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Tour de France

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Die Tour de France, auch Grande Boucle („Große Schleife“) oder einfach Le Tour genannt, ist das berühmteste Radrennen der Welt. Seit 1903 wird die Tour alljährlich – mit Ausnahme der Zeit des Ersten (ausgefallen 1915-1918) und Zweiten Weltkriegs (ausgefallen 1940-1946) – während dreier Wochen im Juli ausgetragen und führt dabei in wechselnder Streckenführung quer durch Frankreich und das nahe Ausland. Das Rennen wird von der Amaury Sport Organisation (ASO) veranstaltet und gehört zu der im Jahr 2005 neu eingeführten UCI ProTour, einer Serie der wichtigsten Radrennen des Jahres.

Eine Tour de France der Frauen (Grande Boucle Féminine Internationale) mit deutlich kürzeren Etappen wurde zwischen 1984 und 2003 gefahren. Sie stand medial völlig im Schatten ihres männlichen Pendants. Auf Grund von Desinteresse, eines Rechtsstreits und Sponsorenmangel wird sie seitdem nicht mehr ausgetragen.

Datei:Siegerpodest-TdF2004.jpg
Siegerpodest der Tour de France 2004

Strecke

Die Tour de France wird als die schwerste Radrundfahrt der Welt angesehen, obwohl das Streckenprofil oft nicht anspruchsvoller ist als das der beiden anderen großen Landesrundfahrten Giro d'Italia und Vuelta a España. Tatsächlich sind es aber die Radrennfahrer, die das Rennen schwer machen: Bei der Tour wird ohne Zweifel schneller, härter und kompromissloser gefahren als bei jeder anderen Rundfahrt. Jede einzelne Etappe ist umkämpft wie sonst nur die Eintagesklassiker.

Die Tour de France beginnt seit 1967 gewöhnlich mit dem so genannten Prolog, einem kurzen Einzelzeitfahren (ca. 5 bis 10 km). In den Jahren 2000 und 2005 fanden jedoch Einzelzeitfahrten über eine Strecke von 16 bzw. 19 km statt, die aufgrund ihrer Länge nicht als Prolog bezeichnet wurden, sodass in diesen Jahren die Tour gleich mit der ersten Etappe anfing.

Die darauf folgenden meist 20 Etappen, die von ein bis zwei Ruhetagen unterbrochen werden, zeichnen dann das französische Hexagon nach, wobei Frankreich meist abwechselnd im bzw. gegen den Uhrzeigersinn befahren wird. Die insgesamt zu absolvierende Streckenlänge wurde nach dem Dopingskandal von 1998 deutlich reduziert und beträgt seitdem rund 3.500 Kilometer. Die Streckenführung und die Etappenorte wechseln dabei jedes Jahr. Eine Konstante stellt die Avenue des Champs-Élysées in Paris dar, auf der die Tour de France seit 1975 endet. Auch bestimmte Gebirgspässe werden auf fast jeder Tour angesteuert.

Auf den Champs-Elysées

Die ersten Tage der Tour de France sind fast immer von schnellen und sprinterfreundlichen Flachetappen im Norden Frankreichs geprägt, bevor sich dann im Hochgebirge der Pyrenäen und der Alpen die Gesamtwertung der Tour entscheidet. Weiterhin werden während der Tour de France Einzelzeitfahren und seit 2000 auch wieder ein Mannschaftszeitfahren ausgetragen.

Schon in der Frühzeit des Rennens wurden die französischen Landesgrenzen in einzelnen Etappen überschritten, seit 1954 findet der Start der Tour in unregelmäßigen Abständen im nahen Ausland statt (bisher in Deutschland, Spanien, Italien, den Benelux-Ländern, der Schweiz, England und Irland). Der lang gehegte Plan, die Tour in New York oder auf einem französischen Überseedepartement zu starten, wurde aufgrund der immensen logistischen Probleme bisher nicht umgesetzt.

Berge

Die Gesamtwertung der Tour entscheidet sich in jedem Jahr neben dem Zeitfahren vor allem im Hochgebirge. Einige Berge und Pässe stehen sehr häufig im Programm der Tour und haben im Laufe der Jahre einen geradezu mythischen Ruf erworben.

Die drei „heiligen Berge“ der Tour de France sind der Col du Tourmalet (2.114 m, Pyrenäen), der im Jahre 1910 als erster Hochgebirgspass erklommen wurde, der Col du Galibier (2.645 m, Alpen), der ein Jahr später ins Programm aufgenommen wurde und der Mont Ventoux (1.909 m, Provence), dessen einsam aufragender, vulkanartiger Kegel erstmals 1951 befahren wurde und durch den Tod von Tom Simpson 1967 zu trauriger Berühmtheit gelangte.

Dazu kommt noch der Anstieg zur alpinen Skistation L'Alpe d'Huez, deren legendäre 21 Kehren hinauf auf 1.850 m zum ersten Mal 1952 bewältigt wurden, bei der damals ersten Bergankunft in der Geschichte der Tour.

Geschichte

Die 1903 ins Leben gerufene Tour de France war das erste echte Etappenrennen in der Geschichte des Radsports. Enorme Distanzen waren schon zuvor bei Fernfahrten wie Bordeaux-Paris (erstmals 1891, 577 km) zurückgelegt worden. Neu war aber die von dem französischen Journalisten Géo Lefèvre entwickelte Idee, mehrere Radrennen quer durch Frankreich direkt nacheinander durchzuführen und die Zeiten zu addieren. Der programmatische Titel „Tour de France“ bediente dabei durchaus bewusst die patriotische Stimmung der Zeit.

Am 1. Juli 1903 begann die erste Tour de France an der ehemaligen „Auberge Reveil-Matin“ in Montgeron bei Paris. Es beteiligten sich 60 Fahrer. Die Rundfahrt führte über sechs Etappen mit insgesamt 2.428 km von Paris über die Etappenstädte Lyon, Marseille, Toulouse, Bordeaux und Nantes zurück nach Paris. Zwischen den Etappen wurde mehrere Ruhetage eingelegt. Der favorisierte Franzose Maurice Garin war der Sieger der ersten Tour der Geschichte, mit einem Stundenmittel von über 25 km/h; das Preisgeld für den Sieg betrug 3000 Francs.

Die folgenden Ausgaben der Tour waren zunächst von einer Reihe von Skandalen geprägt, gipfelnd im Ausschluss der ersten Vier des Gesamtklassements bei der Tour de France 1904 u.a. aufgrund von unerlaubter Benutzung der Eisenbahn. Im Laufe der 1900er Jahre konnte sich die Tour de France allerdings etablieren. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wird rückblickend als heroische Epoche der Tour bezeichnet, weil damals regelmäßig Tagesdistanzen von über 400 km zurückgelegt wurden - aus heutiger Sicht genauso unglaublich wie die bescheidene damalige technische Ausstattung der Rennräder und die miserable Qualität der Straßen, die man heute nur noch bei kurzen Kopfsteinpflasterpassagen des Radklassikers Paris-Roubaix findet. Die Austragung von Etappen im Hochgebirge, erstmalig 1910 in den Pyrenäen auf zumeist abenteuerlichen Viehwegen, fügten dem wachsenden Mythos des Rennens als „Tour der Leiden“ eine weitere Dimension hinzu. Ein Jahr später folgten die Alpen.

Die Zahl der Etappen wurde sukzessive erhöht auf 11 (1905), 15 (1910), 18 (1925) und schließlich bis zu 24 Etappen (1931). Die Gesamtlänge der Tour stieg auf bis zu 5.500 Kilometer. Die Länge der einzelnen Etappen wurden im Gegenzug stetig verkürzt. Die Anzahl der Ruhetage, die ab 1906 regelmäßig nach jeder Etappe eingelegt worden waren, verringerte sich. Seit den 1950er Jahren wird die Tour de France weitgehend in ihrer heutigen Gestalt ausgetragen.

Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Rennens nahm im Laufe der Jahre kontinuierlich zu. Nachdem die erste Tour mit 25,67 km/h absolviert worden war, überschritt sie 1934 erstmals die Grenze von 30 km/h, 1956 die von 35 km/h. 1999 schließlich erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit erstmals 40 km/h und 2005 mit 41,65 km/h den bisherigen Rekord. Die schnellste einzelne Etappe einer Tour gewann 1999 Mario Cipollini nach einer Distanz von 194,5 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,35 km/h.

Viermal überschattete der Tod eines Fahrers die Tour de France. 1910 verunglückte Adolphe Helière an einem Ruhetag bei einem Badeunfall an der Côte d'Azur. Am 14. Juli 1935 stürzte der Spanier Francisco Cepeda bei einer Abfahrt einen Abhang am Col du Galibier hinab und starb drei Tage später im Krankenhaus an den Sturzfolgen. Kurz vor dem Gipfel des Mont Ventoux brach am 13. Juli 1967 der englische Radprofi Tom Simpson tot zusammen. Ursache waren eine Mischung von Amphetaminen zum Aufputschen sowie Alkohol zum Betäuben der Schmerzen. 1995 wiederum erlag der junge italienische Radprofi Fabio Casartelli seinen Verletzungen, die er sich bei einem Sturz bei der Abfahrt vom Col du Portet d'Aspet (Pyrenäen) zugezogen hatte.

Doping

Während der Tour de France 1998 erlebte der Radsport eine schwere Glaubwürdigkeitskrise: Bei der so genannten Festina-Affäre wurde im Spitzenteam Festina (mit den Stars Richard Virenque und Alex Zülle) eine systematische, flächendeckende Dopingpraxis aufgedeckt, nachdem bei Willy Voet, einem Betreuer der Mannschaft, durch Zufall große Mengen unerlaubter Substanzen - vor allem Erythropoietin (EPO) - gefunden worden waren. Diese Entdeckung verdeutlichte auch die Unwirksamkeit der damaligen Dopingkontrollen: Keiner der Festina-Fahrer war positiv getestet worden. Es kam schließlich zum Ausschluss der Mannschaften Festina und TVM; die spanischen Mannschaften zogen sich aus Protest gegen die Ermittlungsmethoden der französischen Behörden von der Tour zurück. Die Tour de France 1998 wurde schließlich von Marco Pantani gewonnen, der dann ein Jahr später selbst wegen eines auf Doping hinweisenden stark erhöhten Hämatokritwerts vom Giro d'Italia ausgeschlossen wurde.

Die Festina-Affäre stellte allerdings nur den Höhepunkt der die Tour de France seit Jahrzehnten begleitenden Dopingproblematik dar. Als 1966 erstmals bei der Tour unangekündigte Dopingkontrolle stattfanden, streikten die Fahrer am darauffolgenden Tag. 1967 starb der u.a. mit Amphetaminen gedopte Tom Simpson beim Anstieg zum Mont Ventoux. In den 1970er und 1980er Jahren wurden trotz äußerst mangelhafter Kontrollen wiederholt Fahrer positiv getestet, darunter die Toursieger Felice Gimondi, Joop Zoetemelk, Pedro Delgado und Laurent Fignon. Zahlreiche andere Spitzenfahrer legten nach Beendigung ihrer Karriere mehr oder weniger eindeutige Doping-Geständnisse ab, darunter Eddy Merckx. Sowohl die juristischen als auch die öffentlichen Verurteilungen zum Thema Doping fielen lange Zeit eher milde aus.

Der Welt-Radsport-Verband UCI trug mit seinem oft wenig konsequenten Umgang mit der Dopingproblematik dazu bei, dass der Radsport in der Öffentlichkeit immer häufiger mit Doping in Verbindung gebracht wird. Auch der Tour-Sieger der Jahre 1999-2005, Lance Armstrong, musste sich immer wieder mit dem Verdacht auseinander setzen, sein Erfolg wäre auf Medikamente zurückzuführen, die bei der Therapie seiner schweren Krebserkrankung verwendet wurden. Heute hat der Radsport eines der strengsten Dopingkontrollsysteme im internationalen Sport, in regelmäßigen Abständen werden neue Dopingfälle nachgewiesen. Unklar bleibt, in welchem Maße Doping weiterhin ein übliches Mittel der Leistungssteigerung im Radsport darstellt.

Kritisch zu bedenken ist jedoch, dass obwohl die Athleten angeblich ohne verbotene leistungssteigernde Substanzen fahren, es keinen Leistungsabfall bei den Ergebnissen der Tour zu geben scheint (siehe Richard Virenque), eher das Gegenteil ist der Fall.

Sieger

Die von den Fahrern benötigten Zeiten aller Etappen werden notiert und zusammengerechnet. Wer in Paris am Ende am wenigsten Zeit auf seinem Konto hat, gewinnt die Tour. Die besten Fahrer trennen heutzutage meist nur wenige Minuten, während der Letzte des Klassements rund drei bis vier Stunden Rückstand aufweist. Allerdings kann es durch die im Reglement vorgesehenen Zeitgutschriften für die jeweiligen ersten drei Etappensieger sowie die ersten drei eines Zwischensprints zu der etwas absurden Situation kommen, dass der Sieger in Wahrheit nicht die schnellste Gesamtzeit erreicht hat.

Der US-Amerikaner Lance Armstrong konnte von 1999 bis 2005 die Tour als erster Fahrer siebenmal gewinnen. Fünf Siege erreichten Jacques Anquetil (Frankreich, 1957 und 1961 - 1964), Eddy Merckx (Belgien, 1969 - 1972 und 1974), Bernard Hinault (Frankreich, 1978/1979, 1981/1982 und 1985) und Miguel Indurain (Spanien, 1991 - 1995). Die meisten Platzierungen auf dem Podium erreichte Raymond Poulidor, der dreimal Zweiter und fünfmal Dritter wurde, ohne auch nur einmal die Tour gewinnen zu können.

Der jüngste Toursieger war der 20jährige Henri Cornet 1904, der allerdings erst nachträglich zum Sieger erklärt wurde. Als ältester Fahrer gewann 1922 Firmin Lambot im Alter von 36 Jahren. Den knappsten Sieg feierte Greg Lemond bei der Tour de France 1989, als er mit nur acht Sekunden Vorsprung vor Laurent Fignon gewann. Den größten Abstand in der modernen Ära der Tour (seit 1947) legte Fausto Coppi 1952 mit über 28 Minuten zwischen sich und dem Zweiten Stan Ockers.

Mit 36 Erfolgen konnte bisher Frankreich die weitaus meisten Toursiege erreichen, gefolgt von Belgien mit 18. Mit deutlichem Abstand folgen die USA (10), Italien (9), Spanien (8), Luxemburg (4), die Schweiz und die Niederlande (je 2). Die französisch-belgische Dominanz in der Statistik spiegelt allerdings nicht das aktuelle Kräfteverhältnis wider. Der letzte Sieger aus einer der beiden Nationen wurde vor fast 20 Jahren gekürt: 1985 gewann der Franzose Bernard Hinault seine fünfte Tour. Seit dieser Zeit hat sich eine Reihe von neuen Nationen in die Siegerliste eingetragen: 1986 gab es den ersten der zehn US-amerikanischen, 1987 den ersten irischen und 1996 den ersten dänischen Sieg. 1997 schließlich errang der damals 23-jährige Jan Ullrich den ersten und bisher einzigen deutschen Toursieg.

Teilnehmer

Von 1903 bis 1929, von 1962 bis 1966 und dann ab 1969 bis heute wurde bzw. wird die Tour de France von Firmenteams bestritten. In den Jahren von 1930 bis 1961 und dann noch eimal 1967 und 1968 traten Nationalmannschaften an. In der heutigen Zeit werden in jedem Jahr 20 bis 22 Profimannschaften mit je neun Fahrern zur Tour de France eingeladen. Die meisten Teams kommen üblicherweise aus Frankreich, Italien und Spanien, dazu einzelne Mannschaften aus Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark, der Schweiz und den USA. Diese Nationen stellen auch den Großteil der Fahrer. Einzelne Radprofis stammen aus Mittel- und Osteuropa, Skandinavien sowie Kasachstan, Kolumbien, Australien und Südafrika.

Die meisten Teilnahmen an der Tour de France hat der Niederländer Joop Zoetemelk aufzuweisen, der die Tour 16mal fuhr und jedesmal auch beendete, davon siebenmal auf dem Podium (Sieg 1980). Je 15 Mal bestritten zwei Belgier die Tour de France: Der langjährige "Wasserträger" Guy Nulens (beste Platzierung: 22.) und der Bergspezialist Lucien van Impe (Sieg 1976). Udo Bölts hält mit 12 Teilnahmen den deutschen Rekord.

Organisation

Die auf eine Auflagensteigerung bedachte Sportzeitung L'Auto gründete die Tour de France im Jahre 1910. Der Chefredakteur des Blattes, Henri Desgrange, übernahm bis zu seinem Tod 1939 den Posten des Tour-Direktors. In diesem Amt konzentrierte er alle wichtigen Entscheidungsprozesse zur Organisation des Rennens. Um das Rennen attraktiver zu machen, führte Desgrange 1919 das Gelbe Trikot und 1933 die Bergwertung ein. 1930 erfand er die Werbekolonne, eine Reihe von Werbefahrzeugen, die bis heute vor dem Fahrerfeld die Rennstrecke abfährt und Werbegeschenke an die Zuschauer verteilt. Zu seinem Nachfolger sowohl als Chefredakteur als auch als Tour-Direktor baute Desgrange den Journalisten Jacques Goddet auf, der als Tour-Direktor von 1936 bis 1986 amtierte.

Nach der Befreiung Frankreichs 1944 wurde L'Auto eingestellt, zwei Jahre später gründete Goddet jedoch die neue Sportzeitung L'Equipe, die erneut die Organisation der Tour durchführte. 1965 übernahm die Amaury-Verlegergruppe die Zeitung und ordnete dem bis dahin fast allmächtigen Direktor Goddet einen zweiten, vor allem für die wirtschaftliche Seite verantwortlichen Direktor bei. Goddet war dem Einsatz technischer Neuerungen im Gegensatz zu seinem Vorgänger aufgeschlossen: Gleich in seinem ersten Jahr als Direktor 1937 erlaubte er etwa die Gangschaltung.

Nach einer kurzen Übergangsphase begleitete 1989 erstmals Jean-Marie Leblanc, der wie seine Vorgänger ebenfalls aus dem Journalismus kam, die Tour als Direktor. Die Organisation des Rennens ging auf die Amaury Sport Organisation (ASO) über, deren Chef seitdem offiziell die oberste Kontrolle über die Tour ausübt. Die konkreten Entscheidungen werden allerdings weiterhin von Leblanc getroffen, unter dessen Direktion die Vermarktung der Tour de France einen neuen Grad der Professionalität erreicht hat.

Preisgeld

Seit Gründung der Tour wurden für die Radprofis Preisgelder ausgelobt. Der erste Sieger erhielt 20.000 Francs. Seitdem wurde das Preisgeld immer weiter aufgestockt. Bei der Tour de France 2004 schütteten die Organisatoren insgesamt rund drei Millionen Euro aus, davon allein rund 400.000 Euro für den Gesamtsieger. Obwohl dies absolut gesehen große Summen sind, liegt die Dotierung der Tour jedoch weit unter der etwa von Tennis- oder Golfturnieren. Die Bedeutung der Preisgelder für die Tour nahm im Laufe der Jahre tatsächlich eher ab, da die besten Fahrer den Großteil ihres Gehalts nicht über Preisgeld, sondern durch die langfristigen Verträge mit ihren Radsportteams erzielen. Allerdings bemisst sich der Marktwert eines Radprofis sehr stark nach seiner Bilanz bei der Tour de France, so dass sich ein Erfolg bei der Tour indirekt finanziell enorm auswirkt.

Regeln

Die Kennzeichnung der Fahrer ist wichtig, damit die Tourleitung die Fahrer nicht verwechseln kann. Deswegen muss jeder Fahrer sich und sein Rad mit einer Startnummer ausstatten. Der Alptraum eines Profis sind Radprobleme auf der Strecke: Deswegen gibt es die Pannenhilfe, entweder durch das Team oder durch den unabhängigen Materialwagen. Bei einer Panne dürfen die Räder nur innerhalb der Mannschaft ausgetauscht werden. Pannenhilfe ist immer nur hinter einer Ausreißergruppe und hinter dem Peloton (dem Hauptfeld) am rechten Straßenrand erlaubt.

Außer der Pannenhilfe gibt es noch die ärztliche Hilfe. Benötigt ein Fahrer einen Arzt, darf es nur ein Arzt des offiziellen ärztlichen Dienstes sein; der Fahrer wird dann am Ende des Pelotons behandelt. Damit ein Fahrer eine Etappe übersteht, ist regelmäßige Verpflegung entscheidend; pro Etappe gibt es deswegen ein bis zwei als solche gekennzeichnete Verpflegungszonen; außerdem dürfen nur Verpflegungsbeutel und Wasserflaschen benutzt werden, die von der Tourorganisation genehmigt sind. Das Entgegennehmen von Nahrung und Getränken, die Zuschauer den Profis anbieten, erfolgt auf eigene Gefahr.

Es gibt immer wieder Rennverstöße, denn nicht immer halten sich alle Fahrer an die Regeln. Das Reglement untersagt natürlich, sich von Autos oder Motorrädern ziehen zu lassen oder diese als Windschatten zu benutzen. Allerdings kommt es oft vor, dass während des Fahrens ein Mechaniker etwas am Rad eines Fahrers repariert. Dabei darf der Fahrer sich am Begleitauto festhalten. Wenn ein Fahrer eine Panne hatte, benutzt er oft die Autos der Sportlichen Leiter, um in deren Windschatten wieder Anschluss an das Peloton zu bekommen; solche Verstöße werden dabei fast nie geahndet.

Oft kommt es vor, dass ein Fahrer vollständig aufgeben muss. Ist dies der Fall, muss der Fahrer seine Startnummer am Besenwagen abgeben. Neben den Regeln der Tour gibt es auch Verpflichtungen, an die sich jede Mannschaft zu halten hat. Dazu gehört u.a., dass die Mannschaften sich untereinander nicht absprechen dürfen. Die Sportlichen Leiter und die Fahrer dürfen auch nicht in Werbe- oder Verkaufsoperationen eingebunden sein. Den Fahrern ist es auch untersagt, während des Fahrens Interviews zu geben. Dies ist nur die Sportlichen Leitern gestattet, außer auf den letzten zwanzig Kilometern.

Es gibt kein Team bei der Tour de France, das keinen Sportlichen Leiter hat. Diesen stehen vier Fahrzeuge zur Verfügung, von denen nur zwei im Rennen genutzt werden dürfen. Die Fahrzeuge müssen immer rechts fahren, hinter den Autos der Tourleitung und des ärztlichen Dienstes. Die Mannschaftswagen dürfen nur nach der Aufforderung durch „Radio Tour“ nach vorne fahren.

Vor der Zielankunft gibt es die „Flamme rouge“, auch „Teufelslappen“ genannt, die den letzten Rennkilometer kennzeichnet. Dieser wurde 1906 eingeführt. Bei Stürzen oder Pannen auf den letzten drei Kilometern werden die Fahrer mit der gleichen Zeit wie die Gruppe, der sie angehörten, gewertet.

Bei der Zielankunft gibt es noch eine wichtige Regel. Es gibt ein bestimmtes Zeitlimit, unter dem jeder Fahrer ins Ziel kommen muss. Das Zeitlimit wird mit bestimmten Koeffizienten ausgerechnet, von denen es vier verschiedene gibt. Während der gesamten Tour de France darf nur die offizielle Strecke genutzt werden. Die Regeln werden von den Rennkommissaren überwacht, die auf Motorrädern das Rennen begleiten. Sehen sie Rennverstöße, können sie diese mit bestimmten Strafen ahnden.

Trikots und besondere Wertungen

Eine Reihe von farblich abgehobenen Trikots kennzeichnen die besten Fahrer verschiedener Wertungen. Die Trikots werden den Fahrern nach jeder Etappe in einer feierlichen Zeremonie angezogen. Jedes Trikot wird dabei von einem eigenen Sponsor präsentiert. Die Fahrer sind verpflichtet, die entsprechenden Wertungstrikots zu tragen. Wenn ein Fahrer im Besitz mehrerer Trikots ist, trägt er das wichtigere. Dabei gilt folgende Reihenfolge: Gelbes, Grünes, Bergtrikot, weißes Trikot. In diesem Fall wird das nächstniedrigere Trikot von dem Zweitplatzierten in der jeweiligen Wertung präsentiert. Als einzigem Fahrer gelang es Eddy Merckx 1969, im gleichen Jahr die drei wichtigsten Wertungen zu gewinnen.

Gelbes Trikot

Datei:Tour de france 2005 21st stage sm 01.jpg
Lance Armstrong im Gelben Trikot

Der Fahrer mit der geringsten Gesamtzeit trägt das berühmte Gelbe Trikot (le maillot jaune) des Führenden der Gesamtwertung. Das Leibchen wurde 1919 eingeführt, um die Identifizierung des Spitzenreiters für die Zuschauer zu vereinfachen. Der erste Träger des Trikots war der Franzose Eugène Christophe. Am längsten trug der belgische „Kannibale“ und fünffache Toursieger Eddy Merckx das gelbe Trikot – insgesamt 96 Etappen lang (incl. Ruhetage 111 Tage). Der einzige Fahrer, der von der ersten bis zur letzten Etappe im gelben Trikot fuhr, war der Luxemburger Nicolas Frantz 1928: Als Vorjahressieger trug er das gelbe Trikot bereits auf der ersten Etappe und legte es bis zur letzten Etappe nicht wieder ab.

Literarische Weihen erlangte das Gelbe Trikot durch ein Epigramm von Günter Grass:
Als die Spitzengruppe von einem Zitronenfalter überholt wurde, gaben viele Radfahrer das Rennen auf.

Grünes Trikot

Der beste Sprinter wird seit 1953 mit dem Grünen Trikot (le maillot vert) geehrt. Die Wertung erfolgt durch ein Punktesystem, welches vor allem Etappenankünfte, aber auch Zwischensprints bewertet. Flachetappen zählen hierbei deutlich mehr als Bergetappen. Der Berliner Erik Zabel hat das Sprintertrikot sechsmal in Folge (von 1996 bis 2001) nach Paris tragen können und ist damit alleiniger Rekordhalter vor dem Iren Sean Kelly (vier Siege zwischen 1982-89). Das grüne Trikot ist farblich im dunkelgrünen Bereich angesiedelt. Das Farbspektrum der Trikots ist von der Tourleitung streng festgelegt.

Die Rangliste der meisten Etappensiege wird von zwei fünfmaligen Gesamtsiegern angeführt: Eddy Merckx gewann bei nur sieben Teilnahmen insgesamt 34 Etappen, Bernard Hinault konnte 28 Mal triumphieren. Es folgen der zweimalige Toursieger André Leducq (25) sowie der Sprinter André Darrigade (22). Lance Armstrong liegt als bester aktiver Fahrer mit 21 Etappensiegen (exklusive zwei Mannschaftszeitfahren) auf dem fünften Rang.

Bergtrikot

Ein Bergpreis wird bereits seit 1933 ausgelobt, aber erst seit 1975 wird auch hier ein Bergtrikot – weiß mit roten Punkten (le maillot à pois rouges) – verliehen. Punkte für das Bergtrikot werden nach Anstiegen der Kategorien 4 (leicht) bis 1 (schwer) sowie der hors catégorie (außerordentlich schwer) vergeben. Als einzigem Fahrer gelang es Richard Virenque, zwischen 1994 und 2004 die Bergwertung siebenmal zu gewinnen, gefolgt von Federico Bahamontes (zwischen 1954-64) und Lucien van Impe (1971-83) mit je sechs Siegen.

Weißes Trikot

Seit 1975 wird bei der Tour ein weißes Trikot für den besten Jungprofi vergeben. Diese Wertung ermittelt die besten Fahrer, die im Jahr der jeweiligen Tour höchstens 25 Jahre alt sind. Zwischen 1989 und 1999 war dieses Klassement keine offizielle Wertung der Tour de France, wurde jedoch im Jahr 2000 wieder eingeführt.

Rote Rückennummer

Die "rote Rückennummer" wird nach jeder Etappe an den kämpferischsten Fahrer des gesamten Fahrerfeldes vergeben. Diese Auszeichung ist die einzige bei der Tour, die durch eine Fachjury ermittelt wird. Die Jury, bestehend aus acht Mitgliedern (darunter Sportler, Rennleiter und Journalisten) entscheidet nach jeder Etappe, welcher der Fahrer den besten Kampfgeist gezeigt hat. Der Preis wird dann jeden Morgen auf dem offiziellen Podium dem Fahrer überreicht. Am Ende der Tour wird in Paris der kämpferischste Fahrer der gesamten Tour gewählt.

Mannschaftswertung

Seit 1930 wird auch die beste Mannschaft ermittelt. Für diese Wertung werden bei jeder Etappe die Zeiten der besten drei Fahrer einer Mannschaft addiert.

Die Fans

Für viele Radsportfans gehört die Tour zum festen Jahresprogramm. Insbesondere bei den Bergetappen zieht eine Karawane von Wohnmobilen mit dem Tourtross mit, um jeden Tag von neuem die Radfahrer anzufeuern. Bekanntester deutscher Fan ist Didi Senft, der als Teufel verkleidet seit Jahren bei Tour-Übertragungen im Fernsehen zu sehen ist.

Die französische Post überreicht nach Etappenende eingegangene Fanschreiben direkt an die Fahrer. Um einen Brief korrekt an Tourteilnehmer X zu adressieren, genügt folgende Anschrift: "Coureur X, Tour de France".

Kleines Tour de France - Lexikon

Datei:Tour de france 2005 21st stage 01.jpg
Ein ganz besonderer Wagen aus der Werbekarawane 2005
Die „flamme rouge“, das Zeichen für den letzten Kilometer einer Etappe
  • caravane publicitaire - Werbekarawane, die vor den Fahrern herfährt
  • chapeau - „Hut ab“, Ehrenbezeugung für die Champions
  • contre-la-montre - „gegen die Uhr“, Zeitfahren
  • finisseur - Sprinter
  • flamme rouge - "rote Flamme“, kennzeichnet den Beginn des letzten Kilometers (siehe nebenstehendes Bild), auch als "Teufelslappen" bezeichnet
  • grande boucle - „große Schleife“, Bezeichnung der Tour
  • grimpeur – „Kletterer“, Bergfahrer
  • grupetto – Die letzte Grupper eine Bergetappe, meist Sprinter die gemeinsam gegen die Zeit kämpfen müssen.
  • hors catégorie - Bergwertung der schwersten („außerordentlichen“) Kategorie
  • Königsetappe - Die schwerste (Berg-)Etappe einer Tour
  • Lutscher - Fahrer der sich (in einer Ausreißergruppe) nicht an der Tempoarbeit beteiligt
  • maillot jaune - gelbes Trikot des Führenden der Gesamtwertung
  • peloton - Hauptfeld
  • poursuivant - Verfolger
  • radio tour - der offizielle Tourfunk
  • tête de la course - „Kopf des Feldes“, Spitzengruppe
  • tour d'honneur - „Ehrentour“, letzte Etappe, die auf den Avenue des Champs-Élysées endet, bei der der Träger des Gelben Trikots traditionell nicht mehr angegriffen wird
  • voiture balai - „Besenwagen“, Fahrer, die das Rennen aufgeben, müssen ihre Startnummer beim verantwortlichen Kommissar des am Ende des Feldes fahrenden Schlusswagens abgeben.
  • Belgischer Kreisel - Windschattenfahren in der Gruppe bei Seitenwind von schräg vorne. Dabei wird gleichmäßig von vorne nach hinten gewechselt, ohne Unterbrechung. Die jeweils seitlich nach hinten zurückfallenden Fahrer geben dabei den neben ihnen fahrenden Pedaleuren Schutz vor dem Seitenwind. Im Gegensatz dazu ist das Windschattenfahren bei Gegenwind von vorne einfach: der jeweils vorderste Fahrer trägt die Windlast, die ihm folgenden Fahrer fahren im Windschatten.
  • Wasserträger - Den Favoriten des Teams unterstützende und versorgende Fahrer.

Literatur, Musik und Film

Sachbücher

  • 100 Jahre Tour de France 1903-2003, Delius Klasing Verlag 2003, ISBN 3895951897 - Gekürzte deutsche Übersetzung einer dreibändigen Dokumentation aus dem Archiv der französischen Sportzeitung L'Equipe, mit Zusammenfassungen, Statistiken, Fotos und Originalberichten der einzelnen Tour-Jahre (bis 2002)
  • Hans Blickensdörfer: Tour de France. Mythos und Geschichte eines Radrennens, Sigloch Edition 1997, ISBN 3893931600 - Schilderung der Tour de France aus der Sicht des Doyens der deutschen (Rad-)Sportberichterstattung (bis 1997)
  • Les Woodland: Halbgötter in Gelb. Das Lesebuch zur Tour de France, covadonga 2003, ISBN 3936973008 - Eher feuilletonistisch angelegtes, in Episoden erzähltes Lesebuch eines britischen Journalisten
  • Ralf Schröder/Hubert Dahlkamp: Nicht alle Helden tragen Gelb. Die Geschichte der Tour de France, Verlag Die Werkstatt 2003, ISBN 3895334065 - Wie „Halbgötter in Gelb“ eine eher anekdotisch, mit Hintergründen erzählte Geschichte der Tour
  • Roland Barthes: Die Tour de France als Epos, in: Gunter Gebauer/Gerd Hortleder: Sport-Eros-Tod, Suhrkamp 1986. - Philosophische Analyse der Tour als archaisch-heroisches Ereignis.

Romane

  • André Reuze: Giganten der Landstraße, Neuauflage Sportverlag 1998, ISBN 3328008071 (z.Z. vergriffen) - erstmals 1928 erschienener Roman eines französischen Sportjournalisten, gibt einen Einblick in die „heroische Epoche“ der Tour
  • Hans Blickensdörfer/Hennes Roth: Salz im Kaffee, Neuauflage covadonga 2003, ISBN 3936973040 - Roman des Journalisten und Schriftstellers Blickensdörfer, dessen Hauptfigur stark an Didi Thurau angelehnt ist

Musik

  • 1983 veröffentlichte die deutsche Elektronikband Kraftwerk die Single Tour de France als Reminiszenz an die „Große Schleife“. Ralf Hütter und Florian Schneider-Esleben, die Köpfe der Gruppe, gelten als Radsportfanatiker. Diese Radsportliebe führte Ende der 1980er sogar zur Trennung der ursprünglichen Kraftwerk-Besetzung. Das Stück wurde jahrelang als Titelmusik der ARD-Übertragungen der Tour verwendet. Zur Tour de France 2003 brachten Kraftwerk das Konzeptalbum Tour de France - Soundtracks heraus, welches auf Basis des alten Tour de France-Titels das Thema Tour neu interpretiert. Die Veröffentlichung gelangte in Deutschland an die Spitze der Albumcharts.
  • Die britische Rockband Queen schrieb 1978 das Lied Bicycle Race. Die Inspiration dazu kam ihnen, als der Tourtross nahe bei ihrem Aufnahmestudio in Montreux vorbeifuhr (auf der Etappe nach Lausanne). Inzwischen wurde dieses Stück auch von der deutschen Dance-Interpretin Blümchen gecovert.

Film

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