Megalithkultur
Unter dem Begriff Megalithkultur (griechisch mega "groß" und lithos "Stein") wurden eine Reihe nicht miteinander verwandter Kulturen gefasst. Sie zeichnen sich durch Bauwerke oder einzelne Monumente aus unbearbeiteten Steinblöcken aus, die ein Gewicht bis zu 100 t (i.d.R. aber 5 - 20 t) hatten. Sie sind jedoch nicht direkt durch Gemeinsamkeiten gekennzeichnet, weshalb der Begriff "Kultur" irreführend ist.
Die Bauten bzw. Aufstellungen werden je nach Region, Ausführung und vermutetem Verwendungszweck als Hünengräber (Dolmen, Ganggräber etc.), Menhire (einzeln stehende Steine), Megalithen oder Steinkreise (Cromlech) oder Steinreihen bezeichnet.
Mittel- und Nordeuropa

In Mittel- und Nordeuropa wurden die Megalithanlagen vor allem durch die Angehörigen der Trichterbecherkultur erbaut, einer jungsteinzeitliche Bevölkerung, die Ackerbau und Viehhaltung betrieb. Diese seit etwa 4200 v. Chr. in Norddeutschland (Hauptverbreitungsgebiete: östl. Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Wildeshauser Geest und Hümmling in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt Haldenslebener Forst, den östlichen Niederlanden, Polen und im südlichen Skandinavien nachgewiesene Kultur baute ab 3500 v. Chr. Megalithanlagen. Sie wurde durch die vorhergehende Rössener Kultur beeinflusst und übernahm von ihr zumindest die Domestikate. Die insbesondere aus Norddeutschland bekannten "Hünengräber" ( Hüne: Riese) stellen gemäß früherer Vorstellungen Kollektiv-Gräber dar; im Inneren des Hügels ist durch große Steine eine begehbare Kammer errichtet, in die entfleischte Knochen und Beigaben gelegt wurden. Vermutlich dienten sie einem ganzen Dorf als Kultstätte und wurden über einige Generationen genutzt. Außerdem wurden Megalithanlagen nachgenutzt, z.B. durch die Angehörigen der Schnurkeramik und der Kugelamphorenkultur. Mit der Schnurkeramik tritt die Niederlegung intakter Körper in Steinkammern auf.
Bretagne und Großbritannien
Aus der Bretagne und Großbritannien sind zusätzlich Steinkreise bekannt, dessen bekannteste Stonehenge (Salisbury, England), Callanish (Isle of Lewis, Schottland) und Carnac (Bretagne) sind. Ihre genaue Funktion ist unbekannt. Neben astronomischen Ausrichtungen werden auch kultische Zwecke angenommen. Unabhängig von der Funktion deuten die Bauwerke auf einen hohen Organisationsgrad und weit entwickelte Fähigkeiten hin. Im Zusammenhang mit ihrer Datierung kann man bei den Bauwerken einen zunehmenden Umfang und auch zunehmende Komplexität in der Anordnung erkennen. Zwischen den einfachen aufgerichteten Steinen der Frühzeit (z.B. Beaghmore-Stone Circles) bis hin zum komplexen durchorganisierten Kultplatz (Stonehenge, Avebury) am Ende der Epoche finden sich zahlreiche Beispiele des Fortschritts. Die ältesten kreisartigen Megalithbauten stammen vom Göbekli Tepe (Anatolien) und sind 11.000 Jahre alt.
In der Windmill-Hill-Kultur, Boynekultur und Carlingfordkultur wurden auf den Britischen Inseln, die auch die Shetlands und Orkney (Steinkreis von Brodgar) einschließt, megalithische Bauten errichtet.
Iberische Halbinsel
Auf der iberischen Halbinsel wird u. a. die Almeriakultur mit den megalithischen Monumenten assoziiert. Darüber hinaus finden sie sich in den Randregionen Spaniens, v.a. Galicien und Asturien und in Portugal.
Mittelmeer
Die Inseln Korsika, Sardinien und Malta sowie die Balearen besitzen ebenfalls viele megalithische Stätten. Insbesondere auf Malta wurden zahlreiche Tempel aus großen Steinblöcken errichtet, was sicher auch an dem gut zu bearbeitenden Ausgangsmaterial (weicher Kalkstein) liegt. Unterirdische, in den Felsen gehöhlte Grabanlagen (z.B. das Hypogeum von Hal Saflieni) werden nicht als megalithisch bezeichnet, obwohl sie Vorbilder (Mallorca und Sardinen) und/oder Begleiter der Megalitharchtektur sind. Dolmen treten auf Malta erst in der Bronzezeit auf, ähnliche Formen finden sich auch in Apulien, auf Sizilien und in Nordafrika (Tunesien, Algerien). Dort wurden Dolmen von den Numidiern bis in römische Zeit für Bestattungen genutzt.
Weltweit
Megalithstrukturen finden sich auch in anderen Weltgegenden, z.B. auf der Osterinsel oder bei den Hochkulturen Mesoamerikas, in der europäischen Türkei, in Palästina, im Süden Rußlands, in Indien, Indonesien und Korea. Theorien über die verschiedenen Megalithkulturen oder die Verbreitung der Idee durch Wanderbewegungen (Hyperdiffussionismus) müssen als Spekalutionen bezeichnet werden. Zum einen liegen oft viel zu große Zeiträume zwischen dem Auftreten selbst in Europa und erst recht in Bezug auf Mittelamerika, zum anderen spricht viel für homologe Entwicklung. Immer wenn Menschen zum ersten mal versuchen Gebäude aus Stein zu errichten, stoßen sie zwangsläufig auf diese Form. Dazu gehört auch die (Stufen-)Pyramide. So wurden beispielsweise auf den Kanarischen Inseln Pyramiden entdeckt.
Die Bezeichnung "Megalithkultur" zwar irreführend, trotzdem steht hinter den Kultbauten aus Stein eine gemeinsame Idee, die nur Ackerbaukulturen realisierten.