Pop Shop
Pop Shop war eine Musiksendung bzw. ein Jugendmagazin im dritten Hörfunkprogramm des Südwestfunks Baden-Baden (später SWF3 genannt).
Sie entstand aus den Wurzeln der Sendung Stars und Hits, welche gegen Ende der 1960er-Jahre jeden Samstag von 18:05 Uhr bis 19:15 Uhr im ersten Hörfunkprogramm des SWF lief. Stars und Hits wurde von Redakteur Walther Krause begründet und moderiert, der den damaligen SWF-Hörfunkdirektor Manfred Häberlen von einem neuen Konzept überzeugte, der sogenannten „Selbstfahrersendung“. Der damals 31-jährige Krause war 1967 in den USA und sah bei verschiedenen Radiostationen, wie ein einzelner Mensch als Redakteur, Moderator und Techniker in Personalunion arbeitete. Gegen anfängliche Widerstände der SWF-Technik führt er Ende 1968 Stars und Hits ein. Diese Hitparaden-Sendung mit deutschen Schlagern und viel internationalem Pop war ein großer Erfolg. Daraufhin entwickelte Häberlen die Idee, auf der dritten Senderkette ein Format für die junge Generation zu etablieren und beauftragte Krause 1969 damit, diese Aufgabe zu übernehmen. So wurde daraus ab dem 1. Januar 1970 der Pop Shop. Den Sendeplatz von Stars und Hits im ersten Programm füllte man dafür mit der Hörer-Hitparade Ihre Wertung bitte, welche Karl-Heinz Wegener moderierte. Sendungen mit überwiegendem Anteil internationaler Popmusik waren damals im konservativen, ausschließlich öffentlich-rechtlich strukturierten deutschen Hörfunk noch sehr rar. Der SWF übernahm damit eine Vorreiterrolle.
Entwicklung
Pop Shop bestand genau genommen aus einer Programmfolge von Sendungen mit diversen Einzelnamen (z.B. „Openhouse“, „Antihits aus Deutschland“). Der Schwerpunkt lag bei viel Popmusik mit ausführlichen Informationen über die Interpreten und Interviews, dazu deutsche und internationale Hitparaden (die „Top Ten“). In der ersten Zeit wurden die Programmleute im eigenen Funkhaus noch belächelt und abwertend als „Popshopler“ bezeichnet, aber schon in Kürze wurde daraus eine der populärsten Sendungen im deutschen Hörfunk der 1970er-Jahre. Das Studio befand sich ich im Keller des Funkhauses, ausgestattet mit nach heutigen Verhältnissen einfacher Technik[1]. Die Sendezeit erstreckte sich zuerst von 12:03 Uhr bis 15 Uhr, ab Herbst 1972 ausgeweitet auf 17 Uhr. Zu den Moderatoren der ersten Stunde zählten Walther Krause (damaliger Chefredakteur), Frank Laufenberg, Karlheinz Kögel und Guido Schneider. Dazu kamen später Bernd Mohrhoff, Hans-Jürgen Kliebenstein, Gerhard Irmler, Elke Heidenreich (hier erfand sie die Kunstfigur Else Stratmann), der Country-Experte Walter Fuchs, der Spezialist für französische Musik Werner Hoffmann und andere. Besonders Guido Schneider mit seinem „Hit Club“ war sehr beliebt, da er entgegen der damals aufkommenden Praxis seine Moderationen nie in die laufenden Musiktitel sprach. Dies ermöglichte dem Hörer einen ungetrübten Musikgenuß und aber vor allem die Möglichkeit, die Musikstücke auf Tonband oder Musikkassette aufzuzeichnen.
Ab 1972 wurde der Pop Shop zwischen 14 und 17 Uhr auch vom Süddeutschen Rundfunk auf Südfunk 3 übernommen, man gewann damit noch eine Vielzahl an Hörern dazu. Mit Beginn unter dem Namen „SWF3“ als Vollzeit-Popwelle am 1. Januar 1975 war Pop Shop integraler Bestandteil, verkürzt auf eine einzelne Sendung täglich. Der Pop Shop war beispielgebend für andere, zum Teil monothematische Abendsendungen der ARD-Anstalten (z. B. Toptime in hr3) und hielt sich bis 1995 im Programm. Bis zum 1. April 1980 erfolgte die Ausstrahlung über die dritte Senderkette lediglich in mono.
Die erste Intro-Musik (Indikativ) für den Pop Shop hieß bis Ende 1974 „Calido“ und war vom Vic Flick Sound Orchester. Charakteristisch für das Intro des Pop Shops war jedoch das ab 1975 lange Zeit verwendete Instrumentalstück „Okie“ von J. J. Cale, das vor allem Frank Laufenberg Sonntag abends bis zum Ende der „Top Ten“ Mitte der 1980er verwendete.
Aus Nostalgiegründen nennt sich seit Anfang 2010 die vormalige Sendung Intensiv auf SWR3 nun Pop Shop und läuft von 22 bis 24 Uhr. Der originale Pop Shop wurde vor 40 Jahren fast auf den Tag genau gestartet.
Trivia
Der Grad der Popularität lässt sich vielleicht anhand der Tatsache erkennen, dass die Wortkombination Pop Shop Einzug in den Gefängnis-Jargon des Strafvollzuges gefunden hat. Dort bezeichnet Pop Shop den abendlichen Verschluss der Hafträume. Dies stammt aus der Zeit, als Gefangene noch nicht über eigene Fernseher verfügen durften und nach dem Zellenverschluss nur Radio hören konnten. Da der Einschluss zur gleichen Zeit erfolgte, zu der der Pop Shop auf Sendung ging, sagten die Gefangenen „Jetzt ist Pop Shop“. Diese Redensart hat sich bis heute in allen Gefängnissen erhalten. Sie bezeichnet heute neben dem allgemeinen Einschluss aber auch besondere Maßnahmen wie etwa Freizeitsperren.