Schmieden

Schmieden ist das spanlose Druckumformen von Metallen zwischen zwei Werkzeugen durch Querschnittsveränderung oberhalb der Rekristallisationstemperatur (Warmumformen) oder unterhalb der Rekristallisationstemperatur (Kaltumformen). Vorteile sind geringer Materialverlust im Gegensatz zur spanenden Bearbeitung, nachteilig die geringere Genauigkeit. Das heutzutage fast ausgestorbene Handwerk des Schmiedens wird von einem Schmied betrieben. Früher arbeitete der Schmied mit Hammer, Amboss und Steinkohlen-Esse. Das heutige industrielle Schmieden stellt Bauteile für den Maschinen- und Anlagenbau her. Industriell wurden im Jahre 2008 in Deutschland rund 8 Milliarden Teile geschmiedet, die im Fahrzeug-, Flugzeug- und Schiffbau zum Einsatz kommen.
Im Vergleich zum Gießen verbleibt der Werkstoff (in der Regel Metall) im festen Aggregatzustand und wird mit Hammer und Amboss oder Maschinen bearbeitet.
Geschichte

Wahrscheinlich wurden von Menschen zuerst die Metalle Gold, Silber und Kupfer bearbeitet. Diese drei kommen in der Natur gediegen (metallisch) vor und können im kalten Zustand zu Blechen verarbeitet werden. So sollen die Bewohner des heutigen Afghanistan bereits um 6000 v. Chr. Metalle be- und verarbeitet haben. Auch Funde in Ägypten und Indien haben gezeigt, dass dort vermutlich schon vor über 5.000 Jahren in heißem Zustand geschmiedet wurde. Schon in der vorrömischen Eisenzeit fand der Amboss Verwendung. Aufgrund ihres seltenen Vorkommens in gediegener Form und der aufwendigen Gewinnung aus alternativen Erzen sowie der guten Eigenschaften gegenüber herkömmlichen Werkstoffen, hatten diese und auch andere Metalle einen hohen materiellen und kulturellen Wert. Sie waren begehrtes Handelsgut, Kultobjekt und Statussymbol.
Auch in Kunst und Kultur hat das Schmieden Einzug gehalten, z. B.
- in der Mythologie (Gott Hephaistos/Vulcanus, Wieland der Schmied, Tubal-Kain ein Schmied der Hebräischen Bibel, der Wunderschmied Ilmarinen im Kalevala)
- in Sprichworten und Redensarten („Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.“ und „Pläne schmieden“)
- in der Literatur (ausführlich in Karl Simrocks Amelungenlied)
- in der Malerei (auf Adolph Menzels Bild Die Gesenkschmiede)
- in der Musik (in Richard Wagners Der Ring des Nibelungen)
Mircea Eliade untersucht in seinem Werk Schmiede und Alchemisten die Vorstellungen und Bräuche, die in Urzeiten mit dem Bergbau, mit dem Werk der Metallurgen und der Schmiede verbunden waren.
Heutzutage ist das industrielle Schmieden ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland. 2006 lag das Produktionsvolumen hier bei 2,75 Millionen Tonnen. Das entspricht 1,8 Milliarden umgeformter Teile. Als globale Technologieführer beliefern die deutschen Schmieden und Massivumformer die Schlüsselindustrie Fahrzeugbau mit rund zwei Dritteln der Produktion und den Maschinenbau mit weiteren 20 Prozent. Hinzu kommen die Luft- und Raumfahrttechnik, der Energiesektor, die Medizintechnik und der Schiffbau. Im Bereich des industriellen Schmiedens sind in Deutschland rund 250, meist mittelständische Unternehmen mit über 31.000 Mitarbeitern tätig. Der Umsatz der Branche lag im Jahr 2006 bei etwa 7,8 Milliarden Euro.
Schmiedbare Werkstoffe
Zum Schmieden eignen sich bis auf wenige Ausnahmen alle Metalle und Metall-Legierungen. Aus über 2.500 Stahlsorten kann die Sorte für den wirtschaftlichsten Einsatz ausgewählt werden.
Warm-, Halbwarm- und Kaltumformen
Abhängig von der Umformtemperatur unterscheidet man:
- Warmschmieden (auch: Warmumformung) von Stahl:
- Arbeitstemperatur liegt oberhalb der Rekristallisationstemperatur, zwischen 950 und 1.250 °C
- Große Umformbarkeit der Werkstoffe
- Geringe Umformkräfte
- Keine Änderung der Festigkeit am umgeformten Werkstück
- Halbwarmschmieden (auch: Halbwarmumformung) von Stahl:
- Arbeitstemperatur liegt für Stahl bei 750 - 950 °C
- Kein bzw. geringes Verzundern an der Oberfläche
- Geringere Umformkräfte als beim Kaltumformen
- Engere Maßtoleranzen als beim Warmumformen
- Kaltschmieden (auch: Kaltumformung) von Stahl:
- Arbeitstemperatur liegt bei Raumtemperatur, Erwärmung auf bis zu 150 °C durch die Energie des Umformprozesses
- Enge Maßtoleranzen sind erreichbar
- Keine Verzunderung der Oberfläche
- Erhöhung der Festigkeit und Verringerung der Dehnung durch Kaltverfestigung
Beim Warmschmieden wird das zu schmiedende Halbzeug in einem Ofen auf Temperaturen zwischen 950 °C und 1.250 °C erwärmt und anschließend durch Druck eines Hammerschlags oder den Druck zwischen zwei Gesenkhälften geschmiedet (auch: umgeformt). Im Gegensatz zum Prägen wird dabei der gesamte Werkstoffquerschnitt plastifiziert. Bei den hohen Schmiedetemperaturen geht Stahl in eine andere Kristallstruktur über und wird weicher. Durch die Umformung verändert sich das Gefüge und somit die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs wesentlich.
Für industrielle Verfahren werden die Metalle Messing, Bronze und Kupfer grundsätzlich warm geschmiedet, wobei jedes Metall eine andere Umformtemperatur erfordert. Messing, Bronze, Kupfer, Edelmetalle und deren Legierungen werden dagegen in der Regel kalt geschmiedet.
Die Methode des Umformens durch Walzen ist aus dem Schmieden entstanden. Nahtlos gewalzte Ringe sind typische Produkte der Massivumformung. Das Ringwalzen ermöglicht nahtlose Ringe mit quadratischen und rechteckigen sowie innen und/oder außen profilierten Ringen. Der größte lieferbare Durchmesser liegt im Jahr 2009 bei 8,0 Meter.
Freiformschmieden
Manuelles Freiformschmieden



Kunstschmiede verwenden das Freiformschmieden vor allem bei der Restaurierung, in der Denkmalpflege und in der Gestaltung hochwertiger Einzelstücke.
Die verschiedenen Techniken, die vom Schmied beim Freiformschmieden am Amboss angewandt werden, sind folgende Schmiedeverfahren:
- Trennen:
- abschroten
- spalten
- lochen
Der Kunst- oder Hufschmied erwärmt seine Schmiedestücke im Schmiedefeuer. Während in Großbritannien das koksbeheizte Feuer üblich ist, benutzt man in Kontinentaleuropa nahezu ausschließlich das mit einer speziellen Fettkohle (genannt „Fettnuss“) beschickte Kohlefeuer und neuerdings auch gasbetriebene, mit Vulkangestein gefüllte Feuer.
Das Schmieden ist ein alter Handwerksberuf. Es gibt eine Reihe von Spezialisierungsrichtungen für das Schmieden bestimmter Werkstoffe oder Gegenstände.
Die heutige Berufsbezeichnung für einen Kunstschmied ist Metallbauer Fachrichtung Metallgestaltung.
Industrielles Freiformschmieden
Beim Freiformschmieden wird das Schmiedestück zwischen nicht formgebundenen Werkzeugen, den Sätteln, durch eine Presse oder Hammer umgeformt. Dabei kann der Werkstoff in die nicht von den Werkzeugen umschlossenen Bereiche ausweichen.

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In Freiformschmieden werden sehr große Werkstücke hergestellt wie beispielsweise Kurbelwellen von Schiffsdieseln oder Generatorläufer für Turboantriebe. Stückgewichte von bis zu 250 t sind dabei keine Seltenheit.
Das Erwärmen der großen Schmiedestücke erfolgt ebenso wie das temperaturgesteuerte Abkühlen in brennstoffbeheizten Kammer- oder Herdwagenöfen.
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Freiformschmieden unter einem Dampfhammer
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Gesenkschmiede
Gesenkschmieden
Das Gesenkschmieden unterscheidet sich vom Freiformschmieden darin, dass das Schmiedestück völlig vom geschlossenen Werkzeug, dem Gesenk umschlossen wird. Die in das Gesenk vom Formenbauer eingebrachte Gravur bestimmt die Form des fertigen Schmiedestücks. Durch Gesenkschmieden werden vor allem sicherheitsrelevante Teile, wie beispielsweise kleinere Kurbelwellen, Pleuel, Zahnräder oder Spurstangenköpfe, hergestellt, da der Werkstoff durch das Schmieden einen günstigen Faserverlauf erhält und damit die Rissempfindlichkeit gesenkt und die Bauteilsicherheit erhöht wird. Der Nachteil des Gesenkschmiedens ist, dass eine Mindestanzahl von gleichartigen Schmiedestücken hergestellt werden muss, da die Kosten für ein Gesenk hoch sind. Die Herstellung der Gesenke erfolgt mittels Gravur- bzw. Ausfräsen und/oder durch Senkerodieren mit Originalformen im Ölbad.

Der Verfahrensprozess des Gesenkschmiedens lässt sich in folgende fünf Abschnitte einteilen:
1. Erwärmen: In der Regel wird beim industriellen Schmieden ein Vierkant- oder Rund-Stahl induktiv oder mittels gasbeheiztem Stoß- oder Drehherdofen auf die erforderliche Umformtemperatur von 750 bis 950 Grad Celsius beim Halbwarm- und von 1.200 - 1.250 Grad Celsius beim Warmumformen erwärmt.
2. Vorformen: Soll das geschmiedete Bauteil eine komplexe Gestalt mit stark unterschiedlicher Massenverteilung aufweisen, wird es vor dem eigentlichen Gesenkschmiedeprozess vorgeformt, d.h. es findet eine gezielte Massenverteilung statt, die dem endgültigen Schmiedeteil schon relativ nahe kommt. So lassen sich Bauteilfehler durch zu hohe Umformgrade vermeiden bzw. hohe Umformgrade überhaupt erst ermöglichen. Gleichzeitig werden die Kosten durch geringeren Werkstoffverbrauch gesenkt.
3. Fertigschmieden: Seine endgültige Gestalt erhält das Schmiedeteil beim Gesenkschmieden im Gesenk, bestehend aus zwei Gesenkhälften. Unter hohem Druck eines Schmiedehammers oder einer Schmiedepresse findet hier bei Schmiedetemperatur von rund 1.200 Grad Celsius die gezielte Massenverteilung und endgültige Formgebung statt.
4. Abgraten und Lochen: Man unterscheidet Kalt- und Warmabgraten. Der Prozess Warmabgraten und Lochen beim Gesenkschmiedeprozess ist direkt dem Gesenkschmiedevorgang nachgeschaltet. Beim Abgraten wird der außen am Teil befindliche Grat entfernt. Hierbei wird das Bauteil mittels eines Stempels durch eine Schnittplatte gedrückt. Beim Lochen wird der Innengrad (Butzen) mit Hilfe eines Stempels entfernt. Beim Kaltabgraten wird nach dem Erkalten der Werkstücke in einem Prozess abgegratet und gelocht. Dieses Verfahren wird hauptsächlich bei sehr fein gliedrigen Schmiedestücken verwendet, beispielsweise bei Schneidwaren.
5. kontrolliertes Abkühlen: Je nachdem wie schnell oder langsam der Abkühlprozess erfolgt (an statischer Umgebungsluft, unter einem Lüftergebläse oder in einem flüssigen Medium (Wasser, Öl, Salzbäder, wäßrige Polymer-Lösung) oder ob dieser in einem oder mehreren Schritten (gestuftes Abkühlen) stattfindet, können dadurch dem fertigen Bauteil zusätzliche Materialeigenschaften gegeben werden.
Langschmieden

Durch Langschmieden werden mit nicht formgebundenen Werkzeugen lange Werkstücke mit einfachen Geometrien (z.B. Geschützrohre) gefertigt. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein automatisiertes Freiformschmieden mit besonderer Genauigkeit der Werkstücke. Das Schmieden erfolgt in Langschmiedemaschinen, in denen senkrecht zum Werkstück angebrachte Hämmer paarweise gegeneinander arbeiten. Der Vorschub und die Anstellung der Hämmer werden dabei programmgesteuert.[1]
Schmiedemaschinen
Man unterscheidet zwischen Gesenkschmiedehämmern und Schmiedepressen.
Hämmer sind für große Werkstückmassen geeignet. Hämmer sind je nach Bauart für kleinste bis große Schmiedstücke geeignet. Die Stückgewichte können von etwa 100 Gramm bis 1.000 Kilogramm haben. Bei Schmiedehämmern treten große Umformgeschwindigkeiten auf. Die Eindringtiefe der Umformung ist wegen der Reibverluste im Werkstück begrenzt. Bei Schmiedepressen wird die Kraft langsamer aufgebracht, dadurch kann der Fließvorgang im Werkstoff tiefer eindringen. Dieses ist besonders bei sehr großen Werkstoffen wichtig. Das Arbeitsvermögen von Gesenkschmiedehämmern wird in kJ und die Arbeitskraft bei Pressen in kN angegeben.
Man unterscheidet folgende Typen von Schmiedemaschinen:
- arbeitsgebunden
- Gesenkschmiedehämmer
- Spindelpressen
- weggebunden
- kraftgebunden
- Hydraulische Pressen (langsamer Kraftaufbau)
Präzisionsschmieden
Werden durch Schmieden nahezu einbaufertige Werkstücke hergestellt, so spricht man vom Präzisionsschmieden. Dabei ist unerheblich, welches Schmiedeverfahren zum Einsatz kommt, lediglich die erzielte Genauigkeit definiert einen Schmiedeprozess als Präzisionsschmieden. Üblicherweise geht man hier von einer Toleranz von IT8 bis IT6 (besser als +/- 0,1 mm) aus. Präzisionsschmieden wird in der Industrie vielfach eingesetzt. Vor allem Teile in Verbrennungsmotoren (z. B. Nocken für „gebaute“ Nockenwellen zur Ventilsteuerung) sowie am Antriebsstrang von Kraftfahrzeugen - z.B. Getriebezahnräder - werden auf diese Weise hergestellt.
Siehe auch
Literatur
- Håvard Bergland: Die Kunst des Schmiedens. Das große Lehrbuch der traditionellen Technik. Wieland, Bruckmühl 2004, ISBN 3-9808709-4-4
- Lars Enander, Karl-Gunnar Norén: Schmieden lernen. Schäfer, Hannover 2003, ISBN 3-87870-672-3
- Johannes Grossewinkelmann: Schmieden – Entwicklung eines Gewerbes vom Handwerk zur Fabrik. (= Museumspädagogische Arbeitsmaterialie ; H. Nr. 2). Rheinland-Verlag, Köln ISBN 3-7927-1065-X
- Hermann Hundeshagen: Der Schmied am Amboß. Ein praktisches Lehrbuch für alle Schmiede. 8. Auflage. VEB-Verlag, Berlin 1937 (Nachdruck: Edition rari, Hannover 2001, ISBN 3-88746-430-3)
- Stahl-Informations-Zentrum (Hrsg.): Geschmiedeter Stahl - Inmmer in Form. Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf 2008 (PDF)
- Hephaistos – Internationale Zeitschrift für Metallgestalter. Verlag Hephaistos, Immenstadt, 1992–, ISSN 0942-7511
- Adlof: Schmiedeteile - Gestaltung, Anwendung, Beispiele, 1994/1995, IBSN 3-928726-12-9
- Industrieverband Massivumformung: Leichtbau durch Massivumformung, Inforeihe Massivumformung, März 2007, ISBN 3-928726-20-X
- Industrieverband Massivumformung: Aktuelles Informationspaket über die Massivumformung in Deutschland, 2008, Hagen
Weblinks
- Commons: Schmiedestücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Fachzeitschrift „Hephaistos“ zur Metallgestaltung
- Internetseite des Industrieverband Massivumformung e. V.
- Schmiedetechniken
- Animierte Schmiedetechniken
- Schmieden von Forstwerkzeugen mit Federhammer und Schwanzhammer – Video von 1976 über die Herstellung von Schrägsappeln
Einzelnachweise
- ↑ Günter Spur,Dieter Schmoeckel,Theodor Stöferle: "Handbuch der Fertigungstechnik, Band 2 Umformen und Zerteilen", Hanser Verlag München 1984, ISBN 3-446-13805-6 S.620 f.
Schmieden ist das spanlose Druckumformen von Metallen zwischen zwei Werkzeugen durch Querschnittsveränderung oberhalb der Rekristallisationstemperatur (Warmumformen) oder unterhalb der Rekristallisationstemperatur (Kaltumformen). Vorteile sind geringer Materialverlust im Gegensatz zur spanenden Bearbeitung, nachteilig die geringere Genauigkeit. Das heutzutage fast ausgestorbene Handwerk des Schmiedens wird von einem Schmied betrieben. Früher arbeitete der Schmied mit Hammer, Amboss und Steinkohlen-Esse. Das heutige industrielle Schmieden stellt Bauteile für den Maschinen- und Anlagenbau her. Industriell wurden im Jahre 2008 in Deutschland rund 8 Milliarden Teile geschmiedet, die im Fahrzeug-, Flugzeug- und Schiffbau zum Einsatz kommen.
Im Vergleich zum Gießen verbleibt der Werkstoff (in der Regel Metall) im festen Aggregatzustand und wird mit Hammer und Amboss oder Maschinen bearbeite