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Kreideinschrift: Diese Orgel ist durch F. C. (?) Schnitger gebaut Ao 1710 Zu Neuenfelde
1709/1710 wurde die Orgel mit Hauptwerk, Rückpositiv und angehängtem Pedal gebaut. Franz Caspar Schnitger verfertigte das Gehäuse in Neuenfelde, worauf eine Kreide-Inschrift im Mittelturm verweist. Im Hauptgehäuse blieb Raum für ein später einzubauendes Brustwerk. Das Pfeifenwerk stammt wahrscheinlich aus der Hamburger Werkstatt Arp Schnitgers. Aufgestellt wurde die Orgel von Arp Schnitger d. J. und dem Gesellen Niclaes Stoever auf dem gotischen Lettner.
Erweiterung durch Wenthin 1782
1779–1782 versetzte Johann Friedrich Wenthin die Orgel auf eine neue Empore vor dem Chorraum, reparierte sie und ergänzte freie Pedaltürme und ein Brustwerk, sodass die Orgel nun über 37 Register und drei Manuale verfügt.
Disposition 1782:
II Hauptwerk
Principal
8′
Quintadena
16′
Gedackt
8′
Viol di Gamba
8′
Octave
4′
Nasat
3′
Octave
2′
Spitzflöte
2′
Rauschpfeife II
Mixtur IV–VI
Trompete
8′
Vox humana
8′
I Rückpositiv
Principal
4′
Gedackt
8′
Quintadena
8′
Flöte
4′
Octave
2′
Waldflöte
2′
Quinte
11/3′
Sesquialtera II
Scharf IV
Dulcian
8′
Tremulant
III Brustwerk
Traversflöte
8′
Salicional
8′
Flauto douce
4′
Gemshorn
2′
Cornett V
Vox humana
8′
Pedal
Principal
8′
Subbass
16′
Octave
4′
Quinte
3′
Octave
2′
Cornett III
Posaune
16′
Trompete
8′
Trompete
4′
Umbauten im 19. Jahrhundert
1826/1828 und 1838 führen Herman Eberhard Freytag und 1857 Johann Gottfried Rohlfs verschiedene Reparaturen und kleinere Eingriffe durch. 1864 wird ein vernichtendes Gutachten über die Orgel erstellt.
1872–1877 erfolgt durch die Gebr. Rohlfing (Osnabrück) ein einschneidender Umbau und eine Reduzierung auf zwei Manualwerke, wobei das Pfeifenwerk des Rückpositvs hinten im Gehäuse des Hauptwerks als Hinterwerk platziert und das Brustwerk entfernt wird. Alle Windladen werden durch neue oder gebrauchte ersetzt; die Pedalladen stammen wahrscheinlich aus der Osnabrücker Orgel von Jacob Courtain. Die Orgel weist insgesamt nur noch 23 Register auf.
Weiterer Registerverlust Beginn 20. Jahrhundert
1906–1907 werden acht weitere alte Register von Rohlfing beseitigt.
1917 müssen 146 Prospektpfeifen zu Kriegszwecken abgegeben werden, da Schnitger-Orgeln zu der Zeit nicht unter Denkmalschutz stehen.
Restaurierungen im 20. Jahrhundert
1927–1928 wird die Orgel unter dem Einfluss der Orgelbewegung wieder instandgesetzt.
1952 macht Alfred Führer (Wilhelmshaven) im Rahmen einer umfassenden Restaurierung das Rückpositiv wieder klingend und stellt die Disposition des 18. Jahrhunderts unter Verwendung von Pfeifenmaterial aus dem 19. und 20. Jh. wieder her.
1972–1978 führt die Firma Hendrik Jan Vierdag (Enschede/NL) verschiedene Restaurierungsarbeiten durch und erstellt neue Windladen und einen Magazinbalg sowie eine neue Spiel- und Registermechanik, ohne aber immer konsequent nach historischen Prinzipien vorzugehen. Die Pfeifenmacherei Steffani (Herten) rekonstruiert die Register des 18. Jahrhunderts, die im Laufe der letzten hundert Jahre entfernt wurden. Im Pedal werden einige Register des Orgelbauers C. Haupt (1810–1898, Ostercappeln) aus einer Orgel in Gildehaus (1864–1866) verwendet.
Die Gehäuse aus dem 18. Jahrhundert sind noch original. 1972 wird die prächtige rote Farbgebung von 1782 wiederhergestellt. Die Orgel in Weener scheint das letzte Beispiel für frei stehende Pedaltürme in Ostfriesland zu sein. Ungewöhnlich ist das äußere Erscheinungsbild durch die strenge schnitgersche Formgebung in den beiden Manualwerken einerseits und die geschwungenen Pedaltürme und die zeitgleich entstandene Emporenbrüstung im Rokokostil andererseits. Im Rückpositivgehäuse befinden sich die Registerzüge für das Rückpositiv. Aufgrund der Umbauten im 19. Jh. und der Anpassungen an den Zeitgeschmack geht ein Großteil des Pfeifenmaterials des 18. Jahrhunderts verloren. Die sehr guten Manualklaviaturen von Rohlfink mit dem großen Umfang (C–f3) werden bei der Restaurierung beibehalten, um die Wiedergabe von Orgelmusik aus dem 19. Jh. zu ermöglichen. Die sechs originalen Schnitgerregister befinden sich in einem sehr guten Zustand. Im Pedal sind noch der hölzerne Subbass und von den drei Zungenregistern die Kehlen, Köpfe und Zungen aus dem 19. Jh. erhalten; die Becher sind neu.
Bei den Restaurierungen ging es nicht um die Rekonstruktion des Zustands aus dem 18. Jh., sondern um eine Wiederherstellung der alten Klangverhältnisse unter Verwendung des historischen Materials. Die Schnitgerorgel in Uithuizen dient Vierdag bei der Rekonstruktion 14 neuer Register als Vorbild. Diese Restaurierung bleibt allerdings unbefriedigend. Erst durch Jürgen Ahrend gelingt die technische und klangliche Fertigstellung im Rahmen eines überzeugenden Gesamtkonzepts, das sich am Ideal des Schnitgerklangs orientiert. Vox humana 8′ und Dulcian 8′ werden nach Uithuizen, die Trompete 8′ nach Stade - St. Cosmae rekonstruiert.
Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk. Hauschild, Bremen 2009, ISBN 978-3-89757-326-0, S.106f., 175f.
Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S.152f.
Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968, S.237–239.
Stef Tuinstra: Het Schnitger-Wenthinorgel te Weener (Ostfriesland). In: Het Orgel. Jg. 81, Nr.1, 1985, S.292–299.
Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2. Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.
Aufnahmen/Tonträger
Arp Schnitger in Niedersachsen. 2002. MD+G, 1124-2 (11 Organisten in Cappel, St. Cosmae Stade, Lüdingworth, Steinkirchen, Hollern, Mittelkirchen, Norden, Grasberg, Dedesdorf, Ganderkesee, Weener).
Johann Sebastian Bach: Goldberg variations. 1988. VLS Records, VLC 0598 (Abram Bezuijen).
Diderik Buxtehude: Organ Works (5). 1989. Harmonic records, H/CD 8934 (Jean-Charles Ablitzer).
Dietrich Buxtehude: Orgelwerke. Vol. 2. 1988. MD+G, L 3269 (Harald Vogel in St. Cosmae, Stade u. Weener: BuxWV 136, 137, 139, 150, 164, 169, 172, 177, 180, 184, 187, 201, 207, 214, 215).
Orgelland Ostfriesland. 1989. Deutsche Harmonia Mundi, HM 939-2 (Harald Vogel in Norden, Uttum, Rysum, Westerhusen, Marienhafe, Weener: Werke von D. Buxtehude, C. Goudimel, Anonymus, J.P. Sweelinck, S. Scheidt, C. Paumann, A. Schlick, A. Ileborgh, P. Hofhaimer, H. Isaac, H.L. Hassler, G. Böhm, J.S. Bach).
Vincent Lübeck: Organ Works. 2009. Aeolus, AE-10571 (Léon Berben in Norden und Weener)
Vom Himmel hoch. Weihnachtliche Kantaten und Motetten Norddeutscher Meister. 1989. Ars Musici, AME30062 (Fiori Musicali, Knabenchor Hannover; Harald Vogel in Weener u. St. Ludgeri, Norden: Werke von Anonymus, G. Böhm).