Rot-grüne Koalition
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Unter einer rot-grünen Koalition (kurz: Rot-Grün) versteht man eine Regierungskoalition zwischen einer sozialdemokratischen/sozialistischen und einer grünen Partei.
In Deutschland ist damit eine Koalition zwischen der SPD und der Partei Bündnis 90/Die Grünen (bzw. deren Vorgängerpartei, den Grünen) gemeint, in Österreich eine Koalition aus SPÖ und Grünen. Handelt es sich um eine Dreierkoalition unter Einbeziehung der Liberalen, so spricht man von einer Ampelkoalition.
Deutschland
Koalitionen von Grünen, Bündnis 90 bzw. Bündnis 90/Die Grünen mit der SPD | ||
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Dauer | Land/Bund | Kabinett |
1985–1987 | Hessen | Kabinett Börner III |
1989–1990 | Berlin | Senat Momper (AL mit SPD) |
1990–1994 | Niedersachsen | Kabinett Schröder I |
1991–1999 | Hessen | Kabinett Eichel I und II |
1994–1998 | Sachsen-Anhalt | Kabinett Höppner I, durch PDS toleriert |
1995–2005 | Nordrhein-Westfalen | Kabinett Rau V, Kabinett Clement I und II, Kabinett Steinbrück |
1996–2005 | Schleswig-Holstein | Kabinett Simonis II und III |
1997–2001 | Hamburg | Senat Runde (GAL mit SPD) |
1998–2005 | Bundesregierung | Kabinett Schröder I und II |
2001–2002 | Berlin | Senat Wowereit I, durch PDS toleriert |
seit 2007 | Bremen | Senat Böhrnsen II |
seit 2010 | Nordrhein-Westfalen | Kabinett Kraft, Minderheitsregierung |
Bundesebene
Auf Bundesebene regierten SPD und Grüne gemeinsam von 1998 bis 2005. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder stellten die Grünen in den Kabinetten Schröder I und Schröder II jeweils drei Bundesminister, darunter den Vizekanzler und Bundesaußenminister Joschka Fischer.
Länderebene
Seitdem 1985 in Hessen die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene geschlossen wurde, gab es bisher in acht Bundesländern rot-grüne Landesregierungen.
Hessen
Die erste rot-grüne Koalition kam 1985 in Hessen unter Ministerpräsident Holger Börner zustande. Der einzige grüne Minister im Kabinett Börner III war Umweltminister Joschka Fischer. Die Koalition zerbrach nach 14 Monaten. Bei der Landtagswahl am 5. April 1987 erzielten CDU und FDP eine Mehrheit, und Walter Wallmann wurde der erste christdemokratische Ministerpräsident Hessens.
Vier Jahre später kam es nach der Landtagswahl 1991 zu einer Neuauflage von Rot-Grün unter Ministerpräsident Hans Eichel, die 1995 bestätigt wurde. 1999 konnte der CDU-Politiker Roland Koch mit einem Wahlkampf gegen rot-grüne Politik auf Landes- und auf Bundesebene in die Staatskanzlei einziehen.
Bei der Landtagswahl am 27. Januar 2008 verlor Ministerpräsident Koch seine absolute Mehrheit und erreichte auch mit der FDP keine regierungsfähige Mehrheit. Im Anschluss versuchte die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei zu bilden, was jedoch im November 2008 auf Grund mangelnder Unterstützung in den eigenen Reihen scheiterte.
Berlin
Nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus 1989 wurde in Berlin die zweite rot-grüne Landesregierung vereidigt. Allerdings waren daran nicht Die Grünen, sondern die Partei Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz (AL), die bis 1993 in Berlin antrat, beteiligt. Die AL entsandte mit Michaele Schreyer, Sybille Volkholz und Anne Klein drei Senatorinnen in den Senat Momper, von denen zwei parteilos und eine Mitglied der Grünen war. Im November 1990 zerbrach die Koalition nach Meinungsverschiedenheiten über die Räumung besetzter Häuser.
Bei der Wahl am 2. Dezember 1990 erzielte weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit, so dass eine Große Koalition unter CDU-Führung gebildet wurde. Diese Koalition zerbrach nach fast elf Jahren am 7. Juni 2001. Infolgedessen bildete Klaus Wowereit eine rot-grüne Minderheitsregierung, die von der PDS geduldet wurde. Dieser rot-grüne Senat hatte nur bis zum 17. Januar 2002 bestand und wurde nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 21. Oktober 2001 durch einen rot-roten Senat unter Wowereit abgelöst.
Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 in Berlin kamen PDS und Grüne beide auf knapp über 13 Prozent der Stimmen und erhielten jeweils 23 Mandate. Klaus Wowereit hätte mit beiden Parteien regieren können, entschloss sich jedoch gegen eine rot-grüne Senatsbildung und für die Fortsetzung der Regierung mit der PDS. Am 5. Mai 2009 kündigte die SPD-Abgeordnete Canan Bayram ihren Austritt aus der SPD und der SPD-Fraktion und ihren Wechsel zur Fraktion der Grünen an, so dass die Rot-Rote Koalition nur noch über eine Mehrheit von 75 Mandaten gegenüber 74 Mandaten der Opposition verfügte, wohingegen eine denkbare rot-grüne Koalition eine Mehrheit von 76 gegen 73 Stimmen gehabt hätte. Daher wurde von verschiedenen SPD-Politikern, wie dem Bundestagsabgeordneten und ehemaligen SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter, der Wechsel von Rot-Rot zu Rot-Grün gefordert. Diese Debatte flaute jedoch mit dem Wechsel der Grünen-Abgeordneten Bilkay Öney zur SPD-Fraktion am 12. Mai 2009 und der damit verbundenen Wiederherstellung der alten Mehrheitsverhältnisse ab.
Bremen
Nach der Bürgerschaftswahl im Juni 2007 bildete die SPD nach zwölf Jahren großer Koalition eine rot-grüne Koalition unter Jens Böhrnsen. Diese Koalitionsbildung stellte die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene nach der Wahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin dar.
Hamburg
Infolge der Bürgerschaftswahlen 1997 in Hamburg wurde eine rot-grüne Regierung unter Ortwin Runde gebildet, die bis 2001 regierte. Die GAL hatte in den Senat Runde vier Senatoren entsandt.
Niedersachsen
Im Juni 1990 wurden mit Waltraud Schoppe und Jürgen Trittin in Niedersachsen die ersten grünen Minister nach Joschka Fischer vereidigt. Ministerpräsident wurde damals Gerhard Schröder, der ab 1994 dann vier Jahre lang mit absoluter Mehrheit regierte.
Nordrhein-Westfalen

Nachdem die SPD 1995 unter Ministerpräsident Johannes Rau die absolute Mehrheit verloren hatte, bildeten SPD und Grüne auch dort eine rot-grüne Koalition, wobei Rau nach Presseberichten über diese Koalition nicht begeistert war. Unter anderem gab es immer wieder Konflikte um den Braunkohletagebau (Garzweiler II).
Nachdem die Koalition 2000 unter Raus Nachfolger Wolfgang Clement bestätigt wurde, verlor Clements Nachfolger Peer Steinbrück die Landtagswahl 2005, infolgedessen ging die SPD nach 39 Jahren in die Opposition. Diese Wahlniederlage der damals letzten rot-grünen Koalition auf Landesebene hatte zur Folge, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder und der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering (der selbst aus NRW stammt), für die Bundesebene Neuwahlen beschlossen, die zur Bildung der großen Koalition unter Angela Merkel führte.
Nach der Landtagswahl 2010, bei der die CDU/FDP-Koalition ihre Mehrheit verlor, entschieden sich die gemeinsam um zehn Sitze stärkeren SPD und Grünen für die Bildung einer Minderheitsregierung unter der SPD-Frau Hannelore Kraft.
Schleswig-Holstein
Nach Verlust der absoluten Mehrheit der SPD im Jahr 1996 gingen SPD und Grüne eine Koalition unter Heide Simonis ein, die im Jahr 2000 bestätigt wurde.
Die Landtagswahl 2005 brachte kein eindeutiges Ergebnis: Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb erzielten eine Mehrheit, so dass entscheidend war, wie sich die beiden Abgeordneten der dänischen Minderheitenpartei SSW verhalten würden. Nachdem diese sich zu einer Tolerierung der rot-grünen Minderheitsregierung bereit erklärt hatten, kam es bei der Ministerpräsidentenwahl am 17. März 2005 zum Eklat: Ein Abgeordneter der geplanten Koalition versagte Heide Simonis in vier Wahlgängen die Zustimmung. Heide Simonis trat daraufhin nach 12 Dienstjahren zurück, ihr Nachfolger Peter Harry Carstensen (CDU) bildete eine große Koalition mit der SPD.
Rot-grüne Minderheitsregierungen
Rot-grüne Minderheitsregierungen gab es in Sachsen-Anhalt und in Berlin. Beide Male wurde die Regierung von der PDS toleriert. Dies wird auch in Anlehnung an die Regierung in Sachsen-Anhalt (1994 bis 1998) Magdeburger Modell genannt. Reinhard Höppner war hier Ministerpräsident. Erneut wurde diese Variante in Berlin unter Klaus Wowereit praktiziert; in Hessen scheiterte dieses Modell 2008 am Widerstand von vier SPD-Abgeordneten.
In Nordrhein-Westfalen gibt es mit dem Kabinett Kraft seit dem 15. Juli 2010 auch eine rot-grüne Minderheitsregierung. Diese folgt jedoch nicht dem Magdeburger Modell, da sie auf wechselnde Mehrheiten setzt und sowohl bei der Linkspartei, als auch bei CDU und FDP um Zustimmung wirbt. Zur Mehrheit im Landtag fehlt der Regierung eine Stimme.
Ungenutzte rot-grüne Mehrheiten
Von 1991 bis 1996 und von 2001 bis 2006 gab es im rheinland-pfälzischen Landtag eine Mehrheit für SPD und Grüne. SPD-Spitzenkandidat Rudolf Scharping entschloss sich allerdings nach dem Wahlsieg 1991 für eine Sozialliberale Koalition. Auch sein Nachfolger Kurt Beck setzte die Kooperation mit der FDP von 1994 bis 2006 fort. Nach der Wahl 1996 entschied sich die FDP gegen eine Regierung mit der CDU, die wegen der Stärke der FDP eine Mehrheit gehabt hätte, und fünf Jahre später wollte auch die SPD lieber mit der FDP als mit den Grünen regieren. Bei der Landtagswahl 2006 verfehlten die Grünen den Einzug ins Landesparlament und die SPD erzielte die absolute Mehrheit im Landtag.
In Hamburg zog Henning Voscherau zwischen 1993 die Statt-Partei als Regierungspartner trotz rot-grüner Mehrheit vor. Nachdem die Stattpartei bei der Bürgerschaftswahl 1997 aus der Bürgerschaft ausschied und der SPD-Landesverband beschloss, die rot-grüne Koalition doch einzugehen, legte Voscherau sein Amt als Erster Bürgermeister nieder.
In Bremen verzichtete Henning Scherf nach den Bürgerschaftswahlen von 1995, 1999 und 2003 darauf, die rot-grüne Mehrheit zur Regierungsbildung zu nutzen und zog stattdessen die Bildung einer großen Koalition vor. Diese große Koalition wurde 2005 von seinem Nachfolger, Bürgermeister Jens Böhrnsen, übernommen, jedoch nach der Bürgerschaftswahl 2007 zugunsten einer Koalition der SPD mit den Grünen aufgekündigt.
Die derzeitige rot-grüne Mehrheit im Abgeordnetenhaus von Berlin wird politisch ebenfalls nicht genutzt. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit setzte seine rot-rote Regierung nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 fort. Zuvor hatte Rot-Grün keine Mehrheit gehabt.
Rot-Grün als Gesellschaftsprojekt
Mit dem Begriff Rot-Grün wird mitunter auch ein Gesellschaftsprojekt verbunden, bei dem Mitglieder der 68er-Generation wie z. B. Joschka Fischer den Marsch durch die Institutionen antreten wollten, um in der Gesellschaft mehr Toleranz gegenüber Minderheiten, größere Akzeptanz gegenüber der Emanzipation von Frauen und Männern und mehr Achtsamkeit gegenüber der Umwelt zu erreichen.
In positivem Zusammenhang wird der Begriff mit den erwähnten Entwicklungen in Verbindung gebracht, in negativem Zusammenhang wird mit Rot-Grün vor allem Utopismus und eine zu unkritische oder gar blinde Haltung gegenüber den Integrationsproblemen von Immigranten assoziiert. Aus jener sozialpolitischen Sichtweise wird das Projekt Rot-Grün mit der verlorenen Wahl der Regierungskoalition auf Bundesebene zwischen der SPD und der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei der Bundestagswahl 2005 als entweder gescheitert oder aber als erfolgreich angesehen, je nachdem, wie die Themen gewichtet werden.
Österreich
Obwohl als ernsthafte Koalitionsvariante angesehen, existierte bis dato keine einzige rot-grüne Regierung auf Landes- oder Bundesebene. Die einzige Regierung mit grüner Beteiligung ist die schwarz-grüne Koalition in Oberösterreich. Erstmals war 2004 eine rot-grüne Koalition in Salzburg möglich. Diese wurde allerdings von der SPÖ sofort abgelehnt. Nach der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2010 kam es zu Sondierungsgesprächen zwischen der Wiener SPÖ und den Grünen. Am 22. Oktober begannen die ersten rot-grünen Koalitionsverhandlungen auf Landesebene. [1]
Literatur
- Christoph Egle, Tobias Ostheim, Reimut Zohlnhöfer (Hg): Das rot-grüne Projekt. Eine Bilanz der Regierung Schröder 1998 - 2002, VS Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 978-3-531-13791-9.
- Christoph Egle, Reimut Zohlnhöfer (Hg.): Ende des rot-grünen Projekts. Eine Bilanz der Regierung Schröder 2002 - 2005, VS Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-14875-5.
- Matthias Geyer, Dirk Kurbjuweit, Cordt Schnibben: Operation Rot-Grün. Geschichte eines politischen Abenteuers, Deutsche Verlags-Anstalt, München ³2005, ISBN 3-421-05782-6.
- Gudrun Heinrich: Rot-Grün in Berlin. Die Alternative Liste in der Regierungsverantwortung 1989-1990, Schüren Verlag, Marburg 1993, ISBN 3-89472-079-4.
- Thomas Krumm: Politische Vergemeinschaftung durch symbolische Politik. Die Formierung der rot-grünen Zusammenarbeit in Hessen von 1983 bis 1991, VS Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-8244-4601-4.
- Loccumer Initiative Kritischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Rot-Grün - noch ein Projekt?, Offizin, Hannover 2001, ISBN 3-930345-25-0. (Kritische Interventionen, 5)
- Richard Meng: Links der Mitte. Welche Chancen hat Rot-Grün?, Schüren Verlag, Marburg 1993, ISBN 3-89472-251-7.
- Richard Meng (Hg.): Modell Rot-Grün? Auswertung eines Versuchs, VSA-Verlag, Hamburg 1987, ISBN 3-87975-407-1.
- Hugo Müller-Vogg: Anspruch & Wirklichkeit. Rot-Grün 1998 - 2002, Aktuell, München 2002, ISBN 3-87959-560-7.
- Heribert Prantl: Rot- Grün. Eine erste Bilanz, Hoffmann und Campe, Hamburg 1999, ISBN 3-455-10383-9.
- Werner Reutter (Hg.): Germany on the Road to Normalcy. Policies and Politics of the Red-Green Federal Government (1998-2002), Palgrave, New York [u.a.] 2004, ISBN 1-4039-6439-4. (The NYU European Studies)
- Sven Siefken: Expertenkommissionen im politischen Prozess. Eine Bilanz zur rot-grünen Bundesregierung 1998 - 2005, VS Verlag, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15691-0.
- Antje Vollmer im Gespräch mit Hans W. Kilz: Eingewandert ins eigene Land. Was von Rot-Grün bleibt, Pantheon Verlag, München 2006, ISBN 978-3-570-55015-1.
- Heinz J. Wiegand: Die Agrar- und Energiewende. Bilanz und Geschichte rot-grüner Projekte, Lang, Frankfurt am Main [u.a.] 2006, ISBN 978-3-631-55713-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Der Standard, 22. Oktober 2010: Der mutigere Weg - letzter Abruf 22.Oktober 2010