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Kognitionswissenschaft

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Die Kognitionswissenschaft (englisch Cognitive Science) ist ein relativ junger Wissenschaftszweig, dessen Ziel es ist, kognitive Fähigkeiten zu erforschen. Zu diesen Fähigkeiten werden etwa Wahrnehmung, Denken, Lernen, Motorik und Sprache gezählt. Dabei wird die Kognitionswissenschaft meist als ein interdisziplinäres Unternehmen zwischen Informatik, Linguistik, Neurowissenschaft, Philosophie und Psychologie verstanden. Sie hat damit nicht den Status einer klassischen Einzelwissenschaft, sondern wird oft im Anschluss an Werner Tack als "Interdisziplin" bezeichnet.

Die Kognitionswissenschaft bemüht sich um die abstrakte Beschreibung der Leistungen des Gehirns

Entwicklung der Kognitionswissenschaft

Die Entwicklung der Kognitionswissenschaft hängt eng mit der so genannten „kognitiven Revolution“ zusammen, deren Höhepunkt auf das Jahr 1956 fällt. Bis dahin hatte in Psychologie und der Philosophie des Geistes der Behaviorismus eine maßgebliche Rolle gespielt. Der Behaviorismus war als eine Reaktion auf die Probleme der Introspektion als einer psychologischer Forschungsmethode entstanden. Introspektive Berichte über das mentale Innenleben waren für die Wissenschaftler nicht von außen überprüfbar. Der Behaviorismus zog daraus die Konsequenz, dass sich die Psychologie auf eine Erforschung des Verhaltens beschränken müsse. In der Philosophie des Geistes ging etwa Gilbert Ryle noch einen Schritt weiter und behauptete, dass mentale Zustände nicht mehr als Verhaltendispositionen sein.

1956 fand am Massachusetts Institute of Technology das Symposium on Information Theory statt, an dem sich die Computerpioniere Allen Newell, Herbert Simon und Marvin Minsky, sowie der Linguist Noam Chomsky beteiligten. Chomsky präsentierte eine scharfe Kritik am Behaviorismus und stellte erstmals seine enorm einflussreiche Transformationsgrammatik vor. Newell und Simon stellten den Logical Theorist vor, der erstmals selbständig ein Theorem der Mathematik beweisen konnte. Wichtige Vorläufer dieser Entwicklung waren die Formulierung der Kybernetik durch Norbert Wiener und das Werk Alan Turings, der die Turingmaschine entwarf und den Turing-Test entwickelte.

Die Kognitionswissenschaft, die sich im Kontext der beschriebenen Entwicklungen konstituiere, basierte auf einer zentralen Annahme, die das „Computermodell des Geistes“ genannt wurde. Damit ist die These gemeint, dass sich die Unterscheidung zwischen Geist und Gehirn analog zu der Unterscheidung zwischen Hardware und Software verstehen lasse. So wie die Software durch Datenstrukturen und Algorithmen bestimmt sei, sei der Geist durch mentale Repräsentationen und computationale Prozesse bestimmt. So wie die abstrakte Beschreibung der Software möglich ist, ohne direkt die Hardware zu untersuchen, sollte eine abstrakte Beschreibung des Geistes möglich sein, ohne direkt das Gehirn zu untersuchen.

Das Computermodell des Geistes ist in den letzten Jahrzehnten einer scharfen Kritik unterzogen worden. Diese Kritik hat im Wesentlichen zwei Quellen: Zum einen hat sich die Beschreibung des Gehirns durch die kognitive Neurowissenschaft rasant entwickelt. Dies zeigt sich etwa in der zunehmenden Bedeutung von bildgebenden Verfahren, die es unplausibel machen, das Gehirn bei der Erforschung des Geistes nicht zu beachten. Zum anderen hat sich mit dem Konnektionismus und der Modellierung von neuronalen Netzen ein erfolgreicher Ansatz entwickelt, der die Unterscheidung von Software und Hardware nicht anerkennt. Künstliche neuronale Netze werden unter anderem programmiert, um die Aktivitäten von Neuronenverbänden zu simulieren.

Die Kritik am Computermodell des Geistes führte zeitweise zur generellen Infragestellung der Kognitionswissenschaft. Mittlerweile haben sich die Wogen jedoch weitgehend geglättet. Kognitionswissenschaftler verwenden nun selbst auch neuronale Netze und stehen in einem engen Kontakt mit der kognitiven Neurowissenschaft.

Philosophie der Kognition

In der Kognitionswissenschaft werden Themen untersucht, die beim Menschen Bewusstsein voraussetzen. Bei Wahrnehmungen oder Erinnerungen handelt es sich sogar um mentale Zustände. Lernen, Problemlösen und Sprechen setzten Denken – also mentale Zustände - voraus. Es ist daher für die Kognitionswissenschaft von hoher methodologischer Bedeutung, zu klären, was mit der Rede von mentalen Zuständen gemeint ist. Mit dem Computermodell des Geistes ist eine klassische Position der Philosophie des Geistes verbunden – der Funktionalismus.

Der Funktionalismus, der in den Sechziger Jahren von Hilary Putnam entwickelt wurde, behauptet, dass mentale Zustände funktionale Zustände sind. Ein funktionaler Zustand ist dabei durch seine kausale Rolle in einem System spezifiziert. Man kann den Begriff des funktionalen Zustandes recht gut am Beispiel von einfachen Automaten erklären: Stellen wir uns einen Süßigkeitenautomaten vor. Dieser wirft bei einem Euro eine Süßigkeit aus. Nun kann man den Automaten mit verschiedenen Zuständen beschreiben: Es muss einen Zustand geben, in dem der Automat die Süßigkeit auswirft ohne weiteres Geld zu fordern. Es muss aber auch Zustände geben, in denen der Automat noch 1 Euro oder 50 Cent fordert, um etwas auszuwerfen. Jeder dieser Zustände des Automaten ist ein funktionaler Zustand. Er ist dadurch spezifiziert, dass er bei einem bestimmten Input (hier: 50 Cent oder1 Euro) auf bestimmte Weise reagiert: Er hat einen bestimmten Output (hier: Süßigkeit oder nicht) und geht in einen anderen Zustand über.

1-Band Turingmaschine

Das entscheidende bei dieser Überlegung ist, dass die Beschreibung des funktionalen Zustandes davon unabhängig ist, woraus der Süßigkeitenautomat konkret gebaut ist. Wenn mentale Zustände auch funktionale Zustände wären, so wäre auch irrelevant, ob der funktionale Zustand in einem Gehirn oder in einem Computer realisiert ist. Damit wären auch die Bedingungen klar, die gegeben sein müssen, damit ein Computer mentale Zustände haben kann: Der Computer müsste nur die gleichen funktionalen Zustände realisieren. Und dies scheint auch möglich zu sein. Schon die 1936 von Alan Turing als mathematisches Modell formulierte Turingmaschine kann im Prinzip beliebige funktionale Zustände realisieren.


Kognitive Fähigkeiten und kognitive Architekturen

Menschen verfügen über zahlreiche verschiedene kognitive Fähigkeiten: Gedächtnis, Sprache, Wahrnehmung, Problemlösen, Aufmerksamkeit usw. Ziel der Kognitionspsychologie ist es, die Eigenarten dieser Fähigkeiten zu erforschen und, soweit wie möglich, in formalen Modellen zu beschreiben. Diese Modelle können dann als kognitve Architektur auf einem Computer realisiert werden. Auch die künstlichen Intelligenz hat das Ziel, kognitive Fähigkeiten in Maschinen zu realisieren. Dabei dürfen die künstlichen Agenten jedoch - im Gegensatz zu kognitiven Architekturen - auch Strategien verwenden, die von Menschen nicht genutzt werden.

Problemlösen

„Problemlösen“ nennt man Handlungen, die darauf ausgerichtet, sind einen Zielzustand zu erreichen. Problemlöseprozesse sind daher etwas alltägliches, sie sind etwa in für die Tagesplanung, das Rechnen, das Schachspielen oder die Routenplanung einer Reise notwendig. Schon früh war es das Ziel der künstlichen Intelligenz, Maschinen die Fähigkeit zum Problemlösen zu geben.

Dabei wird in der künstlichen Intelligenz ein Start- und ein Zielzustand spezifiziert. Die Aufgabe des Programms ist es, den Weg zum Ziel zu finden. Nun kann das Programm einfach verschiedene Wege blind ausprobieren. Dabei gibt es zwei Strategien: Die Breitensuche ist so aufgebaut, dass alle möglichen Wege zugleich begonnen und Schritt für Schritt abgearbeitet werden. In der Tiefensuche wird hingegen ein Weg nach dem anderen ausprobiert. Breiten- und Tiefensuche kommen allerdings an ihre Grenzen, wenn die Anzahl der möglichen Wege so hoch ist, dass ein Ausprobieren die Rechenkapazität der Maschine übersteigt. In einem solchen Fall sind Heuristiken notwendig. Heuristiken beschreiben Auswahlmechanismen, die die erfolgversprechensten Verfahren vor der Ausführung zu bestimmen versuchen.

Suchbäume - Reihenfolge der Suchschritte
Breitensuche
Datei:Breitensuche.png
Tiefensuche
Datei:Tiefensuche.png

Das erste Programm, das intensiv mit Heuristiken arbeitete, war der General Problem Solver (GPS) von Allen Newell und Herbert Simon. Der GPS war zur Bewältigung von Spielen, wie den Türmen von Hanoi, fähig. Das Spiel "Türme von Hanoi" besteht aus einer Reihe verschieden großer Scheiben und drei Spielfeldern. Beim Spielbeginn liegen alle Scheiben auf dem linken Feld. Das Ziel ist erreicht, wenn sich alle Scheiben auf dem rechten Feld befinden. Dabei darf jede Scheibe jedoch nur auf einer größeren Scheibe liegen. Das Spiel ist ab einer gewissen Anzahl von Scheiben nur noch mit Heuristiken zu bewältigen, da die Anzahl möglicher Wege rasant wächst.

Die Türme von Hanoi

Die Lösung von Spielen, wie den Türmen von Hanoi, war in der Frühzeit der künstlichen Intelligenz eine beliebte Aufgabe. Das liegt darin begründet, dass hier nur eine recht begrenzte Anzahl von Aktionen möglich ist und es keine unvorhersagbaren Ereignisse gibt. Heute bemüht man sich zunehmend um die komplizierte Bewältigung von Alltagsaufgaben, etwa der erfolgreichen Ausführung eines Restaurantbesuchs.

Kognitive Architekturen

Das Ziel einer kognitven Architektur ist es, die verschiedenen Ergebnisse der kognitiven Psychologie in einem umfassenden Computermodell zusammenzufassen. Dabei müssen die Ergebnisse jedoch in einer so weit formalisierten Form vorliegen, dass sie Grundlage eines Computerprogramms sein können. Mit dem Zusammenfassen der einzelnen Ergebnisse soll so zum einen eine umfassende Theorie der Kognition und zum anderen ein auch kommerziell nutzbares Modell entstehen. Die drei derzeit erfolgreichsten kognitiven Architekturen sind ACT-R, SOAR und EPIC.

ACT-R, die mittlerweile wichtigste kognitive Architektur, ist aus einem zentralen Produktionssystem und einer Reihe von Modulen zusammengesetzt. Es gibt Input- und Outputmodule, ein Gedächtnismodul und ein Zielmodul. Das Zielmodul legt fest, welches Ziel im Produktionssystem verfolgt werden soll. Im Produktionssystem sind Produktionsregeln gegeben, die bestimmen, welche Aktion ausgeführt wird, wenn ein ausgewähltes Ziel erreicht werden soll. Zur Auswahl zwischen den verschiedenen Produktionsregeln werden die Informationen aus dem Input- und dem Gedächtsnismodul verwendet. Die ausgewählte Produktionsregel bestimmt schließlich über die Aktion des Outputmoduls.

Sprache und Kognition

Die Sprachbeherrschung gehört zu den herausragenden kognitiven Fähigkeiten des Menschen. Das Verfügen über Sprache ist zudem Voraussetzung für das Verfügen von einigen anderen kognitiven Fähigkeiten. Ohne Sprache könnten zumindest viele Gedanken nicht gedacht und viele Probleme nicht gelöst werden. In der Kognitionswissenschaft hat die Sprache daher immer eine zentrale Rolle gespielt. Zum einen stellt sich die Frage, wie die menschliche Sprachbeherrschung möglich ist, zum anderen, wie man Maschinen zur Sprachbeherrschung bringen kann.

Sprachfähigkeit des Menschen

Wie kommt es, dass Menschen in aller Regel dazu fähig sind Sprachen zu lernen? Bis ins Zwanzigste Jahrhundert herrschte die Meinung, dass der Spracherwerb durch das Herausfiltern der Sprachregeln im Dialog mit anderen Menschen zu erklären sei. Eine solche, "Kognitivismus" genannte, Position wurde etwa von Jean Piaget vertreten. Ihr zufolge ist die Sprachfähigkeit von der allgemeinen Denkfähigkeit abgeleitet. Dieser Theorie trat erstmals Noam Chomsky mit seiner "nativistisch" genannten Position entgegen. Chomsky behauptet, dass Menschen genetisch mit einem Sprachorgan ausgestattet sind, das den Spracherwerb erst möglich macht. Das Sprachorgan wird dabei im Gehirn angesiedelt, allerdings nicht als eine fest umschriebene neuronale Region.

Noam Chomsky beim Weltsozialforum 2003

Chomsky argumentiert, dass der Spracherwerb durch einen kognitivistischen Ansatz nicht zu erklären sei. Der sprachliche Input der Mitmenschen reiche nicht aus, um die Regeln des korrekten Sprechens festzulegen. Zum einen sei die gesprochene Sprache nämlich sehr oft ungrammatisch, der Input somit defizitär. Zum anderen lasse der Input grammtische Fehler bei lernenden Kindern zu, die sie de facto jedoch nicht machen. Chomsky schließt daraus, dass es angeborenes Sprachwissen geben muss, auf das beim Spracherwerb zurückgegriffen werden kann. Dieses angeborene Wissen sei insbesondere grammatisches Wissen, allen Menschen sei eine Universalgrammatik bereits von Geburt an gegeben.

Dialog- und Expertensysteme

Der Versuch, Maschinen mit Sprachfähigkeit auszustatten, schlägt sich oft in Dialogsystemen nieder. Ein Dialogsystem ist meist ein Computerprogramm, mit dem man sich per Tastatur unterhalten kann. Eins der ersten erfolgreichen Dialogsysteme war ELIZA von Joseph Weizenbaum aus dem Jahre 1966. ELIZA simuliert einen Psychotherapeuten. Durch den geschickten Einsatz von Phrasen, wie „Erzählen sie mir mehr von X“ oder „Denken sie oft an X“ konnte ELIZA Testpersonen lange über ihre nichtmenschliche Existenz täuschen. Einige Testpersonen fühlten sich sogar so gut verstanden, dass sie sich jenseits der Testsituation privat mit ELIZA über ihre Probleme unterhalten wollten. Stellt man ELIZA jedoch Fragen, die nicht in den Kontext der Therapiesituation passen, so ist ELIZA zu keinen vernünftigen Antworten in der Lage.

Joseph Weizenbaum, der Erfinder von ELIZA und mittlerweile ein bekannter Computerkritiker

Verwand mit Dialogsystemen sind Expertensysteme, die mittlerweile auch zahlreiche kommerzielle Anwendungen haben. Expertensysteme versuchen das Wissen von menschlichen Experten zu speichern und dem Nutzer zur Verfügung zu stellen. Anwendungen sind etwa automatische Medizin- oder Technikexperten. Diese Experten setzen eine funktionierende Wissensrepräsentation voraus, durch die das Programm über das Wissen verfügt. In einer umfassenden Wissensrepräsentation muss das Material in günstiger Weise strukturiert sein, so dass immer auf das nötige Wissen zurückgegriffen werden kann, dass die Relationen zwischen den Wissenselementen klar sind und, dass die Inhalte von dem Entwickler überblickt und gegebenenfalls erweitert werden können.

Der Turing Test

Die Faszination von Dialogsystemen hängt eng mit einem Gedankenexperiment zusammen, das von dem Computerpionier Alan Turing 1950 formuliert wurde. Turing suchte ein klares Kriterium zur Entscheidung der Frage, wann Computer denken können. Seine Antwort war der berühmte Turing-Test: Ein Mensch tritt in den Dialog mit einem Computer – per Bildschirm und Tastatur. Der Computer kann genau dann denken, wenn der Mensch nicht herausfinden kann, ob es sich um einen Dialog mit einem Menschen oder mit einem Computerprogramm handelt.

Die heutigen Dialogsysteme sind noch sehr weit davon entfernt, den Turig Test zu bestehen. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, was ein Programm alles können müsste, um diesen zu bestehen. Es müsste etwa Witze erklären können, Anspielungen und Ironie verstehen und dem Kontext angepasste Fragen und Antworten formulieren. Es existiert mittlerweile der auf 100.000 Dollar dotierte Loebner prize für den Entwickler des ersten Programms, das den Turing-Test besteht.

Am Turing Test ist viel Kritik geübt worden. Am bekanntesten ist wohl John Searles Chinesisches Zimmer Argument, das zeigen soll, dass das Bestehen des Turingtests nicht hinreichend für Verstehen von Sprache ist. Man stelle sich vor, man befände sich in einer riesigen Bibliothek. Von außen werden einem Blätter mit chinesischen Schriftzeichen hereingereicht, die man nicht versteht. Da in den Büchern der Bibliothek nur Folgen von chinesischen Schriftzeichen verzeichnet sind, kann man nun die Zeichenfolgen auf den Blättern heraussuchen. Jeder Zeichenfolge ist im Buch eine andere Zeichenfolge zugeordnet, die man schließlich auf das Blatt schreibt und wieder nach außen gibt. Durch diese Prozedur erscheint es einem außen stehenden Chinesen so, als würde er sich mit einem anderen chinesisch verstehenden Menschen unterhalten. Dabei versteht man selbst kein Chinesisch und die Bibliothek versteht auch kein Chinesisch. Also könnte ein System den Turing Test bestehen, ohne, dass das System auch nur einen Funken von dem Gesagten versteht.

Der Konnektionismus

Vereinfachte Darstellung eines künstlichen neuronalen Netzes

In der Kognitionswissenschaft hat die Entwicklung des Konnektionismus zu starken Veränderungen geführt. Während in der klassischen künstlichen Intelligenz - dem Computermodell des Geistes entsprechend - kognitive Fähigkeiten mit einer symbolischen Programmiersprache simuliert wurden, wird im Konnektionismus mit künstlichen neuronalen Netzen gerbeitet. Ein künstliches neuronales Netz ist eine Verschaltung einfacher Einheitenden, den (künstlichen) Neuronen. Dabei können die Neuronen ihre Aktivitäten an die benachbarten Neuronen weitergeben. Dadurch können bei einem gegebenen Input komplizierte Erregungsmuster entstehen, die selbst wiederum einen Output erzeugen.

Das Konzept der neuronalen Netze wurde schon 1943 von Warren McCulloch und Walter Pitts entwickelt. 1949 entwickelte der Psychologe Donald O. Hebb die Hebbsche Lernregel, die sich in das Konzept der neuronalen Netze einbinden lässt. Nach Hebb lässt sich das Lernen dadurch beschreiben, dass man die einzelnen Verbindungen zwischen den Neuronen gewichtet. Ein Lernen findet statt, indem die Gewichtungen zwischen den Neuronen verändert werden. Trotz dieser frühen Entwicklung hin zu einem Modell lernender neuronaler Netze, blieb die Kognitionswissenschaft lange Zeit auf den symbolverarbeitenden Ansatz beschränkt.

Erst seit den 80er Jahren wird in der Kognitionswissenschaft wieder vermehrt auf neuronale Netze zurückgegriffen. Dies liegt insbesondere daran, dass neuronale Netze dazu in der Lage sind, Aufgaben zu erledigen, bei dem der symbolverarbeitende Ansatz recht erfolglos geblieben ist. Zu solchen Aufgaben gehören etwa die Mustererkennung oder die Bewegung. Diese Entwicklung ist auch von theoretischer Bedeutung: Der Konnektionismus erkennt nämlich die - für die klassische Kognitionswissenschaft so wichtige - Unterscheidung zwischen Software und Hardware nicht mehr an.

Kognitionswissenschaft an den Universitäten

In den USA, aber auch in Großbritannien und den Niederlanden, ist Kognitionswissenschaft ein weit verbreitetes und anerkanntes Studienfach. Einflussreiche Institute befinden sich etwa an der Rutgers University und der University of San Diego. In Deutschland ist Kognitionswissenschaft als Studiengang jedoch noch nicht sehr weit verbreitet. Es gibt lediglich an der Universität Osnabrück ein eigenes kognitionswissenschaftliches Institut mit einem Masterstudiengang. Als Nebenfach kann man Kognitionswissenschaft an der Uni Freiburg, TU Berlin) (nur für Informatiker) und der Universität Potsdam studieren.

Siehe auch

Disziplinen mit Überschneidung:

Unterthemen:

Personen:

Literatur

Einführungen:

  • Howard Gardner: Dem Denken auf der Spur. Der Weg der Kognitionswissenschaft , Stuttgart, Klett-Cotta, 1989
  • Manuela Lenzen: Natürliche und künstliche Intellingenz - Einführung in die Kognitionswissenschaft, Frankfurt, Campus Verlag, 2002
  • Paul Thagard: Kognitionswissenschaft, Stuttgart, Klett-Cotta, 1999

Lexika:

  • Robert A. Wilson, Frank C. Keil (Herausgeber): The MIT Encyclopedia of the Cognitive Sciences.
  • Gerhard Strube et al. (Herausgeber): Wörterbuch der Kognitionswissenschaft.

Einzelthemen:

  • Ansgar Beckermann: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes , Berlin, de Gruyter, 2000
  • Rainer Dietrich: Psycholinguistik, Metzler, 2002
  • E. Bruce Goldstein: Cognitive Psychology: Connecting Mind, Research and Everyday Experience, Wadsworth, 2004
  • Klaus Mainzer: KI - Künstliche Intelligenz. Grundlagen intelligenter Systeme, Primus Verlag, 2003