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Sentimentanalyse (Börse)

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Mittels der Sentimentanalyse versucht man, Stimmungen von Investoren an der Börse in ihrer Bedeutung für die Entwicklung von Wertpapierkursen zu interpretieren. Die Sentimentanalyse geht dabei über die Chartanalyse hinaus, indem sie nicht nur die Kursverläufe selbst betrachtet, sondern im Sinne der Behavioral Finance direkt auf die Auslotung der Anlegerpsychologie in einer bestimmten Marktsituation abzielt. Anlegerstimmungen können nach Auffassung der Sentimentanalytiker zusätzliche Hilfen darstellen, begründete Vermutungen über zukünftige Kursverläufe zu erarbeiten, die dann Grundlage von Investitions- oder kurzfristigen Handelsentscheidungen sind.

Beispiel

Geht das Ausmaß des festgestellten Optimismus ("bullische Stimmung") oder Pessimismus ("bärische Stimmung") über ein bestimmtes empirisch bekanntes Normalmaß hinaus, kann dies als "Kontraindikator" dienen, d.h., es wird davon ausgegangen, dass solche stärkeren Stimmungsausschläge Kurswendepunkte ankündigen. Dahinter stehen zwei Grundannahmen:

Erstens: Wenn die grosse Masse von Anlegern bereits investiert hat, bleiben eben wenige übrig, die noch zusätzlich kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten; umgekehrt gilt natürlich Entsprechendes: Wenn die Anleger mehrheitlich nicht investiert haben, können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Zweitens: Wenn Anleger investiert haben, werden sie sich optimistisch über den erwarteten weiteren Kursverlauf äussern, wenn sie nicht investiert haben, pessimistisch. Denn für den zukünftigen Verlauf von Wertpapieren etwa pessimistisch zu sein, aber gleichzeitig investiert zu haben, würde unter normalen Umständen natürlich wenig sinnvoll erscheinen.

Zur Feststellung der vorherrschenden Stimmung in einer Marktlage werden direkte Verfahren verwendet (etwa Umfragen in einem Panel von Investoren) und vielfältige indirekte. Zu letzteren gehören beispielsweise die Put-Call-Ratio oder auch die Betrachtung, in welcher Relation die Käufe von "in-the-money"-Discountzertifikaten zu "out-of-the-money"-Papieren stehen.

Jenseits der den Börsenhandel direkt betreffenden Sentimentanalysen gibt es noch andere, gesamt-volkswirtschaftlich relevante Sentimenterhebungen, wie zum Beispiel den Stimmungsteil des IFO-Geschäftsklimaindex und den "ZEW".

Literatur

  • Thomas Theuerzeit. Sentimentanalyse und Behavioral Finance in der Praxis: Einblick in die dritte Dimension der Kapitalmärkte. München, Verlag FinanzBuch 2007. ISBN 3898792811.
  • Joachim Goldberg/Rüdiger von Nitzsch. Behavioral Finance. München, Verlag FinanzBuch 1999. ISBN 9783898791007.

Siehe auch