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Barock

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die Barocke Kirchenfassade des Kloster Ettal mit barocktypischer Fassadengestaltung konkav-konvex-konkav

Der Ausdruck Barock (vom portugiesischen barocco = "schiefrund, merkwürdig" und franz. baroque = "Auswucherung, Warze", bedeutet auch unregelmäßige Perle - hergeleitet vom portugiesischen Wort „barroco“) bezeichnet die kunstgeschichtliche Stilepoche ca. von 1600 bis 1770, die der Renaissance folgte bzw. dem Klassizismus vorausging, wobei mit dem vor allem in Italien und Frankreich angewandten Barock-Klassizismus ein alternativer Übergang von der Renaissance in den Klassizismus beschritten wurde.

Diese Einteilung gilt für die Baukunst, die bildende Kunst und für die Musik, wobei die Epochengrenzen in den unterschiedlichen Gattungen oft etwas abweichend gesetzt werden. Barock wird auch als Zeitalter der Theatralik und Inszenierung bezeichnet.

Der Barock wird kunstgeschichtlich nochmals in die Epochen Frühbarock, Hochbarock und Spätbarock unterteilt.

Stift Melk

In der barocken Baukunst wurde das Ganze des Bauwerkes nicht mehr durch Summation von Einzelteilen verstanden, also vom Teil zum Ganzen, sondern umgekehrt als einen ausdifferenzierten Organismus vom Ganzen zum Teil.

Innenansicht der Klosterkirche Neuzelle

Als Vorreiter der barocken Baukunst kann Michelangelo mit seinen späten römischen Bauten, insbesondere dem Petersdom angesehen werden. Denn im Entwurf zu Letzterem war eine bis dahin unbekannte kolossale Ganzheitlichkeit erreicht. Sein Schüler Giacomo della Porta führte dieses Erbe in Rom fort, wobei insbesondere die Fassade zu Il Gesu - der Mutterkirche des Jesuitenordens - zu nennen ist. Diese leitete direkt zur bedeutendsten frühbarocken Kirchenfassade über, Santa Susanna von Carlo Maderno. Im 17. Jahrhundert breitete sich der Barockstil in ganz Europa und Südamerika aus, wobei sich als Förderer insbesondere die Jesuiten hervor taten.

Weitere wichtige Merkmale der barocken Baukunst sind:

Putte im Kloster Obermarchtal

Während die Sakralarchitektur des Barocks vor allem durch Italien, d. h. durch Rom durch das Paradigma der basilikalen Kreuzkuppelkirche mit Langhaus, seine initialen Impulse erfuhr, war das Zentrum der barocken feudalen Profanarchitektur Frankreich. Schon im 16. Jahrhundert etablierte sich dort die offene Dreiflügelanlage als kanonische Lösung des feudalen Schlosses. Doch erst durch Salomon de Brosse Palais du Luxembourg (erbaut 1615-1620) wurde hier auch strukturell das Paradigma für die barocke Baukunst geliefert. Denn hier war zum ersten Mal das Corps des Logis klar von den niedrigeren Seitenflügeln, welche die Wirtschaftsgebäude bildeten, als repräsentativer Hauptteil des Bauwerkes abgehoben. Auch hier vollzog sich also eine Ausdifferenzierung mit dem Ziel, ein organisches Ganzes zu bilden. Schließlich findet sich auch hier die Entwicklung vom Turm zum Risalit vollständig vollzogen. Ein weiterer Schritt der Entwicklung stellt die konsequente Einbeziehung des Gartens in die Ganzheit des Schlossensembles, welche beispielgebend in Vaux-le-Vicomte (Bauzeit von 1656-1661) bei Paris geschah. Hierbei ergänzten sich der Architekt Louis Le Vau und der Gartenbauer André Le Nôtre in idealer Weise. Dieselben Künstler steigerten dieses Konzept beim königlichen Jagdschloss und späteren Hauptresidenz Schloss Versailles (erweitert 1661-1690) ins Monumentale. Wenngleich hierbei viele stilistische Unzulänglichkeiten zutage traten, so war Schloss Versailles dennoch konzeptionell maßgebend für viele europäische Residenzen (etwa Mannheim, Nordkirchen, Caserta, u. a.).

Kathedrale und Palacio Episcopal (Bischofssitz) in Málaga

In Mitteleuropa bzw. Deutschland setzte das Barock erst verzögert ein. Zwar hatten bereits der Augsburger Stadtbaumeister Elias Holl (1573-1646) sowie der wichtigste Theoretiker der Zeit Wendel Dietterlin (ca. 1550 - 1599) die Wende zum Barock vollzogen, doch blieben diese Leistungen durch die katastrophalen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges zunächst ohne Nachfolge. Erst ab 1650 setzte wieder eine verstärkte Bautätigkeit ein, wobei sich Sakralbaukunst und Profanbaukunst an Bedeutung in etwa die Waage hielten. Oftmals wurde zwischen süddeutschem und norddeutschem Barock unterschieden, was jedoch die Tatsache verschleiert, dass es eigentlich der Unterschied protestantischem und katholischem Barock war, der diese Zeit prägte. Die katholische Sakralbaukunst fand durch die Vorarlberger Bauschule in Anschluss an die Münchner Jesuitenkirche St. Michael und vor allem die Studienkirche der Jesuiten in Dillingen recht bald zum überaus verbreiteten Schema der Wandpfeilerkirche (das vom italienischen Abseitensaal deutlich zu unterscheiden ist, Typus Il Gesù in Rom). Dieses Schema wurde im süddeutschen Barock bis zum Ausgang der Epoche beibehalten und variiert.

Dagegen gehen die atemberaubenden Raumkompositionen von Balthasar Neumann auf einen anderen Traditionsstrang zurück, den böhmischen "Radikalbarock" guarinesker Prägung. Der Unterschied lässt sich sehr gut im Vergleich der Reichsabteikirchen von Zwiefalten (Wandpfeilerkirche mit gekurvt vortretenden Emporen, von Johann Michael Fischer) und Neresheim (kurvierte Architektur, deren Grundriss sich aus Ovalen konstituiert, entworfen von Neumann) beobachten.

Blick vom oberen Schlosspark auf das Residenzschloss Ludwigsburg

Das größte und eindrucksvollste Barockschloss Deutschlands befindet sich in Ludwigsburg (ca. 12 km von der Stuttgarter Innenstadt entfernt). Die Anlage weist eine enorme barocke Gartenanlage auf. Zeitweise im 18. Jahrhundert war Ludwigsburg die Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Württemberg.

Der protestantische Sakralbau ist dagegen nur von untergeordneter Bedeutung, und hat allein mit der Dresdner Frauenkirche (Dresdner Barock) ein Werk erstklassiger Bedeutung hervorgebracht. In der Profanbaukunst findet neben einer intensiven Auseinandersetzung mit dem klassischen französischen Schema der Dreiflügelanlage die Herausbildung der mehrhöfigen Stadtresidenz statt (Münchner Residenz, Berliner Stadtschloss, Hofburg in Wien).

Typische Vertreter barocken Kirchenbaus sind viele oberbayrische Kirchen, wie Ettal oder die Wieskirche.

Die Ferienstraße "Oberschwäbische Barockstraße" führt zu über 100 sehenswerten Kirchen und Schlössern in Oberschwaben und rund um den Bodensee.

Barocke Gartenkunst

siehe auch Barockgarten

Barocke Malerei

War die Malerei der Hochrenaissance um harmonische, ausgewogene und formstrenge Komposition bemüht, geriet in der Spätrenaissance bzw. im Manierismus dieses Gleichgewicht aus den Fugen. So kam es in der Barockmalerei im gewissen Sinne zu einer Synthese von Manierismus und Hochrenaissance. Mit dem Manierismus widmete sich die Malerei zum ersten Mal explizit dem Unausgewogenen und Bizarren. Kennzeichen dessen sind die sog. "figurae serpentinatae". Sie thematisieren menschliche Affekte. Die Barockmalerei ließ nun diese tiefen menschlichen Affekte nicht unvermittelt stehen, sondern bemühte sich darum, sie zu einer Gesamtaussage zur höchsten Dramaturgie zu verdichten. Damit wurde nun in gewisser Weise wieder dem Harmoniebedürfnis der Hochrenaissance entsprochen.

In der barocken Malerei herrschen dementsprechend dynamische Bildwelten vor, welche für religiöse Themen ebenso wie für weltliche, mythologische oder Landschaftsdarstellungen verwendet werden.

Peter Paul Rubens - Der Sturz des Phaeton - Gemälde (Öl auf Leinwand)

Als Begründer des barocken Stils gelten Caravaggio mit seiner derb-realistischen Hell-Dunkel-Malerei und die Carracci in Rom. Berühmte italienische Barockmaler sind weiterhin Guido Reni, Pietro da Cortona, Carlo Carlone und Domenichino. In der flämischen Malerei war Peter Paul Rubens mit seiner Schule führend, in Spanien Diego Velázquez. In Holland dominierten Frans Hals und Rembrandt.

Führende Länder und Meister

Katharinenkirche von Schloss Festenburg - Ausschnitt aus dem "Festenburger Frauenhimmel"

Siehe Contemporary Baroque Art

Die Barockpredigt

Die Barockpredigt war im Allgemeinen durch eine blumige Sprache gekennzeichnet. Zu den am häufigsten verwendeten Stilmittel gehören die Wiederholung (repetitio), die Häufung (besonders das Epitheton), Symbole und Embleme sowie besonders Allegorien und Metaphern. Mit Fabeln und Märchen wird meist eine moralische Lehre vermittelt. Weiters werden Vergleiche, Schwänke, sowie Sprichwörter häufig verwendet. Auch auf Sprachbilder wird oft zurück gegriffen, wobei viele Prediger nicht nur die Bibel sondern auch antike Werke verwenden.

Gerade am Ende des 16 Jahrhunderts beginnt die Predigt ein Massenmedium zu werden und, durch die Erfindung des Buchdrucks, auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Dadurch änderten sich auch Intention und Ziel der Predigt: zur theologischen Aufgabe gesellte sich eine politische hinzu. Die Kirche erkannte dies: das Konzil von Trient machte die Predigttätigkeit für den Priester obligatorisch. Die Themenwahl der Predigten war breit gestreut. So wurden theologische Probleme ebenso erörtert wie bibelexegetische Aussagen.

Der bekannteste katholische Prediger jener Zeit war im deutschsprachigen Raum Abraham a Sancta Clara . Sein heute weniger berühmter Kollege, Georg Scherer, verwendete die Barockpredigt oft als politische Waffe gegen die Reformation.

Literaturhinweise

  • Maximilian Neumayr, Die Schriftpredigt im Barock. Auf Grund der Theorie der katholischen Barockhomiletik (Paderborn, 1938).
  • Werner Drobesch, Sozialpolitische Aussagen in den Predigtsammlungen der Gegenreformation.

In: Katholische Reform und Gegenreformation in Innerösterreich 1564-1628, ed. France M. Dolinar (Klagenfurt, 1994) 491 - 507.

  • Valentin Hertle, Andreas Strobl als Modellfall der bayrischen Barockpredigt (kath.-theol. Diss. München, 1965)


Barocke Literatur

Siehe Barockliteratur, Barocktheater

Barockmusik

Siehe Barockmusik, Musik des 17. Jahrhunderts, Musik des 18. Jahrhunderts

Mode

Siehe auch Allongeperücke

Barockes Maschinen- und Kulissentheater

Im 17. Jh. wurde als neue Entwicklung in der Theatergeschichte die Kulissenbühne eingeführt, die sich gegenüber der Winkelrahmenbühne der Renaissance (16. Jahrhundert) durch ihre Verwandlungsfähigkeit und die starke Tiefenwirkung auszeichnete.

Literatur

  • Ashley, Maurice: Das Zeitalter des Barock. Europa zwischen 1598 und 1715. Zürich 1968

Siehe auch


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