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Hybride

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Eine Hybride (von lat. hybrida, (h)ibrida, gelegentlich auch Hybrid (maskulin), nicht-fachsprachlich bzw. veraltet: Bastard, Mischling oder Blendling) ist in der Biologie ein Individuum, das aus einer Kreuzung zwischen Eltern verschiedener Arten oder Unterarten hervorgegangen ist. Teilweise, insbesondere in der Zucht, wird der Begriff auch für Nachkommen von Kreuzungen verschiedener Zuchtlinien oder Rassen verwendet. [1]

Bedeutung für die Hybridzucht

Liegt eine Kreuzung zwischen unterschiedlichen (meist allerdings nahe verwandten) Arten vor, wird konkreter von Arthybriden oder Hybridarten (englisch hybrid species) gesprochen. Arthybriden sind vielfach nicht oder nur verringert fertil, doch gibt es etliche Ausnahmen. Hybriden, deren Eltern derselben Art angehören (also lediglich verschiedene genetische Linien, Sorten oder Rassen darstellen), sind meist fertil; allerdings tritt nach den mendelschen Regeln ab der folgenden Generation (F2-Generation) vielfach eine Aufspaltung der Merkmale ein. Hybridbildung ist in der Züchtungsforschung von praktischer Bedeutung, insbesondere für Kulturpflanzen, doch werden auch bei Zuchttierrassen häufig Rassen in eine andere eingekreuzt, wobei sich die genetischen Merkmale vermischen.

In der Züchtungspraxis war der Begriff Hybride lange Zeit primär in der Pflanzenzüchtung verbreitet, wird aber inzwischen auch in der Tierzucht verwendet (Hybridzucht). Allerdings werden in der Tierzucht auch weiterhin die Begriffe Mischlinge oder Bastarde verwendet, ohne dass damit eine Negativbewertung ausgedrückt werden soll, die sie vielfach in der Umgangssprache haben. Zur Abgrenzung der künstlich erzeugten Hybriden bezeichnen Züchter die in der Natur ohne menschliches Zutun entstandene Kreuzungen (vor allem bei Pflanzen) ferner als Naturhybriden.

In der pflanzlichen Hybridzucht wird der Heterosis-Effekt ausgenutzt, der – im Vergleich zu reinerbigen Lebewesen – zu mehr Vitalität und Leistungsfähigkeit führt. So kann der Heterosis-Effekt beispielsweise bei Getreide-Arten wie dem Mais zur Verdopplung der Erträge führen. Dementsprechend ist der Anteil der Hybridsorten in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. So waren 1995 bei Brokkoli, Tomaten und Rosenkohl jeweils über 80% der Sorten Hybridsorten. In den USA werden Hybride auf mehr als 90% der Maisfläche verwendet. In China wird mehr als die Hälfte der Reisfläche mit Hybriden gesät. In 16 asiatischen Ländern befinden sich Reishybride in der Testphase. In Indien sind mehr als ein Drittel der Baumwollfläche Hybride.[2]

Um den Heterosiseffekt vollständig zu nutzen, werden in der Hybridzucht reinerbige Inzuchtlinien als Elterngeneration verwendet. Die entstehenden Linienhybriden bilden die erste Filialgeneration (F1-Generation). Sie werden als F1-Hybriden bezeichnet und sind genetisch uniform.

Nachteile von Hybriden

Die Verwendung von Hybriden hat für den Landwirt den Nachteil, dass deren Nachkommen deutlich an Fitness verlieren und sich wiederum in verschiedene Typen aufspalten können. Sie sind im Nachbau nicht mehr genetisch stabil. Beim Anbau von aus Hybriden erzeugtem Saatgut kommt es beispielsweise bei Mais zu Ertragsreduktionen von etwa 30%. Der übliche Saatgutpreis beträgt nur ein Teil dieser Ertragseinbuße, weshalb sich der jährliche Saatgutzukauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnt. Andererseits erzeugt dies eine Abhängigkeit der Landwirte von der Saatgutindustrie. Der früher häufig übliche eigene Nachbau von Saat- und Pflanzgut, vor allem bei Getreide und Kartoffeln, ist damit nicht mehr möglich oder ist durch das Saatgutverkehrsgesetz sogar gesetzlich verboten.[3]

An der Hybridzüchtung werden drei weitere Aspekte kritisiert. Erstens: eine Beeinträchtigung der subtileren inneren Qualität durch fortgesetzte Inzucht und pollensterile Mutterlinien im Züchtungsgang. Zweitens: aus ethischen Gründen die Eingriffe in die Blühbiologie der Pflanzen und der Bedeutungswandel des Saatgutes vom Kulturgut zum Betriebsmittel. Drittens: die genetische Verarmung durch den Verlust rezessiver Gene und durch die Verwendung des uniformen Pollensterilität tragenden Zellplasmas.[4] Gerade diese Nachteile haben in den letzten Jahren dazu geführt, vor allem in der Biologischen Landwirtschaft, wiederum mehr Nicht-Hybridsorten, also offen bestäubte oder samenfeste Sorten zu verwenden. Als Alternative zur Dominanz der Hybriden in der heutigen Züchtung, werden mittlerweile bei der Züchtung von Biosaatgut fast ausschließlich samenfeste und damit auch nachbaufähige Sorten entwickelt.[5]

Bedeutung für die Evolution

Allgemeines

Hybridbildung ist auch bei natürlichen Evolutionsprozessen biologischer Arten von Bedeutung und damit für die Etablierung genetischer Vielfalt innerhalb der Arten. Während die Entstehung neuer Arten durch Art-Hybridisierung bei Höheren Pflanzen häufig und schon lange bekannt ist, war sie bei Tieren lange Zeit eher selten beobachtet worden. Natürliche Arthybridisierung ist aber durchaus über das ganze Tierreich zu beobachten [6].

Generell ist die Tendenz zu beobachten, dass vor allem junge Arten in der Natur hybridisieren können, soweit Kontaktmöglichkeiten gegeben sind, wobei dieser Vorgang aber vielfach nicht zu einer allgemeinen Vermischung und Verwischung der Artgrenzen führt, sondern zur Ausbildung so genannter Hybridzonen. Teilweise sind die entstehenden Art-Hybriden steril; in diesem Falle sind sie ohne Belang für den Evolutionsprozess. Bekannte Beispiele hierfür sind Maulesel und Maultier, zwei Kreuzungen von Hauspferd und Hausesel. Teilweise sind sie allerdings durchaus fertil und bilden die Grundlage für die Entstehung neuer Genotypen und Arten, wie dies beispielsweise verschiedentlich für Schnecken, Wasserflöhe oder Vögel gezeigt worden ist. Auch aus Braunbär und Eisbär sind inzwischen fertile Hybride in der Natur nachgewiesen.

Auch bei der Evolution zum heutigen Menschen spielte wohl Hybridbildung eine Rolle: Genetische Untersuchungen zur Stammesgeschichte des Menschen ergaben Hinweise auf wiederholte Kreuzungen zwischen Mensch- und Schimpansen-Vorfahren – in der Zeit vor etwa zehn bis sechs Millionen Jahren – über eine Zeitspanne von etwa vier Millionen Jahre hinweg.[7]. Auf das Vorkommen und die teilweise im heutigen Erbgut des modernen Menschen aufgefundenen Hinweise für eine Hybridisierung mit dem Neandertaler vor einigen 10.000 Jahren wurde in einer neueren Arbeit hingewiesen[8]

Generell gelten alle allopolyploiden Arten als Resultate ehemaliger Hybridisierung. Dies trifft sowohl für gezüchtete, als auch für natürlich allopolyploid entstandene Tier- und Pflanzenarten zu. Unter den Pflanzen sind solche Fälle beispielsweise in der Gattung Nicotiana oder beim Raps (Brassica napus) nachgewiesen worden. Bei Tieren gibt es entsprechende Nachweise zum Beispiel für Süßwasserschnecken [9].

Es folgen einige weitere Beispiele aus Pflanzen- und Tierwelt:

Pflanzenwelt

  • Die Abbildungen zeigen zwei Orchideenarten und ihre Naturhybride, die in diesem Falle sogar Gattungshybride sind:

Tierwelt

  • Der Teichfrosch (Pelophylax "esculentus") ist eine hybridogenetische Hybride aus dem Seefrosch (Pelophylax ridibundus) und dem Kleinen Wasserfrosch (Pelophylax lessonae) und kann sich in der Natur halten und fortpflanzen. Dazu muss nicht einmal unbedingt eine der beiden Elternarten im selben Biotop vorkommen (deren vererbungsgenetische Funktion können triploide Individuen des Teichfrosches übernehmen)
  • Die Geißblatt-Made (Rhagoletis mendax × zephyria) hat sich offensichtlich im Verlaufe von etwa 250 Jahren als neue Art aus ihren beiden Elternarten entwickelt
  • Bei Wasserflöhen (Arten der Gattung Daphnia) sind Arthybriden verschiedentlich nachgewiesen worden[10]
  • Bei der Spatelraubmöwe (Stercorarius pomarinus) wurde teilweise eine hybridogene Herkunft vermutet
Hybrid zwischen Pferd und Zebra: Zorse, 1899
  • Großkatzenhybride – Beispiel ist die Kreuzung aus Löwe und Tiger
  • Schiege – eine Mischung aus Schaf und Ziege
  • Cama – eine Mischung aus Altweltkamel und Lama
  • Zebroide – Kreuzungen aus Zebras und anderen Tieren der Gattung Pferd
  • Ponsel − eine Mischung aus Pony und Esel
  • Wolphin stellt eine seltene Kreuzung eines Delfin (Tursiops truncatus) mit einem Wal (Pseudorca crassidens) dar.
  • Maultier ist eine Kreuzung einer Pferdestute und eines Eselhengstes.
  • Motty“ war ein 1978 im Zoo von Chester (Großbritannien) geborener Elefantenhybride (afrikanischer- Loxodonta africana × asiatischer Elefant Elephas maximus). [11]
  • Bären: Am 16. April 2006 wurde in der kanadischen Arktis ein Eisbär mit leicht bräunlichem Fell geschossen. Genetische Untersuchungen zeigten, dass damit der erste im Freiland nachgewiesene Mischling von Grizzly- und Eisbär gefunden worden war (die Mutter war Eisbärin)[12]. Schon länger war aus Zoologischen Gärten bekannt, dass beide Bärenarten miteinander Nachwuchs zeugen können. In der Natur hatte man zuvor beim zufälligen Treffen beider Arten jedoch regelmäßig aggressive Auseinandersetzungen beobachtet. [13]

Einzelnachweise

  1. Gerhard Wagenitz: Wörterbuch der Botanik. 2. Auflage. Nikol, Hamburg 2008, ISBN 978-3-937872-94-0.
  2. Basra, A. (1999):Heterosis and hybrid seed production in agronomic crops. Routledge.
  3. http://www.kws-lochow.de/meldungen.html?&tx_ttnews[tt_news]=146&cHash=7ea0decbf6
  4. http://orgprints.org/5097/
  5. http://www.sativa-rheinau.ch/oekologisches-saatgut/de/ueber-sativa/bio-pflanzenzuechtung.html
  6. Schwenk, K., Brede, N., Streit, B. (2008): Introduction. Extent, processes and evolutionary impact of interspecific hybridization in animals. Phil. Trans. R. Soc. B: 363: 2805-2811
  7. Nick Patterson, Daniel J. Richter, Sante Gnerre, Eric S. Lander, David Reich (2006): Genetic evidence for complex speciation of humans and chimpanzees. In: Nature, Bd. 441 (29. Juni 2006), S. 1103-1108.
  8. Science 328, Issue 5979, S. 710-722 (2010)
  9. Streit, B., Städler, Th., Schwenk, K., Ender, A., Kuhn, K., Schierwater, B. (1994): Natural hybridization in freshwater animals: Ecological implications and molecular approaches. Naturwissenschaften 81: 65-73
  10. Hobæk, A., Skage, M., Schwenk, K. (2004): Daphnia galeata x D. longispina hybrids in western Norway. Hydrobiologia 526: 55-62
  11. Motty, die kreuzung afrikanische und asiatische Elefant
  12. Nature Bd. 441 vom 18. Mai 2006, S. 268
  13. Süddeutsche Zeitung Nr. 112 vom 16. Mai 2006, S. 22