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Raoul Vaneigem

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Raoul Vaneigem, *1934 in Lessines, Belgien. Autor und Philosoph.

Vaneigem gilt neben Guy Debord als einer der einflussreichsten Theoretiker der Situationistischen Internationalen. Bei einigen Ausgaben der internationale situationniste ist er Herausgeber. Er verfasste u.a. die Basisbanalitäten und das Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen.

Im Gegensatz zum oft theoretisch-abstrakten philosophischen Werk Debords sind seine Texte mehr von einem poetischen Stil geprägt und gelten als zugänglicher. Vom Anarchismus beeinflusst, fordert er einen Lebensstil für jedermann, der sich am luxuriösen Lebensstil der früheren Aristokratie orientiere (Herren ohne Sklaven). Er betont die Leidenschaft und die Subjektivität als treibende Kräfte künstlerischen und politischen Handelns. Seine Ideen haben Einfluss auf die Forderungen der Studentenbewegung in Frankreich 1968, seine Bücher werden in Zeitungen für den Aufruhr (Mai-Unruhen) verantwortlich gemacht.

1970 verlässt er die S.I. und begründet das in seinem Abschiedsbrief mit dem Scheitern der Gruppe und seiner selbst, was Debord wütend zurückweist.

Bis heute Autor, verfasst er 1998 das Buch An die Lebenden, in dem er sich noch einmal vehement für die Kostenlosigkeit der Bedürfnisse und das individuelle Erleben einsetzt, er kritisiert die tyrannische Macht der Arbeit und des Geldes. Die Heiligsprechung der Ökonomie negiere das konkrete Individuum, bewirke den Schlaf seiner Vernunft, verkrüppele seine Emotionalität. Zugleich distanziert er sich von einer früheren Begeisterung für gewaltsamen Anarchismus, und propagiert auch Ökologie und Feminismus.

Siehe auch

Zitat

  • Leute, die über Revolution reden, oder über Klassenkampf, ohne sich dabei explizit auf das alltägliche Leben zu beziehen, die nicht verstehen, was subversiv an der Liebe ist und was positiv ist an der Zurückweisung von Beschränkungen, solche Leute haben eine Leiche in ihrem Mund.
  • Reich zu sein bedeutet heute eine grosse Anzahl armseliger Produkte zu besitzen.
  • Wir wollen keine Welt, in der die Garantie, nicht zu verhungern, mit der Gefahr erkauft wird, vor Langeweile zu sterben.

(1967)

  • Die Veteranen des Jahres 1968 haben wenig Verständnis für die damals zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Überlebens gezeigt und sich dann ihre Tressen in der forschen Armee der neuen Verwalter verdient. Da der ökonomische Zusammenbruch sich ganz gut selber verwaltet, haben sie genug Muße, das Bestmögliche im Interesse des Volkes zu tun, indem sie im Interesse der Ökonomie handeln. Sie bringen Ordnung in die Niederlage und Würde in die wilde Flucht. Immer sind aus jungen Wölfen in kurzer Zeit recht schöne Schafe geworden.
  • Dreissig Jahre später erfasst man beim ersten Blick von einem Ende des Erdballs zum anderen die verfallene Bühne, das abgenutzte Spektakel, die lächerlich gewordene Macht, die ausgefransten Rollen einer zusammengeflickten, knauserigen Ökonomie.

(1997)

Literatur

  • Raoul Vaneigem, Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen, Nautilus, 1980
  • Raoul Vaneigem, Das Buch der Lüste, Nautilus, 1983
  • Raoul Vaneigem, An die Lebenden, Nautilus, 1998

http://www.medico.de/rundschr/0403/0403andielebenden.htm - An die Lebenden, kurze Zusammenfassung bei medico International