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Alfred Lichtenstein

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Alfred Lichtenstein (* 23. August 1889 in Berlin; † 25. September 1914 in Reims, Frankreich) war ein deutscher Jurist und expressionistischer Schriftsteller.

Leben

Als Sohn eines Fabrikanten wuchs Lichtenstein in Berlin auf, und besuchte das Luisenstädtische Gymnasium, welches er 1909 mit dem Abitur abschloss. Zunächst studierte er Rechtswissenschaften in Berlin, später in Erlangen. 1910 begann er Gedichte zu veröffentlichen. Zunächst im "Sturm", ab 1912 auch in der "Aktion" (beides Berliner Zeitschriften). 1913 brachte er eine Gedichtsammlung unter dem Titel "Die Dämmerung" heraus, im selben Jahr erhielt er seinen Dr. iur. (Doktor der Rechtswissenschaften) an der Universität Erlangen.

Im Oktober 1913 ging er als Freiwilliger in das bayerische Infanterieregiment und nahm von Kriegsbeginn an am 1. Weltkrieg teil. Seine Verzweiflung über seine Einberufung und seine Todesvorahnung drückte er in Gedichten aus, in denen es z. B. heißt: "Vielleicht bin ich in 14 Tagen tot." Er fiel am 25. September 1914 in Vermandevillers/Reims an der Westfront.

Werk

Lichtenstein verfasste stark groteske Lyrik und Prosa. Sein wohl bekanntestes Gedicht ist

Die Dämmerung
Ein dicker Junge spielt mit einem Teich.
Der Wind hat sich in einem Baum gefangen.
Der Himmel sieht verbummelt aus und bleich,
Als wäre ihm die Schminke ausgegangen.
Auf lange Krücken schief herabgebückt.
Und schwatzend kriechen auf dem Feld zwei Lahme.
Ein blonder Dichter wird vielleicht verrückt.
Ein Pferdchen stolpert über eine Dame.
An einem Fenster klebt ein fetter Mann.
Ein Jüngling will ein weiches Weib besuchen.
Ein grauer Clown zieht sich die Stiefel an.
Ein Kinderwagen schreit und Hunde fluchen.


In seinen Prosastücken macht er sich über einige seiner Bekannten und auch über sich selbst im Stile Alfred Jarrys lustig. Dazu kreiert er Phantasiefiguren, die für Freunde und Vorbilder wie z.B. Georg Heym, Gottfried Benn und Jakob van Hoddis stehen. Lichtenstein, in Gestalt seiner von ihm geschaffenen Figur "Kuno Kohn", die ihn selbst darstellen soll, sagte:

"Der einzige Trost ist: traurig sein. Wenn die Traurigkeit in Verzweiflung ausartet, soll man grotesk werden. Man soll spaßeshalber weiter leben. Soll versuchen, in der Erkenntnis, dass das Dasein aus lauter brutalen, hundsgemeinen Scherzen besteht, Erhebung zu finden."

Dies verdeutlicht, dass Lichtenstein nie wirklich am Leben litt. Er war weder Pessimist noch Nihilist, sondern parodierte vielmehr eine solche Haltung.