Neugliederung des Bundesgebietes
Neugliederung des Bundesgebietes ist ein Begriff aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 29) und regelt die Umgestaltung des territorialen Zuschnitts der Länder z. B. durch Fusionen oder Grenzkorrekturen. Eine territoriale Neugliederung muss durch Volksentscheid bestätigt werden.
Seit Gründung der Bundesrepublik wird eine Neugliederung des Bundesgebiets immer wieder diskutiert. Die bislang einzig gelungene Neugliederung war die Fusion der Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zum neuen Land Baden-Württemberg im Jahre 1952. Der Versuch einer Fusion von Berlin und Brandenburg zu einem neuen Land Berlin-Brandenburg scheiterte im Mai 1996 bereits daran, dass das notwendige Quorum des Neugliederungsstaatsvertrages nicht erreicht wurde, zudem stimmten 63 % der abstimmenden Bürger mit Nein.
Die fünf neuen Bundesländer erhielten 1990 teilweise veränderte Grenzen im Vergleich zu den Ländern, wie sie in der Sowjetischen Besatzungszone, in der DDR bis 1952 sowie als Provinzen des Landes Preußen zuvor bestanden. Dies wird auch gelegentlich als Neugliederung bezeichnet, ist jedoch keine im Sinne der Definition des Grundgesetzes.
Kommunale Neugliederungen, also Zusammenschlüsse und Änderungen der Grenzziehung von Gemeinden und Landkreisen, fasst man dagegen häufig unter dem Begriff Gebietsreform zusammen.
Regelung der Neugliederung im Grundgesetz
Artikel 29 GG ermöglicht eine Neugliederung des Bundesgebiets, „um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können.“ (Art. 29 Abs. 1). Sie muss durch Bundesgesetz erfolgen und durch einen Volksentscheid in allen betreffenden Ländern bestätigt werden. Damit stehen zwar nicht die Länder als solche (siehe Art. 79 Abs. 3), aber deren Zahl und territorialer Zuschnitt durch den Neugliederungsartikel des Grundgesetzes unter Vorbehalt.
Der Neugliederungsartikel war bis 1955 von den westlichen Alliierten suspendiert und wurde mehrfach geändert, so dass aus der ursprünglichen Pflicht zur Neugliederung zuletzt eine Kann-Bestimmung wurde.
Ein beschleunigtes Neugliederungsverfahren sehen die eigens für Baden-Württemberg und später auch für Berlin und Brandenburg eingefügten Grundgesetz-Artikel 118 und 118a vor. Danach kann abweichend von der Regelung nach Art. 29 (mit obligatorischem Volksbegehren und Volksentscheid) auch eine bloße „Vereinbarung“ der jeweiligen Länder getroffen werden, die jedoch von der betroffenen Bevölkerung bestätigt werden muss.
Abriss der Neugliederungsdebatte
Vorgeschichte
Das auffälligste Kennzeichen der territorialen Struktur des Alten Reiches war seine „extreme Zersplitterung“[1]. Einschneidende Änderungen der territorialen Struktur Deutschlands gab es im wesentlichen nur durch kriegerische Ereignisse und Eingriffe von außen: in der napoleonischen Epoche bis zum Wiener Kongress wurde die Zahl der Territorien von über 300 auf 39 verringert; dann wieder 1866 als Preußen die souveränen Bundesstaaten Hannover, Nassau, Kurhessen und die Freie Stadt Frankfurt annektierte und zuletzt unter alliierter Besatzung nach 1945.
Die bis heute andauernde Neugliederungsdebatte in Deutschland begann erst 1919 im Rahmen der Beratungen über eine neue Reichsverfassung und eine Reichsreform. Der von Hugo Preuß, dem ‚Vater der Weimarer Reichsverfassung‘, ausgearbeitete Plan, das Reich in 14 annähernd gleich große Gebiete einzuteilen, scheiterte, vor allem an Bedenken der Reichsregierung und dem Widerstand der Länder[2]. In die Reichsverfassung wurde aber Art. 18 aufgenommen, der eine Neugliederung ermöglicht, dafür aber hohe Hürden setzt: Zum Beschluß einer Gebietsänderung oder Neubildung sind drei Fünftel der abgegebenen Stimmen, mindestens aber die Stimmenmehrheit der Wahlberechtigten erforderlich. Tatsächlich kam es bis 1933 nur zu vier kleineren Gebietsänderungen: Zusammenschluss von Thüringen (1920), Vereinigung Coburgs mit Bayern (1920), Pyrmonts (1922) und Waldecks (1929) mit Preußen.
Ein Plan zur Reichsreform, der im Kern darauf abzielte, den Dualismus zwischen Reich und Preußen durch die Zerlegung des mit Abstand größten Landes in „neue“ Länder aufzulösen und im Gegenzug die Position der „alten“ Länder durch Kompetenzübertragungen aufzuwerten, scheiterte „weil sich die innenpolitischen Bedingungen für staatliche Reformen mit der 1930 aufbrechenden und durch die Wirtschaftskrise beschleunigten allgemeinen Systemkrise jäh verschlechterten“[3].
Im Nationalsozialismus wurde 1934 Mecklenburg-Strelitz mit Mecklenburg-Schwerin zum Freistaat Mecklenburg vereinigt. Das Groß-Hamburg-Gesetz erweiterte 1937 das Stadtgebiet um 80 % und ließ Lübeck seine territoriale Eigenständigkeit verlieren.
Vor Entstehung der Bundesrepublik Deutschland
1948 riefen die drei westlichen Alliierten in den Frankfurter Dokumenten die Ministerpräsidenten der westdeutschen Bundesländer dazu auf, die Ländergrenzen zu überprüfen und Änderungsvorschläge vorzubringen. Die Grenzen der einzelnen Länder sollten überprüft und, wenn nötig, sollten unter Berücksichtigung ‚überlieferter Formen‘ neue Länder geschaffen werden, wobei keines im Vergleich zu den anderen zu groß oder zu klein sein sollte.
Da sich die Ministerpräsidenten in dieser Frage nicht einigen konnten, wurde der Parlamentarische Rat mit der Regelung der Neugliederungsfrage befasst. Dessen Entwurf fand Eingang in Art. 29 GG. Es gab einen verbindlichen Auftrag zur allgemeinen Neugliederung des Bundesgebietes (Das Bundesgebiet … ist neu zu gliedern – Abs. 1). Zudem konnte in Gebietsteilen, deren Landeszugehörigkeit sich nach dem 8. Mai 1945 ohne Volksabstimmung geändert hatte, binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, durch Volksbegehren eine Änderung des Gebietszustandes gefordert werden (spezielle Neugliederung, Abs. 2). Sollte ein Volksbegehren durch Zustimmung von mindestens 10 Prozent der betroffenen Bevölkerung zustande kommen, so musste die Bundesregierung die Vorschläge in ihren Gesetzentwurf zur Neugliederung aufzunehmen. Nach Annahme des Gesetzes, waren in jedem Gebietsteil, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden sollte, Volksentscheide durchzuführen (Abs. 3). Fiel der Entscheid auch nur in einem Gebietsteil negativ aus, war das Gesetz erneut im Bundestag einzubringen und bedurfte nach erneuter Verabschiedung eines Volksentscheids im gesamten Bundesgebiet (Absatz 4). Die Neugliederung sollte innerhalb von drei Jahren nach Verkündigung des Grundgesetzes abgeschlossen sein (Abs. 6).
Im Genehmigungsschreiben für das Grundgesetz wurde Art. 29 von den alliierten Militärgouverneuren bis zum Zeitpunkt des Friedensvertrages suspendiert. Lediglich die Sonderregelung für den südwestdeutschen Raum nach Art. 118 konnte in Kraft treten.
Nach Entstehung der Bundesrepublik Deutschland
Mehrfach unterbreiteten Ausschüsse und Sachverständigenkommissionen Vorschläge für eine Länderneugliederung, etwa der Bundestagsausschusses für „innergebietliche Neuordnung“, der 1952 eingesetzte Luther-Ausschuss oder die 1970 berufene Ernst-Kommission. Von Bedeutung war außerdem 1950 die Weinheimer Tagung des Instituts zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten, auf der grundsätzliche Überlegungen („Leitsätze“)[4] zu einer optimalen Gebietsstruktur diskutiert wurden. Der Luther-Ausschuss erarbeitete zwar mehrere Vorschläge für eine Neugliederung des mittelwestdeutschen Raumes, hielt aber eine umfassende Länderneugliederung für nicht erforderlich.
Auch aus Wissenschaft (Rutz, Miegel, Ottnad u. a.) und Politik (Döring, Apel u. a.) gab es mehrere, z. T. sehr weitreichende Neugliederungsvorschläge, von denen jedoch bisher keiner umgesetzt wurde. Vielfach wird die Forderung nach einer Länderneugliederung aus wahltaktischen Gründen aufgegriffen, häufig von Politikern aus Geberländern im Länderfinanzausgleich gegenüber Nehmerländern.
Bereits der erste gewählte Landtag Schleswig-Holsteins brachte seine Erwartung einer Neugliederung zum Ausdruck: er erließ 1949 nicht etwa eine Landesverfassung, sondern eine „Landessatzung“, um – analog zum Begriff „Grundgesetz“ – deren vorläufigen Charakter zum Ausdruck zu bringen. Erst die nach der Verfassungsreform von 1990 vom Landtag verabschiedete Verfassung trug auch den Namen Landesverfassung. Die damaligen Bestrebungen Schleswig-Holsteins zur Neugliederung spiegeln sich auch im Gerichtsaufbau des Landes wider: Erst 1991 errichtete das Land ein eigenes Oberverwaltungsgericht, welches fortan die Aufgaben wahrnahm, die bis dato das Oberverwaltungsgericht Lüneburg als gemeinsames Oberverwaltungsgericht der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein wahrgenommen hatte. Erst am 1. Mai 2008 nahm das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht seine Arbeit auf. Bis dahin wurden landesverfassungsrechtliche Rechtsstreite vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen, das als Landesverfassungsgericht tätig wurde.
Die Bildung des Landes Baden-Württemberg nach Art. 118 GG
Im südwestdeutschen Raum erschienen territoriale Änderungen vordringlich, da er durch die Grenze zwischen der französischen und amerikanischen Besatzungszone, die sich an der Autobahn Karlsruhe-Stuttgart-Ulm (heutige A8) orientierte, besonders ungünstig aufgeteilt war. Am 25. April 1952 entstand durch Zusammenschluss der Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden nach Art. 118 GG das neue Land Baden-Württemberg.
Die Volksbegehren von 1956
Die Pariser Verträge beendeten das Besatzungsstatut und verliehen Westdeutschland die Souveränität. Damit begann die Einjahresfrist von Art. 29 Abs. 2 zu laufen. 1956 wurden auf Grund des Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid usw. vom 23. Dezember 1955 acht Volksbegehren durchgeführt, von denen sechs erfolgreich waren:
- Wiederherstellung des Landes Oldenburg 12,9 %
- Wiederherstellung des Landes Schaumburg-Lippe 15,3 %
- Umgliederung der Regierungsbezirke Koblenz und Trier des Landes Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen 14,2 %
- Umgliederung der Regierungsbezirke Montabaur und Rheinhessen des Landes Rheinland-Pfalz nach Hessen 25,3 % bzw. 20,2 %
Einer Beschwerde gegen den vom Bundesinnenministerium abgelehnten Antrag auf ein Volksbegehren zur Wiederherstellung des Landes Baden wurde vom Bundesverfassungsgericht stattgegeben. Bei dem Volksbegehren im Gebietsteil Baden entschieden sich darauf 15,1 % der Abstimmungsberechtigten für eine Änderung des Gebietszustands.
Die beiden pfälzischen Volksbegehren (für Rückgliederung an Bayern bzw. Angliederung an Baden-Württemberg) scheiterten mit 7,6 % bzw. 9,3 %. Weitere Anträge auf Volksbegehren (Lübeck, Geesthacht, Lindau, Achberg, 62 südhessische Gemeinden) waren bereits vom Bundesinnenminister als unzulässig abgelehnt bzw. im Fall Lindaus zurückgezogen worden. Die Ablehnung wurde im Falle Lübecks vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.
Die Entwicklung bis zum Hessenurteil des Bundesverfassungsgerichts 1961
Nach Art. 29 Abs. 3 war nun auf Grund der erfolgreichen Volksbegehren ein Volksentscheid durchzuführen und zwar nach Abs. 6 innerhalb von drei Jahren. Da diese Frist, ohne dass irgendetwas geschehen war, am 5. Mai 1958 verstrichen war, klagte die hessische Landesregierung im Oktober 1958 auf Erfüllung der Bundespflicht. Im so genannten Hessenurteil vom 11. Juli 1961 wies das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde Hessens mit der Begründung ab, dass Art. 29 GG die Neugliederung des Bundesgebietes zu einer ausschließlichen Angelegenheit des Bundes mache. Gleichzeitig bekräftigte das Gericht die Pflicht zur Neugliederung des Bundesgebietes als bindenden Auftrag an die zuständigen Verfassungsorgane [5].
Die Entwicklung bis zur Verfassungsänderung von 1969
Das Thema Neugliederung wurde weiterhin in der Öffentlichkeit diskutiert, so u. a. auf der Loccumer Tagung 1968 oder dem vierten Cappenberger Gespräch der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft 1969.
Auf Seiten der Politik einigte sich die Große Koalition darauf, die unerledigten Volksbegehren durch eine Verfassungsänderung zum Abschluss zu bringen. Im geänderten Absatz 3 wurden nun bindende Fristen für die erforderlichen Volksentscheide gesetzt. Die Volksentscheide in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz sollten bis zum 31. März 1975, der in Baden bis zum 30. Juni 1970 durchgeführt werden. Das Quorum wurde auf ein Viertel der zum Landtag wahlberechtigten Bevölkerung festgesetzt. Abs. 4 bestimmte, dass vom Ergebnis des Volksentscheides nur abgewichen werden darf, soweit dies zur Erreichung der Ziele der Neugliederung nach Absatz 1 erforderlich ist.
Die Ernst-Kommission
In seiner Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 gab Bundeskanzler Willy Brandt bekannt: Für die Länderneugliederung werden wir von dem nach Artikel 29 des Grundgesetzes gestellten Auftrag ausgehen[6]. Dafür wurde eine Sachverständigen-Kommission eingesetzt, die nach ihrem Vorsitzenden, dem früheren Staatssekretär Professor Werner Ernst benannt war. Nach zweijähriger Arbeit legten die Experten 1973 ein Gutachten vor, das jeweils einen Alternativvorschlag für Norddeutschland und den mittel- und südwestdeutschen Raum vorsah. Im Norden sollte entweder ein einziges Bundesland Nord aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen (Lösung A) oder es sollten zwei neue Länder gebildet werden: ein Land Nordost aus Schleswig-Holstein, Hamburg und dem nördlichen Niedersachsen (von Cuxhaven bis Lüchow-Dannenberg) und ein Land Nordwest aus Bremen und dem übrigen Niedersachsen (Lösung B). Im Mittel- bzw. Südwesten sollte entweder Rheinland-Pfalz (mit Ausnahme des Großteils des Landkreises Germersheim) mit Hessen und dem Saarland unter Einschluss von Mannheim, Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis zu einem neuen Bundesland Mittelwest vereinigt werden (Lösung C); der Großteil des Kreises Germersheim wäre dann an Baden-Württemberg gefallen. Oder aus Baden-Württemberg, dem Saarland, der Pfalz (einschließlich der Region Worms) und dem größten Teil des Kreises Bergstraße wäre ein neues Land Südwest zu bilden; das restliche Rheinland-Pfalz wäre dann mit Hessen zu einem neuen Land Mittelwest zu vereinigen (Lösung D). Beide Alternativen waren untereinander kombinierbar (AC, BC, AD, BD). Darüber hinaus schlug die Kommission kleinere Grenzkorrekturen in den Räumen Ulm/Neu-Ulm, Wertheim/Tauberbischofsheim, Ahrweiler/Neuwied, Altenkirchen, Osnabrück/Tecklenburg und Kassel/Münden vor.
Gleichzeitig erarbeitete die Kommission Kriterien für eine Qualifizierung der Richtbegriffe von Art. 29 Abs. 1. An die erste Stelle rückte sie die Erfordernis der Leistungsfähigkeit jedes Landes, unterteilt in die Komponenten wirtschaftliche, finanzielle, politische und administrative Leistungsfähigkeit. Um Verwaltungsaufgaben adäquat erfüllen zu können, hielt sie eine Bevölkerungszahl von mindestens fünf Millionen pro Land für erforderlich. Demgegenüber bezeichnete sie die „landsmannschaftliche Verbundenheit“ als ein nicht quantifizierbares und kaum objektivierbares Kriterium.
Nach relativ kurzer Diskussion und überwiegend negativem Echo bei den betroffenen Ländern und großen Teilen der Fachwelt wurden die Vorschläge ad acta gelegt[7]. Die Bevölkerung hatte auf die Neugliederungsvorschläge mit großer Gelassenheit reagiert.[8]
Die Volksentscheide von 1970 und 1975
Der Volksentscheid in Baden fand am 7. Juni 1970 statt: 81,9 % der Abstimmenden stimmte für den Verbleib beim Land Baden-Württemberg; 18,1 % entschieden sich für eine Wiederherstellung des alten Landes Baden.
Die Volksentscheide in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wurden am 19. Januar 1975 durchgeführt. Dabei entschieden sich:
- für Wiederherstellung des Landes Oldenburg 31 %
- für Wiederherstellung des Landes Schaumburg-Lippe 39,5 %
- für Umgliederung der Regierungsbezirke Koblenz und Trier des Landes Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen 13 %
- für Umgliederung der Regierungsbezirke Montabaur und Rheinhessen des Landes Rheinland-Pfalz nach Hessen 14,3 % bzw. 7,1 %.
Die beiden Volksentscheide in Niedersachsen waren somit erfolgreich. Damit war der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen, denn vom Ergebnis eines Volksentscheids durfte nur abgewichen werden, wenn dies zur Erreichung der Ziele der Neugliederung nach Absatz 1 erforderlich ist. Der reagierte, indem er im Gesetz über die Regelung der Landeszugehörigkeit des Verwaltungsbezirks Oldenburg und des Landkreises Schaumburg-Lippe nach Art. 29 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes bestimmte, dass beide Gebiete bei Niedersachsen verbleiben müssen. Begründung war, dass die Schaffung selbständiger Länder Oldenburg und Schaumburg-Lippe den Zielen einer zeitgerechten Neugliederung widerspreche[9]. Eine Klage des „Komitees Volksentscheid Oldenburg“ gegen diese Entscheidung wurde vom Bundesverfassungsgericht als unzulässig abgewiesen [10].
Die Verfassungsänderung von 1976
Am 24. August 1978 wurde der bis dahin bindende Auftrag zur Neugliederung des Bundesgebiets in eine „Kann-Vorschrift“ abgeändert: Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden … – Abs. 1. Gleichzeitig wurden die Richtbegriffe für eine Neugliederung geändert. Der Begriff der Größe und Leistungsfähigkeit rückte nunmehr an die erste Stelle; der Begriff des sozialen Gefüges entfiel, an seine Stelle traten die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung. Der im alten Absatz 4 mögliche Volksentscheid im gesamten Bundesgebiet wurde gestrichen; somit kann eine Änderung der Landeszugehörigkeit nicht mehr gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung erzwungen werden.
Ende der 80er Jahre bemühte sich der CDU-Abgeordnete Johannes Gerster durch eine Änderung von Art. 29 Abs. 7 eine Rückgliederung der rechtsrheinischen Mainzer Stadtteile zu ermöglichen. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit kam aber nicht zustande. Auch die Diskussion um eine Neuordnung des norddeutschen Raumes lebte kurzzeitig wieder auf. Dabei wurden verschiedene Varianten (Vereinigung der vier Länder oder Verbund von Hamburg und Schleswig-Holstein) erörtert, aber letztlich blieb es beim Status quo.
Die Länderneubildung in Ostdeutschland
Eine generelle Neugliederungsdebatte begann kurz vor der Wiedervereinigung. Obwohl es aus Wissenschaft (Rutz u. a.) und Politik (Gobrecht) Vorschläge für die Einführung von nur zwei, drei oder vier Ländern auf dem Gebiet der DDR gab, wurden durch das Ländereinführungsgesetzes vom 22. Juli 1990 aus den 14 Bezirken (ohne Ost-Berlin) fünf Länder gebildet, die sich weitgehend an den Grenzen der in der DDR bis 1952 bestehenden Länder orientieren.
Der Versuch Sachsens, während der Debatten der Gemeinsamen Verfassungskommission Art. 29 wieder zu einer „Soll-Vorschrift“ zu machen, scheiterte[11]. Auch ein Vorschlag des damaligen Bundesinnenministers Schäuble, die bisher geltenden materiellen Kriterien für die Neugliederung zu streichen und eine befristete Neugliederungsmöglichkeit in zwei Phasen (bis Ende 1993 bzw. Ende 1999) zu schaffen, wurde von den Ländern mit großer Mehrheit abgelehnt[12]. Aber die Kommission empfahl, für den Raum Berlin/Brandenburg ein vereinfachtes Neugliederungsverfahren einzuführen.
Die Verfassungsänderung von 1994
Der neu in das Grundgesetz eingeführte Art. 118a sieht analog zu den Bestimmungen des alten Art. 118 eine Vereinigung von Berlin und Brandenburg abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung beider Länder vor.
Art. 29 wurde nochmals geändert und sieht u. a. auch eine Neugliederung durch Staatsvertrag zwischen Ländern vor; die maximale Einwohnerzahl für kleinere Gebietsänderungen (nach Abs. 7) wird auf 50.000 erhöht.
Die gescheiterte Länderfusion von 1996
Der Versuch einer Fusion von Berlin und Brandenburg zu einem neuen Land Berlin-Brandenburg scheiterte im Mai 1996. Zwar war der Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamenten angenommen worden, aber das laut Art. 3 Abs. 1 des Neugliederungsstaatsvertrages notwendige Quorum von 25 % der Abstimmungsberechtigten in jedem der beiden Länder wurde nicht erreicht. Der Fusionsvertrag wäre also schon mangels Mindestzustimmung nicht in Kraft getreten. Insgesamt votierten rund 63 % der abstimmenden Bürger mit Nein, knapp 37 % mit Ja. Ablehnend war vor allem die Mehrheit der brandenburgischen Wähler.
Fazit
Ob es je zu einer Neugliederung des Bundesgebiets kommen wird, ist fraglich. Das liegt weniger an dem in Art. 29 vorgesehenen Prozedere, das in der jetzigen Form „eher hindernd als fördernd“ (Schmidt-Jortzig)[13] ist, als vor allem am mangelnden Willen und Interesse in Politik und Bevölkerung. Allenfalls könnten der demografische Wandel und/oder finanzielle Zwänge in den kommenden Jahren zu Länderfusionen führen.
Neugliederung mit dem Ziel weniger Länder
Vorschläge zur Zusammenlegung von Ländern werden immer wieder von verschiedenster Seite vorgetragen. Der Vorstoß des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck zur Fusion seines Landes mit dem Saarland vom Januar 2003 stieß dort aber auf Ablehnung. Auch andere Vorschläge, wie zum Beispiel der immer wieder ins Gespräch gebrachte Beitritt des Landes Bremen mit dem Land Niedersachsen zu einem Nordweststaat, besitzen derzeit geringe Aussichten auf Erfolg. In Teilen Norddeutschlands ist die Diskussion in Politik und Medien über einen Nordstaat ein Dauerthema.
Gründe für und gegen eine Neugliederung
Als Gründe für eine Neugliederung werden typischerweise vorgebracht:
- Einsparung von Verwaltungskosten durch Wegfall von Landesparlamenten und -regierungen
- durch weniger Landtagswahlen eine Einschränkung des Dauerwahlkampfs und somit eine reformfreudigere Bundespolitik
- gerechtere Verteilung der Stimmen im Bundesrat
- gewichtigere Vertretung der Länderinteressen im Zentralstaat
- gemeinsame Politik zwischen einem Stadtstaat und dem umliegenden Land
- bessere Entwicklung für vormals geteilte Ballungsräume
- größerer Einfluss der Länder, wenn sie als Regionen vom Gewicht der kleinen bis mittleren EU-Mitgliedstaaten in Europa mitsprechen wollen[14].
Übliche Gründe gegen eine Neugliederung sind:
- Verlust regionaler Identifikation und Machtverlust durch Wegfall einer eigenen politischen Führung
- Verlust von Sitzen im Bundesrat durch begünstigende Gewichtung kleinerer Länder im Grundgesetz
- mögliche Vernachlässigung des Umlandes bei Fusion mit einem Stadtstaat, falls sich die Politik auf die Großstadt konzentriert
- Übernahme der Probleme der Vorgängerländer wie Landesschulden oder strukturschwache Regionen
- weitaus größere Unterschiede bei der Fläche und der Anzahl der Einwohner bei den Gliedstaaten anderer Bundesstaaten (Schweiz, USA, Brasilien) haben keine Forderung nach einer Neugliederung hervor gebracht
- Verlust der Bürgernähe einer Regierung durch größere Zuständigkeitsbereiche und Schwächung der direkten Demokratie
- möglicherweise geringere Einsparung von Verwaltungskosten durch Einrichtung von regionalen „Mittelinstanzen“[15] als Kompensation für verlorene Hauptstadtfunktionen. [16]
Arten und Vorschläge der Neugliederung
Es gibt unterschiedliche Arten der Neugliederung, die in den verschiedenen Vorschlägen meist als Gesamtkonzept kombiniert werden: Fusionen von Ländern (wie 1952 zu Baden-Württemberg), oder Grenzkorrekturen zwischen zwei Ländern (wie z. B. 1955 Landkreis Lindau zurück an Bayern).
Konkrete Vorschläge für eine Neugliederung nach 1990
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17 Länder | 12 Länder | 9 Länder | 8 Länder | 7 Länder | 6 Länder | 6 Länder | 6 Länder |
Neugliederung (anderer Länder- zuschnitt) |
Fusion (ohne kleine Länder) |
Fusion | Neugliederung | Fusion und Spaltung ST (ähnliche Einwohnerzahl) |
Neugliederung | Fusion | Fusion (ähnliche Einwohnerzahl) |
Werner Rutz 1995 | populäre Variante | Döring 2003 | Werner Rutz 1995 | Miegel 1990 und Ottnad 1997 | Werner Rutz 1995 | Apel 1997 |
Alle Fusionsmodelle erzwingen eine durchschnittliche Vergrößerung der Bundesländer durch Zusammenlegung. Daher lassen sich die Eckdaten der zu schaffenden Länder arithmetisch aus den bisherigen Ländern berechnen. Da diese Varianten formal „einfach“ zu schaffen wären, stehen diese Modelle in der folgenden Einzelerläuterung vornean.
In den folgenden Tabellen werden die Metropolregionen in Bundesländern, in denen ihr Zentrum liegt – was nicht zwingend heißt, dass dort die Mehrheit der Einwohner lebt, siehe Bremen – fett gedruckt. Kleindruck bedeutet dem gegenüber, dass das betreffende Land nur marginale Anteile hat.
16 Länder (bisheriger Stand)
Nach bisherigem sieht es wie folgt aus.
- Ländergrößen zwischen 404 und 70.552 km², im Durchschnitt 22.318 km² bei einem Gini-Koeffizienten von 56,80 %
- Einwohnerzahlen zwischen 0,7 und 18 Millionen, im Durchschnitt 5,14 Millionen bei einem Gini-Koeffizienten von 53,97 %
- Einwohnerdichten zwischen 72 und 3834 Einwohnern pro km²
- Die Zentren der 11 Metropolregionen liegen in nur 9 der 16 Bundesländer.
- 3 Bundesländer kommen ohne nennenswerte Anteile an Metropolregionen aus.
- 6 Metropolregionen liegen nicht-marginal an Ländergrenzen
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12-Länder-Modell
Dieses Modell sieht die Eingliederung der 3 Stadtstaaten und des Saarlandes in benachbarte Flächenländer vor.
- Ländergrößen zwischen 16.172 und 70.552 km²
- Einwohnerzahlen zwischen 1,7 und 18 Millionen
- Einwohnerdichten zwischen 72 und 528 Einwohnern pro km²
- Die Zentren der 11 Metropolregionen liegen in 8 der 12 Bundesländer
- 2 Bundesländer kommen ohne nennenswerte Anteile an Metropolregionen aus
- 4 Metropolregionen liegen nicht-marginal an Ländergrenzen
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9-Länder-Modell
Zusätzlich zum 12-Länder-Modell fusioniert Schleswig-Holstein/Hamburg mit Mecklenburg-Vorpommern, Berlin-Brandenburg mit Sachsen-Anhalt und Sachsen mit Thüringen.
- Ländergrößen zwischen 21.225 und 70.552 km²
- Einwohnerzahlen zwischen 5 und 18 Millionen
- Einwohnerdichten zwischen 158 und 528 Einwohnern pro km²
- Die Zentren der 11 Metropolregionen liegen in 8 der 9 Länder
- Alle Länder haben nennenswerte Anteile an Metropolregionen
- 3 Metropolregionen liegen nicht-marginal an Ländergrenzen
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8-Länder-Modell
Im Modell nach Henning Voscherau fusionieren zusätzlich zum 12-Länder-Modell Schleswig-Holstein/Hamburg mit Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, sowie Rheinland-Pfalz/Saarland mit Hessen und Thüringen[18]
- Ländergrößen zwischen 30.371 und 70.552 km², im Durchschnitt 44.638 km², bei einem Gini-Koeffizienten von 84,35 %
- Einwohnerzahlen zwischen 6 und 18 Millionen, im Durchschnitt 10,28 Millionen, bei einem Gini-Koeffizienten von 78,73 %
- Einwohnerdichten zwischen 158 und 528 Einwohnern pro km²
- Die Zentren der 11 Metropolregionen liegen in allen 8 Ländern
- Alle Länder haben nennenswerte Anteile an Metropolregionen
- 3 Metropolregionen liegen nicht-marginal an Ländergrenzen
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6-Länder-Modell
Das Modell von Andreas Barthelmess und Philipp Hübl, Mitglieder des Club of Rome, geht noch etwas weiter als das Modell von Henning Voscherau. Zusätzlich zu seinem Modell fusionieren die Länder Berlin-Brandenburg und Sachsen/Sachsen-Anhalt, sowie die Länder Niedersachsen/Bremen mit Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern. [19]
- Ländergrößen zwischen 34.086 und 87.768 km², im Durchschnitt 59.157 km², bei einem Gini-Koeffizienten von 82,16 %
- Einwohnerzahlen zwischen 11 und 18 Millionen, im Durchschnitt 13,70 Millionen, bei einem Gini-Koeffizienten von 91,01 %
- Einwohnerdichten zwischen 158 und 528 Einwohnern pro km²
- Die Zentren der 11 Metropolregionen liegen in allen 6 Ländern
- Alle Länder haben mindestens eine Metropolregionen
- 3 Metropolregionen liegen nicht-marginal an Ländergrenzen
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7-Länder-Modell
Auch das 7-Länder-Modell nach Miegel und Ottnad ist, von der Zweiteilung Sachsen-Anhalts abgesehen, ein reines Fusionsmodell.
Zusätzlich zum 12-Länder-Modell fusioniert Schleswig-Holstein/Hamburg mit Niedersachsen/Bremen, Berlin-Brandenburg mit Mecklenburg-Vorpommern und dem Norden Sachsen-Anhalts, Sachsen mit Thüringen und dem Süden Sachsen-Anhalts sowie Rheinland-Pfalz/Saarland mit Hessen.
- Ländergrößen zwischen 34.086 und 70.552 km²
- Einwohnerzahlen zwischen 8 und 18 Millionen
- Einwohnerdichten zwischen 134 und 528 Einwohnern pro km²
- In jedem Land liegt mindestens 1 Zentrum eines der 11 Metropolregionen
- 1 Bundesland beheimatet 3 Metropolregionen
- 1 Metropolregion liegt nicht-marginal an Ländergrenzen
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8-Länder-Modell nach Rutz
Das 8-Länder-Modell nach Werner Rutz 1995 ist zum einen bemüht, vergleichbar große Länder zu schaffen, zum anderen Wirtschaftsräume – insbesondere die 11 Metropolregionen – unzerschnitten auf nur je ein Bundesland auszudehnen. Neben der Teilung und Fusion einiger Bundesländer sieht das Modell auch Grenzkorrekturen vor, die darauf abzielen, die Vorschläge bei den Bevölkerungen der Bundesländer konsensfähig zu machen – z. B. Ausgleichsgebiete an Bayern für die Abgabe von Neu-Ulm (Fusion mit Ulm im Südweststaat) und dem Raum Aschaffenburg (Metropolregion Rhein-Main). Teilweise wachsen auch historische Landstriche – z. B. die durch den Rhein geteilte Pfalz – wieder zusammen.
Folgende Fusionen, Teilungen und Verschiebungen sind in der Hauptsache angedacht:
- Nordelbingen ("Nordstaat") entsteht aus der Fusion von Schleswig-Holstein, Hamburg, dem Westen von Mecklenburg-Vorpommern (Mecklenburg außer seinem äußersten Osten) und dem zur Metropolregion Hamburg gehörenden Streifen im Nordosten Niedersachsens
- Niedersachsen fusioniert mit Bremen, gibt einen elbnahen Streifen im Nordosten an Nordelbingen ab und erhält von NRW Teile des Kreises Minden-Lübbecke und das Tecklenburger Land
- Nordrhein-Westfalen gibt die genannten beiden Regionen im Norden an Niedersachsen ab und erhält im Süden u. a. den zum Wirtschaftsraum Siegerland gehörigen Oberkreis (bisher Teil des Kreis Altenkirchen, RP) und zum Wirtschaftsraum Bonn grenzende Orte im Rheintal
- Mittelrhein-Hessen entsteht durch Fusion von Hessen mit dem Norden von Rheinland-Pfalz (Regierungsbezirk Trier und große Teile Rheinhessens). Aus dem heutigen Bayern wird der Raum Aschaffenburg (Rhein-Main-Gebiet) integriert, dafür werden südliche Landesteile an Odenwald und Bergstraße an den Südweststaat abgegeben.
- Pfalz-Schwaben entsteht durch Fusion von Baden-Württemberg mit der linksrheinischen Pfalz, dem Süden Rheinhessens (Worms) – beide bisher RP – und dem Saarland. Ulm wird um den Raum Neu-Ulm (bisher Bayern) erweitert, Teile von Oberschwaben (nördlich des Bodensees) und der Raum Heidenheim gehen im Gegenzug an Bayern
- Bayern erhält, neben bereits aufgeführten Verschiebungen, einige Gemeinden im Süden der Kreise Hildburghausen und Sonneberg von Thüringen
- (Groß-)Brandenburg entsteht durch Fusion aus Brandenburg, Berlin, dem Norden von Sachsen-Anhalt und Vorpommern nebst Mecklenburg-Strelitz (bisher Osten von MV). Teile im Südwesten gehen an Thüringen-Sachsen
- Thüringen-Sachsen entsteht per Fusion von Thüringen, Sachsen und dem Süden Sachsen-Anhalts sowie südwestlicher Teile des heutigen Landes Brandenburg.[20][21]
Kenngrößen für diese Neugliederung:
- Ländergrößen zwischen 30.317 und 71.337 km²
- Einwohnerzahlen zwischen 6,3 und 16,3 Millionen
- Einwohnerdichten zwischen 156 und 538 Einwohnern pro km²
- Alle 11 Metropolregionen liegen je ungeteilt in genau einem der 8 Länder
- Die 8 größten Metropolregionen liegen je in genau einem der 8 Länder
- Jedes Land hat mindestens eine und höchstens zwei Metropolregionen
- Etwa 50–75 % der Bevölkerung eines jeden Landes lebt in Metropolregionen
Bei den Einwohnerzahlen der Metropolregionen (MPR) ist zu beachten, dass diese ein raumplanerisch mehr oder weniger willkürlich umfasstes Umland mit einbeziehen. So besteht z. B. die Metropolregion Berlin-Brandenburg aus genau beiden bisherigen Bundesländern, während die Metropolregion München sich vergleichsweise dicht an der Stadt orientiert. Die Stadt Worms und der Landkreis Bergstraße sind bislang gar gleichzeitiger Bestandteil zweier verschiedener Metropolregionen (Rhein-Main und Rhein-Neckar).
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Alternativ: 17-Länder-Modell nach Rutz
Alternativ zu den Lösungen, die eine Verringerung der Anzahl Bundesländer vorsehen, hat Werner Rutz auch ein Modell vorgelegt, das die Anzahl der Länder in etwa erhält, sich jedoch deutlich stärker an den existierenden Verdichtungs- und Wirtschaftsräumen orientiert. Dabei wurde untersucht, inwieweit ein Verdichtungsraum geeignet erscheint, Kern eines (u. U. kleineren) Bundeslandes zu werden. Hierzu wurde u. a. geprüft, ob der jeweilige Verdichtungsraum zusammen mit seinem Umland auf die Mindesteinwohnerzahl von 1,9 Millionen (Vergleichszahl Mecklenburg-Vorpommerns) käme oder nicht.
Die entstehenden Länder wären landsmannschaftlich vergleichsweise homogen. Dem folgend, orientiert sich die Namensgebung z. T. an mittelalterlichen Territorialnamen.[20][23]
Dieses Modell ergibt:
- Ländergrößen zwischen 8.438 und 40.461 km²
- Einwohnerzahlen zwischen knapp 2 und 16 Millionen
- Einwohnerdichten zwischen 81 (MV) bzw. 152 und 570 Einwohnern pro km²
- Die 11 Metropolregionen liegen in je verschiedenen Bundesländern.
- Auch kleinere Ballungsgebiete bleiben ungeteilt
In der Spalte "Zentren" sind Metropolregionen je fett gedruckt. Auch namentlich nicht genannte größere Städte der Metropolregion liegen im jeweiligen Bundesland. Indes liegen u. U. Randbereiche, die bislang raumplanerisch zur Metropolregion gezählt werden, in Nachbarländern, da sie eher dem Einzugsgebiet eines dortigen, kleineren Zentrums zuzuordnen sind.
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Alternativen zur Neugliederung
Alternativ zu einer Neugliederung werden im öffentlichen Bereich andere Wege gegangen, die durch Staatsverträge in den einzelnen Fällen geregelt werden.
Die Landesrundfunkanstalten der ARD sind das deutlichste Beispiel und prägen auch die regionale Zugehörigkeit über Ländergrenzen hinweg („Mitteldeutschland“, „SWR3-Land“). Beim Beispiel der Bundesbank, der Landesbanken, des DGB und der Bahn (DB Regio) sind es ökonomische oder verwaltungstechnische Gründe für eine Zusammenarbeit. Die Karte der Verkehrsverbünde zeigt wie derzeit schon grenzüberschreitend zusammengearbeitet wird. Bei der katholischen und evangelischen Kirche wurden schon einige Fusionen durchgeführt, die die Anzahl der Kirchenprovinzen verringern und die Grenzen von 1815 bzw. die Teilung West-/Ost-Deutschland überwinden.
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Bundespolizeipräsidien und -ämter | ![]() |
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ARD | Bundespolizei | Ordentliche Gerichtsbarkeit |
THW | DGB |
9 Landesrundfunk- anstalten |
5 Präsidien und 19 Ämter |
24 Oberlandes- gerichtsbezirke |
8 Landes- verbände |
9 Bezirke |
Bundesbank Hauptverwaltungen | ![]() |
BLZ | ![]() |
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Bundesbank | Landesbanken | Bankleitregionen | Postleitregionen | Telefonvorwahl- bereiche |
9 Haupt- verwaltungen |
9 Banken | 8 Clearing- Gebiete |
10 Zonen | 8 regionale Vorwahlbereiche |
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DB Regio | Verkehrsverbünde | DFB | Diözesen (katholisch) |
Landeskirchen (evangelisch) |
9 Regional- leitungen |
> 70 Verbünde, nicht flächendeckend |
5 Verbände | 7 Kirchen- provinzen |
22 Glied- kirchen |
Siehe auch
- Föderalismus
- Föderalismus in Deutschland
- Föderalismusreform
- Metropolregion
- Politisches System Deutschlands
Einzelnachweise
- ↑ Klaus-Jürgen Matz: Länderneugliederung. Zur Genese einer deutschen Obsession seit dem Ausgang des Alten Reiches. Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 1997, S. 29.
- ↑ Karl-Ulrich Gelberg, Neugliederung des Reiches (1919–1945), in: Historisches Lexikon Bayerns.
- ↑ Everhard Holtmann: Die Krise des Föderalismus und der kommunalen Selbstverwaltung. In: Die Weimarer Republik. Band III. (online)
- ↑ Die Bundesländer: Beiträge zur Neugliederung der Bundesrepublik; Diskussion und Ergebnisse der Weinheimer Tagung / Referate von H. L. Brill … Inst. zur Förderung Öffentl. Angelegenheiten, Frankfurt am Main 1950. (Wissenschaftliche Schriftenreihe des Instituts zur Förderung Öffentlicher Angelegenheiten e.V.; 9), S. 47f.
- ↑ BVerfGE 13, 54 – Neugliederung Hessen
- ↑ Regierungserklärung des Bundeskanzlers Willy Brandt vom 28. Oktober 1969.
- ↑ Erich Röper: Aspekte der Neugliederung des Bundesgebiets. In: Der Staat. 14. Jg. (1975), S. 305.
- ↑ Edda Müller: Der Stand der Neugliederungsdiskussion. In: Die Öffentliche Verwaltung. 27. Jg. (1974), Heft 1, S. 1.
- ↑ Bundesrat Drucksache 551/75. 5. September 1975
- ↑ BVerfGE 49, 15 – Volksentscheid Oldenburg
- ↑ Ein Land – 16 Länder – oder darf es ein bisschen weniger sein?
- ↑ Reinhard Schiffers: Weniger Länder, mehr Föderalismus? Droste, Düsseldorf 1996, S. 88f.
- ↑ Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung Kommissionsdrucksache 0033.
- ↑ Werner Rutz: Die Gliederung der Bundesrepublik in Länder: ein neues Gesamtkonzept für den Gebietsstand nach 1990. Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1995, S. 96.
- ↑ Die Anregung eine solche Kompensation durch Aus- oder Aufbau von Mittelinstanzen („Provinzen“) zu bewerkstelligen wurde auf dem Cappenberger Gespräch gemacht. Vgl. Länderreform und Landschaften (1969 – Münster), Schriftenreihe Cappenberger Gespräche Bd. 3. G. Grotesche Verlagsbuchhandlung, Köln-Berlin 1970, S. 83f.
- ↑ Auch Rutz schlägt für seine Sechs-Länder-Lösung die Einrichtung von Mittelinstanzen („Landschaftsverbände neuer Art“) vor, die in der Regel mit bestehenden Regierungsbezirken bzw. Trägern der Regionalplanung zu verschmelzen seien, um eine „sparsame und wirkungsvolle Länderverwaltung“ zu gewährleisten. Rutz, a.a.O., S. 78 ff.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Gebiet und Bevölkerung, Stand: 31. Dezember 2007, Einw./km² aus den Originalzahlen errechnet. Alle Zahlen kaufmännisch gerundet.
- ↑ Wolfgang Clement, Friedrich Merz: Was jetzt zu tun ist S. 89f.
- ↑ Der Spiegel: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,454565,00.html Plädoyer für die starken Sechs
- ↑ a b c d e f g Quelle: "Länderneugliederung als Reformoption" unter besonderer Berücksichtigung von Berlin-Brandenburg (pdf, 530 kB)
- ↑ Quelle: „Das Land Baden-Württemberg und die möglichen Grenzveränderungen bei einer Neugliederung des Bundesgebiets“, insbesondere Karte S. 8 (PDF-Datei; 518 kB)
- ↑ siehe Liste der Metropolregionen in Deutschland
- ↑ a b c Wieviel Länder braucht die Republik? (Rubin, Uni Bochum)
Literatur
- Daniel Buscher: Der Bundesstaat in Zeiten der Finanzkrise. Ein Beitrag zur Reform der deutschen Finanz- und Haushaltsordnung (Föderalismusreform), Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-13166-2.
- Benjamin-Immanuel Hoff: Länderneugliederung. Ein Modell für Ostdeutschland. Leske und Budrich, Opladen 2002.
- Rudolf Hrbek: Das Problem der Neugliederung des Bundesgebietes. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. – Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 46/71, S. 3 ff.
- Klaus-Jürgen Matz: Länderneugliederung. Zur Genese einer deutschen Obsession seit dem Ausgang des Alten Reiches. Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 1997.
- Werner Rutz, Konrad Scherf, Wilfried Strenz: Die fünf neuen Bundesländer – historisch begründet, politisch gewollt, und künftig vernünftig? Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993.
- Werner Rutz: Die Gliederung der Bundesrepublik in Länder: ein neues Gesamtkonzept für den Gebietsstand nach 1990. Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1995.
- Reinhard Schiffers: Weniger Länder, mehr Föderalismus? Droste, Düsseldorf 1996.
- Reinhard Timmer: Neugliederung des Bundesgebietes – Kurzfassung des Berichts der Sachverständigenkommission für die Neugliederung des Bundesgebietes. Hrsg. im Auftr. des Bundesministeriums des Innern von der Sachverständigenkommission für die Neugliederung des Bundesgebietes, Carl Heymanns, Köln 1973.
Weblinks
- Neugliederung der Bundesrepublik Deutschland
- „Wieviel Länder braucht die Republik?“
- „Das Land Baden-Württemberg und die möglichen Grenzveränderungen bei einer Neugliederung des Bundesgebiets“ (PDF-Datei; 518 kB)
- BVerfGE 1, 14 – Südweststaat
- "Länderneugliederung als Reformoption" unter besonderer Berücksichtigung von Berlin-Brandenburg (pdf, 530 kB)
- Vorschläge zur Neugliederung aus: Informationen zur politischen Bildung (Heft 275)
- Anregung einer Diskussionserweiterung zu Art. 29 GG