Phänomenologie
Einleitung
Die Phänomenologie ist die Lehre von den Erscheinungen im Sinne einer reinen Wesensschau.
Sie ist eine Strömung der zeitgenössischen Philosophie, die ihre Wurzeln in der Brentanoschule hat und größtenteils auf den Werken von Edmund Husserl basiert.
Das phänomenologische Denken hat die Entwicklung des Existentialismus in Deutschland und Frankreich entscheidend geprägt und voran getrieben. Es zieht sich durch die wichtigsten Werke von Jean-Paul Sartre, Maurice Merleau-Ponty und Martin Heidegger.
Die Intentionalität des Bewusstseins
Die Philosophen und Psychologen Franz Brentano und Carl Stumpf waren wichtige Lehrer Husserls, und er hat viele zentrale Ideen der Phänomenologie aus ihren Theorien entnommen. Das vielleicht wichtigste Element welches Husserl von Brentano übernahm ist das Konzept der Intentionalität des Bewusstseins.
Mit Intentionalität ist die Tatsache gemeint, das unser Bewusstsein immer auf etwas gerichtet ist, also ein Bewusstsein "von etwas" ist.
Husserl differenzierte dies noch
- "noetisch" ist, was sich auf den Bewusstseinsakten (glauben, wollen, hassen, lieben ...) bezieht
- "noematisch" ist, wie der Gegenstand durch diese noetischen Akte erscheint (das jeweils Gegelaubte, Gewollte, Gehasste, Geliebte ...).
Was wir betrachten, ist also nicht der Gegenstand, wie er wirklich ist, sondern der ihm durch die intentionalen Akte des Bewusstseins gegebene Sinn. Will man aber das Wesen eines Gegenstandes erkennen, so bedarf es einer Ausschaltung dieser "unwesentlichen" Eigenschaften, die ja zudem immer subjektiv sind.
Die Ausklammerung von Unwesentlichem
Die Phänomenologie ist eine Denkmethode, die von der Frage absieht, ob der Erkenntnisgegenstand auch unabhängig vom erkennenden Bewusstsein existiert.
Das phänomenologische Denken klammert sukzessive jede Vormeinung und Vorentscheidung aus. Ziel ist dabei, "zu den Sachen selbst" vorzudringen.
Das auf diese Weise geschaute Phänomen zeigt am Ende sein gesamtes reines Wesen.
Das Ausklammern der Vormeinungen nannte Husserl "eidetische Reduktion", bzw. "Epoché". Dabei sollen zunächst alle theoretischen Annahmen (Hypothesen, Beweisführungen, tradiertes Vorwissen ...) über den betrachteten Gegenstand ausgeschaltet werden. In einem zweiten Schritt wird die Existenz des Gegenstandes insofern ausser Betracht gelassen, dass sich nur die "Washeit" zeigt, also auf das, was der Gegenstand ist, sein Wesen.
Die sukzessive Ausklammerung der (zunächst) nebensächlichen Aspekte oder Eigenschaften ist aber keine Leugnung. Sie enthält auch kein Werturteil über das Ausgeklammerte. Es kann anschliessend ebenso phänomenologisch betrachtet werden. Die Ausklammerung ist nur nötig für die Dauer der Betrachtung eines einzelnen Phänomens.
Dies erst macht den Blick freie für eine intuitive Wesensschau. Das Phänomen zeigt sich nun von selbst in seinem ganzen Wesen.
Der Sinn und die Notwendigkeit dieser Denkmethode wird im Alltag immer wieder deutlich. Kein Gegenstand und erst recht kein Lebewesen ist "einfach" in seiner äußeren Erscheinung. Die Komplexität eines jeden "Dings" und unser Unvermögen, alle Aspekte eines betrachteten Gegenstandes gleichzeitig zu erfassen, erfordert ein kosequentes und strukturiertes Vorgehen, will man dem Wesen des Betrachteten gerecht werden.
Damit ist es nicht nur möglich, Vorurteile (Projektionen) und unhinterfragte Meinungen effektiv auszuschalten. Ebenso gelingt dem Betrachter eine bessere Selbsteinschätzung. So sieht etwa ein ängstlicher Mensch die Kraft eines Feindes doppelt.
Externe links
English: