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Carl Otto Czeschka

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Porträt Carl Otto Czeschka von Koloman Moser, 1907

Carl Otto Czeschka (* 22. Oktober 1878 in Wien; † 30. Juli 1960 in Hamburg) war ein österreichischer Graphiker und Maler. Er gilt als einer der wichtigsten Gestalter der Wiener Werkstätte.

Sehr "wienerisch" war Czeschka seiner Abstammung nach halb mährisch halb böhmisch. Sein Vater, Wenzel Czeschka (* 1845 † 1915) war Tischlermeister und stellte insbesondere kleine hölzerne Galanterie-Waren her; seine Mutter, Mathilde Czeschka (* 1853 † 1883), eine geborene Hafner, arbeitete als Näherin und Stickerin. Carl Otto Czeschka wuchs in Wien unter sehr armen Verhältnissen auf. Er lebte dort u. a. in der Zinckgasse 6, direkt neben der Tischlerwerkstatt seines Vaters. Bereits bei dem Dreijährigen wurden seine Begeisterung für das Zeichnen und auch seine Begabung deutlich. Er war besonders fasziniert von Pferden. Der Fünfjährige mußte erleben wie der Sarg mit seiner toten Mutter aus dem Haus getragen wurde. Seit dieser Zeit versorgte August Hafner, sein Onkel mütterlicherseits, den Haushalt des Vaters. 1885 kann der Vater Czeschkas eine Wohnung in der Beingasse/Ecke Märzstraße (dritter Stock) in Wien beziehen, ein Schritt der sehr zur Verbesserung der Lebensverhältnisse des jungen Czeschka beiträgt.

Ein Stipendium ermöglicht Czeschka den Besuch des Esterhazy-Gymnasiums. 1890 absolviert er nach einem halbem Jahr eine Tischlerlehre bei seinem Vater. Seit 1891 bereitet er sich gezielt auf das Kunststudium vor und finanziert dies durch eine von Koloman Moser vermittelte Zeichenlehrerstelle auf Schloß Wartholz, wo Czeschka die Kinder des Erzherzogs Karl Ludwig unterrichtete. Die Freundschaft Czeschkas mit dem zehn Jahre älteren Kolo Moser datiert bereits aus dieser Zeit.

Nach dem Studium bei Professor Christian Griepenkerl an der Akademie der bildenden Künste in Wien von 1894 bis 1897 lehrte Czeschka (COC) dort zunächst als Hilfslehrer. Eine intensive Zusammenarbeit mit Koloman Moser und Josef Hoffmann an der Wiener Werkstätte begann 1903 und wurde weitergeführt, auch nachdem COC 1907 an die Kunstgewerbeschule in Hamburg berufen wurde. An der WW hatte Czeschka als Lehrender verschiedene Klassen zu betreuen. 1905 im beispielhaften Gesamtkunstwerk der WW, dem Palais Stoclet in Brüssel, gestaltete Czeschka sieben Fenster mit allegorischen Darstellungen für den Musiksaal des Palais; dazu hat er zwei Marmorreliefs "Erzengel Michael" und "Allegorische Frauenfigur auf der Mondsichel" für die Halle des Palais entworfen.

In seiner Formensprache war Czeschka nahe verwandt mit Gustav Klimt, aber Czeschkas Bildsprache ging in eine flächigere und abstraktere Richtung. Sein Schüler Oskar Kokoschka hat immer wieder seine Bewunderung für seinen Lehrer artikuliert und auch seine eigene Formensprache wesentlich als von Czeschka beeinflusst betrachtet.

Czeschka hinterließ ein sehr umfangreiches und vielfältiges Werk. Er entwarf unter anderem Zeichnungen, Grafiken, Schriften (z.B. die Czeschka-Antiqua), Holzschnitte, Glasfenster, buchkünstlerische Arbeiten, Kalender, Schmuck, Postkarten, Signets (z.B. 1922 die kleine Eule der Justus-Brinckmann-Gesellschaft), Stoffe, Gobelins (insbesondere "Tausendundeine Nacht"), Möbel und Theaterausstattungen für Max Reinhardt. Für letzteren u. a. die Kulisse für Shakespeares König Lear. Die Produktwerbung und Ladengestaltung für die Zigarrenfirma L.Wolff / HACIFA lag in seinen Händen. Sehr bekannt sind auch seine Buchausstattungen. Die Illustrationen von 1908 zu „Die Nibelungen“ in der Jugendbuchreihe aus dem Verlag Gerlach und Wiedling gelten als sein bekanntestes Werk [1]. Czeschkas Nibelungen-Illustrationen waren eine wichtige Inspirationsquelle für den Stummfilm „Die Nibelungen“ von Fritz Lang und Thea von Harbou.

Ein Teilbereich der Werke Czeschkas bilden seine Entwürfe für große Glasfenster. Ihre Vorlagen ("Kartons") sind weitgehend erhalten und befinden sich im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Von diesen großflächigen Glasfenstern ist besonders das große fünfteilige und 7 Meter hohe Fenster in der Eingangshalle der heutigen Hochschule für bildende Künste Hamburg am Lerchenfeld hervorzuheben. Es gilt als eines der schönsten Jugendstilfenster. Trotz der großen Kriegsschäden an dem Gebäude konnte es durch den rechtzeitigen Ausbau und späteren Wiedereinbau (1970) gerettet werden. Weil sie nicht ausgebaut worden waren, wurden in den Bombennächten 1943 die 15 hohen Fenster „Die Handwerke“ im Großen Saal des „Gewerbehauses“, dem Sitz der Handwerkskammer Hamburg zerstört. Fritz Schumacher (1869–1947) war der Architekt beider Gebäude. Sie entstanden 1911–1913 bzw. 1912–1915. Auch in der Gnadenkirche von St. Pauli-Nord (Architekt Fernando Lorenzen) waren farbige Fenster von Czeschka ("Die Schöpfung" und "Die Geburt Christi"), die ebenfalls im Krieg zerstört wurden. In den 40er Jahren entstand das große farbige Rundfenster "Der Phönix" in der Friedhofskapelle von Wismar[2].

Der Kaufmann und Kunstkenner Sigmund Gildemeister (* 4. April 1878 † 3. Sept. 1964) aus der renommierten Bremer Familie Gildemeister beauftragte Czeschka in den Zwanziger Jahren für sein neues Wohnhaus in Hamburg-Osdorf/Hochkamp mit der Innenraumgestaltung der Bibliothek mit der kostbaren Grafiksammlung. Hierzu gehört die hölzerne Vertäfelung, die farbige Stuckdecke, die Deckenbeleuchtung und ein großer farbiger Gobelin. Der silberne Deckenleuchter befindet sich heute ebenso wie die Vorlage („Karton“) für den Gobelin „Tausendundeine Nacht“ mit über 110 Farbschattierungen im Museum für Kunst und Gewerbe. Der 9 qm große Gobelin war vorübergehend im Foyer des 1955 eröffneten neuen Zuschauerhauses der Hamburgischen Staatsoper ausgestellt.

Für die Wochenzeitschrift Die Zeit gestaltete Czeschka die bis heute verwendete Kopfzeile. Die an Albrecht Dürers Grafik erinnernden Schriftzüge dieses Schriftsatzes haben nichts an ihrer Einprägsamkeit eingebüßt. Schüler von Czeschka waren die Wiener Grafikerin "Mizzi" Marie v. Uchatius (1882-1958), Mileva Stoisavljevic(1886-1949), die spätere Gattin von Alfred Roller, sowie in der Hamburger Zeit Czeschkas die Malerin und Kunstgewerblerin Hilde Hamann(1898-1987) und (seit 1940) der spätere Verlagsgrafiker Werner Rebhuhn (1922-2001).

Am 30. Juli 1960 starb Czeschka in Hamburg und wurde dort auf dem Friedhof Ohlsdorf beerdigt.

Literatur

  • "Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen", Band 20, Hamburg, 1975
  • Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg “Die Jugendstilsammlung 1 Künstler A - F“, Heinz Spielmann u.a., Hamburg, 1979
  • Stege, Leonore, Interversa, "Carl Otto Czeschka. Aspekte seines Lebenswerkes". 77. Ausstellung im B.A.T. Haus Hamburg 14. September – 27. Oktober 1978, Interversa, Hamburg, 1978
  • "Německá Secese". Umeni a umelecke remoslo kolem roku 1900 ze sbirek muzei Spolkove republiky Německá. Jugendstil in Deutschland. Kunst und Kunsthandwerk um 1900 aus Museen der Bundesrepublik Deutschland. In deutscher und tschechischer Sprache. - Prag, Umeleckoprumyslove Muzeum, 1980. Gr.-8°. 168 S., mit zahlreichen, teils farbigen Abbildungen. Orig.-Karton.
  • Pabst, Michael "Wiener Grafik um 1900", Verlag Silke Schreiber, 1984
  • Fanelli, Giovanni „Carl Otto Czeschka : dalla secessione viennese all'art deco”- Firenze, 1990
  • Siller, Senta „Carl Otto Czeschka - Leben und Werk” - Berlin, 1992 (in Auszügen)
  • Brandstätter, Christian, „Design der Wiener Werkstätte 1903-1932“. Architektur, Möbel, Gebrauchsgraphik, Postkarten, Plakate, Buchkunst, Glas, Keramik, Metall, Mode, Stoffe, Accessoires, Schmuck, 2003
  • Berendes, Bettina „Carl Otto Czeschka - Die Schönheit als Botschaft“. Das Glasfenster der Hamburger Kunstgewerbeschule, 2005
  • "Yearning for Beauty: The Wiener Werkstätte and the Stoclet House". Buch zur Ausstellung im Palais des Beaux-Arts, Brüssel, 2006