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Die Klavierspielerin

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Die Klavierspielerin ist ein Roman der österreichischen Schriftstellerin Elfriede Jelinek, der 1983 im Rowohlt Verlag veröffentlicht wurde.

Inhalt

Hauptperson des Romans ist Erika Kohut, eine Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium. Erika ist Mitte Dreißig, lebt aber noch immer mit ihrer Mutter zusammen in einer Wohnung und teilt sich mit dieser seit dem Tod des demenzkranken Vaters sogar das Ehebett. In dieser engen Umklammerung untersteht Erika fast vollständig der mütterlichen Kontrolle. Schon als Kind wurde Erika von ihrer Mutter zur Klavierspielerin dressiert, scheiterte aber an einer Karriere als Solistin und nahm eine Professur am Konservatorium an. Für die im Ruhestand befindliche Mutter ist Erikas Geld die Hoffnung auf den baldigen Erwerb einer Eigentumswohnung, in der sie wieder zusammen mit ihrer Tochter wohnen kann. Die Mutter betrachtet Erika als ihr Eigentum und duldet kaum gesellschaftliche Kontakte, insbesondere nicht mit Männern.

In dieser bedrückenden Umarmung der Mutter stirbt die Tochter seelisch ab, sie spürt nichts und hat nie etwas gespürt. Auch die Musik, die für die Mutter den „Börsenwert“ der Tochter erhöhen sollte, wird Erika zur bedrückenden Last. Daher flüchtet sich Erika in AutoaggressionIhr Hobby ist das Schneiden am eigenen Körper – und in den Voyeurismus. Doch auch der Besuch von Peepshows und das Beobachten von Fremden beim Geschlechtsverkehr in Wiener Parks verschaffen Erika keine Befriedigung.

Als einer von Erikas Klavierschülern, der engagierte Sportler und Technikstudent Walter Klemmer, sich entschließt, den Körper der Lehrerin für sich zu erobern, sieht Erika darin eine Möglichkeit, ihre sexuellen und sadomasochistischen Gefühle endlich ausleben zu können. In einem Brief teilt sie Klemmer Anleitungen für den Umgang mit ihr mit und erzählt ihre masochistischen Phantasien. Klemmer ist zunächst vom Brief schockiert, fühlt sich dann aber vom Ehrgeiz ergriffen und in seiner natürlichen Brutalität angesprochen. In einer Überreaktion schlägt, tritt und vergewaltigt Klemmer schließlich Erika: Er beweist der Frau unter Tritten die einfache Gleichung ich bin ich.

Geschunden und misshandelt macht sich Erika zwar mit einem Messer auf, um an Walter Klemmer Rache zu nehmen. Schließlich verletzt sie sich damit jedoch nur selbst an der Schulter und kehrt unverrichteter Dinge heim.

Rezeption

Im Roman werden Musik und Körper konsequent als ökonomische Größen dargestellt: Erika wird das Kleingeld ihres modernden Körpers geizig auf den Tisch zählen. Als Ergebnis dieser Zwangswirtschaft in einer von der Mutter kontrollierten kleinbürgerlichen Welt wird das sexuell „perverse“ Verhalten Erikas nachvollziehbar. Der Unterdrückungsprozess hinter bürgerlichen Fassaden wird am extremen Beispiel von Erika Kohut sichtbar gemacht. Auf diese Weise trägt der Roman dazu bei, ein besseres Verständnis für gesellschaftlich geächtete Verhaltensformen besonders in der Sexualität aufzubauen.

Verfilmungen

Der Roman Die Klavierspielerin wurde 2001 vom Regisseur Michael Haneke mit Isabelle Huppert als Erika Kohut und Benoît Magimel als Walter Klemmer verfilmt.

Literatur