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Kirche zum Heiligen Kreuz (Akdamar)

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Die „Kirche zum Heiligen Kreuz“ (Aufgenommen 2001).

Die Kirche zum Heiligen Kreuz (armenisch Սուրբ խաչ, Surb Chatsch, wissenschaftliche Transliteration Surb xač, türkisch Akdamar Kilisesi oder Surp Haç Kilisesi) ist eine armenische Kirche auf der türkischen Insel Akdamar im Vansee im Osten der Türkei. Die Kirche diente zwischen 913 und 992[1] sowie zwischen 1116 und 1895 als Sitz des Katholikat von Akdamar und wird zur Zeit als Museum genutzt. Die Insel Akdamar war lange Zeit das kulturelle Zentrum der Armenier im Armenischen Hochland. [2]

Kirchengeschichte

Die Gründung eines Klosters auf der Insel ist für das Jahr 653 durch Theotoros, einen Rschtuni-Fürsten, belegt.[3] In der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts kam die Insel unter die Herrschaft der Artsruni[4].

Die Kirche bildet den Rest einer zwischen 915 und 921 durch den Architekten und früheren Bildhauer Manuel im Auftrag von Gagik Arzruni, König von Vaspurakan, gebauten Stadt mit Kloster- und Palastanlage.[5] Thomas Artsruni, der Chronist der Taten von König Gagik, berichtet, dass der König in Van residierte, Akdamar zu seinem zweiten Wohnsitz bestimmte und die Insel mit betürmten Mauern umzog, Terrassen, Gärten, einen prächtigen Palast, einen kubischen Bau mit zentraler Kuppel, und ein Arsenal errichten ließ, an das sich eine ganze Stadt anschloss.[6] Das Baumaterial wurde über den See transportiert und stammte vom letzten arabischen Vorposten am Vansee, der Burg beim Dorf Kotom (Կոտոմ) [7], in der damaligen Provinz Ałjnik im Besitz des Stamms der Zurariden.[8] Die Außenwände der Kirche sind reich mit Reliefs verziert, die viele bekannte biblische Geschichten darstellen, wie zum Beispiel die von Adam und Eva, Jona und dem Wal oder David gegen Goliath. Außerdem wurden auf den Reliefs 30 Tierarten entdeckt, die heute teilweise ausgestorben sind oder kurz vorm Aussterben sind. So geben die Reliefs die damalige Fauna in Anatolien wieder.[9] Ein derart reicher Skulpturenschmuck war zur damaligen Zeit sonst unbekannt. Im Westen setzte die Entwicklung der Bauskulptur erst etwa 100 Jahre später ein. Im Inneren der Kreuzkirche sind die Wände mit zum Teil noch erhaltenen Fresken bemalt.

Bei der Kirche handelt es sich um eine Kreuzkuppelkirche mit vier Konchen, die auf einem zweistufigen Sockel steht. Im Inneren sind, trotz späterer Übertünchungen, noch Reste von Wandmalereien zu erkennen, die mit ihrer Entstehungszeit von 921 die ältesten bekannten armenischen Fresken darstellen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Kirchenbau um mehrere Elemente erweitert. So wurde die jetzige Dachkonstruktion im 13. Jahrhundert errichtet, nachdem die ursprüngliche in sich zusammengefallen war. 1763 wurde die große Vorhalle im Westen errichtet, wobei der vorher dort gelegene Hauptzugang nach Süden verlegt wurde.[1] Der Glockenturm an der Südseite der Kirche stammt aus dem 19. Jahrhundert.

Bis zu den Massakern 1895 unter Abdülhamid II. diente die Kirche als Patriarchalkathedrale für das regional bedeutende Katholikat von Akdamar. Nach dem Tod des letzten Katholikos von Akdamar, Khatschatur III. (1864–1895), blieb der Sitz vakant.[2] 1910 umfasste die Diözese von Akdamar 130 Gemeinden, 203 Kirchen und 70.000 Gläubige.[10] Das Kloster wurde 1915 zerstört, die Kirche geplündert und die Mönche getötet.[2] [11] Per Beschluss des osmanischen Justiz- und Kultusministeriums vom 10. August 1916 wurde das Katholikat von Aghtamar aufgehoben.[12]

Aktuelle Entwicklung

Im November 2004 berichtete die türkische Zeitung Milliyet über Schießübungen insbesondere auf die Christusgestalt und ein Bild der Mutter Gottes an der Fassade. Es wurde auch von der Verwüstung der Anlage durch illegale Grabungen berichtet. Unter den Schatzsuchern, die nach Goldmünzen und wertvollen Weihegegenständen suchten, soll auch ein türkischer Wärter gewesen sein.

Die Kirche war in der Vergangenheit stark beschädigt worden. 2005 beschloss die türkische Regierung die Restaurierung des historischen Bauwerks, nicht zuletzt durch Druck von Öffentlichkeit und Presse. Insbesondere der im Januar 2007 ermordete Journalist Hrant Dink hatte sich öffentlich für die Wiedereröffnung der Kirche eingesetzt.[13]

Am 29. März 2007 ließ die türkische Regierung die mittelalterliche armenische Kirche ohne christliches Kreuz als Kulturdenkmal eröffnen. Bei der feierlichen Eröffnung waren der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan sowie der Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I. und der armenische Patriarch Mesrop Mutafyan anwesend. Beide Kirchenführer sind türkische Staatsbürger. Letzterer bat den Kulturminister vergeblich um die Erlaubnis, einmal im Jahr dort eine Messe abzuhalten zu dürfen. Auf Einladung des türkischen Kulturministeriums kam auch eine offizielle Delegation des armenischen Kulturministeriums zu der Eröffnungsfeier. Karekin II. Nersissian, der oberste Patriarch und Katholikos aller Armenier, erschien trotz offizieller Einladung nicht. Er kritisierte, dass das Gebäude nicht als Kirche, sondern als Museum eröffnet wurde und dass die türkische Regierung die Nutzung der Kirche als Gotteshaus und das Aufrichten des Kreuzes auf der Kuppel verboten hat[14]. Die Restaurierungsarbeiten an der Kirche kosteten 4 Mio YTL. Der armenische Architekt Zakaryan Mildanoğlu war an der Restaurierung beteiligt.[15] [16] [17] [18]

Am 19. September 2010 fand nach etwa 100 Jahren zum ersten Mal wieder ein christlicher Gottesdienst in der Kirche statt.[19] Vorherige Differenzen wie das Aufstellen eines Kreuzes wurden gelöst. Ein Eisenkreuz aus einem Museum aus Van, das sich nun auf der Insel befindet, soll demnächst auf die Kirchenspitze aufgestellt werden. Zu der zweistündigen Messe reisten neben türkischen Armeniern viele Armenier aus Armenien und den USA an.[20] Die Messe leitete Erzbischof Aram Ateşyan aus Istanbul. Anfang Oktober wurde ein 2 Meter großes und 110 kg schweres Kreuz auf die Kirche gesetzt. Das Kreuz wurde vom armenischen Priester aus Istanbul Tatula Anuşyan geweiht.[21]

Bilder

Literatur

  • Sirarpie Der-Nersessian: Aght'amar: Church of the Holy Cross. Harvard University Press, Cambridge 1965
  • Stepan Mnatsakanian: Aghtamar. English translation K.H. Maksoudian, Editions Erebouni, Los Angeles, 1986
  • Susanne Partsch: Kunst-Epochen, Band I, Frühchristliche und byzantinische Kunst. Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18168, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-018168-2, Seite 146 ff.
  • Josef Strzygowski: Die Baukunst der Armenier und Europa, I, II, Wien 1918.
  • Herman Vahramian: Achtamar. Oemme edizioni, Milano, 1988

Einzelnachweise

  1. a b Marianne Mehling (Hrsg.): Knaurs Kulturführer in Farbe Türkei. Droemer-Knaur, 1987, S. 520f. ISBN 3-426-26293-2
  2. a b c Robert H. Hewsen: Armenia. A Historical Atlas, The University of Chicago Press, Chicago und London 2001, p. 208
  3. H.F.B. Lynch: Armenia.Travels and Studies, Armenian Prelacy, New York, 1990, 3. Aufl., Band 2, S. 131
  4. Robert H. Hewsen: Armenia. A Historical Atlas, The University of Chicago Press, Chicago und London 2001, S. 116
  5. Robert H. Hewsen: Armenia. A Historical Atlas, The University of Chicago Press, Chicago und London 2001, S. 116
  6. Alfred Renz: Land um den Ararat. Osttürkei – Armenien, Prestel, München 1983, S. 271 f.
  7. Theotoros Laptschindschian: Das Golgotha der armenischen Geistlichen (Գողգոթա Հայ Հոգեւորականութեան Եւ Իր Հօտին Աղէտալի 1915 Տարին), Konstantinopel 1921, p. 29 ff.
  8. Aram Ter-Ghewondyan: The Arab Emirates in Bagratid Armenia, Fundação Calouste Gulbenkian, Lissabon 1976, p. 71
  9. Artikel der radikal vom 21. Mai 2010
  10. Richard G. Hovannisian (Editor): Armenian Van/Vaspurakan Mazda Publishers Costa Mesa (CA), 2000 ISBN 1-56859-130-6, S. 85
  11. Rafael de Nogales: Four Years Beneath the Crescent, Sterndale Classics, London 2003 ISBN 1-903656-19-2, p.60
  12. Raymond Kévorkian: Le Génocide des Arméniens, Odile Jacob, Paris 2006, S. 850 f.
  13. Mavi Zambak: The Armenian Church of the Holy Cross on lake Van reopened but only as a museum, AsiaNews.it am 28. März 2007, abgerufen am 29. März 2007
  14. NZZ: Armenische Kirche in der Türkei als Museum wieder geöffnet 30. März 2007
  15. Bericht der türkischen Zeitung Zaman vom 3. März 2007
  16. Bericht der türkischen Zeitung Zaman vom 17. April 2006
  17. Armenia to send official team to church reopening 16. März 2007
  18. Zeitungsartikel auf cnnturk.com.tr 29. März 2007
  19. VAN: GOTTESDIENST IN DER AKDAMAR KIRCHE, Meldung auf www.trtdeutsch.com
  20. Türkei erlaubt ersten armenischen Gottesdienst, Artikel der Zeitonline vom 19. September 2010
  21. Akdamar Kilisesi'nin artık haçı var!, Artikel der Radikal vom 2. Oktober 2010

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