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Illyrien

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Illyrien (Vorlage:ELSalt2, lateinisch Illyricum) ist eine Bezeichnung für die Region im Westen der Balkanhalbinsel.

Antike

Illyris, Reich der Illyrer

Illyrien und Illyrische Stämme
Die unteren Donauländer zur Römerzeit

Laut Herodot erstreckte sich das Land der Illyrer im 5. Jahrhundert v. Chr. von der Adria bis zum Fluss Morava im Osten bzw. bis zur Etsch im Westen.

In der Antike bestanden Beziehungen zwischen illyrischen Stämmen und Griechen, Demosthenes warb 342 v. Chr. unter den Illyrern um Feinde gegen Makedonien. In der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. bildeten die illyrischen Labeaten ein Königreich mit Sitz in Skodra. Nach römischen Eroberungen Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurde das illyrische Reich auf seine nördliche Hälfte beschränkt.

Illyricum, römische Provinz

Nach weiteren langen Kämpfen geriet das Reich der Illyrer völlig unter die Herrschaft Roms und erhielt den Namen Illyricum. Unter Sulla war es mit Makedonien vereinigt, erst unter Julius Cäsar wurde es zu einer eigenständigen Provinz. Ein großer Aufstand der Illyrer zwischen den Jahren 6 und 9 konnte von den Römern nur mühsam niedergeschlagen werden.

Als die Römer das Gebiet der pannonischen Stämme eroberten, nannten sie es inferior provincia Illyricum (das spätere Dalmatien trug den Namen Illyricum superius). In der Spätantike, nach der Reichsreform des Diokletian, bestanden 7 Provinzen: beide Noricum, Pannoniae I, II, Valeria, Savia, Dalmatia und Dacia (die Dioecesis Illyrici occidentale). Später wurde das Illyricum von einem Praefectus verwaltet, es umfasste die Provinzen Moesia superior, beide Dacia, Dardania, Macedonia, Thessalia, Achaia, beide Epirus, Praevalitana und Kreta.

Zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert lieferte das Illyricum nicht nur viele Rekruten für die Armee, sondern auch eine Reihe von römischen Kaisern, darunter Diokletian und Justinian I.. Nach der Reichsteilung von 395 zählten viele illyrische Gebiete zum Oströmischen Reich, wobei es wiederholt zu Grenzstreitigkeiten mit Westrom kam. Latein blieb hier die Verkehrssprache, und große Teile der Region unterstanden kirchenrechtlich dem Bischof von Rom. Das nördliche Illyricum wurde Anfang des 6. Jahrhunderts von ostgotischen Stämmen besiedelt, seit etwa 580 ließen sich hier Slawen nieder.

Neuzeit

Seit der Renaissance kam dieser Name gemäß der latinisierenden Zeitmode wieder in Gebrauch. Die Begriffe Illyrer und illyrisch wurden dabei oft mit den Südslawen beziehungsweise den südslawischen Sprachen gleichgesetzt.

Illyrien des Habsburgerreiches

Von 1767 bis 1777, unter Maria Theresia, wurden das Königreich Kroatien, das Königreich Slawonien und das Königreich Dalmatien Illyrien genannt, und von einer illyrischen Hofdeputation in Wien regiert. Ersteres Königreich war in den Türkenkriegen bei der Ungarischen Krone verblieben, die beiden anderen wurden in 16. Jahrhundert osmanisch, und kamen zu Beginn des 18. Jahrhunderts wieder zum Habsburgerreich. Nach 1777 sprach man wieder von getrennten Königreichen.

Illyrische Provinzen

→ Hauptartikel: Illyrische Provinzen

Während der Napoleonischen Kriege wurde dieser Name gemäß der klassizistischen Zeitmode auch für administrative Zwecke verwendet. Die im Frieden von Schönbrunn 1809 abgetrennten Teile Österreichs wurden von Frankreich als „Illyrische Provinzen“ (mit Hauptstadt Laibach) organisiert. Es bestand aus den Départements Carinthie (Osttirol und der Westteil Kärntens – Unterkärnten blieb bei Österreich), Carniole (Krain), Istrie (das Küstenland), Croatie Civile („Zivilkroatien“) und Croatie Militaire („Militärkroatien“, das heißt die Militärgrenze), Dalmatie (Dalmatien), Raguse (Ragusa, das heißt Dubrovnik).

Königreich Illyrien

Nach der Rückgabe dieser Provinzen an Österreich 1814 organisierte man dieses Gebiet als Königreich Illyrien (Krain, Kärnten, Görz, Gradisca und Istrien) mit etwas anderen Grenzen: Unterkärnten wurde dazugenommen, dafür das westliche Kroatien und das Kronland Dalmatien ausgeschieden. 1849 wurde dieses Königreich aufgelöst.

Panslawismus

Von der Illyrischen Bewegung, den vor allem aus Kroatien stammenden Begründern des südslawischen Nationalismus in Österreich-Ungarn Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde der Begriff als Gesamtbezeichnung für die südslawischen Länder verwendet. Illyrer war dabei als die Einzelvölker zusammenfassende ethnische Bezeichnung für alle Südslawen vorgesehen. In dieser Rolle wurde es später jedoch von der Bezeichnung Jugoslawen abgelöst.

Eine Erinnerung an diese Gebietsbezeichnung ist der Name der slowenischen Stadt Ilirska Bistrica.

Heutiger Stand

Bereits im 18. Jahrhundert (Johann Thunmann) hatten Philologen und Historiker die Vermutung geäußert, dass die Albaner die Nachfahren der antiken Illyrer seien. Intensive sprachwissenschaftliche und archäologische Forschungen des 20. Jahrhunderts haben diese These teilweise bestätigt, dennoch sind die Anhänger dieser Position wirklich eindeutige Beweise bislang schuldig geblieben.

So kann z.B., um Grundsätzliches zu klären, die Namensbedeutung Illyriens (alb. Iliria; dt. "Das Freie" / "das freie (Land)") oder auch die Namensbedeutung des Illyrerkönigs Bardylis (alb. Bardhyl; dt. "Weißer Stern") dem Albanischen entnommen werden. Dies ist auch bei weiteren Namen und Bezeichnungen möglich. Weiterhin besteht neben dem letztgenannten Namen z.B. bei folgenden eine Verwendungskontinuität im Albanischen: Teuta, Agron, Gentrit, Taulant (abgeleitet vom illy. Stamm der Taulantier), Alban (abgeleitet vom illy. Stamm der Albanoi), Labinot (abgeleitet vom illy. Stamm der Labeaten), Dardan (abgeleitet vom illy. Stamm der Dardaner). Diese Namen sind in anderen Sprachen nicht gebräuchlich. Ein weiteres Indiz ist die territoriale Konvergenz zwischen dem südlichen Illyrien, dem Ballungsgebiet der Stämme (vgl. obige Karte "Illyrien und Illyrische Stämme"), und heutigen albanischsprachigen Regionen (Albanien, Kosovo, nordwestliches Mazedonien) auf dem Balkan. Untermauert wird dies durch archäologische Funde und Ruinen wie z.B. in Amantia, Apollonia, Ulpiana, Lissos und Dyrrachion. Die Einbeziehung von Slawen bzw. deren Verbindung zu den Illyrern scheidet insofern aus, als diese erst ab dem 6. Jahrhundert, also in einer post-illyrischen und romanisierten Zeit, in den Balkan einrückten (vgl. hierzu Landnahme der Slawen auf dem Balkan). Innerhalb weniger Jahrhunderte ging der Großteil der nördlichen Illyrerstämme in den Slawen auf, ein kleinerer Teil dieser Stämme floh in die südlichen Bergregionen.

"Neoillyrismus"

Seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhundert ist bei den Albanern ein verstärkte Rückbesinnung auf die Illyrer wahrzunehmen:

  • Albanische Kommunisten lehnten oftmals christliche oder muslimische Namen für ihre Kinder ab. Sie selbst waren jedoch zumeist im Besitz solcher Namen.
  • Vertreter der albanischen Minderheit Mazedoniens hatten am 5. April 1992 in Struga und fünf weiteren Orten am Ohrid-See eine kurzlebige Albanische Autonome Republik Illyria (Iliridia) proklamiert. Dem war am 11. und 12. Januar 1992 eine Abstimmung unter den dort die Bevölkerungsmehrheit stellenden Albanern vorausgegangen, bei dem sich 99% der Befragten (bei angeblich 92% Beteiligung) für territoriale und politische Autonomie ausgesprochen haben sollen.[1]
  • Der ehemalige Präsident des Kosovo und damalige Chef der Demokratischen Liga des Kosovo Ibrahim Rugova präsentierte auf einer Pressekonferenz am 29. Oktober 2000 die sog. Dardania-Flagge, welche Bezug zu dem Illyrerstamm der Dardaner und dem Land Dardanien nahm, für den Kosovo, die sich aber nicht durchsetzen konnte. Rugova benutzte sie weiterhin bei offiziellen Anlässen und sie wurde auch bei seiner Beerdigung 2006 gezeigt. Heute ist sie Siegel des Präsidenten.

Siehe auch

  • Illyrisches Klima - als solches ist der Name der Region für den mediterran-pannonisch-alpinen Übergangsbereich erhalten

Literatur

  • Claudia Fräss-Ehrfeld (Hg.): Napoleon und seine Zeit, Kärnten - Innerösterreich - Illyrien. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt 2009, ISBN 978-3-85454-113-4.
  • Hansjörg Frommer: Die Illyrer. 4000 Jahre europäischer Geschichte. Vom 3. Jahrtausend bis zum Beginn der Neuzeit. Karlsruhe 1988. ISBN 3-88190-100-0.
  • Schmitt, Jens Oliver & Frantz, Eva Anne (Hrsg.): Albanische Geschichte. Stand und Perspektiven der Forschung. (=Südosteuropäische Arbeiten. 140). München 2009. ISBN 978-3-486-58980-1

Einzelnachweise

  1. Munzinger-Archiv/Handbuch-Zeitarchiv Zeitgeschehen 1992, S. 48 sowie Munzinger-Archiv/IH-Zeitarchiv 8/92 (Januar 1992), Seite 10 und Munzinger-Archiv/IH-Zeitarchiv 21/92 (April 1992), Seite 6