Zum Inhalt springen

Frauenbewegung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Juli 2005 um 04:33 Uhr durch Robinhood (Diskussion | Beiträge) (USA / Kanada: namen eingefügt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

zur Theorie siehe: Feminismus

Die Suffragette "Mrs. Suffern" hält ihr Transparent hoch. (1914, vermutlich in New York)

Die Frauenbewegung ist eine Soziale Bewegung, die sich für die Rechte der Frau in der Gesellschaft einsetzt.

  • Die erste Welle der modernen Frauenbewegung oder Frauenrechtsbewegung (Mitte der 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts), kämpfte für die grundsätzlichen politischen und bürgerlichen Rechte der Frauen wie z.B. das Frauenwahlrecht, das in Deutschland erst im November 1918 rechtlich verankert wurde.
  • Die zweite Welle der Frauenbewegung (seit den 1960er Jahren), die über den Feminismus ein Theoriekonzept herstellte, setzte sich für eine völlige Gleichberechtigung von Mann und Frau auf politischer, sozialer und sowohl beruflicher als auch privater Ebene ein.
  • In den 1990er Jahren zeichnete sich vor allem in den USA eine dritte Welle (Third Wave)der Frauenbewegung ab, die die Ideen der zweiten Welle in modifizierter Form fortsetzt. Neue Aspekte sind vor allem eine globalere, weniger eurozentrische Sichtweise, die Betonung der Notwendigkeit, dass auch Männer kollektiv ihr Selbstbild überdenken müssen, weil beide Geschlechter von ihrer Rolle eingeengt werden und nur so eine wirkliche Gleichberechtigung entstehen kann, und eine neue Bewertung von Ästhetik.
Datei:Antifeministen.jpg
Vor dem Hauptquartier der britischen Organisation, die sich gegen das Frauenwahlrecht verwendete

Weltanschauliche Grundlagen

Erste Ansätze einer Frauenrechtsbewegung entstanden im Zeitalter der Aufklärung gleichzeitig zu Beginn der Bürgerrechtsbewegung. Grundgedanke war wie bei letzterer die Gleichheit aller Menschen, wie sie beispielsweise im Laufe der französischen Revolution proklamiert wurde. So forderte Olympe de Gouges bereits kurz nach der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte dieselben Rechte und Pflichten für Frauen und Männer ein.

In Bezug auf das Verhältnis zwischen den Geschlechtern kristallisierten sich bereits sehr früh zwei grundlegend verschiedene Auffassungen heraus: eine dualistische bzw. differenzialistische und eine generalistische bzw. egalitäre Sichtweise. Erstere ging von einer grundlegenden, natürlich oder göttlich begründeten Verschiedenheit der Geschlechter aus und stellte deshalb die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung nicht in Frage. Diese Einstellung dominierte die frühe Frauenbewegung, insbesondere deren bürgerlichen Flügel. Aber auch in der Arbeiterinnenbewegung konnte sich die universalistische Denkweise noch bis in die 1950er Jahre hinein nicht vollständig durchsetzen.

Der egalitäre Ansatz, der in der ersten Welle der Frauenbewegung praktisch nur im sozialistischen Flügel Verbreitung fand, basierte auf den Ideen der Aufklärung. Danach waren alle Menschen gleich, woraus die Forderung nach der Gleichstellung der Geschlechter in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft abgeleitet wurde. Bis in die 1960er Jahre hinein spielte dieser Ansatz nur eine untergeordnete Rolle. Erst mit der radikalen Gesellschaftskritik der Neuen Frauenbewegung und den Forderungen der Feministinnen bekam der egalitäre Ansatz neuen Aufschwung.

Die meisten internen Querelen innerhalb der Frauenbewegung der 1960er und 1970er Jahre entstanden aus diesen beiden sich grundsätzlich widersprechenden Einstellungen heraus.

Die erste Welle der Frauenbewegung

Christabel Pankhurst gehörte zu den britischen Suffragetten, die sich entschieden für das Frauenwahlrecht einsetzten

Im Zuge der Französischen Revolution wurde auch die Gleichheit zwischen Mann und Frau zum Thema, zuerst vor allem in den Salons Europas. Auf diese intellektuellen Zirkel bezog sich auch die abfällige Bezeichnung Blaustrumpf.

Die erste Welle der Frauenbewegung in den USA entstand im Zuge der Anti-Sklaverei-Bewegung. Unter den "Abolitionisten" befanden sich auch viele, oft religiös motivierte Frauen. Sie erkannten, dass nicht nur die Bürgerrechte der Afroamerikaner, sondern auch die der Frauen nicht denen der weißen Männer entsprachen. So wurde 1848 die "Seneca Falls Declaration" verabschiedet, die sich bewußt an der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung orientierte und vor allem das Wahlrecht für Frauen und eine Reform der Ehe- und Besitzrechte forderte.

Die Mitglieder der ersten Frauenbewegung wurden Frauenrechtlerinnen benannt. Da eines ihrer Hauptziele das Frauenwahlrecht war, wurden sie auch (häufig abwertend) als Suffragetten (suffrage - engl. Wahlrecht, latein. Ursprungs) bezeichnet.

Wichtigste angestrebte Ziele der ersten Frauenbewegung:

Hier unterscheidet man zwischen sozialistischen Frauen wie Clara Zetkin, den bürgerlich-gemäßigten und den bürgerlich-radikalen Feministinnen. Vor allem der bürgerlich-radikale Flügel strebte anfangs das Frauenwahlrecht und das Recht auf Zugang zu den Universitäten an, später auch gemeinsam mit den Sozialistinnen.

Die zweite Welle der Frauenbewegung

Der Auslöser der zweiten Welle der Frauenbewegung war ein allgemeiner gesellschaftlicher Umbruch und Wertewandel in den 1960er Jahren. Ihre Wurzeln hat sie aber bereits in den 1940er Jahren in Frankreich. In Deutschland wurde sie im Zuge der "68er-Bewegung" zur sozialen Bewegung. In den USA wurden die Frauen durch die Bürgerrechtsbewegung der Afroamerikaner und die Massenbewegung gegen den Vietnamkrieg inspiriert, sich auch wieder stärker für ihre eigene gesellschaftliche Gleichstellung zu engagieren.

Die besonderen Merkmale dieser Frauenbewegung waren

  • an den Protestformen der anderen sozialen Bewegungen orientierte spektakuläre Aktionsformen
  • "Consciousness Raising", über Seminare etc.: das Bewusstmachen der Unterdrückung der Frauen, die schon von Geburt an auf ihre soziale Rolle konditioniert wurden und es oft gar nicht wahrnahmen, dass sie gesellschaftlich benachteiligt waren
  • Analyse der Unterdrückung und Schaffung eines Theoriegerüsts, das unter dem Begriff "Feministische Theorie" bekannt wurde.

Mitte der 1970er Jahre nahm die zweite Welle der Frauenbewegung an Spektakularität ab. Die Feministische Theorie diversifizierte sich. Aber in dieser Zeit konnten die Frauen das veränderte Bewusstsein für sich nutzen und aktiv in Institutionen eindringen, um dort zu arbeiten und die Gleichstellung in der Gesellschaft voranzutreiben.

Als Reaktion auf die Frauenbewegung entwickelte sich ab den späten 1960er Jahren eine Männerbewegung. Diese trägt heute teilweise reaktionäre Züge, da sie den Feminismus als Feindbild betrachtet und Teil des konservativen "Backlash" der 1980er Jahre sind. Es gibt jedoch seit den 1960er Jahren auch Männergruppen, die versuchen, ein neues Selbstverständnis für ihre Rolle als Mann zu finden, die eine Gleichberechtigung der Geschlechter ermöglicht. Erst sehr spät entwickelte sich in diesem Zusammenhang auch eine Männerforschung und Jungenarbeit.

Die dritte Welle der Frauenbewegung

In den 1990er Jahren entwickelte sich in den USA eine dritte Welle der Frauenbewegung, die bisher nicht von allen als eine solche anerkannt wird. Sie war vor allem eine Reaktion auf einen populären Antifeminismus und die Ansicht, dass Feminismus obsolet sei, weil er alle Ziele erreicht hätte.

Die dritte Welle des Feminismus orientiert sich sehr stark an den Zielen der zweiten Frauenbewegung, die sie auch heute noch nicht verwirklicht sieht. Fehler der zweiten Welle der Frauenbewegung, wie z.B. Eurozentrismus und (teilweise) Ausschluss der Männer sollen korrigiert und der Feminismus den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden. Darüber hinaus geht es um das Infragestellen traditioneller Konzepte von Geschlechtsidentität und Sexualität.

Es ist vor allem ein Generationenwechsel. Feminismus hatte unter der jungen Generation einen schlechten Ruf, galt als hausbacken und "uncool". Andererseits erkannten viele junge Frauen, dass eine Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht erreicht ist. So entstanden u.a. die Riot grrrls in den USA aus einem Punk-Kontext. Elemente der Riot Grrrl-Bewegung wurden auch in Deutschland aufgegriffen. Die jungen Feministinnen der dritten Welle arbeiten weniger spektakulär als zielorientiert in Projekten und Netzwerken mit feministischer Ausrichtung, z.B. in der Third Wave Foundation (USA).

Bekannte Vertreterinnen und Vertreter der Frauenbewegung

Deutschland

Frankreich

Italien

England

USA / Kanada

1848-1960

nach 1960

Schweiz

Siehe auch: Schweizer Frauenbewegung

Österreich

Andere Länder

Bekannte Organisationen der Frauenbewegung

Verwandte Themen

Literatur

  • Hannelore Schröder: Widerspenstige - Rebellinnen - Suffragetten. Feministischer Aufbruch in England und Deutschland. ein-FACH-verlag, Aachen, 2001.
  • Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht. Rowohlt Tb. Erstmals erschienen 1949 ISBN 3499227851
  • Melanie Phillips; The Ascent of Woman - A History of the Suffragette Movement and the ideas behind it, Time Warner Book Group London, 2003, ISBN 0-349-11660-1 (Umfassendes Werk über die britische Frauenrechtsbewegung)
  • Elisabeth Dickmann: Die italienische Frauenbewegung im 19. Jahrhundert. Frankfurt a.M. 2002 (Geschichte der italienischen Frauenbewegung. Band 1) ISBN 3-927884-62-6

Zum Third-Wave-Feminismus

  • Jennifer Baumgardner, Amy Richards: Manifesta: Young Women, Feminism, and the Future, Farrar, Straus and Giroux 2000, ISBN 0374526222 (engl., über die Dritte Welle in den USA mit historischem Rückblick)
  • Jennifer Baumgardner, Amy Richards, Winona LaDuke: Grassroots : A Field Guide for Feminist Activism, Farrar, Straus and Giroux 2005) ISBN 0374528659 (engl.)
  • Leslie Heywood, Jennifer Drake (Editors): Third Wave Agenda: Being Feminist, Doing Feminism, University of Minnesota Press 1997), ISBN 0816630054 (engl.)
  • www.uni-kassel.de Archiv der Deutschen Frauenbewegung in Kassel
  • www.onb.ac.at Online-Projekt über die österreichische Frauenbewegung
  • www.frauenkommission.ch Geschichte der Frauenbewegung in der Schweiz
  • www.authentichistory.com Darstellungen und Bilder zur Suffragetten-Bewegung
  • www.taz.de Kritische Betrachtung der moderne US-Frauenbewegung von Politologin Nancy Fraser
  • www.hhi-bremen.de Forschung und Publikationen zur Geschichte der Frauenbewegung, der Frauenbildung, Sozialpolitik und der Geschichte jüdischer Wissenschaftlerinnen