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Kim Jong-il

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Koreanische Schreibweise
Hangeul 김정일
Hanja 金正日
Revidierte
Romanisierung
Gim Jeong-il
McCune-
Reischauer
Kim Chŏngil

Kim Jong-il (* 16. Februar 1941 in Wjatskoje bei Chabarowsk, Russische SFSR; offiziell 16. Februar 1942, auf dem Paektusan, Provinz Chōsen, damaliges Japanisches Kaiserreich, heutiges Nordkorea) ist der Vorsitzende der Nationalen Verteidigungskommission von Nordkorea, Oberster Befehlshaber der Koreanischen Volksarmee (KVA) und der Generalsekretär der Partei der Arbeit Koreas (PdAK) und damit faktisch der aktuelle Machthaber der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK), besser bekannt als Nordkorea. Kim Jong-il gilt aufgrund seiner Handlungsweise, die ihm durch seine uneingeschränkte Macht ermöglicht wird, als Diktator.

In nordkoreanischen Quellen stand vor oder hinter seinem Namen üblicherweise der Titel Geliebter Führer. Üblicherweise wird heute eher der Titel General verwendet, um seine Position als Führer des Militärs im Rahmen der Sŏn'gun-Politik zu unterstreichen.

Leben

In seiner offiziellen Biografie ist zu lesen: „Er wurde am 16. Februar Juche 31 (1942) auf dem Berg Paektu … geboren.“[1] Westliche Quellen gehen in der Regel davon aus, dass Kim Jong-il bereits am 16. Februar 1941 in einem sowjetischen Ausbildungslager im Dorf Wjatskoje bei Chabarowsk geboren wurde, wo seine Eltern während des Zweiten Weltkriegs Zuflucht vor den Japanern suchten. Dort wurde er unter dem Namen Juri Irsenowitsch Kim (Юрий Ирсенович Ким), mit einem Patronym, das vom russifizierten Vornamen seines Vaters Kim Il-sung abgeleitet wurde, ins Geburtenregister eingetragen. Seine Mutter Kim Jong-suk starb 1949, als er erst acht Jahre alt war. Seine Stiefmutter terrorisierte ihn regelrecht; sie wollte, dass nicht Kim die Nachfolge seines Vaters antrete, sondern eines ihrer leiblichen Kinder.

Vom September 1950 bis zum August 1960 absolvierte Kim Jong-il die schulische Allgemeinbildung.

Am 25. August 1960 besuchte er die 105. Ryu-Kyong-Su-Gardepanzerdivision „Soul“.

Vom September desselben Jahres bis zum März 1964 studierte er an der Kim-Il-sung-Universität.

Am 22. Juli 1961 wurde er Mitglied der PdAK. Am 19. Juni 1964 begann Kim Jong-il seine Arbeit im Zentralkomitee (ZK) der PdAK. Im September 1973 wurde er zum Sekretär des ZK der PdAK und am 13. Februar 1974 zum Mitglied des Politbüros des ZK der PdAK und zum Nachfolger seines Vaters Kim Il-sung gewählt. Im selben Jahr wurde er offiziell zum Nachfolger seines Vaters ernannt. Danach entstand um den lieben Führer[2] ein Personenkult, der dem um seinen als Großer Führer[2] verehrten Vater gleichkam.

1977 soll Kim Jong-il jedoch in Ungnade gefallen sein. Erst 1979 wurde er wieder bei öffentlichen Anlässen gesehen.[3]

Auf dem VI. Parteitag der PdAK, der vom 10. bis zum 14. Oktober 1980 in Pjöngjang stattfand, wurde er zum Mitglied des Präsidiums des Politbüros des ZK der PdAK und zum Mitglied des Zentralen Militärkomitees der PdAK gewählt sowie zum Sekretär des ZK der PdAK wiedergewählt.

Seit dem Februar 1982 ist er Abgeordneter des nordkoreanischen Parlaments.

Im Mai 1990 wurde er zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der Nationalen Verteidigungskommission Nordkoreas, am 24. Dezember 1991 zum Obersten Befehlshaber der KVA gewählt. Seit dem 9. April 1993 ist er Vorsitzender der Nationalen Verteidigungskommission und übt somit das „höchste Amt im Staate“[1] aus.

Nach dem Ableben seines Vaters im Jahre 1994 übernahm er wie geplant dessen Stellung als faktischer Staatschef.

Am 8. Oktober 1997 wurde Kim Jong-il zum Generalsekretär der PdAK gewählt.

Mögliche Verantwortung für zwei Terroranschläge

Kim Jong-il wird verdächtigt, für die Organisation zweier Terroranschläge verantwortlich zu sein.[4]

„1983 soll Kim Jong Il … in Burmas Hauptstadt Rangun ein Attentat [Anm. v. WP: auf den südkoreanischen Militärdiktator Chun Doo-hwan] angezettelt haben, bei dem mehrere südkoreanische Minister umkamen.“[5]

Am 29. November 1987 explodierte der Korean-Airlines-Flug 858 über der Andamanensee, wobei alle 115 Insassen ums Leben kamen. Die Attentäterin, die nordkoreanische Geheimagentin Kim Hyon-hui, sagte in ihrem fragwürdigen[6] Geständnis aus, sie habe die Bombe auf Weisung Kim Jong-ils an Bord geschmuggelt.[7]

Politik

Die Rolle der KVA

Kim Jong-ils Macht stützt sich vor allem auf die KVA, weshalb er in westlichen Medien auch manchmal als „Militärmachthaber“ bezeichnet wird. Nordkorea ist das Land mit dem, relativ betrachtet, weltweit größten Militärapparat. Die besondere Beziehung der Staats- und Parteiführung zum Militär zeigt sich in der Songun-Politik, die der Verteidigungsbereitschaft höchste Priorität einräumt.

Menschenrechtsverletzungen

Ein Zusammenschluss verschiedener südkoreanischer Menschenrechtsorganisationen bereitet derzeit eine Anklage gegen Kim Jong-il wegen seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit[8] in Nordkorea vor dem Internationalen Gerichtshof vor.[9]

Außenpolitik

Kim Jong-il bemüht sich außenpolitisch vor allem um die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen zur VR China und zu Russland.

Anfang Juni 2000 und im folgenden Jahr reiste Kim Jong-il mit einem Panzerzug in die VR China, 2001 außerdem nach Russland. Im April 2004 reiste er erneut in die VR China. Nach Medienberichten hielt er sich dort zu Beratungen auf, deren Gegenstand der Atomstreit seines Landes mit den USA und anderen Staaten sowie Wirtschaftsreformen waren. Vom 10. bis zum 18. Januar 2006[10] sowie vom 3. bis zum 7. Mai 2010[11] hielt er sich zu inoffiziellen Staatsbesuchen erneut in der VR China auf.

Ein erneuter, mehrtägiger Besuch Kim Jong-ils in Peking fand beginnend am 27. August 2010 statt.[12] Diesmal reiste er den Angaben zufolge zusammen mit seinem Sohn und potenziellen Nachfolger als nordkoreanischer Machtinhaber, Kim Jong-un. Der Besuch sollte dazu dienen, um Chinas Unterstützung für die Machtübergabe an seinen Sohn zu werben.[13] Auch dieser Besuch wurde erst im Nachhinein offiziell bestätigt.

Privates

Aufwändiger Lebensstil

Kim Jong-il pflegt trotz der Armut in seinem Land einen aufwändigen Lebensstil,[14] dazu stehen ihm etwa ein Dutzend luxuriöser Residenzen zur privaten Nutzung zur Verfügung.[15] Zur Finanzierung seines Lebensstils und für Geschenke an seine Günstlinge schafft er Erlöse aus Tourismusprojekten und illegalen Aktivitäten beiseite (Berichten zufolge rund 200 Millionen US$ pro Jahr).[16]

Gesundheit

Kim Jong-il soll herzkrank sein und an Diabetes leiden.[17] Bei öffentlichen Auftritten im Jahre 2009 wirkte er stark abgemagert. Es hieß, er sei unheilbar an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt und habe noch eine Lebenserwartung von maximal fünf Jahren.[18]

Familie

Kim Jong-il ist zum vierten Mal verheiratet und hat vier eheliche Kinder. Zu seiner ersten Ehe soll er von seinem Vater Kim Il-sung gezwungen worden sein, während er bereits heimlich mit seiner späteren zweiten Ehefrau zusammenlebte.[19]

Mit seiner ersten Ehefrau Kim Yong-suk, die einst seine Kommilitonin war, hat er eine 1974 geborene Tochter Kim Sol-song.[20]

Mit seiner zweiten Ehefrau Sung Hae-rim zeugte er seinen ältesten, 1971 geborenen Sohn Kim Jong-nam.[21] Sung Hae-rim setzte sich später in Moskau ab und floh in den Westen, wo sie 2003 auf ungeklärte Weise starb.[22]

Seine dritte Ehefrau, die ehemalige Tänzerin Ko Yŏng-hŭi (1953 – 2004), gebar zwei weitere Söhne[21], seinen zweiten Sohn Kim Jong-chol (* 25. September 1981 oder 1982) und seinen dritten Sohn, den Geheimdienstchef[23] Kim Jong-un (* 8. Januar 1982 oder 1983; gilt als wahrscheinlicher Nachfolger[24]).

Die 1964 geborene Kim Ok ist seine vierte Ehefrau und ehemalig langjährige Sekretärin.[21]

Orden und Titel

Orden

  • „Kim-Il-sung-Orden“[1]
  • „Das Große Kreuz für Verdienste um die Nation“[25]
  • „Verteidiger der Gerechtigkeit und des Friedens“[26]
  • „Medaille zum 65. Siegestag im Großen Vaterländischen Krieg“[27]

Titel

  • „Held der Arbeit“[28]
  • „Marschall der KDVR“[1]
  • „Held der KDVR“[1]
  • „Ehrenmitglied der Internationalen Akademie der Kultur und Kunst“[29]
  • „Ehrenvorsitzender des Vereins für die angewandte Ökologie“[30]
  • „Ehrenbürger der Provinz Los Lios in Ecuador“[31]

Triviales

Laut offiziellen staatlichen Angaben soll Kim Jong-il Kampfflugzeuge steuern und Opern komponieren können sowie über ein fotografisches Gedächtnis verfügen. Außerdem führte er Regie bei international anerkannten Filmen und soll bei seinem ersten Golfspiel in der ersten Runde 11 Treffer mit dem ersten Schlag erzielt haben.

Literatur

  • Jung Chang Hyun: Kim Jong Il of North Korea. Joongangbooks, Seoul, 2009. ISBN 978-89-6188-797-7
  • Malte Herwig: Der große Diktator. Kims Kino. (in: Zeit-Magazin, 23. Dezember 2008)
  • Michael Breen: Kim Jong Il. Nordkoreas „Geliebter Führer“. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2004. ISBN 3-434-50585-7
  • John Feffer: Nordkorea und die USA. Die amerikanischen Interessen auf der koreanischen Halbinsel. Hugendubel, München/Kreuzlingen 2004. ISBN 3-7205-2484-1
  • Herausgegeben von Dae-Sook Suh und Chae-Jin Lee: North Korea after Kim Il Sung. Lynne Rienner Publishers, Boulder 1998. ISBN 1-55587-763-X
  • Peter Scholl-Latour: Koloß auf tönernen Füßen. Amerikas Spagat zwischen Nordkorea und Irak. Ullstein-Verlag, Berlin 2006. ISBN 3-548-36890-5

Werkausgaben von Kim Jong-il

Im Verlag für fremdsprachige Literatur, Pyongyang, Korea sind die beiden folgenden deutschsprachigen Werkausgaben erschienen.

  • Kim Dschong Il: Für die Vollendung des revolutionären Dschutsche-Werkes. Band I. (1990)
  • Kim Jong Il: Ausgewählte Werke.
    • Band I. (1992)
    • Band II. (1995)
    • Band IX. (1997)
    • Band X. (1999)
    • Band XI. (2006)

Zitate von Kim Jong-il

  • „Jemanden, der keine Unterstützung durch das Volk genießt, kann man niemals als einen Führer [im Original: leader] bezeichnen. … Der Führer eines Landes [im Original: national leader] muss zusammen mit dem Volk arbeiten.“[32]
  • „Politik sollte in jedem Fall die Anhebung des Lebensstandards des Volkes fördern.“[32]
Commons: Kim Jong-il – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e KCNA, 16. Februar 2002: Kurze Lebensbeschreibung Kim Jong-ils (englisch)
  2. a b Der Spiegel, Ausgabe 32/1988, S. 157
  3. Der Spiegel, Ausgabe 40/1980, S. 284
  4. Der Spiegel, Ausgabe 29/1994, S. 119
  5. Der Spiegel, Ausgabe 7/2005, S. 108
  6. Der Spiegel, Ausgabe 16/1988, S. 195
  7. Der Spiegel, Ausgabe 16/1988, S. 194
  8. Nordkorea: Uno prangert Kim Jong-ils Grausamkeiten an
  9. Kim Jong-il vor den Internationalen Gerichtshof! (englisch)
  10. Inoffizieller Besuch in der Volksrepublik China
  11. Inoffizieller Besuch des Generalsekretärs Kim Jong-il in der VR China
  12. Sonderzug aus Nordkorea: Kim besucht China
  13. Geheimbesuch: Kim Jong Il verlängert Visite in China
  14. Der Führer in seinem Labyrinth (englisch)
  15. Die Paläste von Pjöngjang auf Google Earth (englisch)
  16. Wie die nordkoreanische Herrscherfamilie ihre private Kasse füllt (englisch)
  17. Nordkoreas Militärmachthaber: Geheimdienste rätseln über Krankheit von Kim Jong-il
  18. Bauchspeicheldrüse: Kim Jong-il soll schwer krebskrank sein
  19. Kim Jong-ils neue Ehe- und Nachfolgepläne. (englisch in: Vantage Point, August 2006, Vol. 29, No. 8)
  20. Nach Kim Jong-il (englisch)
  21. a b c Nordkorea: Kim Jong-il heiratet seine Sekretärin
  22. Nordkoreas Machthaber Kim: Clan des Grauens
  23. Nordkorea: Diktator Kim kürt jüngsten Sohn zum Geheimdienstchef
  24. Nordkorea: Diktator Kim soll Sohn zum Nachfolger erkoren haben
  25. „Das Große Kreuz für Verdienste um die Nation“ für Kim Il-sung und Kim Jong-il
  26. KCNA, 16. Februar 2010: Brief einer russischen Wohltätigkeitsorganisation (englisch)
  27. Verleihung einer Medaille an Kim Jong-il
  28. Kim Jong-il. Führer des sozialistischen Aufbaus Koreas
  29. Beschluss über die Verleihung eines Ehrentitels für Kim Jong-il
  30. Verleihung eines Ehrentitels und Geschenks an die drei Größen
  31. Beschluss über die Verleihung eines Titels des Ehrenbürgers und des Schlüssels einer Provinz für Kim Jong-il
  32. a b Interview mit Moon Myong Ja (englisch)