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Gossensches Gesetz

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Die gossenschen Gesetze stellen volkswirtschaftliche Regeln dar, die auf der Annahme basieren, dass ein volkswirtschaftlicher Nutzen quantifizierbar ist. Demnach kann dem Nutzen ein Wert zugewiesen werden, der in Nutzeneinheiten berechnet und mit verschiedenen Nutzeneinheiten verrechnet werden kann.

Die Regeln sind von dem deutschen Volkswirt Hermann Heinrich Gossen 1854 in seinem Werk "Die Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln" aufgestellt worden, waren lange unbeachtet und erst später als gossensche Gesetze bezeichnet.

Man unterscheidet das erste gossensche Gesetz vom zweiten gossenschen Gesetz.

Erstes Gossensches Gesetz

Das erste gossensche Gesetz (auch Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen) besagt, dass der Konsum eines Gutes mit zunehmender Menge einen immer geringeren Zusatznutzen stiftet. Man spricht hierbei von einer zunehmenden Sättigung.

Das erste gossensche Gesetz greift damit unter der Annahme kardinal messbaren Nutzens die für die meisten Aktivitäten als gültig erachtete Hypothese auf, dass die erste Aktivitätseinheit mehr Nutzen stiftet als die zweite, die zweite mehr als die dritte, die dritte mehr als die vierte und so weiter. Das Gesetz gilt für ein Gut, wenn die zweite partielle Ableitung der Nutzenfunktion nach diesem negativ ist. Paradebeispiel ist der Konsum von Nahrungsmitteln, bei denen typischerweise Sättigung eintritt (und in der Folge der Grenznutzen auch negativ werden kann). So stiftet der Genuss eines ersten Glas Wassers durch einen Durstigen einen sehr hohen Nutzen, wohingegen das Zweite bereits einen etwas geringeren und das Dritte wiederum etwas weniger Nutzen bringt.

Geschichte

Im Jahr 1854 veröffentlicht Hermann Heinrich Gossen (1810–1858) sein Werk "Entwickelung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln".

Darin finden sich die "Gossenschen Gesetze" als die "Gesetzmäßigkeiten der Bedürfnisbefriedigung". Das erste Gossensche Gesetz lautet: "Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt."

Bedeutung des Gesetzes

Das Gesetz vereinfacht die Berechnung von Haushaltsoptima und Nachfragefunktionen, ist aber in weiten Bereichen der mikroökonomischen Theorie verzichtbar. Eine Ausnahme bilden stochastische Modelle, in denen Wirtschaftssubjekte Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen zufallsbehaftet sind. Mit der Annahme eines abnehmenden (zunehmenden) Grenznutzens des Geldes lässt sich dann risikoaverses (risikofreudiges) Verhalten modellieren, da der Nutzen eines sicheren Betrages A größer ist als der Nutzen des Spiels mit dem Einsatz A und den gleich wahrscheinlichen Auszahlungen null und 2 A.

Man beachte die Ähnlichkeit zu Johann Heinrich von Thünens Gesetz des sinkenden Grenzertrags.

Zweites Gossensches Gesetz

Andere Bezeichnungen sind Equimarginalprinzip, Grenznutzenausgleichsregel, Gesetz vom Ausgleich der gewogenen Grenznutzen, gossensches Grenznutzenausgleichsgesetz.

„Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehren[sic] Genüssen freisteht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muss, wie verschieden auch die absolute Größe dieser Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle theilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältniß, daß die Größe eines Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt.”

Ausgehend von der Annahme kardinal messbaren Nutzens befindet sich ein Haushalt im Gleichgewicht, wenn die Grenznutzen aller Güter geteilt durch ihren jeweiligen Preis übereinstimmen. Andernfalls kann der Haushalt seinen Nutzen steigern, da sich eine Umstrukturierung des Konsums so vornehmen ließe, daß eine Ausgabenreduzierung bei einem Gut weniger Nutzeneinbuße als eine entsprechende Ausgabenerhöhung bei einem anderen Gut Nutzenzuwachs bedeutet.

Die Aussage, dass im Haushaltsgleichgewicht das Preisverhältnis je zweier Güter mit dem Verhältnis ihrer Grenznutzen übereinstimmen muss, ist prinzipiell mit dem zweiten gossenschen Gesetz identisch, kommt aber ohne die Annahme kardinaler Meßbarkeit des Nutzens aus, da das Verhältnis der Grenznutzen der (negativen) umgekehrten Grenzrate der Substitution entspricht. Das zweite gossensche Gesetz beschreibt somit das Haushaltsgleichgewicht.

Mathematisch lässt sich das 2. Gossensche Gesetz wie folgt darstellen:

Dabei sei GN der Grenznutzen, P der Preis und die Indizies 1,2,3, ... n Bezeichner für die einzelnen Güter.

Literatur

  • Andreas Thiemer: Gossensche Gesetze. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 27. Jg., Heft 12 (Dezember 1998), S. 1411.