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Guinea-Bissau

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Guinea-Bissau [ɡiˈneːa bɪˈsaʊ̯] (port.: Guiné-Bissau [ɡiˈnɛ biˈsau]) ist ein Staat in Afrika. Er liegt an der afrikanischen Westküste zum Atlantik und grenzt an Senegal und Guinea. Nach dem Human Development Index zählt Guinea-Bissau zu den am geringsten entwickelten Ländern weltweit.

Geographie

Lage

Guinea-Bissau liegt im Westen von Westafrika und Oberguinea zwischen 13° und 17° westliche Länge und 11° und 12° nördliche Breite. Im Norden grenzt die Republik an Senegal (gemeinsame Grenze rd. 338 km), im Osten an Guinea (gemeinsame Grenze rd. 386 km), die gesamte Grenzlänge beträgt 724 Kilometer zuzüglich 350 Kilometer Küste. Mit einer Gesamtfläche von 36.125 km² (28120 km² Landfläche und 8005 km² Wasserfläche) ist das Land ca. 10 % kleiner als die Schweiz[2]. Die geographischen Koordinaten der Hauptstadt Bissau sind 11°50' nördl. Breite und 15°36' westl. Länge.

Landschaftsbild

An das überwiegend flache Landesinnere schließt sich ein durch marine Erosion stark zerklüfteter Küstenstreifen mit einem Sumpfgebiet an. Dem Festland vorgelagert liegt der Bissagos-Archipel im Atlantik. Der höchste Berg ist der Madina do Boé mit 262 m. Die wichtigsten Flüsse sind Río Gêba, Río Cacheu und Río Corubal. Die bedeutendsten Inseln Guinea-Bissaus sind Arch. do Bijagós: Ilha de Orango, Caravela, Bubaque, Roxa, Bolama, Uno und Formosa.

Klima

Das Klima ist tropisch, überwiegend feucht und heiß. Die Durchschnittstemperatur beträgt 24° C. Von Dezember bis April besteht die Trockenzeit mit Harmattan-Wüstenwinden. Die Regenzeit dauert von Mai bis Ende Oktober. Die regenreichsten Monate sind Juli und August.[3]

Bevölkerung

Religion

Religionen: Ca. 50 % sind Muslime, ca. 40 % bekennen sich zu Naturreligionen, ca. 10 % sind Christen (zumeist Katholiken)[4]

Ethnische Gruppen

Über 25 ethnische Gruppen leben im Land, die sich in Sprache, Kultur und Sozialstruktur mehr oder weniger unterscheiden.

Der größte Teil der Bevölkerung (ca 85%) aber setzt sich aus den folgenden Volksgruppen zusammen:

Ferner gibt es auch:

Es gibt auch kleine Minderheiten von Ausländern, darunter:

Sprache

Obwohl die offizielle Landessprache Portugiesisch ist und Schulunterricht ausschließlich darin stattfindet, beherrschen es nur wenige Einwohner gut; Standardportugiesisch sprechen nur etwa 14 Prozent. Der Alphabetisierungsgrad liegt bei rund 45 Prozent. Jede ethnische Gruppe verfügt über eine eigene Sprache, die zugleich die Muttersprache ihrer Mitglieder ist. Verkehrssprache ist Kriol, eine auf dem Portugiesischen basierende Kreolsprache, die durch die Sprachen der verschiedenen ethnischen Gruppen beeinflusst ist und von ca. 60 Prozent der Einwohner beherrscht wird.

Bildungswesen

Da Guinea-Bissau nur eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten und -einrichtungen bietet, sind rund 61 Prozent Analphabeten. Die Regierung strebt eine Schulpflicht mit der Dauer von sechs Jahren an. Allerdings besuchen nur wenige Kinder die Schule, da viele von ihren Familien in anderen Aufgaben eingesetzt werden, wie z. B. in der Landwirtschaft. Auf dem Land gibt es außerdem nicht immer die Möglichkeit eine Schule zu besuchen. Auch muss Schulgeld entrichtet werden, was schon den Zugang zu grundlegender Bildung für große Teile der Bevölkerung erschwert. Der Schulunterricht wird landesweit in Portugiesisch abgehalten, obwohl viele Kinder diese Sprache zuhause nicht sprechen. Kreol zur Unterrichtssprache zu erheben ist bis jetzt sehr schwierig, da die Schriftform erst vor kurzem entwickelt wurde und so kaum Unterrichtsmaterialien in dieser Sprache zu Verfügung stehen.
Weiterführende Schulen existieren, aber dafür müssen Schüler das letzte Jahr in der Hauptstadt Bissau absolvieren; außerdem nimmt die Höhe des Schulgeldes mit höheren Klassen zu, was den Besuch dieser Schulen für viele potentielle Absolventen unerschwinglich macht. Guinea-Bissau verfügt über einige Berufsschulen und Einrichtungen zur Lehrerausbildung sowie eine Universität (Universidade Amilcar Cabral). Einflussreich im Bildungswesen war auch der brasilianische Pädagoge Paulo Freire, der die Alphabetisierung von Unterdrückten mit dem Ziel einer Bewusstseinsbildung anstrebte.

Gesundheit

Es gibt etwa 12 Ärzte pro 100 000 Einwohner. [5] Die HIV-Infektionsrate bei Erwachsenen beträgt über 10 %. [6] Guinea-Bissau hat eine hohe Säuglingssterblichkeit. [7] 2004 war die Lebenserwartung bei der Geburt bei beiden Geschlechtern unter 50 Jahren. [8]

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte von Guinea-Bissau

Seit dem 13. Jahrhundert gehörte der östliche Teil des heutigen Guinea-Bissaus zum Königreich Kaabu. 1446 erreichten erste portugiesische Seefahrer und Händler die obere Guineaküste. 1879 wurde die Provinz Portugiesisch-Guinea gegründet. Zuvor war der Distrikt Guinea von den Kapverdischen Inseln aus verwaltet worden. Amilcar Lopes Cabral gründete am 19. September 1956 die PAIGC (Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und Kap Verde) und leitete den Unabhängigkeitskrieg von 1963 bis 1974 gegen die Portugiesen. Als die PAIGC 1972 den Großteil des Landes unter Kontrolle hatten, ließ sie Landeswahlen abhalten. Die Unabhängigkeit Guinea-Bissaus wurde am 24. September 1973 proklamiert und am 10. September des folgenden Jahres von Portugal anerkannt. Bis heute ist der 24. September der Nationalfeiertag Guinea-Bissaus.

Der Präsident von Guinea-Bissau, João Bernardo Vieira, der dieses Amt nach einer früheren Präsidentschaft von 1980 bis 1999 seit 2005 wieder innehatte, wurde am 2. März 2009 durch Militärs ermordet.[9]

Politik

Justizministerium

Nach der Verfassung von 1984 ist Guinea-Bissau eine Präsidialrepublik, seit 1991 mit einem Mehrparteiensystem. Die direkt gewählten Regionalräte entsenden aus ihrer Mitte 100 Abgeordnete in die Nationale Volksversammlung, die ihrerseits den 15-köpfigen Staatsrat wählt, der als Exekutive fungiert. Seit 1991 ist das Amt des Premierministers (Regierungschef) wieder eigenständig.

Wahlen 2004

Sitzverteilung der Wahl vom 30. März 2004:

  • Partido Africano da Independência da Guinea e Cabo Verde (PAIGC): 45 von 102 Sitzen.
  • Partido para a Renovação Social (PRS): 35 von 102 Sitzen.
  • Partido Unido Social Democratico (PUSD): 17 von 102 Sitzen.
  • Sonstige: 3 von 102 Sitzen.
  • 2 der Diaspora zustehenden Sitze wurden nicht vergeben.

Parlament

Die letzten Parlamentswahlen in Guinea-Bissau fanden am 16. November 2008 statt. [10] Die PAIGC gewann eine qualifizierte Mehrheit und zieht mit 67 Abgeordneten in die aus 100 Sitzen bestehende Nationale Volksversammlung ein. Die wichtigste Oppositionspartei PRS (Partei der sozialen Erneuerung) erreichte 28 Sitze. Drittstärkste Partei wurde die Republikanische Partei für Unabhängigkeit und Entwicklung (PRID) mit drei Abgeordneten.

Aktuelle Sitzverteilung des Parlaments nach der Wahl vom 16. November 2008:

Innenpolitik

Am 2. März 2009 wurde der Präsident João Bernardo Vieira beim Verlassen seines Hauses durch Militärs getötet. [11] Die Ermordung Vieiras folgte nahezu unmittelbar auf den Tod des Generalstabschefs Tagme Na Wai bei einem Bombenanschlag am Abend zuvor.[12]

Wenige Tage später wurde der Parlamentspräsident Raimundo Pereira als neuer Präsident vereidigt und übernahm übergangsweise die Staatsgeschäfte. [13]

Am 5. Juni 2009 wurden Baciro Dabo, der als Kandidat bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen antreten sollte und Hélder Proença, ehemals Verteidigungsminister des Landes, von Soldaten erschossen. Der ehemalige Ministerpräsident Faustino Imbali wurde von Soldaten verhaftet. Die drei Anhänger des im März ermordeten Präsidenten Vieira sollen angeblich einen Putsch gegen die amtierende Regierung geplant haben.[14]

Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen am 28. Juni 2009 erreichten Malam Bacai Sanhá, der Kandidat der PAIGC, und Kumba Ialá, der Kandidat der PRS, die meisten Stimmen. Die am 26. Juli 2009 stattgefundene Stichwahl konnte Malam Bacai Sanhá für sich entscheiden.[15]

Bei einem Putschversuch am 1. April 2010 wurden der Regierungschef Carlos Gomes Junior sowie der Chef der Streitkräfte, Zamora Induta, von Militärs festgenommen. Das Kommando übernahm Indutas ehemaliger Stellvertreter António Indjai. Es folgten Zusammenstöße von Soldaten und aufgebrachten Gomes-Anhängern.[16] Nach wenigen Stunden wurde Gomes Junior wieder freigelassen und versuchte selbst das Geschehen als "Zwischenfall" zu relativieren. Danach beruhigte sich die Lage wieder. Als Hintergrund werden Spannungen innerhalb der Militärführung vermutet.[17]

Am 25. Juni 2010 wurde António Indjai, der Anführer der Meuterei vom 1. April, zum neuen Armeechef Guinea-Bissaus ernannt. Zamora Induta bleibt weiter in Gefangenschaft. Am 2. August wurde vom Präsidenten bekannt gegeben, dass das Land der Stationierung einer internationalen Stabilisierungstruppe zustimmen wird. [18]

Militär

Siehe Streitkräfte Guinea-Bissaus

Die aus den drei Teilstreitkräften Luftwaffe, Marine und Heer bestehenden Streitkräfte Guinea-Bissaus hat eine Stärke von circa 9.250 Mann. Das Land hat die Todesstrafe auch im Militärstrafrecht abgeschafft.

Verwaltungsgliederung

Die Regionen von Guinea-Bissau

Guinea-Bissau gliedert sich in acht Regionen und einen autonomen Sektor um die Hauptstadt Bissau. Die Regionen teilen sich wiederum in 37 Sektoren. Für die Regionen wurde der jeweilige Name der Hauptstadt in Klammern mitangegeben, die Sektoren sind nach ihren jeweiligen Hauptstädten benannt. Lediglich für die drei Sektoren des Bissagos-Archipels sind auch die Hauptorte in Klammern mitangegeben.

  • Bolama Bissagos-Archipel (Bolama)
    • Bolama (Bolama)
    • Caravela (Abu)
    • Bubaque (Bubaque)
  • Cacheu (Cacheu)
    • Bigéne
    • Bula
    • Cacheu
    • Caió
    • Canchungo
    • S. Domingos

Städte

Innenstadt von Bissau

Die größten Städte in Guinea-Bissau sind (Stand 1. Januar 2005): Bissau 388.028 Einwohner, Bafatá 22.521 Einwohner, Gabú 14.430 Einwohner, Bissorã 12.688, Bolama 10.769 Einwohner und Cacheu 10.490 Einwohner. In den Städten Bissau, Buba, Cacheu und Farim existiert ein Hafen.

Wirtschaft

Guinea-Bissau zählt zu den ärmsten Ländern der Erde. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 206 US$ je Einwohner liegt das Land unter 181 Staaten der Erde an fünftletzter Stelle.[1] Die auf die Bedürfnisse der Kolonialmacht Portugal ausgerichtete Wirtschaft war nach deren Abzug nicht mehr lebensfähig. Ihre Produktivität bewegt sich auf dem Niveau einer Selbstversorgungswirtschaft (Subsistenzwirtschaft).

Landwirtschaft

Mehr als 90 % der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig. Angebaut werden können Reis, Mais, Hirse, Maniok, Yams, Bataten und Zuckerrohr. 38,1 % der Fläche Guinea-Bissaus wird als Wald genutzt, 12,0 % für Landwirtschaft, 38,4 % für Weide und 11,5 % für Sonstiges (1994).

Bergbau

An Bodenschätzen verfügt das Land über Phosphate, Bauxit, Erdöl, Gas und Gold. An der Süd-Westlichen Landesgrenze zu Guinea in der Region Boé und im Norden des Landes bei Farim wurden große Vorkommen an Bauxit aufgefunden. In der Region Boé will ein angolanisches Bergbauunternehmen in Kürze mit der Exploration beginnen. Dazu soll auch ein Tiefseehafen in Buba errichtet werden. Im Ölsektor stehen 14 Blöcke zur Förderung bereit, von denen die meisten bereits vergeben wurden [19]

Export

Eine Exportindustrie existiert nicht. In den Export gelangen Erzeugnisse aus Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei wie Erdnüsse, Palmkerne und Palmöl, Garnelen und Holz. In den letzten Jahren wurden vermehrt Cashew-Nüsse angebaut und exportiert, so dass Guinea-Bissau inzwischen auf Platz 6 der weltweit größten Produzenten von Cashew-Nüssen steht; die Nüsse machen 85 % der Exporterlöse des Landes aus.

Drogenhandel

Nach Erkenntnissen des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung waren Guinea-Bissau und die Republik Guinea insbesondere in den Jahren 2004 bis 2007 ein wichtiges Drehkreuz für den Kokainschmuggel von Westafrika nach Europa. Sowohl die innenpolitischen Ereignisse in den beiden Ländern, als auch internationale Bemühungen zur Bekämpfung des Kokainschmuggels in der Region führten zu einem deutliche Rückgang der Transporte in Jahren 2008 und 2009. Die Ereignisse des 1. April dieses Jahres in Bissau könnten allerdings eine eventuelle Wiederbelebung der Transportroute über Guinea-Bissau hindeuten. Der in die Ereignisse vertrickte, ehemalige Chef der Marina Admiral Bubo na Tchuto sowie der amtierende Luftwaffenchef Ibraima Papa Camara wurden im April von US-Behörden des Drogenschmuggels beschuldigt und deren Konten in den USA eingefroren.[20]

Staatshaushalt

Zentralbank der Westafrikanischen Staaten in Bissau

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

Einzelnachweise

  1. a b International Monetary Fund, World Economic Outlook Database, April 2008
  2. a b c Guinea-Bissau im World Fact Book des CIA
  3. Klimaangaben des Reiseführers von Columbus Publishing
  4. Auswärtiges Amt - Länderinformationen
  5. http://hdrstats.undp.org/indicators/58.html
  6. http://www.afro.who.intguineebissau/epidemiologique.html
  7. http://www.afro.who.int/guineebissau/epidemiologique.html
  8. http://www.who.int/whosis/mort/profiles/mort_afro_gnb_guineabissau.pdf
  9. Soldaten töten Präsidenten von Guinea-Bissau, Tagesschau, 2. März 2009 (aufgerufen am 2. März 2009)
  10. Entwicklungspolitik online:Wahlen in Guinea-Bissau: PAIGC bleibt weiter an der Macht
  11. Putsch in Guinea-Bissau - Präsident getötet
  12. http://www.zenithonline.de/politik/hintergruende/?article=670&pageb=1&cHash=ade36a4536
  13. Die lange Ermordung des Präsidenten
  14. Bissau military kills politicians bei bbc.co.uk
  15. [1]
  16. [2]
  17. [3]
  18. Guinea-Bissau Ereignisse in Folge des 1. April
  19. Economic Intelligence Unit - Guinea-Bissau Country Report July 2009.
  20. World Drug Report 2010 S. 242ff
  21. Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4
Wiktionary: Guinea-Bissau – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikimedia-Atlas: Guinea-Bissau – geographische und historische Karten

Koordinaten: 12° N, 15° W

ak:Guinea-bissau