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Zulässige Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr (Deutschland)

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Limit 10 km/h

Das Tempolimit, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, zulässige Höchstgeschwindigkeit oder Geschwindigkeitsbegrenzung ist ein verbindlicher Grenzwert für die Geschwindigkeit, der nicht überschritten werden darf.

Es kann generell per Verordnung festgelegt oder durch Verkehrszeichen gekennzeichnet sein und gilt für bestimmte Fahrzeuge, Beförderung bestimmter Güter oder auf bestimmten Strecken von Straßen, Schienen- oder Wasserwegen sowie im Luftraum.

Anwendung

Wurden Tempolimits ursprünglich hauptsächlich zum Schutz der Verkehrsteilnehmer selbst, sowohl der der Kraftfahrzeuge als auch der Fußgänger verhängt, so werden sie zunehmend auch aus Umweltgründen, wie Lärmschutz oder Feinstaubbelastung verordnet. Auch kann versucht werden, durch Geschwindigkeitsbegrenzungen eine energiesparende Fahrweise herbeizuführen. Nicht selten werden sie von den Behörden auch auf Druck von Bürgerinitiativen verordnet und haben dementsprechend nicht immer Befürworter.

In Deutschland ist die Einführung eines landesweit geltenden generellen Tempolimits immer noch umstritten. Zwar sinken die Unfallzahlen, aber das generelle Tempolimit ist mit dem Ziel der Erfüllung der europäischen Richtlinien zur Schadstoffemission in der Diskussion. Da ein Tempolimit als unmittelbare Einschränkung empfunden wird, seine Wirkung aber nicht unmittelbar spürbar ist [1], wird ein generelles Tempolimit von vielen Menschen in Deutschland immer noch als unwirksame „Verzichtsstrategie“ [2] empfunden und abgelehnt. Widerstand gegen ein generelles Tempolimit leistet auch die deutsche Autoindustrie, die einen starken Binnenmarkt für Fahrzeuge braucht, deren Konstruktion aus Wettbewerbsgründen auf Schnelligkeit, Stärke und hohe Leistung ausgerichtet ist.

Geschichtliches

In Deutschland existierten bis 1934 unterschiedliche, im Verhältnis zu heute äußerst geringe, Tempolimits, welche sodann mit Einführung der Straßenverkehrsordnung für Außerortsstraßen (einschließlich der neuen Reichsautobahnen) generell aufgehoben und für Innerortsstraßen auf 60 km/h angehoben wurden.

1939 wurden generelle Höchstgeschwindigkeiten für Außerortsstraßen und Autobahnen eingeführt (100 km/h für PKW, 70 km/h für LKW; offizielle Begründung: "um der Raserei Einhalt zu gebieten"), welche kurz vor Kriegsausbruch - und damit ganz offensichtlich zwecks Treibstoffeinsparung und effektiverer Kriegsvorbereitung - auf 80 bzw. 60 km/h sowie 40 km/h innerorts gesenkt wurden. 1953 wurden sämtliche Höchstgeschwindigkeiten wieder aufgehoben, auch innerhalb geschlossener Ortschaften, 1957 jedoch wieder eingeführt (50 km/h für alle Kraftfahrzeuge). (Es ist hierbei anzumerken, dass die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten erst in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre erstmals zuverlässig durchgeführt werden konnte.)

Die erneute Einführung wird häufig spekulativ mit der in den 1950er Jahren stetig steigenden Zahl an Verkehrstoten begründet, jedoch ist bei Betrachtung der Statistik tatsächlich keine Korrelation zwischen der Einführung des Tempolimits innerorts und dem Fortlauf dieser Entwicklung ersichtlich.

Bis Anfang der 70er Jahre existierten außerhalb geschlossener Ortschaften für sämtliche Verkehrsteilnehmer zugängliche Straßen, auf denen mit beliebiger Geschwindigkeit gefahren werden durfte. Aufgrund der jedoch bis 1970 stetig steigenden Zahl an Verkehrstoten wurde 1972 die Einführung einer generellen zulässigen Höchstgeschwindigkeit für nicht richtungsgetrennte Straßen außerorts ohne in beide Fahrtrichtungen durchgehende Überholspuren beschlossen. Es ist, wie bei der Einführung der allgemeinen zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts, auch hier kein unmittelbarer Einfluss auf die Entwicklung der Verkehrstotenzahl feststellbar, da diese bereits 1971 wieder abgenommen hatte und seitdem stetig abgenommen hat. Befürworter dieses und von Tempolimits allgemein unterschlagen bei der Suche nach einer Begründung für seinen Sinn zudem u. a. die stetige Verbesserung der Fahrzeugtechnik und -konstruktion, die Einführung des Sicherheitsgurts und der Gurtpflicht, die Verdoppelung der Autobahnkilometer und Vervielfachung der Streckenlänge sonstiger sicherer Autostraßen allein zwischen 1970 und 1985, die Verbesserung der Sichtbarkeit von Straße und Verkehrsteilnehmern (z. B. mittels besonders breiter Fahrbahnmarkierungen und besserer Beschilderung) sowie die Verbesserung der Überprüfungsmöglichkeit von Alkoholgenuss als Faktoren, welche sich positiv auf die Entwicklung der Verkehrstotenzahlen auswirkten.

Auf Autobahnen und richtungsgetrennten Straßen außerorts sowie nicht richtungsgetrennten Straßen außerorts mit durchgehenden Überholspuren in beiden Fahrtrichtungen wurde 1974 eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h verordnet. Deutsche Autobahnen zählen statistisch zu den sichersten in der Welt und übertreffen hierbei tempobeschränkte Strecken in zahlreichen anderen Ländern, so dass bislang - mit Ausnahme einiger vorübergehender Versuche - keine Notwendigkeit (im Sinne der Steigerung der Verkehrssicherheit) für die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen und ähnlichen Straßen in Deutschland ergangen ist.

Kennzeichnung

Beginn der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (hier: 60 km/h)

Weitergehende Tempolimits werden durch das Zeichen für Geschwindigkeitsbegrenzungen angezeigt, die jeweilige Höchstgeschwindigkeit ist dabei in km/h oder mph angegeben.

Das im Bild rechts angezeigte Zeichen wird fast auf der ganzen Welt verwendet. Dieses Zeichen gibt es je nach Land in Zehner- oder in Fünferschritten. Im deutschsprachigem Raum sind Zehnerschritte üblich. In den USA wie auch in Kanada werden dafür andere Zeichen verwendet. Diese sind viereckig, das Tempolimit wird in schwarzer Schrift auf weißem Hintergrund dargestellt.

Die Zeichen können durch Zusatzschilder in ihrer Gültigkeit beschränkt werden, so dass es z. B. nur bei nasser Fahrbahn gilt. Während in den meisten Ländern die Limits in km/h angezeigt werden, wird es in Großbritannien und in den USA in Meilen pro Stunde (mph) angegeben. Dabei verwendet Großbritannien die selben Schilder wie das europäische Festland, was bei Kontinentaleuropäern gelegentlich durch den fehlenden Hinweis auf die andere Maßeinheit zu Irritationen führt.

Das Tempolimit wird im europäischen Raum aufgehoben durch das Zeichen „Ende der zulässigen Höchstgeschwindigkeit“ oder durch das Zeichen „Ende sämtlicher Streckenverbote“. In Österreich und Deutschland kann alternativ ein Tempolimit auch mit Zeichen „Beginn der Zone mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit“ (Deutschland: Zeichen Nr. 274.1) angezeigt werden; es wird in diesem Fall mit Zeichen „Ende der Zone mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit“ (Deutschland: Zeichen Nr. 274.2) aufgehoben.

Eine Beschilderung kann entweder dauernd oder zeitlich begrenzt sein. Beispielsweise bei Baustellen wird den Baufirmen vorgeschrieben Tafeln aufzustellen. Dabei ist es unerheblich ob auf der Baustelle gearbeitet wird oder nicht.

Zusätzlich zu den Tafeln können Tempolimits auch noch direkt auf die Fahrbahn gemalt werden. Sie haben aber nur Hinweis- oder Erinnerungscharakter und sind gesetzlich nicht bindend.

Kontrolle

Eine Art der Verkehrsüberwachung ist die Ermittlung von Überschreitungen des Tempolimits etwa mithilfe von Radargeräten, Laserpistolen oder Section-Control. In vielen Ländern werden solche Ermittlungen durch die Polizei vollzogen.

Oft werden auch Tempoanzeigegeräte aufgestellt, die dem Autofahrer die gefahrene Geschwindigkeit anzeigen. Sie dienen als Erziehungsmaßnahme und nicht zur Bestrafung.

Strecken ohne Tempolimit

Auf einigen Straßen wurde bis heute kein generelles Tempolimit eingeführt. Am bekanntesten dürften die deutschen Autobahnen sein. So gibt es sogar organisierte Reisen nach Deutschland, deren Hauptbestandteil das unbeschränkte Fahren im Mietwagen der Oberklasse ist. Die Einführung einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung ist seit dem Bestehen der Bundesrepublik in der Diskussion. Seit der Beteiligung der Grünen an der Bundesregierung im Jahr 1998 setzt sich jedoch keine der etablierten Parteien mehr dafür ein.

Kein generelles Tempolimit eingeführt haben die Isle of Man sowie Indien. In beiden Ländern werden nur punktuell an gefährlichen Strecken Geschwindigkeitszeichen aufgestellt.

Auf Grund der Straßenqualität sind Geschwindigkeiten über 150 km/h in Indien allerdings praktisch unmöglich. In Deutschland verhindert die hohe Verkehrsdichte auf den Autobahnen oft das Fahren höchster Geschwindigkeiten, sodass dies meist nur nachts und auf weitgehend leerer Strecke möglich ist. Aus diesem Grund wird gesagt, dass die Straßen auf der Isle of Man für das Fahren mit hoher Geschwindigkeit am besten geeignet seien, selbst Nebenstraßen kennen dort kein Tempolimit. Allerdings gab es auf der 74,000 Einwohner fassenden Insel zwischen 1993 und 2003 112 Tote und 1.042 (ca. 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung) schwer verletzte Opfer im Straßenverkehr. Inzwischen wird die Einführung eines Tempolimits diskutiert.

Ebenso hatte der US-amerikanische Bundesstaat Montana von 1995 bis 1999 keine Geschwindigkeitsbeschränkung. Die Verkehrsteilnehmer waren – wie etwa auf deutschen Autobahnen auch – trotzdem verpflichtet, „vernünftig“ zu fahren. Es lag im Ermessensspielraum der Behörden, Bußen trotz fehlender Schilder zu verhängen; die Grenze hierfür lag oftmals bei 90 mph (144 km/h).

Geschwindigkeitsbeschränkungen international für Pkw (und Anhänger)

(Deutsches) Hinweisschild an der Staatsgrenze vom Ausland kommend

In den meisten Ländern gibt es an den Staatsgrenzen Hinweisschilder, die auf die wichtigsten Tempolimits im Land hinweisen. In der Abbildung rechts ist das entsprechende Hinweisschild wie es an der deutschen Staatsgrenze steht zu sehen.

Zuerst die Angabe für die Höchstgeschwindigkeit

  • innerorts (50 km/h), darunter
  • außerorts (100 km/h) und ganz unten die
  • Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen (130 km/h).


Europa

In den europäischen Ländern gelten folgende allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkungen:

Alle Werte in km/h
Land PKW und Motorräder PKW mit Anhänger
Ortsgebiet Freiland/Schnell- bzw. Expressstraße Autobahn Ortsgebiet Freiland/Schnell- bzw. Expressstraße Autobahn
Belgien 50 90 120 50 90 120
Bulgarien 50 90 130 50 70 100
Dänemark 50 80 130 50 70 80
Deutschland 50 100/∞1 1 50 80 80/1006
Finnland 50 80/100 120 50 60/80 80
Frankreich 50 90/110 1109/130 50 90/110 130
Griechenland (PKW) 50 90 120 80 80
Griechenland
(Motorräder)
70 90      
Großbritannien 48 96/112 112 48 80/96 96
Irland 50 80/1008 120 80 80
Island 50 80/9010 - 50 80 -
Isle of Man - -
Italien 50 90/1109/1302 1109/130/1503 50 70 80
Kroatien 50 80/100 130 80 80
Luxemburg 50 90/110 1109/130 50 90/110 130
Malta 50 80   60  
Niederlande 50 80/100 120 80 80
Norwegen 50 80 100 80 80
Österreich 50 100 130/16011 50 1004 1005
Polen 50/60 90 130 70 80
Portugal 50 90/100 120 70/80 100
Rumänien 50 90/100 120
Schweden 50 70/90/110 110 80 80
Schweiz 50 80/100 1207 50 80 80
Slowakei 60 90/130 130 80 80
Slowenien 50 90/110 130 80 80
Spanien 50 90/100 130 70/80 80
Tschechien 50 90/130 130 80 80
Türkei 50 90/130 130 70 70
Ungarn 50 90/110 130 70 80
Zypern 50 80 110 80 100

Bemerkungen:
1 kein Tempolimit, die Richtgeschwindigkeit beträgt 130 km/h
2 für Motorräder 110
3 zweispurige Richtungsfahrbahn: 130; dreispurige Richtungsfahrbahn: 150 (seit 2003, nur bei entsprechender Beschilderung mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h)
4 PKW mit schwerem Anhänger: 80, LKW mit schwerem Anhänger: 70
5 PKW mit schwerem Anhänger: 100, LKW mit schwerem Anhänger: 80
6 unter bestimmten Voraussetzungen, die eine Begutachtung durch den TÜV erfordern
7 LKWs und Gelenkbusse: 80, Reisebusse: 100
8 Auf Nationalstrassen
9 bei Regen
10 Bei befestigter (asphaltierter) Fahrbahndecke: 90, auf Schotteroberflächen: 80
11 160 auf einigen wenigen Versuchsstrecken (Bezogen auf 130 km/h sind 160 km/h 23% mehr. Die kinetische Energie steigt aber um 51%.)

Übersee

  • In Australien gilt ein Limit von 100 bis 110 km/h auf Highways mit Ausnahme des Northern Territory, wo 130km/h gelten. Freilandstraßen haben ein Limit von 80 km/h.
  • In China gilt auf Autobahnen ein Limit von 120 km/h seit dem 1. Mai 2004. Vorher lag es bei 110 km/h. Autostraßen (kuaisu gonglu) haben meistens ein Limit von 100 km/h. Freilandstraßen (China National Highways, die aber keine Autobahnen sind) haben ein erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h.
  • In Kanada darf man je nach Provinz auf Highways 100 oder 110 km/h fahren. Die Limits sind meist (in km/h) ausgeschildert.
  • In Neuseeland gelten 50 km/h innerorts und 100 km/h auf Autobahnen. Fahrschüler dürfen generell maximal 70 km/h fahren. Lastwagen haben eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h, Schulbusse von 80 km/h.
  • In den USA gilt je nach Bundesstaat auf Highways ein Tempolimit zwischen 90 und 130 km/h (55 bis 80 mph).
  • In den Vereinigten Arabischen Emiraten gilt auf Autobahnen 120 km/h (zwischen Abu Dhabi und Dubai früher 160 km/h), auf Freilandstraßen 80 km/h und innerorts 60 km/h als Tempolimit. Dies beachtet aber so gut wie niemand. An das Autobahntempolimit wird man durch ein bei allen Fahrzeugen eingebauten, nervtötenden Piepston ständig erinnert.
  • In Brunei gilt auf Autobahnen 100 km/h, auf Freilandstraßen 80 km/h und innerorts 50 km/h als Tempolimit.

Innerorts

Deutsches Hinweisschild am Beginn einer Ortschaft

Innerhalb geschlossener Ortschaften (in Österreich Ortsgebiet) gilt in den meisten europäischen Ländern allgemein 50 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Es gibt als Ausnahme die Slowakei, in der 60 km/h gilt. Bei einer Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit innerorts (durch ein entsprechendes Schild) in Deutschland gilt diese für alle Kraftfahrzeuge, unabhängig ihrer zulässigen Gesamtmasse.

Missachtung

Keine andere Regel im Straßenverkehr stößt auf weniger Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmern. So wird das Fahren mit unerlaubt hoher Geschwindigkeit in vielen Statistiken als häufigste oder zweithäufigste Ursache für tödliche Unfälle aufgeführt, wobei allerdings nur im rechtlichen Sinne gewertet und der Ermessensspielraum bei der Einschätzung von unerlaubt hoher Geschwindigkeit als Unfallursache nicht oder kaum berücksichtigt wird, wodurch Aussagen hierzu nicht absolut verlässlich sind.

Quellen

  1. Bernhard Verbeek: Die Anthropologie der Umweltzerstörung, 1998, ISBN 3896780999
  2. z.B. Kurt Beck, SPD-Vorsitzender, 28. Januar 2007