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Mauthausner Steinindustrie

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Marktwappen Mauthausens: Die Wellen symbolisieren die Donau, der schwarze Fels den Mauthausener Granit

Die Entwicklung der Mauthausner Steinindustrie ist nicht nur für die Wirtschaftsgeschichte Mauthausens und des unteren Mühlviertels von Bedeutung, sie ist vor allem für die Baugeschichte der Stadt Wien ausschlaggebend.

Die Donau und der Granit, sind die zwei wesentliche Faktoren, die die Geschichte Mauthausens bestimmt haben und daher auch im Marktwappen dargestellt werden. Die Donau ist als Wellenmuster dargestellt, aus der der Granitfelsen ragt, auf dem das Schloss Pragstein erbaut wurde. Die Donau war der Transportweg, auf dem sich die schweren Steine flussabwärts leicht bis nach Wien transportieren ließen. Der Abbau des feinkörnigen Granits, der wegen seiner leichten Spaltbarkeit bei hoher Witterungsbeständigkeit als Baumaterial gut geeignet, wurde zum bedeutendsten Wirtschaftszweig für Mauthausen.

Allgemeines

Sprengungen im Jahr 1941 im Granitsteinbruch des KZ Mauthausen

Heute ist in Mauthausen kein Steinbruch mehr in Betrieb. Die Spuren des jahrhundertelangen Steinabbaus sind aber noch gegenwärtig. Seit dem Zweiten Weltkrieg wird der Name Mauthausen vor allem mit dem Granitabbau durch die Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen für die Granitwerke Mauthausen der „Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH“verbunden, die Eigentum der SS war. Die Zwangsarbeit war eine der letzten Phasen in der Geschichte der Mauthausner Steinindustrie und versperrt heute oft die Sicht auf die lange Tradition der Steingewinnung in diesem Gebiet, siehe Kapitel KZ-Steinbrüche weiter unten.

Ortsbild

Von der Bearbeitung von Granit prägte bis zum August 1938, als mit dem Bau des Konzentrationslagers Mauthausen begonnen wurde, die Geschichte Mauthausens und gibt dem Ort noch heute unverkennbar sein Erscheinungsbild. Die Zeugen der Geschichte sind im Ortsbild erkennbar. In kurzen Abständen folgen kleine Steinbrüche aufeinander. In jedem älteren Gebäude ist die Dominanz der Granittürstöcke sichtbar. Der aus Granit bestehende Pranger am Marktplatz aus dem Jahre 1583 und die Kunstwerke der neueren Zeit geben einen Hinweis auf die Ortsgeschichte und ihre Verbundenheit mit dem Granit aus dem Umfeld. Diese Prägung übertrug sich auf viele Gebäude der Donau-Monarchie, welche mit Mauthausener Granit errichtet wurden. Die Pfeiler der Donaubrücken, die Kirchen, die nicht nur mit Granit gebaut wurden sondern auch ihren architektonischen Schmuck erhielten sind Teil der Geschichte des traditionsreichen Handwerks und der Industrie, welche in der gesamten Habsburger-Monarchie verbreitet war.

Die Industrialisierung der Steingewinnung und die Entwicklung eines starken Steinarbeiterproletariats gingen Hand in Hand. Es liegt nahe, dass die Arbeiterschaft der damaligen Zeit, sich trotz der schlechten Arbeitsbedingungen gleichzeitig mit ihren Arbeitsplätzen identifizierte und mit den Steinbrüchen verbunden fühlte.

Es war aber nicht Mauthausen allein, das in der Steinindustrie dieser Gegend eine bedeutende Rolle gespielt hat. Die vielen anderen Steinbrüche im unteren Mühlviertel haben die Entwicklung der Region entscheidend mitgeprägt und legten den Grundstein für gesellschaftliche Strukturen, die noch bis heute hier nachwirken. Neben dem Mauthausener Granit prägte auch der im unteren Mühlviertel gewonnene Sandstein lange Zeit die Steinindustrie und die entstehenden Bauwerke in diesem Gebiet.

Sortenunterscheidung, Petrographie

Als Mauthausener Granit wurden in Wien und Oberösterreich zahlreiche Granite bezeichnet, die jenem Typus entsprachen, der in der Region von Mauthausen (Altaist, Altenburg, Arbing, Haid, Langenstein, Luftenberg, Mauthausen, Mistelberg, Pregarten, Ried, Schwertberg) abgebaut wurde. Darunter zählten auch Gesteine, aus Steinbrüchen der Gegend nördlich von Pilsen bei Jechnitz-Woratschen, Petersburg-Jechnitz und weitere. Nach Alois Kieslinger stammen mindestens die Hälfte der unter dem Namen Mauthausener Granit verbauten Nutzgesteine aus Vorkommen der Böhmischen Masse in Böhmen und Mähren und bei den Pflastersteinen aus Vorkommen in Bayern. Deshalb ist im Einzelfall zwischen der petrographisch korrekten Herkunftsbezeichnung (z.B. Mauthausen) und dem weiter gefassten Handelsname zu unterscheiden.[1][2]

Bei dem Granit vom Typus Mauthausen handelt es sich um mittelkörnige Gesteine mit überwiegend blaugrauer Farbe. In bestimmten Vorkommen tritt Pyrit als akzessorischer Bestandteil auf. Aus diesem Grund kann das Gestein vereinzelt zur Verfärbung (gelb, Rosttöne) neigen.[3]

Nutzungsgeschichte des Mauthausener Granits

Becken und Sockel des Donnerbrunnens in Wien sind aus Mauthausener Granit erbaut

Die Verwendung von Werkstücken aus Mauthausener Granit lässt sich bis in die Römerzeit zurückverfolgen. Sie wurden zur Herstellung von Mauerwerk aber auch bereits für künstlerische Handwerksarbeiten verwendet, wie verschiedene Ausstellungsstücke im Ennser Stadtmuseum beweisen. Hingegen wurde im Mittelalter weitgehend auf die Verwendung von Granit verzichtet (Gaßner Chr., 1998, S. 18).
Damals wurde in weiten Teilen des unteren Mühlviertels vor allem der „Perger Sandstein“ zum Bauen benützt. Spuren dieses „Perger Sandsteins“ finden sich noch heute in verschiedenen mittelalterlichen Gebäuden in Mauthausen. Beispielsweise beinhaltet der heutige Kirchenbau, der 1490 fertig gestellt wurde, noch ein Mauerwerk der alten Pfarrkirche, die 1424 von den Hussiten zerstört wurde, das auf die vorwiegende Verwendung von Sandstein zu dieser Zeit schließen lässt. Ebenso sind verschiedene Formsteine, die noch heute in den Verstrebungspfeilern der Kirche erhalten sind aus „Perger Sandstein“. Weitere Beispiel sind am so genannten Karner (aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts), unmittelbar neben der Kirche, und an der Heinrichskirche (die älteste Kirche Mauthausens, vermutlich um 1024) zu sehen (Heimatbuch Mauthausen, S. 79).

Der Granit trieb die wirtschaftliche Entwicklung Mauthausens voran. Beschränkte sich die Gewinnung und die Verwendung des Granits im ausklingenden Mittelalter noch auf die Verarbeitung von Findlingen und den Abbau leicht zu erreichender Schichten, so spielt ab dem 18. Jahrhundert seine industrielle Nutzung eine immer größere Rolle.

Ab wann genau die ersten Steinbrüche in Mauthausen ihren Betrieb aufnahmen lässt sich heute leider nicht mehr genau feststellen, aber es gibt Hinweise, die durchaus eine frühere gewerbliche Nutzung als die historisch belegten Steinbruchgründungen, möglich erscheinen lassen. So war es bis zum 6. Mai 1652 nach altem Recht jedem Bürger des Marktes erlaubt, die für seinen „Hausgebrauch“ nötigen Steine zu brechen bzw. zu sammeln. Dieses Recht wurde ihnen aber von Abraham Widmer, dem Verwalter der Herrschaft Mauthausen, am 6. Mai 1652 genommen (Heimatbuch Mauthausen, S. 80). Dies alleine würde noch keine Schlüsse auf gewerbliche Nutzung zulassen, jedoch geht aus alten Baurechnungen des Stiftes St. Florian hervor, dass zwischen den Jahren 1687 und 1715 immer wieder hohe Rechnungsbeträge an den Steinmetz Hans Wolfinger zu Langenstein ausbezahlt wurden (Gaßner Chr., 1998, S 18). Es könnte also sein, dass bereits im ausklingenden 17. Jahrhundert die gewerbliche Nutzung des Granits in der Gegend in und um Mauthausen Realität war.

Die Entstehung der Ersten Steinbrüche in Mauthausen

Die erste dokumentierte Steinbruchsgründung in Mauthausen geht auf das Jahr 1781 zurück. Der Steinmetzmeister Johann Gehmacher eröffnete 1781 den Heinrichsbruch im Osten von Mauthausen. Dieser Steinbruch sollte sich in den nächsten Jahrzehnten zum größten Steinbruch in der Gegend um Mauthausen entwickeln. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts nahm der Kamptnerbruch seinen Betrieb auf. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden immer mehr Steinbrüche. So folgten auf den Kamptnerbruch 1828 die Gründungen des Bruches am Bettelberg und des Spitalsbruches gegenüber der Heinrichskirche.[4]

Es war der enorme Bedarf an Steinen für die Bautätigkeit in der gesamten österreichischen Monarchie, der die Anzahl der Steinbrüche rasch anwachsen ließ. Vor allem die Straßen- und Wegepflasterungen in den heutigen Hauptstädten Wien, Pressburg und Budapest förderten die Gründung von Steinbrüchen in Mauthausen und Umgebung. Diese Steinpflasterungen in den großen Städten der Monarchie wurden aber nur durch die Entwicklung neuer Werkzeuge in der Steinbearbeitung ermöglicht, die eine rationelle Produktion zuließen. Es war von großer Bedeutung, dass die Steine für den Straßenbau genormten Größen entsprachen und genau das konnte mit technischen Neuerungen verwirklicht werden.[5]

Es waren aber nicht nur die Pflastersteine, welche die Entwicklung der Mauthausner Steinindustrie begünstigten. Die Pflastersteine bildeten nur den Beginn. Mit der Zunahme der barocken Bautätigkeit in der Hauptstadt der Monarchie, in Wien, erfuhr der Mauthausener Granit einen neuerlichen Nachfrageschub. Kombiniert mit der günstigen Lage an der Donau, welche als Transportweg hervorragend geeignet war, konnten sich die Mauthausener Steinbrüche zu einem bedeutenden Gewerbezweig entwickeln.

Die Entwicklung der Granitwerke Anton Poschacher

Maria-Theresia-Denkmal in Wien, Begrenzungssäulen und unterste Plattform aus Mauthausener Granit

Die Granitwerke Anton Poschacher waren der wichtigste und bedeutendste Steinproduzent in Mauthausen. Die Bedeutung dieses Unternehmens für Mauthausen und die Umgebung ist auch abseits der Steinindustrie nicht zu unterschätzen. So prägte diese Firma und mit ihr die Familie Poschacher die Entwicklung des Ortes Mauthausen wie kaum eine andere. Noch heute sind die Nachfahren des Firmengründers Anton Poschacher die größten Grundbesitzer in Mauthausen und zählen zu den einflussreichen Persönlichkeiten der Region.

Am Beginn stand der so genannte Kamptnerbruch. Die Tochter des Kamptnerbruchinhabers Leonhard Kamptner übernahm 1839 mit ihrem jungen Ehemann Anton Poschacher den Steinbruch des Vaters. Anton Poschacher, gelernter Lebzelter und Wachszieher und Sohn des damaligen Mauthausener Bürgermeisters, begann nun mit seiner Frau ein Unternehmen aufzubauen, welches in den nächsten Jahrzehnten eine rasante Entwicklung nahm. Mit einem Vermögen von 12.000 Gulden kaufte der junge Unternehmer mehrere Steinbrüche in Mauthausen und Umgebung zusammen und baute den Betrieb mit Erfolg aus. Im Jahre 1860 beschäftigten die Granitwerke Anton Poschacher bereits mehrere hundert Mitarbeiter. Neben dem Erwerb von mehreren Steinbrüchen in anderen Gegenden der Monarchie, so im benachbarten Böhmen, aber auch in Bayern, kaufte Anton Poschacher auch Wald, landwirtschaftlichen Nutzgrund und den Salzstadel in Mauthausen. Dieser Salzstadel sollte als Steinmetzwerkstätte dienen. Er ist noch heute erhalten und als Einkaufszentrum in Betrieb.[6].

Natürlich begünstigte auch die Lage an der Donau die Entwicklung des Unternehmens. Es war vor allem der große Bedarf an Pflaster- und Formsteinen der unter Kaiser Franz Joseph I. zur Großstadt an der Donau ausgebauten Hauptstadt Wien, der die Granitwerke Anton Poschacher so schnell wachsen ließ. Transportierten in den Anfängen des Unternehmens noch selbständige Schiffmeister die Granitsteine auf der Donau nach Wien, so stieg Anton Poschacher mit wachsendem Bedarf an Schiffen auf eigene Transportzillen um. Er ordnete den Bau von so genannten Siebenerinnen (Großzillen) an, welche bis zu 200 Tonnen Stein transportieren konnten. Die Steine wurden mit Pferdegespannen aus den Steinbrüchen zu den Schiffsanlegestellen gebracht und dort auf die Siebenerinnen verladen. Da der Transport der Steine nun selbst durchgeführt wurde, wuchs der Personalstand des Unternehmens rasch an.

Begünstigt durch die rege Bautätigkeit in der Monarchie und dessen ungebremsten Bedarf an Steinen entwickelten sich die Granitwerke Anton Poschacher zu einem florierenden Industriebetrieb mit Aufträgen aus allen Teilen des Landes. So beinhalten heute viele bekannte Gebäude in Österreich Mauthausener Granit. Die Ringstraßenbauwerke wie das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum, das Parlamentsgebäude und das Wiener Rathaus benötigten den Granit und flussaufwärts wurden auch in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz errichtete Gebäude wie der neugotische Linzer Dom mit diesen Steinen ausgestattet.[7] Ende der Sechzigerjahre des 19. Jahrhunderts war die wirtschaftliche Entwicklung geprägt von großen kapitalistischen Gründungen von Aktiengesellschaften.[7]

Für Säulen und Gesimse im Inneren des Neuen Doms in Linz wurde Mauthausener Granit verwendet

Beeinflusst vom Zeitgeist verkaufte auch Anton Poschacher 1870 sein Unternehmen an die kurz zuvor gegründete Aktiengesellschaft für Straßen- und Brückenbauten. Anton Poschacher selbst wurde Präsident dieser Aktiengesellschaft, starb aber drei Jahre später. Sein Sohn, Anton Poschacher jun.,[8] trat in die Gesellschaft ein und übernahm den Posten des Direktors. Der große Börsenkrach im Jahre 1873 ging auch an der Aktiengesellschaft für Straßen- und Brückenbauten nicht spurlos vorbei. Die Turbulenzen an den Märkten und die Tatsache, dass das Unternehmen nach dem Tod des Firmengründers Anton Poschacher unrentable Erweiterungen vornahm, führten zu Differenzen zwischen Anton Poschacher jun. und der übrigen Geschäftsleitung. Anton Poschacher jun. schied daraufhin aus dem Unternehmen aus und begab sich auf eine Studienreise nach Amerika.[9]

Die Straßen- und Brückenbau AG war in den Jahren nach dem Börsenkrach in massive Schwierigkeiten geraten und arbeitete bei der Rückkehr Anton Poschachers aus Amerika 1876 mit schweren Verlusten. Anton Poschacher wollte nun das Unternehmen zurückkaufen und es gelang ihm schließlich auch, nachdem ein langwieriger Prozess geführt worden war. Er kaufte das Unternehmen mit Familienkrediten zurück und besaß nun das größte Granitwerk der österreichisch–ungarischen Monarchie, mit über 1000 Beschäftigten. Nach dem Rückkauf wurde eine mehrjährige Genesungsphase des Unternehmens eingeleitet. Diese beinhaltete zum einen den Verkauf weit entfernter Steinbrüche in Bayern, Schärding und Böhmen und zum anderen die Verbesserung der Verbindungen zwischen den einzelnen Steinbrüchen.[9]

Als die Sanierungsphase abgeschlossen war, begann eine Erweiterungsphase des Unternehmens. Poschacher erneuerte und erweiterte seine maschinellen Einrichtungen und ab dem Jahr 1875 wurden die auch Dampfmaschinen eingesetzt. Dieser Fortschritt erleichterte vor allem die Arbeit der Ritzer, welche die Aufgabe hatten, die Rohblöcke in kleinere Werksteine zu zerlegen[10] 1884 wurde im Unternehmen die erste Diamantsäge angeschafft und es kam zum Einsatz der ersten dampfbetriebenen Schleifanlage in Österreich. Diese Anlage entsprach in etwa der Leistung von 10 Handschleifern. Dazu kam eine Erweiterung der Transportflotte auf der Donau inklusive der Anschaffung eines Schleppdampfers. Die Entwicklung und Erneuerung der Bearbeitungsanlagen ließen auch die Produktpalette der Firma Poschacher wachsen. So wurden nun neben Pflastersteinen, Randsteinen und Formsteinen auch Grabsteine und Gruftplatten erzeugt. Die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens führte schließlich dazu, dass im Jahr 1893 bereits 1859 Personen bei Poschacher beschäftigt waren[11]

Um die Jahrhundertwende, beim Tod von Anton Poschacher jun. 1904, besaß die Firma Poschacher 400 Hektar Grund, 62 Häuser, 20 Steinbrüche in Betrieb, 25 stillgelegte bzw. im Aufbau befindliche Steinbrüche und es wurden rund 2000 Menschen beschäftigt. Während des Ersten Weltkrieges schrumpfte der Betrieb auf 290 Beschäftigte und erholte sich nur langsam von den Nachkriegswehen. Erst im Jahre 1928 erreichte der Beschäftigtenstand, begünstigt durch öffentliche Pflastersteinaktionen, wieder 500 bis 600 Menschen.[12]

Der Wiener Städtische Granitbruch

Die Wiener Städtischen Granitwerke betrieben den letzten aktiven Steinbruch in Mauthausen und erhielten das Gewerbe der Steingewinnung und Verarbeitung bis in die jüngste Vergangenheit am Leben. Die Wiener Granitwerke bauten zwar auf dem Unternehmen Anton Poschachers auf, erreichten aber nicht dieselbe Bedeutung für die Entwicklung der Steinindustrie in Mauthausen.

Platziert war der Steinbruch der Wiener Städtischen Granitwerke im Bettelberg Mauthausen. Dieser Steinbruch war 1828 einer der Ersten die im Zuge der viele Gründungen am Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden waren. Bis ins Jahr 1916 befand sich auch dieser Bruch im Besitz der Familie Poschacher, wurde aber bereits 1906 von einem Wiener Pflastermeister gepachtet und 10 Jahre später von der Gemeinde Wien erworben. Der Preis betrug 30.000 Kronen in bar sowie ein Grundstück im Wert von 10.000 Kronen.[13]>

Von dieser Zeit an befand sich der Steinbruch im Besitz der Gemeinde Wien bzw. von Betrieben in ihrem Besitz. Der Granitstein im Bettelberg war besonders gut spaltbar, eignete sich aber wegen seiner grobkörnigen Struktur nicht für hohe Belastbarkeit und besondere Formungen. Einsatz fand dieser Granit vor allem im Straßenbau.

Das Leben der Steinarbeiter in Mauthausen

Hand in Hand mit den Entwicklungen in den Steinbrüchen in und um Mauthausen ging natürlich auch die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens der Arbeiter und ihrer Familien. Die Lebensumstände während der Zeit der Industrialisierung waren für die Beschäftigten im Steinbruch sehr hart. Sie hatten durchschnittlich 60 Stunden in der Woche zu arbeiten und schafften es meist nur mit Mühe das nötige Geld zum Leben zu verdienen. Die Arbeitszeit begann von Montag bis Samstag um 6.00 Uhr früh und endete gegen 18.00 Uhr am Abend.[7]

Ein Zwölfstundentag für eine körperlich sehr anstrengende Arbeit und das zu einem gerade ausreichenden Gehalt, sorgte natürlich bei verschiedenen Verschärfungen der Arbeitsbedingungen für Unruhe und nicht selten kam es zu Ausschreitungen. Ein solcher Vorfall ereignet sich im Februar 1876. In einem Bruch der Firma Löwenfels Witwe und Sohn wurden die Steinarbeiter nach Stücken, also im Akkord (wie auch in den meisten anderen Steinbrüchen) entlohnt. Der Steinbruch, den die Firma Löwenfels für die Gemeinde Wien betrieb war allerdings von schlechter Qualität und die Ausbeute war trotz mühevollster Arbeit sehr schlecht. Dies führte in weiterer Folge zu einer schlechten Entlohnung der Beschäftigten des Steinbruches. Um der Unzufriedenheit der heimischen Arbeiter auszuweichen wurden billigere Arbeiter aus Böhmen angeworben, aber auch die begannen bald ihre Unzufriedenheit auszudrücken.

Im Februar 1876 kam es dann zur Eskalation. Ein neuer Geschäftsführer aus Wien sollte bei den Arbeitern einen noch schlechteren Zahlungsmodus durchdrücken. Die Arbeiter, die ohnehin schon mit den schlechten Lebensbedingungen zu kämpfen hatten, fielen über den Mann her, verprügelten ihn und warfen ihn in den vorbei fließenden Bach.[14] Nachdem es immer wieder zu unkontrollierten Ausschreitungen unter den Arbeitern der Steinbrüche kam, begann sich unter den Arbeitern in Mauthausen ein politisches Bewusstsein zu entwickeln. Es entstanden die ersten Arbeiterbildungsvereine (Arbeiterbildungsverein 1872 abgelöst vom Volksbildungsverein 1891). In Mauthausen begann sich ein reges Vereinswesen zu entfalten.

Bereits seit dem 1. Weltkrieg bestand ein Betriebskonsum der Firma Poschacher. Ende Februar 1920 wurde dieser Betriebskonsum allerdings geschlossen und die Arbeiter von Mauthausen, Haid und Gusen bauten ihre eigene Konsumorganisation auf. Die Organisation der Verkaufsstellen erfolgte über die Konsum – und Spargenossenschaften Linz. Die Verkaufsstellen des Betriebskonsums wurden einfach übernommen und eine weitere Verkaufsstelle wurde im Wienergraben eröffnet.[14]

KZ-Steinbrüche

Denkmal für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft auf dem Morzinplatz in Wien-Innere Stadt von Leopold Grausam, jun. aus Mauthausener Granit

Da die Nationalsozialisten in ihrer Städteplanung besonderen Wert auf die Verwendung von Granit legten, wählten sie den Standort Mauthausen nach dem Anschluss Österreichs im Jahre 1938 für ein Konzentrationslager aus, weil es dort zahlreiche Steinbrüche gab und im Juni 1938 schloss die SS mit der von ihr gegründeten Deutsche Erd- und Steinwerke (DESt) mit der Gemeinde Wien einen Pachtvertrag über die Nutzung der Steinbrüche Wiener Graben und Marbacher Bruch ab. Hinzu kamen der Steinbruch Gusen und Kastenhof. Der Steinbruch Wiener Graben, den die DESt 1939 von der Gemeinde Wien kaufte, wurde mit dem Steinbruch Gusen und Katenhof bereits 1938 in Betrieb genommen, weil Bausteine für den Aufbau des KZ Mauthausen benötigt wurden. 1941 wurde ein Gleisanschluss nach Gusen gelegt und eine Schmalspurbahn vom Steinbruch Gusen an die Donau.

Geplant war der Abbau von 35.000 m³ Granit jährlich. Beliefert wurde mit diesem Mauthausener Granit die Reichbauinspektion im Berlin, der Stadionbau in Nürnberg und Bauwerke für die Reichsautobahnen. Die KZ-Häftlinge mussten unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und leben. Die Todesrate in Mauthausen war im Vergleich zu anderen KZ wesentlich höher und insbesondere in Gusen. Alleine im Jahre 1941 wurden 18.000 Menschen ins Lager Mauthausen eingewiesen. Mangelhafte Ernährung, schlechte hygienische Bedingungen und ausbrechende Krankheiten wie Fleckfieber führten zu zahlreichen Todesfällen. Aufgrund dieser Tatsache bestand die Leistung der Häftlinge lediglich 20 Prozent der zivilen Steinmetzen. Die Häftlinge wurden nicht nur in den Steinbrüchen eingesetzt, sondern später beispielsweise in der Kriegsproduktion der Steyr-Puch AG und bei den Hermann-Göring-Werken in Österreich.[15]

Anwendungsbeispiele

Graz

  • Denkmal Kaiser Franz am Freiheitsplatz

Großraming

Linz

  • Sparkassengebäude, Säulen
  • Schützendenkmal
  • Hessendenkmal
  • Teile der Nibelungenbrücke
  • Priesterseminar

Villach

Wien

Wiener Neustadt

  • Maria-Theresia-Denkmal, 1862 anlässlich der 110-Jahr-Feier der Theresianischen Militärakademie errichtet; der Entwurf stammt vom Bildhauer Hanns Gasser, der Sockel aus Mauthausener Granit wurde vom Hofsteinmetz Wasserburger gestaltet.

Denkmal für den Krieg 1866 in Chlum / Tschechien

Tschechien

  • Denkmal für das 1. österreichische Armeekorps in Chlum (Obelisk auf einem Sockel)

Nürnberg

Literatur

  • Christoph Gaßner: Die Entwicklung der Steinindustrie im Mühlviertel. Linz 1998
  • Marktgemeinde Mauthausen: Heimatbuch Mauthausen. Gutenberg Druckerei, Linz 1985
  • SPÖ–Mauthausen (Hrsg.): Der harte Weg. Die Geschichte der Arbeiterbewegung von Mauthausen. Edition Geschichte der Heimat, Grünbach 1989
  • Anton Poschacher: 100 Jahre Granitwerke Anton Poschacher. Linz 1939
  • Poschacher - Granit, Marmor, Baustoffe, 1839 – 1989. 150 Jahre bauen mit Naturstein. Firmenchronik, 1989
  • Robert Seemann und Herbert Summesberger: Wiener Steinwanderwege. Christian Brandstätter, Wien und München 1998 ISBN 3-85447-787-2

Einzelnachweise

  1. Alois Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstrasse. Wiesbaden (Franz Steiner Verlag) 1972, S. 59-60
  2. August Hanisch / Heinrich Schmid: Österreichs Steinbrüche. Wien (Carl Graeser) 1901
  3. Alois Kieslinger: Gesteinskunde für Hochbau und Plastik. Wien (Österreichischer Gewerbeverlag) 1951, S. 38
  4. Heimatbuch Mauthausen, S. 79 und Gaßner, 1998, S. 19
  5. Gaßner, 1998, S. 18 f
  6. Poschacher Firmenchronik, 1839 – 1989, S. 2 ff und Poschacher A., 1939, S. 6 ff
  7. a b c Gaßner, 1998, S. 21 f
  8. Vorlage:Aeiou
  9. a b Poschacher Firmenchronik, 1839 – 1989, S. 4 f und A. Poschacher, 1939, S. 10ff
  10. Gaßner, 1998, S. 26
  11. Poschacher Firmenchronik, 1839 – 1989, S. 6 ff und A. Poschacher, 1939, S. 13 ff
  12. Heimatbuch Mauthausen, S. 80
  13. Heimatbuch Mauthausen, S. 82
  14. a b „Der harte Weg“, 1989, S. 21
  15. Florian Freund, Bertrand Perz: Mauthausen - Stammlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 9 Bände. C. H. Beck, München 2005-2009. Bd. 4: Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück. ISBN 978-3-406-52964-1Online verfügbar