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Metformin

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Strukturformel
Strukturformel von Metformin
Allgemeines
Freiname Metformin
Andere Namen

1,1-Dimethylbiguanid

Summenformel C4H11N5
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 4091
DrugBank DB00331
Wikidata Q19484
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A10BA02

Wirkstoffklasse

Antidiabetikum

Eigenschaften
Molare Masse 129,16 g·mol−1
Schmelzpunkt

218–220 °C (Hydrochlorid)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
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H- und P-Sätze H: {{{H}}}
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Metformin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Biguanide, der bei nicht insulinabhängiger Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2) und insbesondere bei leichtem Übergewicht (Präadipositas) und krankhaftem Übergewicht (Adipositas) eingesetzt wird. Es ist eines der am längsten eingesetzten Antidiabetika. Studien zufolge verringert es als einziges das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen bei Typ-2-Diabetes.[3]

Wirkprinzip

Das molekulare Wirkprinzip von Biguaniden ist nach wie vor nicht vollständig geklärt. Klinische Studien zeigen, dass Metformin die Glucose-Neubildung in der Leber hemmt. Neben der Aufnahme von Zucker (Glucose) mit der Nahrung stellt dieser Stoffwechselweg, mit dem Glucose aus dem Umbau von Aminosäuren und anderen Stoffwechselprodukten gewonnen wird, eine wichtige Einflussgröße des Blutzuckerspiegels dar. Immer wieder wird auch darauf hingewiesen, dass Metformin zusätzlich die Resorption von Glucose im Darm hemmen und eine schnellere Aufnahme in die Muskelzellen bewirken soll, doch konnten diese beiden Effekte bislang nicht sicher nachgewiesen werden.[4] Dennoch sollen Bodybuilder Metformin zum Fettabbau missbrauchen.[5]

Metformin wird seit Jahren erfolgreich bei der Behandlung des Polyzystischen Ovarialsyndroms verwendet, wo es offenbar die krankhaft gesteigerte Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron blockiert. [6] Es eröffnet am Polyzystischen Ovarialsyndrom erkrankten Frauen eine Möglichkeit, dennoch schwanger zu werden. Offiziell ist Metformin allerdings dafür nicht zugelassen, entspricht also einem sogenannten Off-Label-Use, worüber die Patientinnen aufzuklären sind. Auch ist das Medikament aus diesem Grund in dieser Indikation nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu verordnen.

Gegenanzeigen

Bei absolutem Insulinmangel wie dem Typ-I-Diabetes, der diabetischen Ketoazidose oder dem diabetischen Koma ist Metformin vollständig ungeeignet (kontraindiziert).

Metformin darf außerdem nicht bei Niereninsuffizienz, Leberversagen, Alkoholismus oder solchen Begleitumständen eingesetzt werden, die eine Übersäuerung durch Milchsäure begünstigen können. Hierzu zählt die Herzinsuffizienz oder etwa eine Fastenkur. Herzinfarkt, Schock oder schwere Infektionen verbieten seine Anwendung.

Bei Schwangerschaft besteht in Deutschland eine strenge Indikationsstellung, da es nicht für diese Indikation zugelassen ist. Hinweise auf eine teratogene Wirkung konnten bisher (Stand 2010) in allen Studien nicht gefunden werden. Metformin ist plazentagängig und geht in die Muttermilch über. Es sollte während der Schwangerschaft und bei stillenden Müttern nur in begründeten Fällen in Form eines sogenannten Therapieversuches eingesetzt werden (z.B. wenn die notwendigen Insulindosierungen sehr hoch sind).

Vor Operationen, Anästhesien, Untersuchungen mit intravaskulärer Verabreichung von Kontrastmitteln oder intensivmedizinischer Betreuung muss Metformin mindestens 24 Stunden vor bis 48 Stunden nach dem Ereignis aufgrund des Risikos einer Laktatazidose abgesetzt werden.

Nebenwirkungen

Unter Beachtung der Kontraindikationen treten als Nebenwirkung häufig und meist nur zu Behandlungsbeginn gastrointestinale Beschwerden auf wie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Mit dem betreuenden Arzt ist unbedingt Rücksprache zu halten. Durch langsame, einschleichende Dosierung über 2-3 Wochen können diese Nebenwirkungen oft umgangen werden. Es empfiehlt sich vor dem Hintergrund, dass dieser Wirkstoff des sonst nebenwirkungsarmen Medikamentes durch viele Studien nachgewiesen (siehe auch unten) ein breites Wirkungsspektrum hat, auf jeden Fall ein geduldiges Ausprobieren mehrerer Präparate, ehe ein Therapieabbruch erwogen wird.

Eine eher seltene Ursache dieser Nebenwirkungen kann eine Laktoseintoleranz sein, da einige der Präparate mit einer Milchzuckerschicht überzogen sind. In diesem Fall kann der Arzt ein Lactose-freies Präparat verordnen. Nach einer aktuellen Übersicht enthalten von 48 im deutschsprachigen Raum erhältlichen Monopräparaten nur 6 die Angabe von Lactose in der Liste der Zusatzstoffen (Handelsnamen: Diabetase, Mediabet, Meglucon, Met, Metformin 1A, Metformin Hexal)[7].

Bei Infektionen mit massivem Erbrechen und anhaltendem, schwerem Durchfall ist Metformin aufgrund der Gefahr einer Übersäuerung des Organismus abzusetzen. Vor allem bei niereninsuffizienten Patienten und im Zusammenhang mit Narkosen können lebensbedrohliche Laktatazidosen auftreten.

Eine Hypoglykämie tritt unter der alleinigen Therapie mit Metformin nicht auf.


Dosierung und Anwendungsmöglichkeiten

Metformin steht in Wirkstärken von 500 mg, 850 mg und 1000 mg zur Verfügung, um eine individuelle Blutzuckereinstellung vornehmen zu können. Die Tabletten werden oral zu oder nach den Mahlzeiten verabreicht.

Nach einer Initialphase von circa 14 Tagen, in der man niedrig beziehungsweise mittelstark dosiert einsteigt, ist meist eine Dosisanpassung anhand der Blutglucosespiegel notwendig.

Metformin sollte nach den Leitlinien der Deutschen Diabetesgesellschaft als First-Line-Therapie mit Ernährungsberatung als Monosubstanz eingesetzt werden. Sollte sich damit keine ausreichende Blutzuckersenkung einstellen, lässt es sich mit anderen oralen Antidiabetika, wie den Sulfonylharnstoffen oder den Insulin-Sensitizern oder den Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren sowie mit Insulin kombinieren.

Zur Erhöhung der Compliance und zur Verringerung der Anzahl der einzunehmenden Tabletten wurden fixe Kombinationen von Rosiglitazon mit Metformin, Pioglitazon mit Metformin und Vildagliptin sowie anderer DPP4-Hemmer mit Metformin in den Handel gebracht.


Schützt Metformin vor Krebs?

Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Metformin das Krebsrisiko bei Typ 2 Diabetikern verringern kann. In einer 2009 in der Fachzeitschrift Diabetes Care veröffentlichten Studie zeigte sich bei den untersuchten Studienteilnehmern ein deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich neu aufgetretener Krebserkrankungen: Von den Metformin einnehmenden Patienten erkrankten 7,3 Prozent an Krebs. Bei den Diabetikern ohne Metforminbehandlung wurde bei 11,6 Prozent eine Krebserkrankung festgestellt. Die Zeit bis zum Auftreten des Krebses betrug in der Metformingruppe im Mittel 3,5 Jahre und in der Vergleichsgruppe 2,6 Jahre. Es zeigte sich also eine geringere krebsbedingte Sterberate der Metformin einnehmenden Studienteilnehmer. Unter Berücksichtigung von möglichen Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter, BMI, HbA1c, Armut (gemessen mit dem sogenannten Carstairs-Score), Rauchen und Einnahme anderer Medikamente, zeigte sich unter Metformintherapie ein reduziertes Krebsrisiko von 37 Prozentpunkten. [8] [9]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1025, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. Metformin bei Sigma-Aldrich
  3. Effect of intensive blood-glucose control with metformin on complications in overweight patients with type 2 diabetes (UKPDS 34). UK Prospective Diabetes Study (UKPDS) Group. In: Lancet. 352. Jahrgang, Nr. 9131, 1998, PMID 9742977, S. 854–65.
  4. Natali A,Ferrannini E.: Effects of metformin and thiazolidinediones on suppression of hepatic glucose production and stimulation of glucose uptake in type 2 diabetes: a systematic review. Diabetologia. 2006 Mar;49(3):434-41. PMID 16477438
  5. Sonja Kastillan: Pille statt Wille, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 32 (10. August 2008) 57.
  6. Misugi T, Ozaki K, et. al.: Insulin-lowering agents inhibit synthesis of testosterone in ovaries of DHEA-induced PCOS rats. Gynecol Obstet Invest. 2006;61(4):208-15. PMID 16479139
  7. [MMI Medizinische Medien Informations GmbH] Datenbankrecherche Stand April 2010)
  8. [Libby G. et al. New users of metformin are at low risk of incident cancer: A cohort study among people with type 2 diabetes.]Diabetes Care 2009 Jun 29
  9. [1] Deutschen Diabetes-Zentrum DDZ Düsseldorf

Handelsnamen

Monopräparate

Biocos (D), Diabesin (D), Diabetase (D), Diabetex (A), Glucobon Biomo (D), Glucophage (D, A, CH), Juformin (D), Mediabet (D), Meglucon (A), Mescorit (D), Met (D), Metfin (CH), Metfogamma (D), Siofor (D), zahlreiche Generika (D, A, CH)

Kombinationspräparate

Avandamet (D, A, CH), Competact (D, A, CH), Diabiformin (CH), Efficib (A), Eucreas (D, A), Janumet (D, A, CH), Pioglitazone/Metforminhydrochloride (A), Velmetia (D, A), Vildagliptin/Metformin hydrochlorid (A), Zomarist (A)

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