Katholizität
Das Wort "katholisch" kommt von griechisch καθολικος (katholikos) und bedeutet das Ganze betreffend, allgemeingültig. In der Zeit vor der Reformation wurde mit Katholische Kirche die Gesamtheit der christlichen Kirche bezeichnet.
Begriff
Katholisch bezeichnete anfänglich nicht eine Kathegorie ganz bestimmter Kirchen, wie heute, sondern war ein abstrakter, theologischer Begriff, der zunächst nur den ursprünglichen Wortsinn 'allgemein, allumfassend' ausdrückte. Die theologischen Vorstellung von der Einheit aller Christen bzw. der Zugehörigkeit aller Christen zu einer Kirche wurde durch die Formulierung allgemeine Gemeinde (= katholische Kirche) ausgedrückt. In diesem Wortsinn sind auch die frühesten Belege dieses Begriffs in der christlichen Theologie zu verstehen.
Ignatius von Antiochien (35 - 117) wird als früheste Quelle für die Verwendung des Begriffs für die noch junge Kirche genannt: "denn da, wo Jesus Christus ist, ist auch die katholische Kirche" (Smyrn. 8,2)
Neben anderen Schriftzeugnissen kommt dem ersten ökumenischen Konzilien eine besondere Bedeutung zu. Das Nicäno-Konstantinopolitanum hat in seinem Glaubensbekenntnis, welches seither die grundlegende Glaubensformel fast aller Christen ist, die wesentlichen Merkmale der von Jesus Christus errichteten Kirche ausgesprochen:
"Credo in unam, sanctam, catholicam et Apostolicam Ecclesiam"
"Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche"
oder vollständig übersetzt:
"Ich glaube an eine heilige, allgemeine und von Gottgesandten herrührende Gemeinde"
Die Katholizität im ursprünglichen Wortsinn gehört damit zu den Wesensmerkmalen der christlichen Kirche. Katholisch, also allgemein, wurde die Kirche in verschiedener Beziehung genannt:
- wegen der Allgemeinheit der Lehre, die in ihr verkündet wird (Cyrill von Jerusalem, Catecheses)
- wegen der Allgemeinheit aller Tugenden, die in ihr geübt werden (Suarez)
- wegen der Dauer von Adam bis zum Ende der Welt (Augustinus)
- wegen ihrer Veranlagung, das Leben aller Menschen in allen Lebenslagen und zu allen Zeiten zu heiligen,
- wegen ihrer zeitlichen Ausdehnung über die ganze Welt und der Menge ihrer Glieder aus allen Völkern.
Eine häufig verwendete Definition stammt von Vinzenz von Lérins, die oft in abgekürzter Form zitiert wird. Hier der ganze Absatz: "Darüber hinaus müssen wir in der katholischen Kirche selbst alle mögliche Sorgfalt anwenden, dass wir uns an den Glauben halten, der überall, immer, von allen geglaubt wurde. Denn das ist wirklich und im striktesten Sinn katholisch, was, wie der Name und Grund der Sache erklären, alle insgesamt umfasst. Diese Regel werden wir befolgen, wenn wir uns nach Universalität, Alter und Übereinstimmung richten. Wir richten uns nach Universalität, wenn wir bekennen, dass der eine Glaube wahr ist, den die gesamte Kirche in der ganzen Welt bekennt, nach Alter, wenn wir in keiner Weise von den Auslegungen abweichen, die bekanntermassen von unseren heiligen Vorfahren und Vätern vertreten wurden, Übereinstimmung, in gleicher Weise, wenn wir uns bei Alter der Lehre an die übereinstimmenden Definitionen und Bestimmungen halten, die von allen oder zumindest fast allen Priestern und Gelehrten vertreten wurden."
Alle diese mehr oder weniger unbestimmten Idealvorstellungen entfalten ihre Brisanz, wenn sie mit konkreten Inhalten gefüllt werden sollen: Welche Lehre soll verkündet werden? Was ist Tugend? Was ist Heiligung? Wer sind unsere Glaubensväter, die, welche glaubten, wie wir, oder die anderen, so dass wie uns zu deren Glauben wenden müssen? Was heißt universal, sollen wir uns nach der Masse richten? Und nicht zuletzt: Welcher Glaube wird denn von allen Christen vertreten?
Die Bedeutung des Begriffs ist denn auch durch die gesamte Theologiegeschichte Gegenstand der Diskussion. Er bekam eine besondere Bedeutung nach den Kirchenspaltungen des 2. Jahrtausends, als sich die getrennten Kirchen ihrer tatsächlichen Partikularität bewusst wurden. Deshalb bereitet die Verwendung des Begriffs im allgemeinen Sprachgebrauch Schwierigkeiten.
Die aus der Reformation hervorgegangen Strömungen tendieren dazu, den Begriff "katholisch" zu meiden, da er als konfessionelle Bezeichnung vor allem der römisch-katholischen Kirche verwendet wird. In evangelischen Gottesdiensten lautet das Glaubensbekenntnis:
"Ich glaube an die eine, heilige, christliche und apostolische Kirche", bisweilen auch:
"Ich glaube an die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche".
Der Katholizität im ursprünglichen Wortsinn kommt im ökumenischen Dialog eine besondere Bedeutung zu.
Theologische Merkmale der Katholizität
Die Katholizität wird im allgemeinen mit den folgenden theologischen Merkmalen gekennzeichnet:
- Apostolische Sukzession
- Siebenzahl der Sakramente
- Anerkennung der kirchlichen Überlieferung (Tradition) neben der Hl. Schrift als Offenbarungsquellen, beispielsweise die Apostolische Väter
- Anerkenntnis der Ergebnisse der allgemein anerkannten Ökumenischen Konzile:
Mitgliederzahlen der Katholischen Kirche in Deutschland
Kirche | Anzahl Mitglieder | in Prozent |
---|---|---|
Katholiken (rk u. uniert) | 26.165.000 | 31,7 % |
Orthodoxe (nicht uniert) | 1.200.000 | 1,45 % |
Anglikaner | n/a | <1 % |
Altkatholiken | 25.000 | 0,03 % |
andere | 350.000 | 0,4% |
Verwendung
Heute kann gemeint sein:
- die Römisch-Katholische Kirche, siehe eigenen Artikel
- eine der mit Rom (siehe Punkt 2) unierten Kirchen östlichen Ritus, siehe eigenen Artikel
- im Apostolischen Glaubensbekenntnis katholischer Kirchen die Gesamtheit aller Christen
- die Orthodoxen Kirchen, die sich selbst rechtgläubige (orthodox, pravoslav) katholische Kirche nennen
- die Alt-Katholische Kirche
- eine der unten aufgeführten Katholischen Kirchen
Es gibt eine Reihe christlicher Kirchen, deren Bezeichnung das Wort katholisch (von griechisch καθoλικός katholikos das Ganze betreffend, allgemeingültig) enthält.
Im deutschen Sprachraum ist, wenn von der katholischen Kirche die Rede ist, fast immer die Römisch-katholische Kirche gemeint, nach deren Selbstverständnis es mehrere katholische Kirchen nicht geben kann.
Allerdings verstehen sich die orthodoxen Kirchen ebenfalls als katholisch im Sinn des nizänischen Glaubensbekenntnisses ("ich glaube an eine heilige katholische Kirche"), sogar als die rechtgläubige (daher "orthodox") katholische Kirche, und sehen deshalb in ihrem Kirchenverständnis ebenfalls keinen Raum für mehrere katholische Kirchen in diesem Sinn.
Darüberhinaus verstehen sich auch alle anderen Kirchen, die die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse anerkennen (z.B. Protestantische Kirchen, Anglikaner, Altkatholiken), als neben der römischen Kirche gleichwertige Teile der "einen heiligen katholischen Kirche". Nach deren Selbstverständnis bilden die verschiedenen Kirchen – auch die römische – eine durch den Glauben an Jesus Christus von Gott gestiftete Einheit. Der Anspruch auf Allgemeingültigkeit spielt bei diesen allerdings keine so große Rolle.
In der ökumenischen Bewegung wird heute manchmal statt dem Wort katholisch das Wort sobornost verwendet, das die russische Übersetzung des griechischen Wortes katholikos ist, um die allgemeine Kirche zu bezeichnen, ohne die mit dem Wort katholisch verbundene Assoziation "römisch-katholische Kirche".
Gründung
Als Gründungsmoment gilt die Geistausgießung am Pfingsttag (Apg. 2). Bei der römisch-katholischen Kirche kommt noch die Erwählung des Apostels Petrus hinzu, bei der Jesus Christus diesen als den Fels bezeichnete, auf den er seine Kirche gründen wolle und ihm "Schlüsselgewalt" übergab. Hieraus wird der Primat des Bischofs von Rom abgeleitet (Papst).
Ihre Mitte und zugleich die Begründung ihrer bischöflich-priesterlichen Amtstruktur finden die katholischen Kirchen im Auftrag Jesu beim letzten Abendmahl: "Tut dies zu meinem Gedächtnis".
Katholische Kirchen außerhalb des Jurisdiktionsprimats des Papstes von Rom
Mitglieder von Weltkirchenrat und (in Deutschland) ACK
- Alt-Katholische Kirche
- Anglikanische Kirche
- Mitgliedskirchen der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen
- Orthodoxe Kirchen
- Viele selbständige Nationalkirchen wie die Polnische Nationale Katholische Kirche in den USA oder die Unabhängige Kirche der Philippinen, sofern sie nicht schon zur Utrechter Union gehören
Kirchen außerhalb des Weltkirchenrats
- Alt-Heilig-Katholische Kirche
- Chinesische Katholisch Patriotische Vereinigung (Volksrepublik China)
- Erneuerte Kirche (Kirche der Glorie)
- Neuchristen (Gemeinschaft um den Schwertbischof)
- Palmarianisch-Katholische Kirche
- Piusbruderschaft
Kirchen in anderer Tradition, die sich ebenfalls katholisch nennen
Kirchen und Bewegungen der Vergangenheit
(Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)
Riten
Die Identität einer Kirche hängt weitgehend von ihrer Liturgie ab, die man auch Ritus nennt. Diese haben ihren Ursprung in der ursprünglichen Patriarchatszugehörigkeit: Norden: Byzanz; Süden: Alexandria; Osten: Antiochia; Westen: Rom.
Literatur
- Wolfgang Beinert: Lexikon der katholischen Dogmatik Herder, Freiburg im Breisgau [u.a.], 2002, ISBN 3-45-126378-5
Weblinks
- Vatikan - Homepage des Vatikans
- St. Josef - Standardwerke zu katholischen Theologie
- Theologischer Leseraum - Dokumente zum katholischen Lehramt
- Katholische Hierarchie - Weltweite Darstellung zur kath. Hierarchie (engl.)
- Personenverzeichnis - Bischöfe in den Diözesen der Welt und Mitarbeiter der Kurie
- Kurze Darstellung unierter Kirchen