Schaltjahr
Schaltjahr (lat. annus bissextus), bezeichnet ein Jahr im Kalender, das im Unterschied zum Normaljahr einen zusätzlichen Schalttag oder/und Schaltmonat enthält, um zumeist die Differenz zwischen einem planmäßigen Kalenderjahr und dem Sonnenjahr auszugleichen. Astronomische Kalender und Lunarkalender können auch andere Zeiträume als Grundlage für ein Schaltjahr haben. Heute gilt in fast allen Teilen der Welt der Gregorianische Kalender. Das Gegenteil von einem Schaltjahr ist ein Gemeinjahr.
Den Einschub eines zusätzlichen Tages, Monats oder Jahres in ein Kalendersystem bezeichnet man als Embolismus (altgriechisch ἐμβάλλειν „Einschaltung“).
Sonnenkalender
Das Tropische Jahr hat eine Länge von 365,24219052 Tagen. Alle nachfolgenden Kalendersysteme approximieren diesen Wert mehr oder weniger gut.
Julianischer Kalender
Unter Gaius Iulius Caesar wurde der bis dahin geltende römische Kalender gründlich reformiert; zum Ausgleich der im Lauf der Jahre angewachsenen Differenzen zwischen den Kalenderdaten und den ihnen ursprünglich zugeordneten Sonnenständen ging der Kalenderreform für das Jahr 45 v. Chr. das sogenannte „verworrene Jahr“ von 47–45 v. Chr. voraus.
Bei seiner Reform griff Julius Cäsar auf die ägyptische Lösung - dem Einfügen eines Schalttages - zurück.[1] Ab 45 v. Chr. galt dann der julianische Kalender. Der Schalttag wurde in jedem vierten Jahr dem Monat Februar hinzugefügt, so dass in jedem vierten Jahr dem 24. Februar (ante diem sextum calendas martias, das heißt sechster Tag vor den Kalenden des März) ein zweiter 24. Februar (ante diem bis sextum calendas martias, das heißt zweiter sechster Tag vor den Kalenden des März) vorangestellt wurde. Das Kalenderjahr hat danach eine durchschnittliche Länge von 365,25 Tagen.
Gregorianischer Kalender
Seit dem Ersten Konzil von Nicäa im Jahr 325, bei dem der Frühlingsanfang auf den 21. März festgelegt wurde, betrug die aufgelaufene Differenz des Julianischen Kalenders gegenüber dem Sonnenjahr im Jahre 1582 bereits 10 Tage. Papst Gregor XIII. ließ deshalb zum Ausgleich im Jahr 1582 auf den 4. Oktober den 15. Oktober folgen, wobei die Abfolge der Wochentage nicht verändert wurde; auf einen Donnerstag folgte ein Freitag.
Außerdem wurde die julianische Schalttagsregelung dahingehend geändert, dass in allen Jahren, deren Jahreszahl durch vier teilbar ist, der 29. Februar als Schalttag eingefügt wird. Eine Ausnahme bilden allerdings die vollen Jahrhundertjahre 1700, 1800, 1900 usw., auch Säkularjahre genannt. Hiervon erhalten nur diejenigen einen Schalttag, deren Jahreszahl durch 400 teilbar ist. Jedes vierte Säkularjahr ist somit ein Schaltjahr. Das gregorianische Kalenderjahr hat eine durchschnittliche Länge von 365,2425 Tagen. In den Jahren 1700, 1800 und 1900 hatte der Februar also nur 28 Tage, in den Jahren 1600 und 2000 dagegen 29.
Recht ungewöhnlich und wenig bekannt ist die Tatsache, dass nach römischer Zählweise, die auch bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders noch üblich war, der 24. und der 25. Februar auf dasselbe Datum fallen, also nicht der 29. Februar der Schalttag war.

Im Gemeinjahr heißt der 24. Februar „a. d. VI Kal. Mart.“ (sechster Tag vor dem März-Beginn, da der 1. März mitgezählt wurde); der doppelte Tag im Schaltjahr heißt ebenso. Da dieser Sechste (lat. sextus) doppelt (bis) gezählt wird, heißen Schaltjahr bzw. -tag bissextilis (lateinisch), bissextile (englisch), bisestile (italienisch) und ähnlich. Nach heutiger Zählung verschieben sich der 24. und die weiteren Tage im Februar um einen Tag. Bedeutung hatte dies noch bis 2001 in der katholischen Kirche bei der Zählung der Kirchentage, denn kirchliche Feiertage und auch die Namenstage sind von dieser Regelung betroffen. Allerdings wird in den Ausgaben des Martyrologium Romanum seit 2001 für die Bestimmung der Gedenktage einfach die Durchnummerierung der Kalendertage zugrundegelegt, so dass die komplizierte Zählweise in der kirchlichen Praxis keine Rolle mehr spielt.[2]
Orthodoxer Kirchenkalender
Das gregorianische Kalender-Jahr ist im Durchschnitt etwas länger als das Sonnenjahr. Deshalb schlug die orthodoxe Kirche, nachdem sie jahrhundertelang die gregorianische Kalenderreform verweigert hatte, in jüngster Zeit folgende Schaltregel vor: Abweichend vom gregorianischen Kalender sind die Jahrhunderte nur dann Schaltjahr, wenn sie durch 900 geteilt den Rest 200 oder 600 ergeben. Damit wäre das Jahr 2800 kein Schaltjahr, sondern erst das Jahr 2900. Das Kalenderjahr nach dem orthodoxen Kirchenkalender hat eine durchschnittliche Länge von 365,24222 Tagen.
Französischer Revolutionskalender
In der Zeit, in der der Französische Revolutionskalender Gültigkeit hatte, waren die Jahre 3, 7 und 11 Schaltjahre. Das Jahr 15 war ebenfalls als Schaltjahr vorgesehen. Hierzu kam es aber nicht mehr.
Die ursprüngliche Regelung des Kalenders war, dass der erste Tag jedes Jahres auf die Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche fallen und jedes vierte Jahr ein Schaltjahr sein solle. Diese Forderungen hätten sich ab dem Jahr 19 widersprochen, und so schlug Charles-Gilbert Romme, der Autor des Kalendersystems, eine dem Gregorianischen Kalender ähnliche Regelung vor, nach der im Unterschied zum Gregorianischen Kalender jedes 4000. Jahr, obwohl durch 400 teilbar, kein Schaltjahr sein sollte. Er stieß jedoch aus politischen Gründen damit auf Widerstand. Durch die kurze Gültigkeit des Revolutionskalenders wurden die Diskussionen jedoch obsolet. Das Kalenderjahr hätte somit eine durchschnittliche Länge von 365,24225 Tagen gehabt.
Azteken-Kalender
Im Azteken-Kalender werden am Ende eines jeden 52-Jahres-Zyklus 13 Schalttage (nemontemi „Nichttage“) eingeschaltet. Das Kalenderjahr hat dadurch eine durchschnittliche Länge von 365,25 Tagen.
Lunarkalender
In Lunarkalendern werden Schaltmonate benötigt, um mit der synodischen Periode des Mondes von 29,5306 Tagen konform zu laufen. Dabei bietet sich ein regelmäßiger Wechsel von „vollen Monaten“ zu 30 und Schaltmonaten („hohler Monat“) zu 29 Tagen an. Mit Sonderregeln werden die fehlenden 0,0306 Tage pro Monat (Metonischer Zyklus, Kallippischer Zyklus und andere) korrigiert.
Daneben gibt es auch Schalttage, um das Lunarjahr mit zwölf Mondmonaten von etwa 354 Tagen durch einschalten von meist elf „Toten Tagen“, der Zeit zwischen den Jahren, auf einen nicht-interkalierenden Mondkalender zu ergänzen.
Jüdischer Kalender
Im Jüdischen Kalender, einem Lunisolarkalender, der durch die Regelung des Meton-Zyklus Regelungen dem Sonnenjahr angepasst wird, wird in allen Jahren, die bei einer Division durch 19 einen Rest von 0, 3, 6, 8, 11, 14, oder 17 haben, ein Schaltmonat eingefügt. Er wird als Adar II bezeichnet. Der Schaltmonat ist der Adar I mit 30 Tagen. Der im Gemeinjahr übliche Monat Adar mit seinen 29 Tagen wird zum Adar II, was sich auch am Feiertag Purim zeigt, der im Schaltjahr im Adar II gefeiert wird. Analogien finden sich auch im üblichen bürgerlichen Kalender, wo im Schaltjahr der 24. Februar verdoppelt wird und dann aber der Einfachheit halber im üblichen Rhythmus weitergezählt wird, wodurch häufig die irrige Meinung auftritt, der 29. Februar sei der Schalttag. Das Kalenderjahr hat eine durchschnittliche Länge von 365,2468 Tagen.
Islamischer Kalender
Im Islamischen Kalender, einem synodischen, also reinen Lunarkalender, ist die Bestimmung eines Schaltjahres wie folgt festgelegt: Nach einem gebräuchlichen System sind alle Jahre, die bei einer Division durch 30 einen Rest von 2, 5, 7, 10, 13, 16, 18, 21, 24, 26 oder 29 haben, Schaltjahre. Nach diesem System haben im Islamischen Kalender alle ungeradzahligen Monate 30 Tage und alle geradzahligen Monate 29 Tage. In Schaltjahren wird dem zwölften Monat ein Tag hinzugefügt, so dass er dann 30 Tage hat. Somit besteht ein Jahr des Islamischen Kalenders durchschnittlich aus 354,36667 Tagen (astronomisch: 254,36708 Tage).
Chinesischer Kalender
Schaltjahre im traditionellen, lunisolaren chinesischen Kalender haben 13 Monate mit 383, 384 oder 385 Tagen statt der zwölf des Gemeinjahres mit 353, 354 oder 355 Tagen.
Zur Berechnung zählt man die Anzahl der Neumonde zwischen dem elften Monat eines Jahres (dem Monat der Wintersonnenwende) und dem elften Monat des folgenden Jahres. Fallen in diesen Zeitraum 13 Neumonde, so wird ein Schaltmonat eingefügt. Der erste Monat, der keinen zhong qì enthält, erhält dieselbe Nummer wie der Vormonat mit einem Zusatz als Schaltmonat.
Astronomischer Kalender
Ägyptischer Kalender
Der im Altertum gebräuchliche altägyptische Verwaltungskalender, auch Wandeljahrkalender genannt, verwendete Jahre, die regulär 365 Tage dauerten und in 12 Monate a 30 Tage aufgeteilt waren. Die fehlenden fünf Tage wurden als Heriu-renpet eingeschaltet. Im Jahr 238 v. Chr. ordnete Ptolemaios III. an, alle vier Jahre einen Tag einzufügen, um die Verschiebung der Jahreszeiten zu verhindern.[1]
Maya-Kalender
Auch der Haab-Kalender des Maya-Kalenders verwendet Schalttage: Hier wird nach dem Standardjahr von 360 Tagen (18 Perioden mit je 20 Tagen) ein 5-tägiger Schaltmonat (Uayeb „namenlos“) eingefügt.
Siehe auch
Literatur
- Elias J. Bickerman: Chronology Of The Ancient World. 2. Auflage. Cornell University Press, New York 1980, ISBN 0-8014-1282-X.
- Hermann Grotefend: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 1891. Nachdruck Scientia, Aalen 1970, ISBN 3-511-04560-6; Taschenbuch 13. Auflage. Hahn, Hannover 1991, ISBN 3-7752-5177-4.
- Hans Lietzmann: Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1–2000 nach Christus. 4. Auflage. de Gruyter, Berlin 1984, ISBN 3-11-010049-5.
Einzelnachweise
- ↑ a b Märkische Oderzeitung, Journal, 5./6. Januar 2008, Seite 4
- ↑ Nikolaus A. Bär: Der Schalttag