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Stummfilm

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Geschichte und Technik

Während der Frühzeit des Kinos gab es noch keine zufriedenstellende Möglichkeit, Bild und Ton synchron aufzunehmen und abzuspielen, weshalb die Filme so genannte Stummfilme waren. Die Handlung musste also größtenteils über die Bilder transportiert werden, weshalb frühe Filme meist sehr körperbetont waren und die Gesten der Schauspieler vor allem in Dramen vom heutigen Blickpunkt aus übertrieben wirken mögen (das sog. over-acting).

Der Vorteil des Stummfilms lag daran, dass er universell verständlich war. Deutsche Filme konnten ohne Verständnisprobleme einem amerikanischen Publikum vorgeführt werden und umgekehrt. Besonders in den USA war diese universelle Verstehbarkeit von Vorteil, da dort sehr viele Einwanderer lebten, die des Englischen nicht mächtig waren. Sie bildeten die Hauptzielgruppe der frühen amerikanischen Filmindustrie. Dänemark hatte zur Stummfilmzeit eine führende Position auf dem internationalen Filmmarkt.

Wenn die Notwendigkeit bestand, Handlungen zu erklären, wurden bis 1908 unsystematisch Filmerklärer eingesetzt, danach meist Texttafeln mit erklärenden Zwischentiteln. Im japanischen Kino gab es ab ca. 1908 einen oder mehrere Benshi, die die Filme erklärten und alle Rollen live während der Vorführung sprachen. Zu allen Stummfilmen lief Musik, entweder in Form einer für den Film geschriebenen Partitur oder als Improvisation eines Musikers. Als Deutschlands bekanntester Stummfilmpianist gilt Willi Sommerfeld, in Österreich ist Gerhard Gruber der bedeutendste Stummfilmbegleiter am Klavier.

Der Umfang und die Qualität der musikalischen Begleitung hingen vom Kino ab, für Galaveranstaltungen wurden teilweise ganze Orchester zur Begleitung engagiert.

Von Beginn der Filmprojektion an bestand der Wunsch, die stummen Filme mit Ton auszustatten. Zeitungskritiken zu den ersten Filmvorführungen sprachen, bei aller Bewunderung für die "Lebende Photographie", den Mangel der stummen Bilder deutlich aus. Zu den ersten Filmvorführungen z.B. in Ostfriesland wurde durch den Wanderkinopionier als Hintergrundvertonung Militärmusik mittels des Phonographen gespielt. Ab 1904 führten die Wanderkinos auf den Jahrmärkten mittels Nadeltonverfahren die sog. "Tonbilder", speziell für die Filme produzierte Schallplatten, auf. Diese Tonbilder konnten sich noch bis in die Frühzeit der ersten Ladenkinos im Programm jedes Kinos halten. Die Qualität war schlecht und die Platten liefen fast nie synchron zu den Bildern; für die ab ca. 1915 üblichen längeren Filme hatten die damaligen Schallplatten auch eine viel zu kurze Laufzeit, so dass die "Tonbilder" bald wieder verschwanden.

Das Ende der Stummfilmära

In den späten 1920er und den frühen 1930er Jahren wurde der Stummfilm durch den Tonfilm (in den USA "Talkie" genannt) abgelöst. Der erste Tonfilm war der 1927 gedrehte Film The Jazz Singer mit dem ersten Satz "Wait a minute, you ain't heard nothin' yet!".

In Hollywood bereitete der Übergang einigen Künstlern große Schwierigkeiten, einige Stars der Stummfilmzeit gerieten völlig in Vergessenheit und andere, wie Charlie Chaplin beklagten, dass der Tonfilm ihre künstlerischen Freiheiten einenge. Ein Problem gab es auch für Immigranten: Europäische Filmstars wie Pola Negri hatten einen Akzent, den die Filmstudios ihren Zuschauern nicht zumuten wollten.

Experten schätzen, dass 80 bis 90 Prozent aller Stummfilme unwiederbringlich verloren sind. Dies ist vor allem auf das damals verwendete Filmmaterial Zellulosenitrat zurückzuführen, das nach langer Lagerung zu Selbstzersetzung und Entzündung neigt. Allerdings sind die bekanntesten und erfolgreichsten Stummfilme fast alle zumindest in Kopien erhalten geblieben.

Bedeutende Filmschaffende des Stummfilms

Die erste Spielfilmregisseurin der Filmgeschichte war die Französin Alice Guy-Blaché, die 1896 'La Fée au Choux' drehte. Frauen spielten im Stummfilm als Stars eine überragende Rolle.

Der einflussreichste und erfolgreichste amerikanische Stummfilm-Regisseur war D. W. Griffith mit Filmen wie Intolerance and The Birth of a Nation, wobei letzter wegen seiner relativ kritiklosen Verherrlichung des Klu Klux Klans umstritten ist. Aus technischer und stilistischer Sicht aber gelten seine Filme als frühe Meisterwerke des Kinos.

Ein weiterer sehr einflussreicher und bekannter Stummfilm ist Panzerkreuzer Potemkin des russischen Regisseurs Sergej Eisenstein, der mit seiner neuen Schnitttechnik Aufsehen erregte und die filmische Sprache bis heute prägte. Insbesondere die sog. Odessa-Sequenz ist legendär und wurde oft zitiert und auch parodiert.

Auch Deutschland war damals ein führendes "Filmland"; noch heute zählen vor allem die Filme des deutschen Expressionismus (vor allem Das Cabinet des Dr. Caligari und Nosferatu, eine Symphonie des Grauens) zu den wichtigsten Werken der Filmgeschichte.

Noch heute bekannt sind neben den großen Klassikern (siehe unten) vor allem amerikanische Stummfilm-Komödien von zum Beispiel Charlie Chaplin, Laurel & Hardy, Buster Keaton, Harold Lloyd und W. C. Fields.

Bekannte Stummfilme

Die hier genannten Stummfilme sind nach Erscheinungsdatum, Filmtitel und Regisseur sortiert.

Vor 1915

1915 bis 1920

1920 bis 1925


1925 bis 1930

nach 1930

Moderne Stummfilme

Auch nach Einführung des Tonfilms entstanden noch einige Stummfilme. Auch wenn in einigen gesprochen wird, ist dies meist nur selten, und die filmische Erzählung "funktioniert" dennoch stumm.

Stummfilmfestivals

Erforschung des Stummfilms

Ein beträchtlicher Teil der Stummfilmproduktion ist unwiderruflich zerstört. Die Filme wurden auf chemisch unstabilem Nitratfilm gedreht, der sich leicht entzündet. In den 20er Jahren wurden in den USA systematisch Nitratfilme zerstört, um daraus Silber zu gewinnen. Dazu kam das jahrzehntelange Desinteresse an der Produktion vor dem Ersten Weltkrieg. Die frühen Filme galten als 'primitiv' . Erst mit einem Treffen der FIAF 1978 setzte langsam ein Umdenken ein.

Verfügbarkeit

Zahlreiche Stummfilme sind in den letzten Jahren auf DVD verfügbar gemacht worden. Dabei wurde die ursprüngliche Filmmusik (wenn es eine eigene Komposition für den Film gab) oft von bekannten heutigen Künstlern neu eingespielt; bei Filmen ohne eigene Musik wurde oft auf zeitgenössische Berichte über die zu einer Aufführung gespielte Musik zurückgegriffen.

Literatur

Bücher

  • Kevin Brownlow, Behind the mask of innocence : [sex, violence, prejudice, crime ; films of social conscience in the silent era], New York: Knopf 1990, ISBN 0-394-57747-7
  • Heide Schlüpmann, Unheimlichkeit des Blicks. Das Drama des frühen deutschen Kinos, Basel und Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-87877-373-0
  • Hoffmann, Detlef/Thiele, Jens, "Lichtbilder Lichtspiele". Anfänge der Fotografie und des Kinos in Ostfriesland, Marburg 1989, ISBN 3-922561-84-5

Zeitschriften