Wirtschaft Deutschlands
Wirtschaft Deutschlands[1] | |
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Währung | Euro |
Inflation | 2,8 % (2008) |
Bruttoinlandsprodukt | 2407 Mrd. Euro (2009)[2] |
Wirtschaftswachstum | 3,6 % (August 2010) |
BIP pro Einwohner | 40.415 US$ |
BIP nach Sektor (2008, geschätzt) |
Landwirtschaft: 1 % Industrie: 30 % Dienstleistungen: 69 % |
BIP (Kaufkraftparität) | 2.809 Mrd. US$ |
Arbeitslosenquote | 6,8 % (August 2010) |
Erwerbstätige nach Sektor (2008) |
Landwirtschaft: 2 % Industrie: 30 % Dienstleistungen: 68 % |
Öffentliche Verschuldung | 73,2 % des BIP (2009)[3] |
Außenbeitrag | |
Export | 1.159 Mrd. US$ (~2009) |
Handelspartner | Frankreich 10,2 % USA 6,7 % Niederlande 6,7 % Vereinigtes Königreich 6,6 % (~2009) |
Import | 966 Mrd. US$ (~2009) |
Handelspartner | Niederlande 12,7 % Frankreich 8,3 % Belgien 7,2 % China 6,9 % (~2009) |
Auslandsdirektinvestitionen | 924 Mrd. US$ |
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Die Wirtschaft Deutschlands stellt die leistungsstärkste Volkswirtschaft Europas dar und ist nach dem Bruttoinlandsprodukt die viert-größte weltweit (Stand: 2009). Die deutsche Volkswirtschaft konzentriert sich auf industriell hergestellte Güter und Dienstleistungen, während die Produktion von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Gütern nur eine geringe wirtschaftliche Bedeutung hat. Die größten Handelspartner sind andere Industrieländer, wobei im Außenhandel insgesamt ein beträchtlicher Überschuss erzielt wird. Die wichtigsten Exportgüter der deutschen Wirtschaft sind Produkte der Automobilindustrie und Energierohstoffe wiederum die wichtigsten Importgüter. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt 2.404,4 Mrd. Euro (Stand: 13. Januar 2010, für das Jahr 2009[4]).
Wirtschaftsstruktur
Die meisten arbeitenden Menschen (72,3 Prozent) sind in Deutschland im Dienstleistungssektor beschäftigt. Wesentlich dabei sind unter anderem das Verkehrswesen, Gastgewerbe, das Sozial- und Gesundheitswesen, das Wohnungswesen als auch die Finanzwirtschaft. Das produzierende Gewerbe beschäftigt 25,5 Prozent der Erwerbstätigen, Fischerei, Land- und Forstwirtschaft 2,2 Prozent (Angaben: 2006).[5]
Deutschland hat bedeutende Rohstoffvorkommen, insbesondere im Bereich der Kohlevorkommen (Stein- und Braunkohle), im Bereich Kalisalz, Baustoffe und Steine und Erden. Außerdem befinden sich Erdgasvorkommen in Niedersachsen. Das dichtbesiedelte Industrieland mit dem fünftgrößten Energieverbrauch (nach USA, China, Japan und Indien) weltweit ist dennoch auf Rohstoffimporte angewiesen. Die Bedeutung der heimischen Steinkohle aus dem Ruhrgebiet und dem Saarland sowie der Braunkohle in Sachsen und Sachsen-Anhalt nahm in den vergangenen Jahrzehnten ab. 2005 erfolgte etwa 47 Prozent der Stromerzeugung und 24 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus Kohle[6]), Steinkohle und daraus produzierter Koks ist heute vor allem für die lokale Stahlindustrie und metallverarbeitende Industrie von Bedeutung. Die eigene Erdölförderung in Deutschland erwirtschaftete in den 1960er Jahren noch 30 Prozent des heimischen Bedarfs, mittlerweile nur noch 3 Prozent.
Auch Land- und Forstwirtschaft und deren nachgeordnete Industrien sind wichtige Grundlagenindustrien in Deutschland. Wald macht etwa ein Drittel der Landesfläche aus, im gesamten Wirtschaftsbereich Holz sind laut der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) mehr als eine Million Beschäftigte mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 100 Milliarden Euro zu finden.
Die Konsumausgaben in Deutschland betrugen 2008 etwa 1.857 Mrd. Euro, davon 1.404 Mrd. durch Privatpersonen und 453 Mrd. Euro durch Staatsausgaben.[4]
Außenhandel
Handelspartner und Außenhandelsstatistik

Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Der Gesamtwert der Ausfuhren dorthin belief sich im Jahr 2008 auf 96,86 Mrd. Euro, der Gesamtwert der Waren, die aus Frankreich nach Deutschland eingeführt wurden, belief sich 2008 auf 66,71 Mrd. Euro. Insgesamt wurden im Jahr 2008 Waren im Wert von 163,57 Mrd. Euro zwischen den beiden Ländern ausgetauscht. Die Niederlande sind der zweitgrößte Handelspartner Deutschlands. Insgesamt wurden im Jahr 2008 Güter und Dienstleistungen im Wert von 137,72 Mrd. Euro zwischen Deutschland und den Niederlanden ausgetauscht. Dabei beliefen sich die Importe nach Deutschland auf 72,08 Mrd. Euro, die Exporte in die Niederlande beliefen sich auf 65,64 Mrd. Euro. Drittgrößter Handelspartner sind die Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Warenwertaustausch von insgesamt 117,53 Mrd. Euro, davon 46,06 Mrd. Euro an Importen nach Deutschland und 71,47 Mrd. Euro an Exporten in die USA.[7].
Insgesamt wurden 2008 Waren im Wert von 994,87 Mrd. Euro exportiert und für 818,62 Mrd. importiert. Dies bedeutet im Vergleich zum Jahr 2006 einen Anstieg der Exporte um 11,3 Prozent und einen Anstieg der Importe um 11,9 Prozent. Die Außenhandelsbilanz schloss im Jahr 2008 mit einem Überschuss von 176,25 Mrd. Euro ab (2006: 162,1 Mrd. Euro).[8]
Der starke Euro, der deutsche Waren in Ländern, die nicht der Eurozone angehören, erheblich teurer machte, wirkte sich nur gering aus, da ein Großteil der ausgeführten Waren in Länder der EU geht. Im Jahr 2008 lag der Anteil der Ausfuhren in die EU bei 64 Prozent des deutschen Gesamtexportes. Lediglich 10 Prozent der deutschen Exporte gehen nach Amerika, 12 Prozent gehen nach Asien[7].
Die Exporte trugen 2006 zu 21 Prozent zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei (Importe zu 14 Prozent und die Binnenwirtschaft, also wirtschaftliche Vorgänge im Inland, zu 65 Prozent des Bruttoinlandsprodukts).
Mit einem Exportwert von 969 Milliarden Euro und einem Handelsüberschuss in Höhe von 199 Milliarden Euro war Deutschland 2007 wieder das Land mit den weltweit meisten Exporten (umgangssprachlich auch oft als „Exportweltmeister“ bezeichnet).[9]
Dieser Rekord-Handelsüberschuss (deutlich mehr Ausfuhren als Einfuhren) wird jedoch auch kritisch gesehen. Zum einen, da Deutschland mit seiner Exportorientierung stark von der Entwicklung im Ausland abhängig ist.[10] Zum Anderen wird kritisiert, dass die deutsche Wirtschaft durch dieses Leistungsbilanzungleichgewicht eine nachhaltige Entwicklung in Europa verhindere. Deutschland profitiert mit seinem Handelsüberschuss mit Lohnsenkungen davon, wenn europäische Nachbarländer ihre Binnenwirtschaft stärken, aber umgedreht können die Nachbarn nicht vermehrt nach Deutschland importieren.[11]
Durch den global zunehmenden Handel kommt es zu verstärkter Arbeitsteilung, und somit nicht nur zu einem Zuwachs von Exporten, sondern auch von Importen. Einige Ökonomen, wie z. B. Hans-Werner Sinn, sind wegen dieses Zuwachses der importierten Vorleistungen der Ansicht, dass Deutschland zu einer Basarökonomie verkommt.
Handelsgüter
Deutschland exportiert hauptsächlich (47,2 Prozent der Gesamtausfuhren, 2007) Automobile, Maschinen, Chemieerzeugnisse und schweres elektrisches Gerät. Ein Großteil der deutschen Handelsaktivitäten findet innerhalb von Industrieländern, der gleichen Industrie oder sogar der gleichen Firma statt (siehe oben), so dass Automobile, Maschinen und Chemieerzeugnisse auch wesentliche Importerzeugnisse sind. Jedoch werden deutlich mehr dieser Waren aus Deutschland exportiert als importiert.[12]
Kraftwagen und Kraftwagenteile machen dabei 19,1 Prozent der deutschen Exporte aus, Maschinen 14,7 Prozent und chemische Erzeugnisse 13,4 Prozent der deutschen Ausfuhren aus.[13] Erdöl und Erdgas sind (im Vergleich zum Export) Deutschlands wichtigste Importgüter (Importwert von 61 Milliarden Euro, 2007).[12]
Deutsche Unternehmen
Die Tabelle zeigt die zehn größten deutschen Unternehmen geordnet nach dem Umsatz des Geschäftsjahrs 2007.
Platz | Unternehmen | Umsatz (in Mio. Euro) | Gewinn (in Mio. Euro) | Beschäftigte (in 1000) |
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1 | Volkswagen AG | 113.800 (2008) | 4.120 | 369,9 (2008) |
2 | Daimler AG | 95.873 (2008) | 3.985 | 273,2 (2008) |
3 | Siemens AG | 77.327 (2008) | 3.806 | 428,0 (2008) |
4 | E.ON AG | 87.650 (2008) | 7.204 | 93,6 (2008) |
5 | Metro AG | 64.337 | 825 | 242,4 |
6 | Deutsche Post AG | 63.512 | 1.389 | 475,1 |
7 | Deutsche Telekom AG | 62.516 | 569 | 241,4 |
8 | BASF SE | 57.951 | 4.065 | 95,2 |
9 | BMW AG | 56.018 | 3.126 | 107,5 |
10 | ThyssenKrupp AG | 51.723 | 2.102 | 191,4 |
Siehe auch: Liste der größten Unternehmen in Deutschland
Aktuelle Konjunkturentwicklung
2006 und 2007 zog das Wirtschaftswachstum in Deutschland deutlich an, das steigende Wachstum wurde dabei zunehmend von den Investitionen der Unternehmen getragen. Die deutsche Wirtschaft entwickelte sich weitgehend entsprechend dem gewohnten Konjunkturzyklus: Zunächst kamen die Wachstumsimpulse von der Außenwirtschaft. Mit zunehmender Auslastung der Produktionskapazitäten beschleunigte sich 2006 der Anstieg der Investitionen im Inland sehr stark. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbesserte sich: die Zahl der Arbeitslosen sank, die Zahl der Erwerbstätigen stieg. Allerdings führte der Aufschwung nicht zu einem fühlbaren Anstieg des privaten Verbrauchs. Ende 2009 zeigten sich erste Anzeichen, dass die schwerste weltweite Finanz -und Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren, langsam abschwächt. Für Deutschland zogen die immens wichtigen Exporte wieder an und das BIP stieg mehr und mehr bis zuletzt im September 2010 ein leichter Dämpfer einher ging. Bedingt durch die Kurzarbeit haben es viele -gerade mittelständische Unternehmen- geschafft ihre Stammbelegschaft zu halten. Nun können sie bei stark anziehender Nachfrage besser dem Bedarf gerecht werden. Die Prognosen über die weitere Entwicklung klaffen sehr weit auseinander. Auf der einen Seite gibt es Institute die davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Entwicklung wieder abnimmt, bedingt durch Sparpakete und lahmende wirtschaftliche Erholung in den USA. Auf der anderen Seite sagen einige Konjunkturexperten, dass Deutschland in den nächsten Jahren Jahre von vergleichsweise starkem und beständigem Wirtschaftswachstum erleben wird und somit die Konjunkturlokomotive Europas bleibt.
Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real | ||||||
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in % gegenüber dem Vorjahr | ||||||
Jahr | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 |
Veränderung in % gg. Vj. | 3,4 | 2,7 | 1,0 | −4,7 | 3,5 | 2,0 |
Gemeinschaftsdiagnose (Oktober 2010)[14] | 2010, 2011 Prognosewerte |
2006: stärkeres Wachstum, Arbeitslosigkeit und Haushaltsdefizit sinken
2006 gab es im Vergleich zu den Vorjahren einen Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Das Wachstum hatte sich im Umfeld einer weiterhin rasch wachsenden Weltwirtschaft verdreifacht, es erreichte 3,0 Prozent.
Im Vergleich zu 2005 stieg auch die Binnenkonjunktur, der Anstieg der Inlandsnachfrage erhöhte sich auf 2,1 Prozent. Die Anlageinvestitionen stiegen um 7,7 Prozent, wobei die Ausrüstungsinvestitionen weiter beschleunigt zunahmen. Auch die Bauinvestitionen wuchsen nach langjährigem Rückgang deutlich. Der private Verbrauch erhielt zwar Impulse von der 2007 bevorstehenden Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte, weil Käufe vorgezogen wurden, sein Anstieg blieb jedoch weiterhin schwach (+0,6 Prozent).
Die konjunkturelle Wende war auch auf dem Arbeitsmarkt zu spüren. Die Arbeitslosenzahl sank deutlich um 374.000 Personen (−7,7 Prozent) auf 4,487 Millionen, die Zahl der Erwerbstätigen stieg um 0,7 Prozent.
Der kräftige Aufschwung sorgte dafür, dass das Haushaltsdefizit 2006 mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die Maastricht-Grenze (3 Prozent des BIP) deutlich unterschritt.
2007: Anhaltender Aufschwung, aber keine Konsumbelebung
Das Wachstum der deutschen Wirtschaft verlangsamte sich 2007 nur gering, obwohl die Konjunktur durch mehrere Faktoren belastet wurde. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts sank 2007 lediglich auf 2,5 Prozent (2006: +3,0 Prozent). Getragen wurde es vor allem vom anhaltend starken Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen (+6,9 Prozent). Das Wachstum der Bauinvestitionen hat sich hingegen mehr als halbiert (+1,8 Prozent).
Zum einen dämpfte die Finanzpolitik die Inlandsnachfrage. Insbesondere der private Konsum wurde durch die Mehrwertsteuererhöhung beeinträchtigt. Hinzu kamen der erneute Anstieg des Ölpreises und die Aufwertung des Euro im Verlauf des Jahres 2007. Zudem zeigten sich auch Folgen von der Immobilienkrise in den USA und der weltweiten Finanzkrise auf den deutschen Finanzmärkten.
Die privaten Konsumausgaben sanken sogar etwas (− 0,4 Prozent). Die Anfang 2007 vorgenommene kräftige Mehrwertsteuererhöhung trug dazu beträchtlich bei. Die Außenwirtschaft lieferte einen höheren Beitrag zum Wachstum (1,4 Prozentpunkte) als die Inlandsnachfrage (1,1 Prozentpunkte). Dank des anhaltenden Wachstums konnte im staatlichen Gesamthaushalt erstmals seit vielen Jahren ein geringer Überschuss verzeichnet werden.
2008: Produktionsrückgang seit dem 2. Quartal
2008 verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum weiter auf 1,3 Prozent. Nach einem ungewöhnlich kräftigen Wachstum im ersten Quartal 2008 schrumpfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im weiteren Verlauf des Jahres mit zunehmenden Raten.
Vom Außenhandel kamen 2008 keine Wachstumsimpulse mehr. Im Gegenteil: der Außenbeitrag verminderte das Wachstum um 0,3 Prozentpunkte. Dazu trugen das schwächere Wachstum der Weltwirtschaft und die Euro-Aufwertung bei. Sie bremsten den Anstieg der deutschen Exporte.
Zudem sank das Wachstum der Anlageinvestitionen weiter (+4,4 Prozent). Zum einen verschlechterten sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen. Zum anderen wurden die Abschreibungsmöglichkeiten zum Jahresende 2007 eingeschränkt.
Die privaten Konsumausgaben gingen auch 2008 etwas zurück (−0,1 Prozent).
Eine Konsumbelebung blieb trotz der anhaltenden Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt aus. Die Zahl der Arbeitslosen sank 2008 auf 3,268 Millionen (−13 Prozent).
Der Anstieg der Verbraucherpreise, der sich bereits 2007 insbesondere wegen der Mehrwertsteuererhöhung auf 2,3 Prozent beschleunigt hatte, zog 2008 weiter auf 2,6 Prozent an. Zum rascheren Anstieg der Preise trug die weltweite Verteuerung von Energie und Nahrungsmitteln erheblich bei. Der Rückgang der Energiepreise im Verlauf des zweiten Halbjahres glich den Anstieg im ersten Halbjahr nicht aus.
Der Staatshaushalt schloss auch 2008 annähernd ausgeglichen.
Ausblick auf die Konjunkturentwicklung 2009/2010
Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose legte in ihrem Gutachten zur Konjunkturentwicklung 2009/2010 am 23. April 2008 folgende Einschätzungen und Prognosen vor:
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Frühjahr 2009 in der tiefsten Rezession seit der Gründung der Bundesrepublik. Mit der Zuspitzung der internationalen Finanzkrise im Herbst 2008 hat sich der weltweite Abschwung der Wirtschaft dramatisch verschärft.
2009 wird ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6 Prozent erwartet.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert sich. Die Arbeitslosenzahl steigt im Jahresdurchschnitt um rund 450.000 Personen auf rund 3,718 Millionen. Die Arbeitslosenquote erhöht sich auf 8,6 Prozent. Die Zahl der Erwerbstätigen beginnt zu sinken (−508.000 Personen).
Der Verbraucherpreisanstieg verringert sich bei einem Rückgang des Ölpreises auf 50 $/Barrel auf 0,4 Prozent.
Trotz weitgehender Preisstabilität stützt der private Verbrauch bei steigender Arbeitslosigkeit, sinkender Beschäftigung und kaum höheren verfügbaren Einkommen (+0,2 Prozent) die gesamtwirtschaftliche Nachfrage 2009 kaum. Zu ihrem schwachen Anstieg (+0,3 Prozent) tragen wegen der „Abwrackprämie“ vorgezogene Pkw-Käufe bei.
Die im Mai 2009 von Forschungsinstituten, internationalen Organisationen und Geschäftsbanken vorliegenden Prognosen für das Wachstum der deutschen Wirtschaft liegen zwischen 3 Prozent (Allianz) und 6 Prozent bis 7 Prozent (Commerzbank). Die große Spannbreite der Prognosen zeigt die hohe Unsicherheit. Viele Unternehmen produzieren „auf Sicht“ und wagen keine Prognosen für die kommenden Monate.
Besonders ungewiss ist, wann die „Talsohle“ erreicht ist und die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt. Die Beobachter nehmen zumeist an, dass der Abschwung im zweiten Halbjahr 2009 zumindest deutlich an Geschwindigkeit verlieren dürfte. Einige meinen, die Wende zum Wachstum könnte noch im Jahr 2009 erreicht werden. Überwiegend wird aber damit gerechnet, dass der Aufschwung auch dann schwach ausfallen wird und die gesamtwirtschaftliche Produktion im Verlauf des nächsten Jahres allenfalls sehr langsam steigen dürfte.
So erwarten die Forschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose, dass die Produktion (nach einem vorübergehenden Anstieg im 3. Quartal 2009) erst im dritten und vierten Quartal 2010 im Vergleich zum Vorquartal wieder etwas wächst. Im Jahresvergleich 2010/2009 rechnen sie nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,5 Prozent.
Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich laut Gemeinschaftsdiagnose 2010 beschleunigt verschlechtern. Die Arbeitslosenzahl wird im Jahresvergleich um 970.000 Personen auf 4,688 Millionen steigen, die Zahl der Erwerbstätigen um 1,120 Millionen auf 38,7 Millionen sinken.
Bei spürbar niedrigeren verfügbaren Einkommen (− 0,9 Prozent) schlägt die Rezession dann auch beim privaten Verbrauch durch (−1,2 Prozent). Durch die rezessionsbedingten Einnahmenausfälle, Ausgaben zur Unterstützung des Finanzsektors (siehe: Finanzmarktstabilisierungsgesetz) und anderer Unternehmen sowie Ausgaben zur Stützung der Konjunktur wird das Defizit im Staatshaushalt 2009 voraussichtlich auf 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 2010 auf 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.
Die Forschungsinstitute gehen wie viele andere Konjunkturbeobachter davon aus, dass die von der Weltwirtschaftskrise ausgelöste Rezession in Deutschland stärker ausfallen wird als in anderen großen Industrieländern mit Ausnahme von Japan. Ursache ist die besonders hohe Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Export und ihre Spezialisierung auf Investitionsgüter.
Zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums liegt dem Bundestag der Entwurf eines Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 9. November 2009 vor, BT-Drucks. 17/15. Der Deutsche Bundestag hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz am 4. Dezember 2009 beschlossen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2009 zugestimmt. Zur Wirksamkeit ist noch die Unterzeichnung und die Bekanntmachung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt erforderlich. Das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 wurde im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 81 vom 30. Dezember 2009 auf den Seiten 3950 ff veröffentlicht.
Wirtschaftspolitische Forderungen
Institute
Die wirtschaftspolitischen Forderungen, die von den Forschungsinstituten in den Gemeinschaftsdiagnosen vertreten werden, entsprechen dem Konzept der sogenannten angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.
Finanzpolitisch treten die Institute für einen Abbau der Neuverschuldung und eine Haushaltskonsolidierung ein.
In der Arbeitsmarktpolitik setzten sie sich angesichts der immer noch hohen strukturellen Arbeitslosigkeit wiederholt für Maßnahmen ein, die insbesondere im Niedriglohnbereich die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit erhöhen und die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt verbessern. Um die Eingliederung der Arbeitslosen in den Arbeitsprozess zu ermöglichen, soll nach Ansicht der Institute der Anstieg der Tariflöhne im gesamtwirtschaftlichen Schnitt unter der Summe aus der trendmäßigen Inflationserwartung und dem trendmäßigen gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstum liegen.
Besonders deutlich wurden ihre wirtschaftspolitischen Positionen im Frühjahrsgutachten 2005, in dem sie weitreichende wirtschaftspolitische Reformen forderten, um die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft zu überwinden. Der Staat müsse seinen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen verringern und den Freiraum für private Initiative erhöhen. Der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, die Staatsquote, soll reduziert werden. Der Staat soll die Subventionen kürzen, die Steuern und seine Neuverschuldung senken. Im Bereich der Sozialpolitik sollen die Bürger mehr Eigenverantwortung übernehmen. Der Staat soll lediglich für eine Grundsicherung bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter sorgen.
Die Mehrheit der Ökonomen in Deutschland neigte in den letzten Jahren solchen Positionen der Angebotspolitik zu. So formulierten im Jahr 2005 mehr als 250 deutsche Professoren der Volkswirtschaftslehre einen angebotsorientierten Grundkonsens im Hamburger Appell. Nach Michael Hüther (2009), einem Unterzeichner des Hamburger Appells, ist auch Bestandteil der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, dass bei starken Nachfrageeinbrüchen, wie etwa vor dem Hintergrund der Finanzkrise ab 2007, die die Anpassungsfähigkeit der volkswirtschaftlichen Angebotsseite überfordern, von einer keynesianischen Situation auszugehen ist, welche dann eine Nachfragepolitik dringlich mache.[15]
In ihrem Frühjahrsgutachten 2009 halten auch die Institute in der gegenwärtigen Krisensituation die von der Bundesregierung beschlossenen Konjunkturpakete trotz grundsätzlicher Bedenken für vertretbar. Sie plädieren auch für eine expansivere Geldpolitik, halten aber Lohnanpassungen nach unten für sinnvoll. Einige ihrer Einschätzungen und Empfehlungen im Einzelnen:
Finanzpolitik: Die beiden von der Bundesregierung beschlossenen Konjunkturprogramme enthalten mit den Investitionsprojekten, den Senkungen der marginalen Steuersätze und der Reduktion der Sozialabgaben Maßnahmen, die das Wachstum mittelfristig fördern können. Daher ist es nach Ansicht der Institute vertretbar, sie vorübergehend über Verschuldung zu finanzieren. In ihrem Herbstgutachten 2008 meinten sie hingegen noch, Konjunkturprogramme im herkömmlichen Sinne seien wenig Erfolg versprechend.
Geldpolitik: Die Europäische Zentralbank, EZB, hat seit der Verschärfung der Rezession die Zinsen deutlich gesenkt. Angesichts der Tiefe des konjunkturellen Einbruchs und der Aussicht, dass die Inflation im Euroraum auf absehbare Zeit deutlich unterhalb der Zielvorstellung der EZB bleibt, halten die Institute eine noch expansivere Ausrichtung der Politik für angemessen, und der Leitzins sollte auf 0,5 Prozent gesenkt werden.
Lohnpolitik: Vor dem Hintergrund der Rezession und der zunehmenden Erwerbslosigkeit dürfte sich die Verhandlungsposition der Gewerkschaften verschlechtern; insofern dürfte der Lohnkostendruck abnehmen. Sollen Entlassungen vermieden werden, wird es nach Ansicht der Institute in vielen Fällen sinnvoll sein, dass sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Lohnanpassungen verständigen. So sehen einige Tarifverträge die Möglichkeit vor, Tariflohnerhöhungen zu verschieben.
Sachverständigenrat
Im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesregierung („Die 5 Wirtschaftsweisen“) vertrat 2007 nur noch Peter Bofinger teilweise nachfrageorientierte Positionen. Im Herbstgutachen 2008 „Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte stärken“ finden sich aber wieder zum Teil nachfragepolitische Empfehlungen:
- Es sollen deutliche Impulse zur Stärkung der internen Wachstumskräfte und der Binnennachfrage gesetzt werden.
- Die EZB soll Zinssenkungsspielräume nutzen.
- Die Fiskalpolitik soll im Rahmen der „Goldenen Regel der Finanzpolitik“ Investitionen kreditfinanzieren.
- Solange die Produktionslücke im negativen Bereich sei, könnten auch Bildungsausgaben über staatliche Kredite finanziert werden.
Wirtschaftsgeschichte
Industrialisierung
Hauptartikel: Wirtschaftsgeschichte, Industrielle Revolution in Deutschland, Hochindustrialisierung in Deutschland
Der deutsche Zollverein von 1834 und die Reichsgründung von 1871 waren wichtige Schritte bei der Vereinheitlichung der fiskalisch-ökonomischen Rahmenbedingungen. Die damit verbundenen Vorteile zeigten sich erstmals in der Gründerzeit, deren Anfänge in den 1840er-Jahren lagen. Die im Frieden von Frankfurt 1871 Frankreich auferlegte Zahlung in Höhe von fünf Milliarden Goldfranken erfolgte in Tranchen bis 1873. Dieser Zufluss an Kapital verstärkte die Euphorie an den Börsen bis zum großen Börsenkrach („Gründerkrach“) von 1873. Aus ihm entwickelte sich eine Wirtschaftskrise, die um ca. 1879 ihren Höhepunkt hatte. Anschließend setzte ein meist hohes Wirtschaftswachstum bis zum Ersten Weltkrieg ein. Wichtige industrielle Wirtschaftsbranchen waren anfangs die Eisenbahn (Liste der Eisenbahnen bis 1870), wodurch die Transportkosten stark sanken, Maschinenbauindustrie (Sächsische Maschinenfabrik, Borsig) und die Schwerindustrie (Rheinisch-Westfälisches Kohlen-Syndikat, Friedrich Krupp AG, Thyssen AG, Mannesmann), später kam noch die Elektroindustrie (Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske, Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft) und die chemische Industrie (Badische Anilin- und Sodafabrik, Farbwerke Hoechst, Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co.) hinzu. Des Weiteren gab es bedeutende Banken, wie z. B. die Deutsche Bank, die Disconto-Gesellschaft und die Dresdner Bank, und Handelsunternehmen wie die Hugo Stinnes GmbH.
Die wichtigste Partei im 1871 entstandenen Reichstag war anfangs die Nationalliberale Partei. Eine Folge der Wirtschaftskrise war das Entstehen von Lobbyverbänden (z. B.: Bund der Landwirte, Centralverband deutscher Industrieller und Bund der Industriellen), von denen einige auf eine Einführung von Zöllen zur Behinderung von Importen konkurrierender Güter hinwirkten. Dies war 1878/79 mit der Schutzzollpolitik des Reichskanzlers erreicht, wodurch es zur Spaltung der Nationalliberalen Partei kam und mit den Kartellparteien ein neuer rechts-liberaler politischer Block die Führung im Reichstag übernahm.
Nach dem Wechsel des Reichskanzlers von Otto von Bismarck zu Leo von Caprivi (1890–94) kam es im Rahmen des „Neuen Kurses“ zu einer Wende in der Zoll- und Handelspolitik. Die industrielle Entwicklung wurde durch ein System von Handelsverträgen gefördert und im Gegenzug wurden die Agrarzölle gesenkt. Die folgenden Reichskanzler revidierten diese Politik in Teilen, da die Interessen von Industrie und Landwirtschaft gegeneinander standen. Die Deutsche Zentrumspartei drängte darauf, dass mehrere Sozialversicherung eingeführt wurden (Krankenversicherung (1883), Unfallversicherung (1884) und Invaliditäts- und Altersversicherung (1889)). Ab 1890 war die SAP / SPD die Partei mit den meisten Wählerstimmen, doch die meisten Sitze im Reichstag hatte von 1881 bis zur Reichstagswahl 1912 fast immer die katholische Zentrumspartei.
Der große Bergarbeiterstreik von 1889 führte 1891 zum Erlass eines Arbeiterschutzgesetzes und bedeutete den Durchbruch der Gewerkschaft im Ruhrbergbau. Der Hamburger Hafenarbeiterstreik 1896/97 dauerte elf Wochen, endete erfolglos und führte zur Zuchthausvorlage. Der landesweit beachtete Textilarbeiterstreik 1903/04 in Crimmitschau[16], unter anderem wegen eines Zehnstundentages, war hingegen erst 1908 erfolgreich. 1912 kam es dann zu einem Bergarbeiterstreik, bei dem die Regierung unter anderem 5000 Soldaten schickte und so den Streik nach 11 Tagen zu einem Ende führte. 1914 beschlossen die Gewerkschaften wegen des kommenden Krieges auf Streiks zu verzichten.
1907 formierte sich der sogenannte Bülow-Block im Reichstag, ein Wahlbündnis von Konservativen, Nationalliberalen und Linksliberale, das allerdings über die Reichsfinanzreform 1909 zerbrach, bei der neben einer Erhöhung indirekter Steuern auch die Einführung einer Erbschaftssteuer vorgesehen war. Anschließend führte den Reichstag bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges ein Bündnis von Konservativen und Zentrum, während die unterlegenden politischen Kräfte den Hansabund gründeten. Wegen dessen linksliberaler Position, verließen die Industrieverbände den Bund bald wieder und seine politische Bedeutung verlor an Gewicht.
Weltkriege und Zwischenkriegszeit
Hauptartikel: Deutsche Wirtschaftsgeschichte im Ersten Weltkrieg, Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschland

In der Zeit der Weltkriege war die Wirtschaft als Kriegsökonomie organisiert. Die wirtschaftliche Koordination erfolgte während des Ersten Weltkriegs weitgehend durch die Kriegsrohstoffabteilung. Für einzelne Rohstoffe gab es eigene Gesellschaften, die als Aktiengesellschaft organisiert waren. Dies waren beispielsweise die Kriegs-Metall-Gesellschaft AG und die Kriegs-Chemikalien-Gesellschaft AG. Diese Organisationsform wurde gelegentlich als Kriegssozialismus oder Gemeinwirtschaft idealisiert. Aus den besetzten Gebieten wurden die Rohstoffe der eigenen Wirtschaft zugeführt, wie beispielsweise das Eisenerz aus Briey und landwirtschaftliche Produkte aus Polen, aber auch hunderttausende von Zwangsarbeiter aus Belgien und Polen arbeiteten für das Reich. Für die Zuteilung von Nahrungsmittel gab es Lebensmittelmarken; ab 1915 die Brotkarte und später z. B. Fleischkarten, Zuckerkarten und Seifenkarten. Bedeutend war auch der weit verbreitete Schwarzmarkt für Waren aller Art.
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs einigten sich Gewerkschaften und deutsche Industrie im Stinnes-Legien-Abkommen darauf, dass die Gewerkschaften in Zukunft als Vertreter der Arbeiterinteressen und als Tarifpartner behandelt werden, der Achtstundentag eingeführt wurde und eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel unterbleibt (Räterepublik, Rätekommunismus). Als gemeinsames Gremium wurde die Zentralarbeitsgemeinschaft (1918 bis 1924) gegründet.
Die Goldmark wurde zu Beginn des Ersten Weltkrieges inoffiziell gegen die Papiermark ausgetauscht, indem der Goldstandard aufgehoben wurde. Damit begann die Zeit der deutschen Inflation von 1914 bis 1923, bei der im November 1923 der Kurs für 1 US-Dollar bei 4,2 Billionen Mark lag. Die Rentenmark löste schließlich 1923 die Mark im Verhältnis 1:1 Billion ab. Die Reparationsforderungen wurden mit der Zeit gesenkt und im Verlauf der Weltwirtschaftskrise auf der Konferenz von Lausanne 1932 auf eine Restzahlung von 3 Milliarden Reichsmark festgesetzt.
Ab 1923 stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage, wobei die Arbeitslosenquote mit Ausnahme des Jahres 1925 immer über 8 Prozent lag. In der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise (siehe auch: Deutsche Bankenkrise) stieg die Zahl der Arbeitslosen auf über 6 Millionen oder etwa 40 Prozent aller Industriearbeiter. Auch brach der Welthandel zusammen (Ende des Freihandels), da weltweit die Zölle angehoben wurden. In Deutschland verfolgte Reichskanzler Heinrich Brüning eine Politik des Haushaltsausgleichs („Deflationspolitik“), indem er per Notverordnung direkte und indirekte Steuern anhob und Sozialausgaben, Löhne, Preise und Mieten senkte.
Ab 1933 erholten sich die Beschäftigungszahlen und 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, war Vollbeschäftigung erreicht. Während durch den 1933 erlassenen Lohnstopp das Einkommen der Bevölkerung stagnierte, stiegen die staatlichen Rüstungsausgaben und etwa die Hälfte aller Investitionen wurden in die vom „Vierjahresplan“ präferierten Branchen gelenkt. Es entstanden staatliche Unternehmen, wie beispielsweise das Volkswagenwerk Wolfsburg, das Junkers Flugzeug- und Motorenwerke und die Reichswerke Hermann Göring. Das Reichswerk übernahm im Verlauf des Zweiten Weltkrieges ausländische Großkonzerne, wie beispielsweise die Alpine Montangesellschaft, Steyr Daimler Puch und die Škoda-Werke.

Finanziert wurden die Kosten bis zum Sommer 1944 auch mit der sogenannten „Geräuschlosen Kriegsfinanzierung“ (siehe auch: Hitlers Volksstaat von Götz Aly) und anschließend über das Drucken von Banknoten.
Wegen zunehmendem Arbeitskräftemangel wurde während des Zweiten Weltkriegs zwischen sieben und elf Millionen Menschen aus dem Ausland zur Zwangsarbeit genötigt. Es entstanden in der Nähe von Konzentrationslagern Betriebsstätten entsprechend dem Konzept „Vernichtung durch Arbeit“, wie etwa die Ostindustrie GmbH, die Deutschen Ausrüstungswerke, die Walther-Werke und die Deutschen Erd- und Steinwerke. Des Weiteren wurden beispielsweise im Zuge der „Aktion Reinhardt“, der systematischen Ermordung aller Juden und Roma des besetzten Polen, laut endgültiger Abrechnung vom 5. Januar 1944 etwa 180 Millionen Reichsmark[17] erbeutet.
Mit der „Arisierung“ enteignete man etwa 100.000 Betriebe jüdischer Inhaber zugunsten des NS-Staates, Unternehmen und Privatleuten. (s. a.: Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden, Judenvermögensabgabe)
Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren nicht nur viele Millionen Menschen gestorben, sondern auch etwa 4 Millionen Wohnungen und zahlreiche Fabriken in Deutschland zerstört.
Wiederaufbau
Vorlage:Zeitleiste Wirtschaft Deutschlands

- Bundesrepublik Deutschland
Der schnelle Wiederaufbau in Westdeutschland nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges wird umgangssprachlich auch als „Wirtschaftswunder“ bezeichnet. Das hohe Wirtschaftswachstum führte allerdings erst in den 1960er Jahren zur Vollbeschäftigung. So stieg die Arbeitslosenquote 1948 nach der Währungsreform stark. Sie erreichte 1950 mit 11 Prozent ihren Höhepunkt, fiel dann bis 1955 auf 5,6 Prozent und lag 1960 bei 1,3 Prozent.[18] Zusätzlich erschwert war die Situation am Arbeitsmarkt bis zum Ende der 50er Jahre da viele Millionen Heimatvertriebene und Übersiedler in Westdeutschland aufgenommen wurden. Nach dem Erreichen der Vollbeschäftigung war der Bedarf nach weiteren Arbeitskräften derart dringend, dass in großer Zahl im Ausland sogenannte Gastarbeiter angeworben wurden. Eine wesentliche Änderung der gesetzlichen Rentenversicherung geschah mit der Rentenreform von 1957, als das Kapitaldeckungsverfahren zu Gunsten des Umlageverfahrens aufgegeben und die dynamische Anpassung der Rentenhöhe an die Bruttolohnentwicklung eingeführt wurde.
Bedeutend für den erfolgreichen Wiederaufbau war die Währungsreform von 1948 und die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft durch Ludwig Erhard, das Wiederaufbauprogramm der USA – der Marshallplan – und die Eingliederung Westdeutschlands in die von der USA geführte Weltwirtschaft.[19] Dazu gehörte ebenfalls die Teilnahme in der Europäischen Zahlungsunion im September 1950 und die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (die Vorläuferorganisation der EU) 1951. 1948 wurde der Wechselkurs zwischen US-Dollar und DM mit 1 $ = 3 DM festgesetzt und 1949 die Dollarklausel abgeschafft. Mit dem Luxemburger Abkommen vom September 1952 und dem Londoner Schuldenabkommen vom Februar 1953 wurden die finanziellen Verpflichtungen Deutschlands aus der Vorkriegszeit, die durch die Kriegszeit entstanden Reparationen und die Entschädigung der jüdischen Verfolgten und weiterer NS-Verfolgte (s. a.: Jewish Claims Conference, Deutsche Wiedergutmachungspolitik) derart geregelt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches nicht mit zu großen finanziellen Lasten beladen wurde.
In der Regierungszeit von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard wurden in den Jahren 1959 bis 1965 bedeutende Beteiligungen des Bundes an Unternehmen zum Teil privatisiert. Dazu gehörte die Preussag, die Volkswagen AG (siehe auch VolkswagenStiftung) und die VEBA[20]. 1963 wurde der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eingesetzt, um der Bundesregierung und der Öffentlichkeit jährlich eine unabhängige wissenschaftliche Analyse und Prognosen für die Zukunft zur Verfügung zu stellen.
- Deutsche Demokratische Republik
Von 1945 bis 1949 gab es in der Sowjetischen Besatzungszone eine Bodenreform, wobei die Eigentümer meistens entschädigungslos enteignet wurden, gleiches geschah mit Großunternehmer, Großhandel und Banken. Es entstanden etwa 200 Sowjetische Aktiengesellschaften. Die verbleibenden privaten Unternehmen wurden ab 1950 umgewandelt in Volkseigene Betriebe (VEB) und Betriebe mit staatlicher Beteiligung (BSB), die 1972 dann auch sozialisiert wurden. Von 1952 bis 1960 ging fast das gesamte Agrarland in Volkseigene Güter (VEG) oder Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) über. Sozialistische Genossenschaften gab es auch beispielsweise im Handwerk (PGH), bei den Binnenfischer (PGB), bei Gärtnereien (GPG), im Bau (AWG) und bei See- und Küstenfischer (FPG).

Seit 1948 gab es mit der Deutschen Mark eine eigene Währung. Bis dahin galt neben Rentenmark und Reichsmark auch eine von der Sowjetischen Militäradministration als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführte Mark der Alliierten Militärbehörde, auch „Besatzungsmark“ genannt. Eine gleich lautende Währung wurde ebenfalls von allen Alliierten seit dem 9. August 1945 in Berlin als gesetzliches Zahlungsmittel heraus gegeben[21].
Die DDR wurde im September 1950 in den 1949 gegründeten und von der Sowjetunion geführten Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) aufgenommen. Die Organisation entstand um eine wirtschaftliche Unabhängigkeit der osteuropäischen Mitgliedsstaaten vom Westen zu ermöglichen. Gegen Ende der 50er Jahre begann man den RGW organisatorisch weiter zu entwickeln und erste internationale Wirtschaftspläne entstanden. Die wichtigste Unternehmung des RGW war zu dieser Zeit die von 1959 bis 1964 errichtete über 5000 Kilometer lange Erdölleitung Freundschaft.
Mit einer Erhöhung der Arbeitsnormen um zehn Prozent sollten wirtschaftliche Schwierigkeiten begegnet werden, doch kam es deshalb unter anderem zum Volksaufstand vom siebzehnten Juni 1953. Seit den 1950er Jahren gab es den sogenannten Interzonenhandel, später „innerdeutscher Handel“ genannt, der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR in Form eines Tauschhandels abgewickelt wurde.[22] Bis zum 13. August 1961, dem Beginn des Baus der Berliner Mauer und der Verstärkung der Grenzbefestigung an der Innerdeutsche Grenze flüchteten viele Millionen Ostdeutsche nach Westdeutschland.
siehe auch: Deutsche Demokratische Republik – Wirtschaft
Bipolare Welt
- Bundesrepublik Deutschland
Mit dem Ende des Bretton-Woods-System 1971 und der folgenden Aufwertung der DM gegenüber dem US-Dollar, sowie der Ölkrise von 1973 endete die Zeit des durchgehend hohen wirtschaftlichen Wachstums in Westdeutschland und die Arbeitslosenquote überstieg auf Dauer zwei Prozent.
Die Automobilindustrie und die Informationstechnik entwickelten sich zu neuen industriellen Schlüsselindustrien, weshalb die öffentliche Hand große Investitionen in die Infrastruktur tätigte. So wurden beispielsweise aus dem 1973 erstmals aufgestellten Bundesverkehrswegeplan große Summen in den Fernstraßenbau investiert. In den 90er Jahren wurde das leitungsgebundene Telefonnetz von der Deutschen Telekom digitalisiert und mehrere Mobilfunkbetreiber, darunter ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, errichteten Mobilfunk-Netze für große Teilnehmerzahlen (siehe auch: Geschichte des Telefonnetzes, Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland). Allerdings verkaufte die Bundesrepublik Deutschland ab 1996 fast komplett ihren Anteil an „T-Aktien“ der Deutschen Telekom.
Früher wichtige Branchen wie die Eisenbahn, die Schwerindustrie und der Bergbau verloren an Bedeutung. Seit den 1960er Jahren änderte sich die deutsche Energiewirtschaft, es gab vermehrt Importkohle und Haushalte und Gewerbe gingen für die Kohleindustrie verloren. In der Folge musste beispielsweise der Ruhrbergbau die Förderung reduzieren. Der 1963 gegründete Rationalisierungsverband Ruhrbergbau begleitete die Schließung vieler Großzechen. Weitere Schritte waren der Hüttenvertrag von 1968, der Jahrhundertvertrag von 1975 und die Bildung der Ruhrkohle AG.
Der Dienstleistungssektor expandierte, so dass Deutschland als Dienstleistungsgesellschaft bezeichnet werden kann. Besonders erfolgreiche Branchen sind Versicherer, Banken und unternehmensnahe Dienstleister, aber auch die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie. Die Konsumausgaben privater Haushalte stiegen von 1970 bis 1990 von 191,29 Mrd. EUR auf 703,20 Mrd. EUR.[23] Neben den Einnahmen der Privathaushalte stieg auch die Menge an Freizeit: Die 5-Tage-Woche wurde 1955/56 schrittweise eingeführt, die 40-Stunden-Woche 1965 und die 38,5 Stunden-Woche 1984. Seit Mitte der 1990er Jahre stieg die Wochenarbeitszeit in vielen Branchen allerdings wieder. Im konsumnahen Dienstleistungssektor bedeutend ist die Selbstbedienung. So setzte sich im Einzelhandel der Supermarkt durch, Bargeld wird mit Geldautomaten bei der Bank abgehoben und in Schnellrestaurants bringt der Kunde seine Speisen, meist Fastfood, selbst zu Tisch. Diese Änderungen der Wirtschaftsstruktur können sogar aus früheren Kunden wirtschaftliche Konkurrent machen. Beispiele dafür sind im Handwerk der Heimwerker (der erste Baumarkt entstand um 1960) oder seit den 1990er Jahren in der Informationsbranche das Erstellen von User Generated Content.
In den Regierungszeiten mit SPD-Beteiligung (1966 bis 1982) waren Beteiligungen des Staates an Unternehmen gerne gesehen, da man wirtschaftliche Probleme zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften[24] aktiv angehen wollte. In der Großen Koalition von 1966 bis 1969 wurde die „konzertierte Aktion“ von Karl Schiller zur Überwindung der Wirtschaftskrise jener Jahre organisiert, und mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 wurde das Staatsziel des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts konkretisiert.
In der folgenden Regierungszeit von Helmut Kohl (1982 bis 1998) wurde der vom Bund gehaltene Besitz an vielen deutschen Großunternehmen verkauft, wie beispielsweise VEBA, VIAG, Volkswagen AG, Schenker AG, Salzgitter AG, Saarbergwerke, IVG Immobilien, Deutsche Telekom, Deutsche Bundespost.[20] Auch das von der Treuhandanstalt nach der Wiedervereinigung übernommene Volkseigentum wurde bis 1994 privatisiert. Dagegen blieb der von den Bundesländern gehaltene Besitz an Unternehmen weitgehend im Staatsbesitz. So änderte sich beispielsweise im deutschen Bankwesen an dem „Drei-Säulen-Modell“ - Private Geschäftsbanken, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Genossenschaftsbanken - nichts.
Mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft 1957 war ein wichtiger Schritt in der Zusammenarbeit in Europa erfolgt. Damit verbunden waren die angestrebten vier Grundfreiheiten: Freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit und freier Kapital- und Zahlungsverkehr. In den folgenden Jahrzehnten wurden die unter dem Schlagwort „Europäischer Binnenmarkt“ propagierten Ziele zunehmend realisiert.
- Deutsche Demokratische Republik
Ab 1962 gab es in der DDR die Einzelhandelskette Intershop mit dem Ziel „Westgeld“ zu erwirtschaften. Das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ wurde 1963 unter Walter Ulbricht eingeführt und galt bis 1967. Es sah Leistungsboni für Arbeiter sowie eine stärkere Flexibilität von Betrieben vor. 1965 begann man das Konzept etwas zu verändern, die staatliche Planung bekam wieder mehr Bedeutung und der Volkswirtschaftsrat (1961-1965) wurde zu Gunsten mehrere Industrieministerien aufgelöst. Das Ökonomische System des Sozialismus und das Konzept der strukturbestimmenden Aufgaben galt von 1967 bis 1971. Zum einen wurden die Reformen weiter verfolgt, zum anderen begann man aber die Elektroindustrie und den Werkzeugmaschinenbau besonders zu fördern. Im Juni 1971 verkündete Erich Honecker, nachdem er Ulbricht abgelöst hatte, auf dem VIII. Parteitag Verbesserungen für die Bevölkerung, wie der Erhöhung der Konsumgüterproduktion oder einem Wohnungsbauprogramm. Dies führte zur höheren Akzeptanz der DDR in der Bevölkerung, doch waren diese Maßnahmen nur zum Teil durch die Fortschritte der DDR-Wirtschaft finanzierbar, so dass die DDR sich zunehmend bei der Bundesrepublik verschuldete. Notwendig wurde dies auch, da westliche Produktionsanlagen für Export- und Konsumgüter gekauft wurden und nicht immer mittels Kompensationsgeschäften bezahlt werden konnten. Versucht wurde dieser zunehmenden Abhängigkeit entgegen zu Wirken. Seit Mitte der siebziger Jahre wurde beispielsweise der Export gegen Devisen verstärkt, der 1966 eingerichtete Bereich Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel ausgebaut, 1973 der Mindestumtausch für westdeutsche Besucher erhöht, eine Transitpauschale für den Verkehr zwischen Westdeutschland und West-Berlin vereinbart und den Häftlingsfreikauf forciert. Die Konzentration auf bestimmte Industrien wurde auch in den 70er Jahren fortgesetzt, so dass in diesen Industrien moderne Maschinen vorhanden waren, während solche anderswo eher fehlten.
Der RGW wurde institutionell ausgebaut und die nationalen Wirtschaftspläne der Mitgliedsländer in Teilen aufeinander abgestimmt (Sozialistische ökonomische Integration). Die Mitgliedsländer strebten in einigen wirtschaftlichen Bereichen eine Spezialisierung an, so erhielten die Kernkraftwerke der DDR in Rheinsberg, Greifswald und Stendal sowjetische Reaktoren. Aus der Sowjetunion erhielt die DDR ebenfalls große Mengen an Erdöl und Erdgas. 1974 wurde die Lieferung von Gas und Erdöl gegen Bauleistung an einer Erdgasleitung vereinbart, der DDR fiel der Bau eines 550 Kilometer langen Bauabschnitts in der Ukraine zu, der Druschba-Trasse. Gas- und Erdöllieferungen wurden auch in späteren Jahren stets von den Abnehmerländern der Rohstoffe zum Teil durch den Bau von Pipelines bezahlt. Die DDR selber exportierte vorwiegend Industrie- Konsum- und Elektronikgütern, beispielsweise Schiffe aus dem VEB Kombinat Schiffbau oder Datenverarbeitungs- und Büromaschinen aus dem VEB Kombinat Robotron[25]. Der Außenhandel der DDR verlief zu etwa 70 Prozent mit sozialistischen Ländern, zu etwa 25 Prozent mit westlichen Industrieländern und zu etwa 5 Prozent mit Entwicklungsländern. Beim Handel mit den sozialistischen Ländern fielen etwa 40 Prozent auf den Handel mit der Sowjetunion und etwa 25 Prozent auf die übrigen RGW-Staaten.[26][27]
siehe auch: Liste von Printmedien der DDR, Markennamen und Produkte in der DDR
Wiedervereinigung
Nach der deutschen Wiedervereinigung trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 in Kraft. Die Volkseigenen Betriebe wurden der Treuhandanstalt übergeben mit dem Ziel diese zu privatisieren oder zu schließen. Am 31. Dezember 1994 wurde die Treuhandanstalt aufgelöst, die verbliebenen Aufgaben auf mehrere Nachfolgegesellschaften verteilt und die angefallenen Schulden in den Erblastentilgungsfonds eingebracht.
Zur Finanzierung des sogenannten „Aufbau Ost“ wurden für die ostdeutschen Bundesländern der Fonds Deutsche Einheit und die Solidarpakte I und II vereinbart. Der Bund finanzierte sich wiederum zum Teil über den Solidaritätszuschlag. Darüber hinaus wurde die Neuverschuldung des Bundeshaushaltes stark erhöht und das soziale Sicherungssystem durch stark steigende Kosten wegen der etwa doppelt so hohen Arbeitslosigkeit im Osten belastet.
Die Infrastruktur in den „Neuen Bundesländern“ wurde nach der Wiedervereinigung verbessert, die Produktivität je Arbeitnehmer stieg, die Lohnstückkosten waren aber lange Zeit höher als in Westdeutschland. Gleichzeitig dauerte der Angleichungsprozess zwischen Ost und West länger als ursprünglich angenommen an (siehe auch Blühende Landschaften), weshalb auch die hohen Arbeitslosenzahlen und die Abwanderung der Bevölkerung noch weitere Jahre anhielt.
Die Bundesregierung veröffentlicht seit 1997 einen jährlichen Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit.
Globalisierung
Seitdem zunehmend Verlagerungen von internationalen Unternehmen aus Deutschland weg beobachtet werden, wird die Globalisierung kontrovers diskutiert. Es wird thematisiert, inwiefern Deutschland mit seiner exportorientierten Wirtschaft profitiert oder ob durch Outsourcing Arbeitsplätze abgebaut werden und welche Gruppen profitieren oder nicht profitieren können. Die lange Zeit ungenügende politische Antwort auf die Globalisierung zeigte sich in der steigenden Arbeitslosenquote, die in der Spitze im Jahr 2005 13 Prozent erreichte.
Eine wirtschaftspolitische Maßnahme war die Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion 1999. Mit der Eurozone, also der Währungsunion der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, entfiel beispielsweise die Wechselkursunsicherheit in großen Teilen Europas.
Damit gering qualifizierte Arbeitnehmer in Deutschland mit vergleichbaren Arbeitnehmern in Entwicklungsländern erfolgreich um einen Arbeitsplatz konkurrieren konnten, sollte der Niedriglohnsektor gefördert und ausgebaut werden. Es wurden verschiedene Kombilohn-Modelle und Mindestlohn-Modelle diskutiert, in Modellprojekten getestet und auch umgesetzt. Seit Januar 2005 gibt es für die sogenannten Aufstocker das vom Staat bezahlte Arbeitslosengeld II, welches die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammenfasst und teilweise neu formuliert. Seit 2008 wird zunehmend nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz durch Verhandlungen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden für einzelne Wirtschaftszweige ein unterschiedlich hoher Mindestlohn vereinbart. Auf der anderen Seite wurde beispielsweise mit der Greencard von 2000 bis 2004 etwa 20.000 IT-Experten von außerhalb der EU nach Deutschland gelockt, da sich im Zuge der Euphorie um die New Economy und dem explosionsartigen Wachstum des Börsensegments Nemax in den Jahren 1997 bis 2000 (Dotcom-Blase) ein Bedarf an diesen Fachleuten gezeigt hatte. Eine weitere Möglichkeit für deutsche Unternehmen gut ausgebildete Arbeitnehmer zu niedrigen Kosten beschäftigen zu können, war der Aufbau von Tochtergesellschaften in Osteuropa. So entstand beispielsweise seit 1994 in Győr (Ungarn) ein wichtiger Standort zur Fertigung von Automotoren für Audi. Diese Tochtergesellschaft war 2008 der zweitgrößte Exporteur Ungarns. Die Situation ist ähnlich in Tschechien, wo Škoda Auto, eine Tochtergesellschaft von VW, 2006 der größte Exporteur des Landes war.
Deutschland war über mehrere Jahre „Exportweltmeister“, zuletzt 2008 (DE: 1,47 Billionen US-Dollar; ZH: 1,43 Billionen Dollar)[28]. Die Arbeitslosenquote fiel im Dezember 2007 auf 8,1 Prozent und im November 2008 auf 7,1 Prozent. Außerdem entstand mit der 2007 gegründeten Partei – Die Linke – eine neue Partei der politischen Linken, die speziell in Ostdeutschland den Stellenwert einer Volkspartei hat. Mit dieser Verschiebung des deutschen Parteiensystems zerbrach der Konsens in der Politik eine marktliberale Wirtschaftspolitik zu betreiben.
Die externe Finanzierung von Unternehmen erfolgt in Deutschland traditionell über eine Hausbank, doch zunehmend steigt die Bedeutung des internationalen Kapitalmarktes etwa durch die Ausgabe von Aktien oder Unternehmensanleihen an institutionelle Anleger.[29] Dieser Vorgang löste in der Politik beispielsweise die Heuschreckendebatte im April und Mai 2005 aus. Allerdings gingen dem Maßnahmen seitens der Regierung von Gerhard Schröder zum Abbau von Kapitalverflechtungen zwischen deutschen Unternehmen voraus, wie der in der Steuerreform 2000 beschlossene steuerfreie Verkauf von Unternehmensbeteiligungen. Ein Schlüsselereignis war der Kauf der Mannesmann AG durch eine spektakuläre feindliche Übernahme Anfang 2000, der folgende Verkauf von Teilen des Unternehmens und der Mannesmann-Prozess in den Jahren 2004 bis 2006.
Die internationale Finanzkrise führte zur Offenlegung der schlechten finanziellen Situation[30] einiger deutscher Banken, im Besonderen einiger Landesbanken, der IKB Deutsche Industriebank und der Hypo Real Estate, und veranlasste die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Oktober 2008 zu der politischen Absichtserklärung, die Sparguthaben auf allen deutschen Banken zu garantieren. Wenige Tage später beschloss das Bundeskabinett die Gründung des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin). Das Bundeskabinett verabschiedete am 5. November 2008 ein „Maßnahmenpaket“ und am 14. Januar 2009 das „Konjunkturpaket II“. In den Wahlperioden 2009/13 und 2005/09 wurden von der Bundesregierung weitere die Wirtschaft fördernde Gesetzesänderungen beschlossen, trotzdem entwickelte sich das Bruttoinlandsprodukt 2009 mit −5 Prozent negativ. Im Verlauf der Finanzkrise übernahm der SoFFin eine Beteiligung an der Commerzbank und die Hypo Real Estate wurde verstaatlicht, weshalb ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss[31] eingesetzt wurde. Am Arbeitsmarkt wirkte sich die Krise so aus, dass im Mai 2009 die Inanspruchnahme der Kurzarbeit für über 1,5 Millionen Arbeitnehmer ihren Höhepunkt erreichte[32]. Als ebenfalls bedeutend zeigte sich die in den Jahren zuvor vergrößerte Flexibilität der Arbeitszeit, beispielsweise durch Konzepte wie Arbeitszeitkonten.[33][34] Die Arbeitslosenzahl erhöhte sich im Verlauf der Finanzkrise deshalb nur gering, wohingegen die Arbeitszeit je Beschäftigten von Anfang 2008 bis Ende 2009 um etwa 5 Prozent[33][34] gesunken ist. 2010 setzte sogar der Aufschwung am Arbeitsmarkt wieder ein.
2009/2010 begann die Griechische Finanzkrise, die sich zur Euro-Krise ausweitete. Das äußerte sich unter anderem darin, dass sich das in früheren Jahren relativ einheitliche Zinsniveau für EU-Staatsanleihen stark auseinander bewegte, wobei deutsche Staatsanleihen profitierten. Während Finanzminister Hans Eichel 2002 und 2003 die im Euro-Stabilitätspakt vereinbarten Sanktionsverfahren gegen Deutschland noch verhinderte, führte sein Nachfolger Peer Steinbrück Anfang 2009 die sogenannte „Schuldenbremse“ ein und Finanzminister Wolfgang Schäuble begann mit der Rückführung der im Verlauf der Finanzkrise stark gestiegenen Neuverschuldung des deutschen Staates.
Einzelnachweise
- ↑ CIA World Factbook
- ↑ destatis.de: Öffentliches Defizit in der Eurozone und in der EU27 bei 6,3 % bzw. 6,8 % des BIP
- ↑ destatis.de: Öffentliches Defizit in der Eurozone und in der EU27 bei 6,3% bzw. 6,8% des BIP
- ↑ a b Inlandsproduktsberechnung, Statistisches Bundesamt
- ↑ Statistisches Bundesamt: Erwerbstätige Wirtschaftssektoren
- ↑ tagesschau: Energiemix und Stromerzeugung in Deutschland, 2005
- ↑ a b http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Aussenhandel/Handelspartner/Tabellen/Content100/RangfolgeHandelspartner,property=file.pdf
- ↑ Statistisches Jahrbuch 2009 - Aussenhandel Statistisches Bundesamt Online, 28. Februar 2010
- ↑ tagesschau: Rekorde bei Ausfuhren und Bilanzüberschuss 8. Februar 2008
- ↑ vgl. zur Finanzkrise tagesschau: Der Exportweltmeister spürt die Krise, 9. Oktober 2008
- ↑ Financial Times Deutschland, David Milleker: Die Defizite der einen sind die Überschüsse der anderen 21. Januar 2009
- ↑ a b http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Aussenhandel/Handelswaren/Tabellen/Content75/EinfuhrAusfuhrGueterabteilungen,templateId=renderPrint.psml
- ↑ Statistisches Bundesamt Handelswaren
- ↑ Entwicklung des BIP Die aktuelle Gemeinschaftsdiagnose
- ↑ Michael Hüther: „Drei Maßnahmen gegen den Absturz“ in: iwd, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Jg. 35, 1. Januar 2009.
- ↑ Streikpostkarte: Zehnstundentagkämpferinnen in Crimmitschau, 1904
- ↑ zeno.org: Der Nürnberger Prozeß, Montag, 5. August 1946, Vormittagssitzung
- ↑ destatis.de: Registrierte Arbeitslose, Arbeitslosenquote im früheren Bundesgebiet ohne Berlin und Saarland
- ↑ Stichwort Wirtschaftswunder im Duden – Wirtschaft von A bis Z. Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 2. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 2004. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2004.
- ↑ a b Peter Erdmeier: Die Privatisierung von Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin seit der Wiedervereinigung, Kapitel 3: Privatisierung in Deutschland
- ↑ Helmut Kahnt, Martin Pontzen: Die Geschichte der deutschen Mark
- ↑ Peter Gey: Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1949–1989
- ↑ destatis.de: Konsumausgaben privater Haushalte im Inland nach Verwendungszwecken Deutschland
- ↑ fr-online.de: Timo Kotowski: Ein Konzern namens Staat
- ↑ Peter Kny: Mehrseitige wissenschaftlich-technische Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechentechnik im Kombinat Robotron
- ↑ Deutschen Historischen Instituts: Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, Regionalstruktur des DDR-Außenhandels
- ↑ Deutsche Bundesbank: Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989
- ↑ spiegel.de: WTO rechnet mit Rekordeinbruch im Welthandel
- ↑ Sachverstaendigenrat: Jahresgutachten: 2005/06, Siebtes Kapitel: Kapitalmarkt und Finanzintermediäre: Unternehmensfinanzierung im Wandel
- ↑ Leo Müller:Die deutsche Lehman-Lüge
- ↑ Harald Schumann: Der Banken-Krimi
- ↑ arbeitsagentur.de:Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Februar 2010
- ↑ a b commerzbank.de: Deutscher Arbeitsmarkt - flexibler als gedacht (April 2010)
- ↑ a b commerzbank.de: Pressemitteilung vom April 2010: Arbeitsmarkt: Das deutsche Arbeitsmarktwunder
Literatur
- Stefan Empter; Robert B. Vehrkamp: Wirtschaftsstandort Deutschland, VS Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-14754-3. (zu | schriften. zwischen Wirtschaft, Kultur und Politik)
- Stefan Müller; Martin Kornmeier: Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Irrungen und Wirrungen der Standort-Diskussion, München 2000, ISBN 3-8006-2570-9.
- André Steiner: Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR. München 2004, ISBN 978-3-421-05590-3.
Weblinks
- Statistisches Bundesamt Deutschland
- Statistisches Bundesamt: Datenreport 2006, September 2006; mit Kapiteln zur Wirtschaft Deutschlands
- Ranglisten für den Außenhandel Deutschlands nach Warenkategorien
- OECD Fact Book; Wirtschafts- und Sozialdaten Deutschlands im internationalen Vergleich; Tabellen und Grafiken (englisch)
- Die aktuelle Gemeinschaftsdiagnose
- deutsche-wirtschaft.de-Informationsservice
- Despite Corporate Scandals and Car Trouble, Germany’s Economy Is Steaming Ahead Knowledge@Wharton, special section (englisch)
- Ulrich Pfister: Deutsche Wirtschaft seit 1850