Normierter Raum
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umfasst als Spezialfälle |
- Dieser Artikel erklärt neben den gleichbedeutenden Begriffen normierter Raum und normierter Vektorraum per Weiterleitung auch die Begriffe Norm (Mathematik), Halbnorm, Operatornorm, Matrixnorm, L1-Norm, L2-Norm, Frobeniusnorm.
Der mathematische Begriff der Norm ist die Verallgemeinerung des geometrischen Begriffs der Länge eines Vektors. Eine Norm ist eine Funktion, die jedem Element eines Vektorraums eine reelle, nichtnegative Zahl zuordnet und eine Reihe weiterer Eigenschaften erfüllt.
Ein normierter Vektorraum oder kurz normierter Raum ist ein Vektorraum, auf dem eine Norm definiert ist.
Formale Definition
Sei V ein Vektorraum über dem Körper K der reellen oder komplexen Zahlen. Eine Funktion ||·||: V → R heißt Norm auf V, wenn für alle Vektoren x,y aus V und alle Skalare α aus K die folgenden axiomatischen Bedingungen erfüllt sind:
- (i) ||x|| ≥ 0 (Nichtnegativität);
- (ii) ||x|| = 0 ⇒ x = 0 (Definitheit);
- (iii) ||α·x|| = |α|·||x|| (Homogenität);
- (iv) ||x + y|| ≤ ||x|| + ||y|| (die Dreiecksungleichung).
Ein Vektorraum mit einer Norm heißt normierter Vektorraum oder normierter Raum.
Bemerkungen:
- Aus Bedingung (iii) folgt ||0||=0 (weshalb man in (ii) auch ⇔ statt ⇒ schreiben könnte) und ||-x||=||x||.
- Wenn auf die Definitheit (Axiom ii) verzichtet wird, dann ist ||·|| nur eine Halbnorm (auch: Pseudonorm). Aus einem Raum mit Halbnorm erhält man einen normierten Raum als Faktorraum.
Einordnung
Jede Norm induziert eine Metrik
- .
Damit ist jeder normierte Raum auch ein metrischer Raum, und damit auch ein topologischer Raum und ein Hausdorff-Raum.
Eine Norm kann, muss aber nicht durch ein inneres Produkt (Skalarprodukt) definiert sein. Jeder Innenproduktraum ist mit
ein normierter Raum.
Ein normierter Raum heißt vollständig, wenn in ihm jede Cauchyfolge konvergiert (das schließt ein, dass der Grenzwert der Cauchyfolge sich in diesem Raum befindet). Ein vollständiger normierter Raum heißt Banachraum, und ein vollständiger normierter Innenproduktraum heißt Hilbertraum.
Betragsnormen
Normen auf Körpern (siehe z.B. p-adische Zahlen) sind die absoluten Beträge.
Vektornormen
p-Normen
Für endlichdimensionale Räume sind die so genannten p-Normen definiert als:
Dabei ist p eine reelle Zahl größergleich 1, n ist die Dimension des Vektorraums und |xi| der Absolutbetrag der i-ten Vektor-Komponente. Die aus diesen Normen abgeleiteten Metriken heißen auch Minkowski-Metriken.
Zur Veranschaulichung betrachten wir zweidimensionale Vektoren r=(x,y). Die Menge aller r mit ||r||=1 bildet einen verallgemeinerten Einheitskreis. Mit den Normen zu p=1, p=2 und p=∞ ergeben sich in einem kartesischen Koordinatensystem die Graphen:
p = 1 Einheitskreis der 1-Norm |
p = 2 Einheitskreis der 2-Norm |
p = ∞ Einheitskreis der unendlich-Norm |
Die 1-Norm
- ||(x,y)||1 = |x| + |y|
heißt auch Betragssummennorm; die von ihr abgeleitete Metrik heißt auch Manhattan-Metrik (da sie den Abstand zweier Punkte wie die Fahrtstrecke in einem Schachbrett-Stadtplan misst).
Nur in der 2-Norm
- ||(x,y)||2 = √(x² + y²)
entspricht der verallgemeinerte Einheitskreis dem, was man sich im gewöhnlichen Sprachgebrauch unter einem Kreis vorstellt. In diesem gilt die allgemeine Kreisgleichung x² + y² = r². Die von ||·||2 definierte Metrik d2 entspricht dem Abstand zweier Punkte in der Euklidischen Ebene. Die 2-Norm wird deshalb auch Euklidische Norm genannt und ein Vektorraum mit der 2-Norm heißt Euklidischer Raum.
Die Norm zu p=
- ||(x,y)||∞ = max{|x|,|y|}
heißt auch Maximumnorm oder Tschebyschew-Norm.
Aus p < 1 entstehen keine Normen mehr, da die Bedingung der Dreiecksungleichung nicht mehr erfüllt ist.
lp-Normen
Die "lp-Normen" sind eine Verallgemeinerung der p-Normen auf spezielle unendlichdimensionale Vektorräume.
Betrachte die Menge RN aller reellen Zahlenfolgen. Für eine reelle Zahl p ≥ 1 bzw. das Symbol p = ∞ betrachten wir die Teilmenge
aller "in p-ter Potenz summierbaren Folgen" bzw. aller beschränkten Folgen. Dies sind R-Vektorräume. Auf diesen Mengen definiert man die so genannte lp-Norm:
Mit diesen Normen werden die lp zu vollständigen normierten Räumen.
Lp-Normen
Die Definition der Lp-Räume und -Normen wird hier nur kurz angerissen, ausführlichere Informationen dazu im Artikel Lp-Raum.
Analog zu den Folgenräumen kann man den Vektorraum der Funktionen vom Type betrachten, und darin die "in p-ter Potenz integrierbaren Funktionen" herausgreifen, für die man so genannte Lp-Normen definiert. Das ist jedoch erstmal nur eine Pseudonorm, da nicht ausschließlich für die Nullfunktion gilt. Man geht deshalb über zu einem Faktorraum (den man Lp nennt), auf dem die Lp-Norm dann eine Norm ist.
Operatornormen
Für einen Operator wird seine Operatornorm (anschaulich der größtmögliche Streckungsfaktor) bezüglich einer Vektornorm folgendermaßen definiert:
Matrixnormen
Eine Matrixnorm heißt induziert von einer Vektornorm , falls gilt:
- .
Für reelle oder komplexe Matrizen kann man die Operatornormen der entsprechenden linearen Abbildungen für einige Vektornormen (hier die 1, 2 und Maximumsnorm) explizit angeben.
Spaltensummennorm | |
Spektralnorm | , wobei die adjungierte (oder hermetisierte) Matrix und den betragsmäßig größten Eigenwert der Matrixprodukts bezeichnet. |
Zeilensummennorm |
Matrixnormen haben einige nützliche Eigenschaften, so ist beispielsweise der Spektralradius einer Matrix (der betragsgrößte Eigenwert) immer kleiner als ihre Norm, unabhängig davon, welche Norm gewählt wurde. Sie werden insbesondere in der numerischen Mathematik benutzt. Zusätzlich zu den oben genannten Normaxiomen erfüllen Matrixnormen immer die multiplikative Dreiecksungleichung:
- .
Es ist möglich, Abbildungen auf dem Matrizenraum zu definieren, die die Normeigenschaften sowie die multiplikative Dreiecksungleichung erfüllen, jedoch nicht eine von einer Vektornorm herrührende Operatornorm sind. Die bekannteste von diesen ist die Frobeniusnorm:
- ,
wobei die Spur (englisch trace) von bezeichnet und die Eigenwerte von sind.
Eine Vektornorm und eine Matrixnorm heißen verträglich wenn gilt:
Offensichtlich ist die von einer Vektornorm induzierte Matrixnorm mit dieser Vektornorm verträglich.
Einige verträgliche Normen:
Vektornorm | Matrixnormen |
Betragssummennorm (p=1) | Spaltensummennorm Gesamtnorm |
Euklid. Norm (p=2) | Frobeniusnorm Gesamtnorm Spektralnorm |
Maximumsnorm (p=∞) | Gesamtnorm Zeilensummennorm |
Hierbei ist die Gesamtnorm wie folgt definiert: