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Wahlrecht

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Das Wahlrecht der Staatsbürger ist eine der tragenden Säulen der Demokratie. Das Recht auf Wahlen soll sicherstellen, dass die Souveränität der Bevölkerung gewahrt bleibt.

Es gibt sowohl ein aktives Wahlrecht, als auch ein passives Wahlrecht. Menschen mit aktivem Wahlrecht dürfen wählen, Menschen mit passivem Wahlrecht können gewählt werden. In modernen Demokratien werden beide Rechte meist dem selben Personenkreis gewährt, es kann jedoch in bestimmten Sonderfällen vorkommen, dass die Hürden für die passive Wahlberechtigung höher sind.

Aktives Wahlrecht

Das aktive Wahlrecht ist das Recht, bei einer Wahl einen zur Wahl stehenden Wahlberechtigten zu wählen.

Deutschland

In Deutschland wird auf Bundesebene nur der Bundestag von den Staatsbürgern gewählt, wo prinzipiell jeder Bundesbürger (Bundesdeutscher und eingebürgerter Ausländer) wählen darf, der 18 oder mehr Jahre alt ist, im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und nicht entwürdigt ist (siehe: Bundestagswahlrecht). Das Mindestalter zur Teilnahme an den Landtagswahlen kann von den Bundesländern geregelt werden.

Österreich

In Österreich auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Wahlrechts die Möglichkeit an der Wahl

  • zum Landtag oder
  • zum Nationalrat oder
  • zum Bundespräsidenten (§ 4 BPräsWG) teilzunehmen für Personen, die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. (Art. 26/1 B-VG) (zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2003)
  • zum Gemeinderat nach analogen Bestimmungen zum Art. 26/1 B-VG teilzunehmen. (Art 95/2 B-VG) Hierbei obliegt die genaue Regelung den Landesgesetzen (siehe dazu Art 117/2 B-VG), wobei die Ausführungen nicht enger gezogen werden dürfen als bei der Landtagswahl (sog. "wahlrechtliches Homogenitätsgebot"). Trotzdem haben einige Bundesländer (Salzburg, Tirol das kommunale aktive Wahlalter auf 16 Jahre herabgesetzt, jedoch bestehen diesbezüglich seitens der Lehrmeinung noch Bedenken.
  • zum Europaparlament teilzunehmen für Personen, die am Stichtag die spätestens mit Ablauf des Tages der Wahl das 18. Lj. vollendet haben und gewisse Voraussetzungen erfüllen.(§ 10 EuWO iVm §2 EuWEG)
  • zum Bürgermeister analog dem jeweiligen Gemeindewahrecht in den Bundesländern, in den der Bürgermeister direkt und nicht durch den Gemeinderat gewählt wird. Das sind derzeit Burgenland und Tirol.

Bei jeder Wahl ist die Österreichische Staatsbürgerschaft Voraussetzung das Wahlrecht ausüben zu dürfen.

Bis 1982 gab es eine bundesweite Wahlpflicht zur Bundespräsidentenwahl, die bis 2004 noch in einzelnen Bundesländern fortbestand.

Passives Wahlrecht

Das passive Wahlrecht ist das Recht, bei einer Wahl, beispielsweise zum Deutschen Bundestag, von anderen Wahlberechtigten gewählt zu werden.

Gemäß EU-Vertrag Artikel 19 besitzt jeder Unionsbürger in seinem Gastland das passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und Europawahlen. Damit können sich EU-Bürger also sowohl in Deutschland wie in Österreich in ein Kommunalparlament oder Kommunalamt wählen lassen.

Rechtskräftig verurteilten Straftätern kann das passive Wahlrecht aberkannt werden. (sog. Ausschließungsgründe) Entsprechende Tatbestände sind zum Beispiel Hochverrat und Landesverrat. (näheres siehe jeweils bei den Ländern)


Deutschland

In Deutschland genießen alle volljährigen Bürger das passive Wahlrecht auf kommunaler und Bundesebene. Auf Landesebene liegt das Alter für die Wählbarkeit in Hessen bei 21 Jahren, in den übrigen Bundesländern bei 18 Jahren.

Für folgende Ämter sind in der Bundesrepublik Deutschland Mindest- bzw. Höchstalter vorgesehen:

  • Bundespräsident: Mindestens 40 Jahre alt
  • Richter am Bundesverfassungsgericht: Zwischen 40 und 68 Jahre alt
  • Landrat: Wechselnde Regelungen in den Bundesländern. In Schleswig-Holstein beispielsweise 27 Jahre am Wahltag.
  • Bürgermeister: am Wahltag zwischen 25 und 65 Jahre alt (§46 Gemeindeordnung für Baden - Württemberg, teilweise unterschiedliche Regelungen in anderen Bundesländern)
  • Zum Bundeskanzler kann man dagegen schon ab 18 Jahren gewählt werden.

Österreich

In Österreich besteht allgemeines passives Wahlrecht. Grundvoraussetzung für das Passive Wahlrecht ist auch der Besitz des aktiven Wahlrechts.

  • zum Gemeinderat ab dem vollendeten 19. Lebensjahr. Nichtösterreicher, die sich mehr als 5 Jahre in Österreich aufhalten, bekommen passives Wahlrecht auf kommunaler Ebene zugesprochen.
  • zum Landtag ab dem vollendeten 19. Lebensjahr,
  • zum Bundesrat - vom Landtag entsendet, daher ebenso ab dem vollendeten 19. Lj. (Art. 35/1 B-VG)
  • zum Nationalrat ab dem vollendeten 19.Lebensjahr. (Art. 26/4 B-VG und §41 NRWO)
  • zum Bundespräsidenten sofern man das Wahlrecht zum Nationalrat besitzt und spätestens mit dem Ablauf des Tages der Wahl das 35. Lebensjahr vollendet hat. (Art 60/3 B-VG)
  • zum Europaparlament ab dem vollendeten 19.Lebensjahr. (Art. 23a/4 B-VG)

Ausschließungsgründe:

  • wer durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer strafbaren Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. (endet nach 6 Monaten) (§ 22 NRWO und § 3 EuWEG])
  • Mitglieder regierender Häuser oder solcher, die ehemals regiert haben (Art. 60/3 B-VG und §6 BPräsWG) - gilt nur für die Wahl zum Bundespräsidenten
  • Personen, die in der NS-Zeit bestimmte Tätigkeiten ausgeübt haben (§ 17 iVm § 18/k Verbotsgesetz)

Wahlrechtsgrundsätze

  • Das Wahlrecht ist allgemein, wenn es grundsätzlich allen Staatsbürgern, unabhängig von Rasse, Einkommen, Geschlecht, ... zusteht. Die Festlegung eines Mindestalters wird überwiegend als mit der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen.
  • Es ist unmittelbar, wenn die Wähler die Abgeordneten ohne eine Zwischenstufe (Wahlmänner) wählen.
  • Wahlen sind dann frei, wenn weder in die Aufstellung der Wahlvorschläge, in die Wahlwerbung oder in die Ausübung des aktiven oder passiven Wahlrechts von dritter Seite eingegriffen wird. Es muss die Möglichkeit geben, frei aus mehreren Kandidaten oder Parteien auszuwählen, auch die Kandidatenaufstellung muss frei sein.
  • Sie sind gleich, wenn jeder Wähler über die gleiche Zahl von Stimmen verfügt und deren "Gewicht" ebenfalls gleich ist (im Unterschied zu einer Aktiengesellschaft, wo die Zahl der Aktien eines Aktionärs die Stimmenzahl bestimmt; beim europäischen Parlament ist die Gewichtung der Stimme eines Bürgers abhängig von seiner Staatsbürgerschaft).
  • Geheim sind Wahlen, wenn der Wähler seinen Stimmzettel unbeobachtet und unbeeinflusst in einer Wahlkabine selbst ausfüllen und in einem Umschlag in die Wahlurne werfen kann.
  • Ein weiterer Grundsatz ist die öffentliche und transparente Auszählung. Öffentlichkeit heißt hier, dass jeder sich selbst ein Bild von der Auszählung machen darf, indem er bei der Auszählung anwesend ist und beobachtet. Transparenz heißt hier, dass der Weg der Wählerstimmen von den eingeworfenen Stimmzetteln über die Auszählung bis zur Bildung von Gesamtsummen und der Berechnung einer eventuellen Sitzverteilung vollständig nachvollziehbar ist. Das heißt auch, dass das Beobachten etwa des Weges der Wahlurne vollständig möglich ist (sodass ein Austauschen der Wahlurne gegen eine andere ausgeschlossen werden kann) und dass sich jede Summe von Wählerstimmen für eine Partei (oder einen Kandidaten) als Summe aller Untersummen ergibt, also auf der Kette der Berechnungen vom Wahllokal bis zur eventuellen Sitzverteilung jede Teilberechnung nachvollziehbar ist, diese Kette also keine Lücken aufweist. Wahlfälschung wird gerne mittels eines fehlenden Glieds in einer solchen Kette betrieben.

Deutschland

Das Wahlrecht ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert.

Art. 20 Abs. 2 GG:

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Art. 38 Abs. 1 GG:

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Österreich

Das Wahlrecht hat in Österreich keine mit dem deutschen GG vergleichbare Grundlage. Am ehesten könnte man es noch aus Art. 7 B-VG herauslesen. Dass es sich jedoch um ein Grundgesetz handelt, steht dennoch außer Frage. Nichtzuletzt aufgrund des Art 3, 1.ZP zur EMRK, des Art 138/1/2 EGV sowie Art 8b EGV.

Einschränkungen

Das Wahlrecht kann je nach Jurisdiktion eingeschränkt oder aberkannt werden. So ist es in den USA erlaubt und in vielen US-Bundesstaaten die Regel, Häftlingen das (aktive und passive) Wahlrecht abzuerkennen. Je nach Bundesstaat wird nach der Haft die Wiederanerkennung des Wahlrechts

  • automatisch
  • auf Antrag
  • gar nicht

durchgeführt. Etwa 13% der sonst wahlberechtigten Afroamerikaner seien derzeit ohne Wahlrecht, obwohl etwa 0,5% der Erwachsenen in den USA Häftlinge sind. (Quelle) Insofern widerspricht dieses Vorgehen dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, insbesondere deshalb, weil sich die Affinität von Häftlingen zu bestimmten politischen Parteien von der Affinität der allgemein Wahlberechtigten zu eben diesen Parteien deutlich unterscheidet.

Geschichte des Wahlrechts

Geschichte des Wahlrechts in England

So wie die Ursprünge des bundesdeutschen Parlamentssystems vom englischen Modell abstammen, so sind auch die Ursprünge des deutschen Wahlrechts in England zu finden. Allerdings wurde in Deutschland recht früh das allgemeine (Männer-)Wahlrecht eingeführt, während in England noch sehr viel länger (bis zum Ersten Weltkrieg) große Teile der Bevölkerung ihrer finanziellen Situation wegen ausgeschlossen wurden. Unter Edward I. wurden 1295 Ritter und Bürger in offenen Wahlen ins Parlament gewählt.

Geschichte des Wahlrechts in Deutschland

Im Deutschen Reich hatten bis 1919 nur die Männer ein Wahlrecht. Erst nach Ende des ersten Weltkrieges, der Abschaffung des Kaiserreichs (Monarchie) und Gründung einer neuen republikanischen Staatsform (Weimarer Republik) wurde das Frauenwahlrecht eingeführt. Gleichzeitig wurde auch das bis dahin nur in Preußen und Sachsen noch geltende "Dreiklassenwahlrecht" abgeschafft, das die besitzenden (z.B. Hausbesitzer) und einkommensstarken Bevölkerungsschichten bei der Zuteilung von Mandaten im Preußischen Landtag bis dahin bevorteilt hatte.

Die Grundsätze für die Wahl in der Bundesrepublik Deutschland (seit 1949) sind im Grundgesetz aufgelistet, Details der Wahl bestimmt das Bundeswahlgesetz.

  • 1945 Die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht wird von 20 auf 21 Jahre angehoben.
  • 1970 Die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht wird von 21 auf 18 Jahre gesenkt.
  • 1995 In Niedersachsen wird das Wahlalter für Kommunalwahlen auf 16 gesenkt. Weitere Bundesländer folgten.

Geschichte des Wahlrechts in Österreich

  • 1848 Einführung des Zensuswahlrechts.
  • 1873 Reichtstagswahlreform in Österreich-Ungarn: Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses wurden aufgrund des Zensuswahlrechts in vier Kurien (adlige Grossgrundbesitzer, Stadtgemeinde, Handel und Gewerbe, Landgemeinden) gewählt. Wahlberechtigt waren nur etwa 6% der männlichen Bevölkerung ab 24 Jahren; die erforderliche jährliche Mindeststeuerleistung war örtlich verschieden geregelt und betrug etwa in Wien 10 Gulden. In der Großgrundbesitzerkurie waren auch "eigenberechtigte" Frauen, d. h. Frauen, die sich selbst vertraten, wahlberechtigt.
  • 1882 Taaffe'sche Wahlrechtsreform: Die Steuerleistung zur Wahlteilnahme wurde auf 5 Gulden herabgesetzt.
  • 1896 Badenische Wahlreform schaffte eine allgemeine Wählerklasse (Die 5. Kurie war die allgemeine Klasse männlicher Wähler ab 24 Jahre.) Die Mitglieder der ersten 4 Kurien durften in der 5. Kurie noch einmal wählen, die Anzahl der Mandate pro Wählerstimme war zwischen den Kurien ungleich verteilt.
  • 1907 Beck'sche Wahlrechtsreform: Abschaffung des Kurienwahlrechts und Einführung eines allgemeinen Männerwahlrechts (aktives Wahlrecht: 24 Jahre; passives Wahlrecht: 30 Jahre).
  • 1919 Nach dem Untergang des Kaiserreichs Österreich-Ungarn und dem Gesetz vom 12. November 1918 über die Staats- und Regierungsform in Deutschösterreich erlangten auch die Frauen das allgemeine und gleiche Wahlrecht.
  • 1920 Für die Wahl der konstituierenden Nationalversammlung Deutsch-Österreichs vom 16. Februar 1919 wurde ein eigenes Wahlgesetz geschaffen. Übergang zum Verhältniswahlrecht (Proporzwahlrecht), das v.a. von der Sozialdemokratischen Partei gefordert wurde.
  • 1929, 1939 bis 1945

1949 Mit der Neugründung (Wiedererrichtung) der Republik Österreich gilt auch wieder das Wahlrecht von 1920.? 1970 und 1992 wurde die NRWO reformiert.

  • 2003 Herabsetzung des Wahlalters von 19 auf 18 Jahre (BGBl. I Nr. 90/2003)

Geschichte des Wahlrechts in der Schweiz

Das allgemeine Wahlrecht für Männer wurde in der Schweiz bereits 1848 eingeführt - allerdings mit Einschränkungen in der Umsetzung in den Kantonen. Die Ausweitung auf die gesamte erwachsene Bürgerschaft erfolgte mit der Annahme der Vorlage für das eidgenössische Stimm- und Wahlrecht für Frauen am 7.2.1971. 621'109 (65,7%) Ja- gegen 323'882 (34,3%) Nein-Stimmen gingen bei einer Stimmbeteiligung von 57,7% ein. Die Schweiz ist das einzige Land, in dem die Männer ihren Frauen das Wahlrecht in einer Abstimmung erteilt haben.

Politische Bedeutung

In Staaten, in denen es ein funktionierendes Wahlrecht nach den Wahlrechtsgrundsätzen gibt, welches für tatsächlich bedeutsam für den Ausgang politischer Entscheidungen gehalten wird, gibt es hin und wieder Tendenzen, eben diese Wahlrechtsgrundsätze zu beschneiden oder ganz abzuschaffen. So beispielsweise durch die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland und bei diversen Wahlen in der DDR. Manche Wahlsysteme bevorteilen auch systematisch bestimmte politische Partein oder Strömungen. So begünstigt das mexikanische Wahlsystem die dortige Partei PRI. Das auch in Deutschland zum Teil angewandte Mehrheitswahlsystem begünstigt große politische Parteien und benachteiligt kleine politische Parteien, zumindest dann, wenn es Überhangmandate gibt. Für den Fall, dass es verschiedene politische Lager gibt, wird so dasjenige Lager bevorteilt, welches von der (stimmenmäßig) größten Partei repräsentiert wird, selbst wenn diese Partei erheblich weniger als 50% der gültigen Stimmen erhält.

Siehe auch: