Karl G. Zenke, Bd. 3: Länderberichte, Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
- Rekus, Jürgen/Hinz, Dieter/Ladenthin, Volker (1998): Die Hauptschule: Alltag, Reform, Geschichte, Theorie. Weinheim, München: Juventa.
- Arbeitskreis Hauptschule e. V. (AKH)
- Initiative Hauptschule e. V.
- Die Hauptschule behauptet sich (dpa-Bericht)
Österreich
in Österreich eine vierjährige Pflichtschule, eine Schule, in der Schüler im Alter unterrichtet werden, die in die Unterrichtspflicht fällt. Sie folgt der Volksschule. Als Alternative zur Hauptschule bieten sich den Schülern diverse Gymnasien. In Hauptschulen werden die Hauptgegenstände als verschiedene Leistungsgruppen geführt, sodass einerseits Begabungen, andererseits Lernschwächen in den einzelnen Fächern besser gefördert werden können. Um sich gegenüber den Gymnasien besser zu profilieren und drohenden Schließungen auf Grund sinkender Schülerzahlen entgegen zu wirken, haben sich in den letzten Jahren spezialisierte Formen wie Sporthauptschule oder Musikhauptschule entwickelt.
In der Regel besuchen Schüler nach Absolvierung der Hauptschule den Polytechnischen Lehrgang oder ein Jahr einer berufsbildenden Schule (wie die Handelsschule), um die 9-jährige Pflichtschulzeit zu erfüllen. Jedoch ist es auch nach der Hauptschule möglich, mittels Besuch eines Oberstufen(real)gymnasiums (4 Jahre) oder einer berufsbildenden höheren Schule (5 Jahre, z. B. Höhere Technische Lehranstalten oder Handelsakademien) den Weg zur Matura zu gehen.
Schulerhalter sind wie bei den Volksschulen die Gemeinden, während auch die Lehrer von den Bundesländern gestellt werden.
Durch insgesamt weniger Kinder und andererseits durch stetige Imageschwächen der Hauptschulen flammen immer wieder Diskussionen über die Einführung einer Einheitsschule auf.
Siehe auch: Schultypen in Österreich, Hauptschulabschluss, Werkrealschule