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Herzschrittmacher

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Ein Herzschrittmacher ist ein medizinisches elektrisches Gerät, welches die Herzfrequenz bei zu langsamem Herzschlag (Bradykardie) beschleunigen kann.

Neuere Schrittmacher haben darüber hinaus weitere Funktionen: Sie können einen Herzblock zwischen Vorhof und Kammer überbrücken (Triggerung). Sie können Herzeigenaktionen erkennen und dann selbst nicht in Aktion treten (Inhibition). Sie können ihre Schlagfolge an die Körperaktivität des Schrittmacherträgers anpassen (frequenzadaptiver Schrittmacher). Sie können durch Überstimulation und andere Tricks Vorhofrhythmusstörungen vermeiden helfen (präventives Pacing). Sie können Herzrhythmusstörungen des Trägers aufzeichnen (Holterfunktionen). Sie können bei Linksschenkelblock und schlechter Kammerfunktion die Pumpfunktion des Herzens durch bi- oder linksventrikuläre Stimulation verbessern (kardiale Resynchronisationstherapie). Herzschrittmacherfunktionen werden auch in ICDs implementiert, um das Herz wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen, nachdem es aus dem Flimmern "herausgeschockt" wurde.

Herzschrittmacher sind nach langen Jahren der technischen Verbesserung mittlerweile sehr sichere und gut funktionierende Systeme, die die chronische Medikamentenbehandlung von langsamen Herzrhythmusstörungen praktisch völlig überflüssig gemacht hat. Das Durschnittsalter bei der Erstimplantation beträgt derzeit 75 Jahre.

Der Generator, im Volksmund oft fälschlicherweise als Batterie bezeichnet, besteht aus einer Lithiumjodid- Batterie und der Elektronik, beides ist in einem gemeinsamen Gehäuse unter gebracht. Ein moderner Herzschrittmacher hat eine Funktionsdauer zwischen 5 und 12 Jahren, im Durchschnitt 8 Jahre. Dann wird ein Generatorwechsel durchgeführt, der heute dank genormter Stecker (IS-1- Standard) sehr einfach geworden ist.

Ein Schrittmachersystem besteht im wesentlichen aus 2 Komponenten:

  • Die Batterie mit der Elektronik (Generator)
  • Das oder die Kabel (auch Sonde oder Elektrode genannt)

Bei den Kabeln gibt es

Typen

Es gibt drei verschiedene Arten von Herzschrittmachern

  • Externer (nichtinvasiver) Schrittmacher
    • Über große aufklebbare Elektroden wird ein regelmäßiger Stromstoß durch die Haut gegeben, der auch das Herz stimuliert.
    • Nur im Notfall sinnvoll.
  • Passagerer Schrittmacher
    • Es wird über ein Vene ein Kabel ins rechte Herz eingeführt.
    • Über eine außen angeschlossene Batterie und ein Steuerungssystem wird dann das Herz stimuliert.
    • Nur wenige Tage sinnvoll, da sonst Infektionsgefahr besteht.
  • Permanenter Schrittmacher
    • Eine Batterie wird unter die Haut dauerhaft eingepflanzt. Über ein oder 2 Kabel wird das Herz bedarfsweise stimuliert.

Typen von Permanenten Herzschrittmachern

NBG-Schrittmachercode

Die heute angebotenen Schrittmacher lassen sich, dem seit 1988 geltenden NBG-Code (NASPE/BPEG Generic Pacemaker Code) folgend, in mehrere Gruppen einteilen, die mit maximal fünf (meist nur drei) Buchstaben abgekürzt/bezeichnet werden.

Der erste Buchstabe gibt Auskunft über den Stimulationsort. Die Buchstaben orientieren sich dabei an der anatomischen Lage der Elektrode. "V" steht für Stimulation im Ventrikel (Herzkammer), "A" für Stimulation im Atrium, "D" (Dual) für Stimulation in beiden Herzbereichen, "S" (Single) für eine Einkammerstimulation in Atrium oder Ventrikel und "0" für "keine Stimulation".

Der zweite Buchstabe gibt den Detektionsort an. Hier werden ebenfalls "V" für Detektion im Ventrikel, "A" für Detektion im Atrium, "D" (Dual) für Detektion in beiden Herzbereichen, "S" (Single) für eine Einkammerdetektion und "0" für "keine Detektion" verwendet.

Der dritte Buchstabe gibt die Betriebsart des Schrittmachers an. Man unterscheidet zwischen "I" (Inhibited) und "T" (Triggered): Im inhibierenden Modus kann der Schrittmacher die Abgabe eines Impulses bei eigener Herzaktivität unterdrücken, im getriggerten Modus führt ein wahrgenommenes Signal zur Impulsabgabe. "D" (Dual) heißt auch hier wieder, dass jeweils beide Modi unterstützt werden und "0", dass keiner von beiden Modi unterstützt wird.

Der vierte Buchstabe beschreibt die Programmierbarkeit, Telemetrie und Frequenzadaption. "0" bedeutet, dass der Schrittmacher nicht programmierbar ist. Mit "P" (Programmable) bezeichnet sind Schrittmacher, die eine Programmierbarkeit von maximal zwei Funktionen erlauben und mit "M" (Multi programmable) solche von mehr als zwei Funktionen. "C" (Communication) zeigt die Möglichkeit der Datentelemetrie an und "R" (Rate modulation) die Möglichkeit der Anpassung der Schrittmacherfrequenz an ein belastungsinduziertes Signal.

Der fünfte und letzte Buchstabe bezeichnet die antitachykarde Funktion. "0" bedeutet keine antitachykarde Funktion, "P" (Pacing) antitachykarde Stimulation, "S" (Shock) und "D" (Dual) Pacing und Shock.

Einkammerschrittmacher

  • Gebräuchliche Typen
    • VVI(R), AAI(R)

Der Kammerschrittmacher VVI(R) ist (leider) nach wie vor der am häufigsten verwendete Schrittmachertyp. Dieser Schrittmacher wird als Bedarfsschrittmacher verwendet. Fällt also die Herzfrequenz unter ein bestimmtes Niveau, wird nach Ablauf eines eingestellten Stimulationsintervalls ein Reiz auf die Elektrode abgegeben. Bei ausreichender Eigenherzaktivität ist der Schrittmacher nicht aktiv. Indiziert ist dieser Schrittmachertyp nur noch beim chronischen Vorhofflimmern mit bradykarder (langsamer) Überleitung.

Der Vorhofschrittmacher AAI(R) ist das Gegenstück auf Vorhofebene. Er ist ein sogenannter physiologischer Schrittmacher, weil er beim Sinusknotensyndrom die fehlende Erregungsbildung nachbildet und die Erregungsleitung den natürlichen Weg gehen läßt.

Eine Bezeichnung für den Einkammerschrittmacher, zu finden auf der Verpackung oder dem Schrittmacherausweis, kann auch SSI lauten, wobei das "S" jeweils für "Single" steht, also ein Einkammergerät.

Zweikammerschrittmacher

  • Gebräuchliche Typen
    • DDD(R), VDD

Der Zweikammerschrittmacher DDD(R) ist eine Vereinigung der beiden Bedarfsschrittmachertypen VVI und AAI. Die Stimulation über die Elektrode erfolgt bei Bedarf in Vorhof und Kammer nach Ablauf einer eingestellten Verzögerungszeit. Eine spontane Herzaktivität, im Atrium oder Ventrikel, führt, wie auch bei den Einkammerschrittmachern, zur Unterdrückung der Reizabgabe in der jeweiligen Kammer. Des Weiteren kann der DDD(R)- Schrittmacher detektierte Vorhofaktionen auf die Kammer weiterleiten (triggern). Dies ist das Prinzip beim atrioventrikulären Block (AV- Block) und wird VAT- Funktionalmodus genannt.

Der VDD- Schrittmacher stellt eine Sonderform des 2- Kammerschrittmachers dar und ist nur angezeigt beim AV- Block, da der VDD- Schrittmacher im Vorhof nur detektieren, aber nicht stimulieren kann. Dafür ist bei diesem Schrittmacher nur eine Elektrode erforderlich, die in der Spitze der rechten Herzkammer fixiert wird und die Vorhofsignale über 2 frei schwimmende Elektrodenringe aufnimmt, die sich an der Elektrode in Höhe des Vorhofes befinden.

Weitere Typen

  • Dreikammerschrittmacher (biventrikulärer Herzschrittmacher)
    • Bei Linksschenkelblock und schlechter Kammerfunktion, die symptomatisch ist, das heißt eine eingeschränkte kardiale Belastbarkeit des Schweregrades III oder IV nach NYHA mit sich führt. Es gibt Hinweise, dass so die Lebensqualität und auch die Wahrscheinlichkeit des Überlebens verbessert werden.

Hierzu wird eine dritte Elektrode venös über den Koronarvenensinus in Höhe der Seitenwand (posterolateral) der linken Herzkammer eingebracht. Durch bi- oder linksventrikuläre Stimulation wird der Kontraktionsablauf der linken Herzkammer wieder resynchronisiert. Beim Linksschenkelblock kontrahiert sich zuerst die Kammerscheidewand (Septum), anschließend die Posterolateralregion, was zum ineffektiven Pendelfluß innerhalb der Herzkammer führt und die Auswurfleistung erheblich verschlechtern kann.

  • Frequenzadaptive Schrittmacher
    • Jeder Herzschrittmachertyp läßt sich mit einem sogenannten Sensor versehen, der auf unterschiedlichste Art und Weise versucht, die Stimulationsfrequenz an den aktuellen Bedarf anzupassen. So sollte bei körperlicher Anstrengung die Herzfrequenz ansteigen. Im Einsatz sind viele unterschiedliche Prinzipien. Der verbreitetste Sensortyp ist der sogenannte "Wackelsensor", der auf Erschütterungen reagiert (Piezokristall, Akzelerometer), des Weiteren gibt es u. a. den QT- Sensor, den Atemminutenvolumensensor und einige andere mehr. Es gibt mittlerweile auch Schrittmacher, die 2 Sensoren besitzen, um Vorteile der einzelnen Prinzipien zu kombinieren und Nachteile zu mildern (2- Sensorschrittmacher).

Geschichte

Der erste vollständig in den menschlichen Körper eingebettete Herzschrittmacher wurde am 8. Oktober 1958 von Åke Senning und Elmquist in Stockholm eingepflanzt. Die Geschichten, dass der Herzschrittmacher ebenso wie Teflon ein Nebenprodukt der Weltraumfahrt ist, sind ein reines Märchen.

Sicherheitshinweise für Träger von Herzschrittmachern

In seltenen Ausnahmefällen können von einigen Geräten ausgehende elektromagnetische Felder vorübergehende Störungen des Herzschrittmachers verursachen. Anzeichen für eine mögliche Störung können Schwindel, Herzklopfen oder ein unregelmäßiger Puls sein. Sobald der Träger das entsprechende Gerät ausgeschaltet oder sich von der Störquelle entfernt hat, arbeitet ein Herzschrittmacher wieder normal. Sicherheitshalber sollten beim Einkaufen vorhandende Diebstahlsicherungsanlagen (z.B. hinter den Kassen und am Ein- und Ausgang) zügig durchquert werden und man sollte nicht in dem Bereich stehen bleiben. Auch sollten elektrische Geräte ca. 15-20 cm von einem Herzschrittmacher entfernt gehalten werden u.a. Haartrockner, Rasierapparate, Lötkolben, Mobilfunkgeräte, Funksprechgeräte, Bohrmaschinen, Tischsägen, Lautsprecheranlagen, Heizkissen, Fernsteuerungen, Magnete. Wobei mit Ausnahme größerer Magnete (z.B. in Magnetmatten gegen Rückenschmerzen) nur selten tatsächlich Störungen auftreten. Generell meiden sollten Herzschrittmacherträger die sogenannte Magnetröhre (MRT), da diese starke wechselnde Magnetfelder erzeugt. Röntgenröhren (sogenanntes CT) sind dagegen unbedenklich.

  • Magnetfunktion

Die Magnetfunktion des Herzschrittmachers ist ein Notfallmodus. Falls es zu Fehlern bei der Detektion der Eigenaktionen des Herzens oder anderen Komplikationen kommt, kann man dem Patienten einen Dauermagneten auf den Herzschrittmacher legen. Dies sollte allerdings nur unter einer EKG-Überwachung erfolgen, da die Magnetauflage eine asynchrone Stimulation (V00 bei Einkammersystemen, bzw. D00-Modus bei 2 Kammer-Systemen) zur Folge hat. Eigenaktionen des Herzens werden dann komplett ignoriert (natürlich auch alle möglichen Störsignale), theoretisch ist damit aber auch eine Stimulation des Gerätes in die sogenannte vulnerable Phase des Herzens möglich (sog. R auf T-Phänomen) was lebensbedrohliches Kammerflimmern auslösen kann. Im Magnetmodus erregen Schrittmacher das Herz starrfrequent mit 60-100 Schlägen pro Minute (je nach Modell und Firma, z.B. neuere Medtronic 85 bpm, Guidant 100 bpm, St. Jude 98 bpm, mehrere Modelle mit der programmierten Grundfrequenz) und ignorieren alle Eigenaktionen des Herzens. Weiterhin stellt die Magnetfrequenz einen Marker der noch vorhandenen Batterieladung des Aggregates dar, so dass eine Änderung der Magnetfrequenz auf eine drohende Batterieerschöpfung hinweisen kann. Genaue Infromationen zur Magnetfrequenz und deren Aussage finden sich im "Lampadius" - einer Zusammenstellung der technischen Daten der bekannten Herzschrittmacher und implantierbaren Defibrillatoren. Die Magnetfunktion eines implantierbaren Defibrillators liegt dagegen in aller Regel darin, dass die gegen schnelle aus der Herzkammer kommende Rhythmusstörungen gerichteten Therapien mittels Magnet ausgeschaltet werden. Dies ist z.B. bei Operationen sinnvoll, bei denen der Chirurg das "elektrische Messer" verwendet. Diese Stromanwendung kann ansonsten zu Abgabe unnötiger Elektroschocks führen. Diese Funktion kann in Einzelfällen aber auch dauerhaft ausgeschaltet werden

Schrittmacherfirmen