Guangdong
Vorlage:Infobox Chinesische Provinzen Guăngdōng (vereinfacht: 广东, traditionell: 廣東) ist eine Provinz im Süden der Volksrepublik China. Ihr Name bedeutet weiter Osten und stammt aus der Zeit, als Guangdong gerade von den Chinesen besiedelt wurde und noch ein weites, unbewohntes Gebiet war. Die Verballhornung dieses Namens (Kanton) wird im Westen für die Hauptstadt Guangzhou gebraucht, seltener für die Provinz selbst. Weitere wichtige Städte in Guangdong sind Shantou, Shenzhen, Zhanjiang und Zhuhai.
Geographie
Guangdong liegt an der Küste des südchinesischen Meeres. Sie wird im Norden durch die Nan-Ling-Berge begrenzt. Am Westende liegt die Leizhou-Halbinsel, an welche sich die Halbinsel Hainan anschließt. Die Nachbarprovinzen sind Fujian, Guangxi, Hainan (gehörte bis 1988 zu Guangdong), Hunan, Jiangxi sowie die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao.
Das Territorium der Provinz wird in seiner Mitte vom Perlfluss geteilt. Er ist der viertgrößte Fluss Chinas; er entsteht aus dem Westfluss, dem Nordfluss und dem Ostfluss, die in Guangdong zusammenfließen. Die riesige Schwemmebene, die der Perlfluss in der Region um seine Mündung gebildet hat, ist eine wichtige landwirtschaftliche Region und in den letzten 20 Jahren ein Brennpunkt des Wirtschaftsbooms.
Die Oberflächengestalt Guangdongs ist zu etwa einem Viertel eben, insbesondere in den Küstenregionen. Ein weiteres Viertel ist sanftes Hügelland. Die Hälfte besteht aus Bergen und Hochebenen, insbesondere im Norden. Die höchste Erhebung der Provinz ist der Shikengkong an der Grenze zu Hunan mit 1902 Metern.
Klima
Das Klima Guangdongs ist feucht bei tropischen bis subtropischen Temperaturen. Im bergigen Norden herrscht eine Jahresdurchschnittstemperatur von 19 °C, im Süden von 23 °C. Der kälteste Monat in Guangzhou ist der Februar mit durchschnittlich 14 °C, während es in den Sommermonaten durchschnittlich 29 °C warm ist. Die Niederschläge sind sehr ungleich verteilt, im Norden gibt es Regionen, die auf weniger als 1200 mm Jahresniederschlag kommen. Die feuchtesten Regionen bringen es hingegen auf mehr als 2800 mm im Jahr. Zeitlich sind die Niederschläge ebenfalls unregelmäßig verteilt. Die Wintermonate sind relativ trocken, dafür hört es im Frühling fast nicht mehr auf zu regnen (Pflaumenregen). Im Sommer besteht regelmäßig Taifungefahr, wobei August und September weitere zwei Monate mit hohen Niederschlagsmengen sind.
Bevölkerung
Guangdong gehört zu den am dichtesten besiedelten Provinzen Chinas. Die Bevölkerung steigt sehr stark an, so gab es zwischen 1990 und 2000 einen Zuwachs von 36,7%. Die Ein-Kind-Politik gilt aber auch in Guangdong; das Wachstum ist zum überwiegenden Teil auf Zuwanderung aus anderen Provinzen zurückzuführen.
Die Bevölkerungsdichte ist relativ dünn in den nördlichen gebirgigen Gebieten. Ballungszentren mit sehr hoher Bevölkerungsdichte gibt es im Delta des Perlflusses, in der Region um Shantou und Chaozhou sowie in geringerem Maße in der Region um Zhanjiang.
Ethnisch setzt sich die Bevölkerung zu 98,6% aus Han-Chinesen zusammen. Andererseits sind fast alle der nationalen Minderheiten Chinas in Guangdong vertreten, vor allem die Zhuang, Miao, Yao, She, Li, Yi und Jin sind seit langem in der Region heimisch, teils länger als die Han. Andere Gruppen, wie etwa Hui oder Mandschuren, sind erst später zugewandert.
Die Urbanisierung wird mit etwa 55% angegeben; größte Stadt ist Guangzhou, in deren Großraum offiziell etwa 8 Millionen Menschen leben.
Administrative Gliederung
Die Provinz ist in 21 Präfekturen gegliedert: Chaozhou (潮州), Dongguan (东莞), Foshan (佛山), Guangzhou (广州), Heyuan (河源), Huizhou (惠州), Jiangmen (江门), Jieyang (揭阳), Maoming (茂名), Meizhou (梅州), Qingyuan (清远), Shantou (汕头), Shanwei (汕尾), Shaoguan (韶关), Shenzhen (深圳), Yangjiang (阳江), Yunfu (云浮), Zhanjiang (湛江), Zhaoqing (肇庆), Zhongshan (中山), Zhuhai (珠海) Diesen Präfekturen sind insgesamt 42 Bezirke, 23 Städte auf Bezirksebene und 3 autonome Bezirke untergeordnet.
Sprache
Guangdong ist die Heimat der Kantonesischen Sprache oder Yue. Im Osten, an der Grenze zu Fujian, werden Dialekte gesprochen, die dem Min zuzurechnen sind, vor allem Teochow (潮州话 chaozhouhua) in den Präfekturen Chaozhou und Shantou; auch Hakka sind in Guangdong vertreten, die ihre eigene Sprache haben. Die meisten Menschen in Meizhou sprechen Hakka. Auch das Kantonesische zerfällt in mehrere Unterdialekte.
Durch die massive Einwanderung aus anderen Provinzen hat sich Mandarin neben der Kantonesischen Sprache etabliert und wird von fast allen Bewohnern der Provinz verstanden sowie von allen Menschen, die einen gewissen Bildungsstand haben, auch gesprochen.
Wirtschaft
Guangdong ist zusammen mit Zhejiang die reichste Provinz der Volksrepublik, nach den regierungsunmittelbaren Städten Peking, Shanghai und Tianjin. Sie hat seit etwa 25 Jahren ein konstant hohes Wirtschaftswachstum vorzuweisen. Die Städte Guangzhou und Shenzhen gehören zu den aktivsten Wirtschaftszentren, das BIP jeder einzelnen der beiden Städte liegt zwar hinter jenem von Shanghai, aber noch vor Peking oder Tianjin.
Geschichte
Bis in die 1970er Jahre war Guangdong eine weder besonders arme noch besonders reiche Provinz. Die Bewohner der Gegend haben aber eine lange Tradition im (Außen)handel und gelten innerhalb Chinas als besonders geschäftstüchtig.
Als nach dem Tod von Mao die Wirtschaft liberaler gehandhabt wurde, war Guangdong die erste Provinz, in der inoffiziell mit Marktmechanismen experimentiert wurde. Im Jahre 1980 wurden in China fünf Sonderwirtschaftszonen eingeführt, darunter waren mit Shenzhen, Zhuhai und Shantou drei in Guangdong. Auch andere Städte in Guangdong waren die ersten, die offiziell Märkte einführten, in denen die Preise nicht vom Staat vorgeschrieben wurden. Bis zum Jahr 1988 gehörte Hainan zu Guangdong, wurde dann aber von der Zentralregierung gegen den heftigen Widerstand Guangdongs zu einer selbständigen Provinz und zur größten Sonderwirtschaftszone des Landes gemacht.
Während viele der Reformen, die in Guangdong zuerst ausprobiert wurden, mittlerweile in ganz China eingeführt sind, ist die Provinz doch auf dem Weg in Richtung kapitalistische Marktwirtschaft am weitesten fortgeschritten, auch außerhalb der Sonderwirtschaftszonen. Der Boom, in dem sich die Provinz seitdem befindet, konnte nicht einmal durch die SARS-Krise gebremst werden, deren Epizentrum sich in Guangdong befand.
Im Mai 1982 sterben mehr als 430 Menschen in der Provinz durch eine Flutkatastrophe. Zehntausende wurden obdachlos.
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist für 10% des BIP und für 40% der Beschäftigung verantwortlich, beides für China sehr niedrige Werte. Etwa die Hälfte der Nutzfläche wird mit Reis bebaut, ein weiteres Viertel mit Gemüse, der Rest wird für den Anbau von Früchten, Zuckerrohr und Ernüssen verwendet. Erdnüsse sind die wichtigste Ölpflanze Südchinas; Guangdong ist innerhalb des Landes führender Produzent von Bananen, Zitrusfrüchten und Mangos.
Die Viehzucht ist ebenfalls bedeutend, man hält insgesamt mehr als 20 Millionen Schweine und mehr als 4 Millionen Rinder. Entgegen anderslautenden Meldungen hat die Zucht von Hunden, Katzen oder Ratten für den Verzehr eine vernachlässigbare wirtschaftliche Bedeutung. In Punkto Fischerei stammen 94% aller Süßwasser- und etwa 50% aller Salzwasserfänge aus Zuchtbetrieben.
Bergbau
Guangdong besitzt einige Offshore-Ölfelder, die für die Rohölgewinnung Chinas von hoher Bedeutung sind. Die für den Fremden sichtbarste bergbauerische Tätigkeit ist der Abbau von Gestein für die boomende Baustoffindustrie; man ist im Begriff, ganze Berge wegzusprengen und zu -baggern, um Gestein für die Bautätigkeiten zu gewinnen.
Industrie
Die Industrie erwirtschaftet etwa die Hälfte des BIP der Provinz und beschäftigt 26% aller Arbeitskräfte. Guangdong ist die Provinz mit der höchsten Zahl an Industriebetrieben, ebenso ist der Anteil von privaten Unternehmen in Guangdong am höchsten, im Jahr 2000 waren nur 17% der Unternehmen staatlich (33% im Landesdurchschnitt). Es dominiert die Leichtindustrie, die für mehr als die Hälfte des Gesamtproduktionswertes steht. Dies illustriert die Bedeutung von Guangdong als Hinterhof von Hongkong und, zu einem geringeren Anteil, von Macao und Taiwan. Fast die gesamte Industrie Hongkongs ist seit den 1980er Jahren nach Guangdong übergesiedelt.
Wichtigste Produkte sind Textilien, Papier, Baustoffe, Nahrungsmittel, Elektronik und Haushaltsgeräte. Einen großen Wachstumsschub erlebt momentan die Fahrzeugindustrie. Die Elektroindustrie erzeugt mit 10% der Gesamtproduktion den höchsten Anteil an Energie unter allen Provinzen; dies geschieht meist mit Wärmekraftwerken.
Dienstleistungen und Tourismus
Mit Dienstleistungen wird etwa 40% des BIP verdient. Wichtigste Wirtschaftszweige sind Transport, Telekommunikation und Post sowie in zunehmendem Maße Finanzdienstleistungen. Der Tourismus spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle; so hat Guangdong die höchste Zahl an Touristen und auch die höchsten Einnahmen vorzuweisen, ohne besondere Sehenswürdigkeiten zu haben. Dies illustriert die Rolle der Tagestouristen aus Hongkong und die Rolle der ausländischen Geschäftsleute, die sich aus bürokratischen Gründen meist als Touristen deklarieren.
Außenhandel
Keine Provinz importiert und exportiert so viel wie Guangdong. Speziell die Sonderwirtschaftszonen wurden ursprünglich mit dem Ziel eingerichtet, für den Export billig zu produzieren und dadurch der gesamten Wirtschaft dringend benötigte ausländische Devisen zur Verfügung zu stellen. So wird in Guangdong für den amerikanischen und europäischen Markt produziert, wobei die Rohstoffe dafür nicht selten aus den Zielmärkten importiert werden. Etwa 30% der Exporte der Volksrepublik kommen aus Guangdong. Die Exportwarenmesse in Guangzhou ist die größte des Landes. Sie findet jedes Jahr im April und September statt.
Infrastruktur
Für den Transport hat in Guangdong das Straßennetz die höchste Bedeutung. Die Dichte an Autobahnen und Landstraßen erster Klasse ist in keiner anderen Provinz Chinas so hoch wie in Guangdong; in das Straßennetz werden auch weiterhin enorme Geldsummen investiert. An schiffbaren Wasserstraßen gibt es insgesamt etwa 13 700 Kilometer.
Das Eisenbahnnetz ist hingegen sehr dünn; die existierenden Strecken werden aber sehr stark genutzt. Wichtigste Linien sind die Nord-Süd-Verbindung (Peking-Guangzhou-Bahn, die nach Shenzhen und Hongkong weiterführt) und die West-Ost-Verbindung, hier vor allem die Guangzhou-Shantou-Bahn und die Strecke von Guangzhou nach Nanning. Die Strecke zwischen Guangzhou und Shenzhen gehört zu den modernsten Eisenbahnstrecken Chinas.
Die Überseehäfen von Guangzhou, Zhanjiang, Shantou und Shenzhen gehören zu den wichtigsten des ganzen Landes; speziell Guangzhou ist der drittgrößte Hafen Chinas und der schnellwachsende Hafen Shenzhens tritt immer mehr in Konkurrenz zum Hongkonger Hafen.
Die Dichte an internationalen Flughäfen ist im Delta des Perlflusses immens; mit Guangzhou, Shenzhen, Hongkong und Macao befinden sich vier Flughäfen in einem Umkreis von etwa 200 Kilometern. Weitere nennenswerte Flughäfen befinden sich in Shantou, Meizhou und Zhanjiang.
Die Abdeckung mit Telekommunikationseinrichtungen ist fast nirgendwo in China so weit fortgeschritten wie in Guangdong; auch in abgelegeneren Gebieten kann man leicht IDD-Telefone finden und fast das ganze Territorium der Provinz ist vom Mobilfunknetz abgedeckt.
Bildung
Trotz der hohen Zuwanderung aus viel ärmeren Gebieten, speziell auch Landbevölkerung, ist die Analphabetismusrate mit unter vier Prozent sehr niedrig.
Guangdong verfügt über eine hohe Anzahl an Universitäten. Die Sun Yat Sen Universität (中山大学 zhongshan daxue) in Guangzhou wird zu den zehn besten Universitäten des Landes gezählt.