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António José da Silva

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António José da Silva [əntô'nyʊ zhʊzĕ' dä sēl'və], genannt O Judeu (* 8. Mai 1705 in Rio de Janeiro; † 19. Oktober 1739 in Lissabon), war ein portugiesischer Komödiendichter marranischer Herkunft. Er wurde von der Inquisition verbrannt.

Leben

Da Silva stammte aus einer Familie getaufter Juden in Brasilien. Sein Vater war João Mendes da Silva (geboren in Rio de Janeiro 1656) und seine Mutter Lourença Coutinho. Da Silva war das jüngste der drei Kinder. Seine Mutter wurde bei den 1702 auch in Rio de Janeiro einsetzenden Inquisitions-Untersuchungen 1712 angeklagt, verdeckt dem jüdischen Glauben anzuhängen, und musste sich im Mutterland Portugal einem Verfahren stellen. Sie wurde gefoltert und musste sich 1713 einem Autodafé unterziehen. Da Silva´s Vater, der sie mit der Familie nach Portugal begleitet hatte, ließ sich erfolgreich in Lissabon als Anwalt nieder. Da Silva studierte in Coimbra Jura (wie schon sein Vater) und war dann Anwalt in der Kanzlei seines Vaters in Lissabon. 1734[1] heiratete er eine Kusine Leonor de Carvalho, die ihrerseits wegen ihres jüdischen Glaubens aus Spanien nach einem Autodafé ausgewiesen wurde, wo ihre Eltern zuvor von der Inquisition verbrannt wurden. Aus der Ehe stammte eine Tochter.

Ab 1733 verfasste er damals in Portugal populäre komödiantische Singspiele, die mit Marionetten aufgeführt wurden und im Theater Bairro Alto regelmäßig für ein volles Haus sorgten. Im Volk wurden sie Opern des Juden (deshalb sein Beiname, O Judeu, der Jude) genannt, da sie wie die damals in der Oberschicht beliebten Opern[2], die da Silva parodierte, Gesangseinlagen enthielten. Seine Komödien hatten häufig mythologische Stoffe als Vorlage (oder bei einer Komödie den Don Quichotte von Cervantes), enthielten aber satirische Porträts der damaligen portugiesischen Gesellschaft zur Zeit des Königs Johann V. und waren in einer volkstümlichen Sprache verfasst. Seine Komödien brachten ihm den Beinamen eines portugiesischen Plautus ein.[3]

Von ihm stammen auch Fabeln und Gedichte.

August 1726 wurde da Silva kurz nach seiner Rückkehr aus Coimbra nach Lissabon wegen des Verdachts, er würde noch dem jüdischen Glauben anhängen, vor dem Inquisitionstribunal angeklagt, schwer gefoltert und musste sich nach einer Abschwörung dem großen Autodafé am 23. Oktober unterziehen, dem auch der König und sein Hofstaat beiwohnte. Auch seine Mutter wurde zur gleichen Zeit verhaftet und gefoltert und musste diesmal als Rückfällige bis zur Freilassung nach Teilnahme an einem Autodafé 1729 im Gefängnis bleiben. Trotz der Protektion durch hochgestellte Patrone wie den Grafen Erceiro (Francisco Xavier de Menezes) und Mathias Ayres Ramos da Silva Eca (der danach alles versuchte ihn zu retten) wurde er im Oktober 1737 nach einer Denunziation durch einen seiner Sklaven (er habe den Sabbat beachtet) wie seine Ehefrau erneut verhaftet, als geheimer Anhänger des jüdischen Glaubens angeklagt und diesmal nach zwei Jahren Gefängnis zum Tode verurteilt und im letzten[4] of Autodafé 1739 hingerichtet - er wurde erdrosselt[5] und sein Körper verbrannt. Nach Kohut[6] wurden auch seine Frau und seine Mutter am 19. Oktober hingerichtet und verbrannt. Am Tag seiner Hinrichtung wurde eines seiner beim Volk beliebten Stücke gespielt.[7] Das Theater in dem seine Stücke gespielt wurden, wurde von seinen Betreibern kurz darauf geschlossen.[8]

Da Silvas Vater starb bereits 1736. Auf ihn schien nie der Verdacht der Inquisition gefallen zu sein. Er verfasste religiöse und andere Gedichte, Fabeln und christliche Hymnen.[9]

Da Silvas Stücke wurden in Einzelheften 1736/37 und in der Sammlung Teatro comico portugez (4 Bände), die zuerst 1744 und dann in mehreren Auflagen im 18. Jahrhundert erschienen (zuletzt 1787-1790), publiziert.[10] Die Sammlung enthielt acht Stücke, es gibt aber insgesamt zwölf.[11] Ein Stück wurde 1860 in der Revista Brazileira publiziert. Auszüge aus seinen Stücken in deutscher Sprache erschienen in der Biographie von Ferdinand Joseph Wolf 1860.

Da Silva ist Gegenstand mehrerer epischer Gedichte (zum Beispiel des Brasilianers Domingos Magalhaes), eines portugiesischen Theaterstücks (Der Jude 1966) von Bernardo Santareno und eines Films O Judeu (Der Jude) von Jom Tob Azulay (1999)[12].

Werke

  • 1733: Vida do Grande Dom Quixote de la Mancha e do Gordo Sancho Pança
  • 1734: Esopaida
  • 1735: Os Encantos de Medea
  • 1736: Amphitriio
  • 1736: Labyrintho de Creta
  • 1737: Guerras do Alecrim e Mangerona, (Kriege zwischen Rosmarin und Majoran), Uraufführung Lissabon 1737, Teatro do Bairro Alto[13]
  • 1737: As Variedades de Proteu, Grundlage für ein Marionettentheater von António Teixeira.[14]
  • 1738: Precipicio de Faetonte

Gesamtausgaben

  • Obras completas. Prefacio e notas do José Pereira Tavares. Sá da Costa, Lisboa. Vol. 1, 1957 - 4, 1958.
  • As comédias de Antônio José, o judeu. Organização, introdução e notas: Paulo Roberto Pereira. 1. Auflage. Martins Fontes, São Paulo 2007, ISBN 9788599102756.

Literatur (Auswahl)

Ältere Sekundärliteratur

  • Ferdinand Joseph Wolf Dom Antonio Jose da Silva, der Verfasser der sogenannten Opern des Juden, Wien 1860.
  • David Les Opéras du Juif, Paris 1880
  • Ferdinand Denis, Chefs d'œuvres du théâtre portugais, Paris 1823
  • F. A. Varnhagen, Florilegia da poesia brazileira, Lissabon 1850, S.207f
  • George Alexander Kohut: Jewish martyrs of the inquisition in South america, Baltimore, The Friedenwald Company 1895 (Reprint aus den Publications of the American Jewish Historical Society, Nr.4, 1895). Darin wird in den Anhängen ausführlich auf Antonio José Da Silva und seinen Vater eingegangen, Online bei archive.org Dort sind auch weitere Literaturangaben aufgeführt.
  • A. F. Bell, Portuguese Literature, 1922
  • Artur Sakheim, Das jüdische Element in der Weltliteratur, 1925
  • Jüdisches Lexikon, Berlin 1927 (Bd. IV/2)
  • Wininger Bd. V (1931), S. 515
  • Philo-Lexikon, 3. Aufl., Berlin 1936, Sp. 691

Neuere Sekundärliteratur

  • R. Magalhães, A. J. da Silva, O Judeu, e o seu teatro, Rio de Janeiro 1958

Einzelnachweise

  1. Encyclopedia Britannica 1911
  2. Der König Johann V förderte die italienische Oper
  3. Kohut Jewish Martyrers of the Inquisition in South America, 1895, S. 75. Kohut druckt dort einen Artikel aus dem Brazilian Biographical Annual (Herausgeber Joaquim Manoel de Macedo) von 1876 ab. Außerdem ist der Brockhaus Artikel über da Silva von 1886 abgedruckt.
  4. Kohut, loc. cit. S. 80, er druckt de Sismondi Historical view of literature of the South of Europe, London 1853, Bd.2, S.590/91, ab
  5. Nach Encyclopedia Britannica von 1911 enthauptet
  6. Kohut, loc.cit. S.76
  7. Encyclopedia Britannica 1911
  8. Kohut, loc. cit. S.80, nach de Sismondi
  9. Kohut, loc. cit., S.78
  10. Weitere Auflagen erschienen 1747, 1753, 1759, 1760, 1787, 1788, Brockhaus Artikel von 1886 über da Silva
  11. Kohut, loc. cit. S. 77
  12. Vorlage:IMDb Titel
  13. Inhaltsangabe in: Kindlers Literatur-Lexikon im dtv, 1974, Bd. 10, S. 4185
  14. recording PortugalSom PS 5009