Hochofen

Ein Hochofen ist eine zumeist großtechnische Anlage in „Schachtofenbauweise“, in der Eisen durch Reduktion aus Eisenerzen (meist Oxiden) gewonnen wird. Als Energieträger und Reduktionsmittel dient überwiegend Koks und zur Schlackebildung und Senkung der Schmelztemperatur verschiedene Zuschlagstoffe wie Quarzsand, Kalk und andere.
Geschichte

Bis zur Erfindung eines rentablen Verfahrens zur Erzeugung von Roheisen wurde entweder Hämatit oder Siderit (Mineral mit einem Eisenanteil von rd. 50 %) verwendet, um zunächst Waffen und Ackerbaugeräte, später auch Alltagsgegenstände und Schmuck herzustellen.[1] Die Verwendung des sehr seltenen Meteoriteneisen ist aus Südostasien bekannt (Herstellung des malaiischen Kris).
Mit der Erfindung des Rennfeuers bzw. Rennofens im alten Ägypten (ca. 1000 v. Chr.) und China (mindestens seit der Han-Dynastie 206 v. Chr. bis 222 n. Chr.) begann die technische Verhüttung von Eisenerz, mit dem Temperaturen von etwa 1100 bis 1300 °C erreicht werden konnten und der nach etwa 10 Stunden eine schwarze, mit Eisenkörnern, unverändertem Erz und Schlacke durchsetzte Luppe lieferte. Weitere Schmelzvorgänge dienten zur Erhöhung des Eisenanteils, bis die Luppe in Schmiedewerken weiterverarbeitet werden konnte. Bis ins 18. Jahrhundert waren Rennwerke (Rennöfen mit angeschlossenen Schmieden) noch allgegenwärtig und beschäftigten dabei etwa 5 bis 10 Mann. Die Leistungsfähigkeit der Rennöfen dieser Zeit lag jährlich bei etwa 60 bis 120 t Roheisen (Luppe) bei einem Holzkohleverbrauch von 207 kg/100 kg Eisen.
Auch wenn der Rennofen aufgrund seiner einfachen Bauweise lange genutzt wurde, begann man bereits Anfang des 13. Jahrhunderts, leistungsfähigere Öfen zu entwickeln. Als unmittelbarer Vorläufer der heutigen Hochöfen kann der Stückofen (benannt nach dem Stück, das aus dem Ofen herausgeholt wurde[2]) angesehen werden, ein viereckig gemauerter, oben offener Schachtofen von bis zu 10 m Höhe (Vordernberger Stückofen, 17. Jahrhundert), bei dem mit Hilfe an der unteren Öffnung angebrachter Blasebälge Temperaturen von bis zu 1600 °C erreicht und das Gemenge aus Eisenerz und Holzkohle teilweise zum Schmelzen gebracht werden konnte.
Eine Weiterentwicklung war der Blauofen, dessen Name aus einer Verballhornung des englischen Wortes blow (= blasen) entstand. Er entspricht im Prinzip dem Stückofen, allerdings mit geschlossener Ofenbrust.[2][3]
In den Schmieden weiterverarbeitet wurde jedoch zunächst nur die über dem Eisenbad angesammelte Luppe. Das durch den Schmelzprozess entstandene, von den Hüttenleuten als „Saueisen“ (englisch: pigiron) verachtete Roheisen hatte soviel Kohlenstoff aufgenommen, dass es sich nicht mehr schmieden ließ. Erst mit der Erfindung verschiedener Verfahren zum Frischen des Eisens etwa im 14. Jahrhundert[2] ließ sich das Problem erfolgreich lösen. Mit dieser Möglichkeit, anfallendes schmelzflüssiges Roheisen durch Frischen aufzubereiten, war auch der Weg offen, die Leistungsfähigkeit der Öfen weiter zu steigern. Holzkohleöfen mit meterdickem Mauerwerk und wasserbetriebenen Gebläsen entstanden ab dem 14. Jahrhundert, bis schließlich aufgrund des immer weiter ansteigenden Eisenbedarfs die zur Energieerzeugung nötige Menge an Holzkohle nicht mehr ausreichte.
Erst dem Engländer Abraham Darby gelang es Mitte des 17. Jahrhunderts, Roheisen mit Koks zu erzeugen, nachdem es zuvor einige weniger erfolgreiche Versuche mit Steinkohle gab. Zusammen mit der von James Watt entwickelten Dampfmaschine als Antrieb für die Gebläse konnte die Leistungsfähigkeit der Hochöfen erheblich gesteigert werden.
Bis 1914 lieferte ein Hochofen etwa 300 bis 400 t Roheisen täglich und zwischen 1950 und 1960 konnten bereits 2.500 t pro Tag erzeugt werden. Moderne Hochofenbetriebe wie der von ThyssenKrupp Steel in Hamborn („Schwarzer Riese“) und Schwelgern bringen es heutzutage (Stand: ca. 2000 n. Chr.) auf eine Tagesleistung von 10.400 bis 21.000 t bei einem Koksverbrauch von 480 kg/t Roheisen.
Die frühesten sicher belegten Hochöfen in Europa standen im Schweden des 13. Jahrhunderts, zum Beispiel in Lapphyttan. Für die folgenden Jahrhunderte sind einzelne Hochöfen in Frankreich, Belgien und vor allem England nachgewiesen. In Coalbrookdale begann 1709 die Ablösung der bisher benutzten Holzkohle durch Koks. Die älteste, weitgehend komplett erhaltene Hochofenanlage in Deutschland ist die Luisenhütte in Woklum bei Balve/Sauerland. Ein Hochofen aus dem Jahre 1783 ist bei der Wilhelmshütte in Bornum am Harz zu besichtigen und im Sauerland wurde die ebenfalls im 18. Jahrhundert erbaute Wendener Hütte zu einem technischen Kulturdenkmal erklärt.

Etwa seit dem 17. bis 18. Jahrhundert kennt man den Tatara-Ofen, der in Japan zur Eisenerzeugung benutzt wird. Im Gegensatz zu den in anderen Regionen der Erde verwendeten Schachtöfen ist ein Tatara-Ofen von kastenartiger Form mit einer Höhe von etwa 1,2 bis 2 m bei einer oberen Breite von 80 bis 120 cm, die sich nach unten auf nur etwa 50 cm verjüngt. Die Länge des Ofens betrug dagegen etwa 3 m. Auf beiden Längsseiten sorgten 18 bis 20 keramische Düsen für eine ausreichende Luftzufuhr, die bei „modernen“ Betrieben über ein von mehreren Männern angetriebenes Flügelgebläse eingebracht wurde. Nach knapp 70 h konnten zirka 2 t schmiedbares Eisen entnommen werden. Der entstandene Anteil an flüssigem Roheisen wurde im laufenden Betrieb abgelassen. Noch im heutigen 21. Jahrhundert wird der für seine Qualität bekannte japanische Stahl für hochwertige Küchenmesser (Hōchō) und ebenso das japanische Langschwert Katana traditionell in Tatara-Öfen hergestellt und anschließend geschmiedet.[4]
Chinesische Hochöfen des 19. Jahrhunderts glichen einem auf dem Kopf stehenden Kegelstumpf von etwa 2 m Höhe mit einem oberen Durchmesser von 1,2 m und einem unteren von knapp 60 cm und wurde aus Lehm gebaut. Zur Entnahme des Roheisens konnte der Ofen um etwa 30 ° gekippt werden. Beschickt wurde mit Brauneisenstein, Kohleneisenstein („Blackband“) und je nach Bauart Holzkohle oder Koks. Die zur Reduktion des Erzes nötige Luft wurde mit einem handbetriebenen Zylindergebläse eingebracht. Auf diese Weise konnten pro Tag zwischen 450 und 650 kg Roheisen bei einem Koksverbrauch von 100 kg/100 kg Eisen erzeugt werden.[5]
Als eine der letzten philippinischen Hochofenanlagen gilt die bis um 1900 betriebene Anlage in der Provinz Bulacan auf Luzon. Der Hochofen hatte die Form eines unten geschlossenen, auf dem Kopf stehenden Kegelstumpfes mit einer Außenhöhe von 2,1 m, einem Außendurchmesser an der Gicht von 1,5 m und einer Wandstärke zwischen 30 und 80 cm.[6]
In Afrika wurden noch Anfang des 20. Jahrhunderts Völker entdeckt, die mithilfe von 1 bis 3 m hohen Schacht- oder Zugöfen Eisenerze reduzierten. Für den Bau nutzte man entweder Termitenhügel, die man passend aushöhlte, oder der Ofen wurde aus Lehm errichtet. Mehrere am unteren Ende des Ofens eingesetzte Düsen aus Keramik sorgten für ausreichend Luftzufuhr, die aufgrund der Kaminwirkung des hohen Schachts durch die Erz- und Kohlefüllung nach oben gesaugt wurde. Durch die obere Kaminöffnung füllte man mehrmals Erz- und Kohle nach, bis nach etwa 20 Stunden eine fußballgroße Luppe entstand, die unten durch die aufgebrochene Ofenbrust entnommen wurde. Das für diese Öfen benötigte, sehr reine Eisenerz kam unter anderem aus Banjéli im Bassariland.[7]
Aufbau

Bauteile von links nach rechts: Bunker, Windenhaus, Gichtgasleitungen mit Staubsack hinter dem Schrägaufzug zur Beschickung, Hochofen, Abstich-Halle, Winderhitzer
Eine funktionstüchtige Hochofenanlage benötigt für einen reibungslosen Dauerbetrieb von 8 bis 10 Jahren bis zum nächsten fälligen Instandhaltungstermin mehr als nur den Hochofen selbst.
Bunker
Die meist per Bahn oder Schiff angelieferten Einsatzstoffe wie Eisenerze, Koks und Zuschläge (z. B. Kalk, Sand und Dolomit) werden zunächst in eine Bunkeranlage gebracht. Die Bunkeranlage besteht aus mehreren Bunkern, in denen die ankommenden Rohstoffe gelagert werden. Um Qualitätsunterschiede auszugleichen, werden die Materialien vorher oftmals auf so genannten Mischbetten vermischt.
Manche Rohstoffe werden bereits von den Zulieferern (unter anderem Bergwerke) vorbereitet. Teilweise muss eine vorgeschaltete Vorbereitung bspw. in einer Erzbrech-, Sinter- und Pelletieranlage für eine Aufbereitung sorgen, da die Größe der Rohstoffe weder zu klein (Verstopfungsgefahr, schlechte Durchgasung) noch zu groß (keine optimale Rohstoffausnutzung) sein darf.

Gicht
Von der Bunkeranlage aus wird das Material zur so genannten „Gicht“ transportiert, die sich am oberen Schachtende jedes Hochofens befindet. Die Bezeichnung stammt aus dem Althochdeutschen für Gang im Sinne der Fahrzeugindustrie und Mechanik.
Die Beschickung erfolgt entweder über Bandstraßen oder kleine Schüttwaggons, auch Lore oder Hunde (Hunt) genannt, die den abwechselnd aus Erz und Zuschlägen bestehenden Möller sowie Koks zum Hochofen transportieren. Seit 2006[8] werden als Koksersatz auch Altkunststoffe zugesetzt, die neben der im Gegensatz zu Deponien umweltfreundlichen Verwertung von Kunststoffabfällen auch die Emission von CO2 und SO2 verringern.[9]
Im Falle der Wagenbeschickung erfolgt die Beschickung über einen Schrägaufzug bis zur Einfüllöffnung, der Gichtschleuse oder Gichtglocke, die den oberen Abschluss des Hochofens bildet. Zur Sicherheit gibt es immer zwei Aufzugsysteme, damit beim Ausfall eines Systems die ununterbrochene Versorgung des Hochofens gewährleistet ist. Bei modernen Hochöfen werden zum Transport der Beschickung mittlerweile Förderbänder eingesetzt, die den Gichtverschluss abwechselnd mit Möller und Koks befüllen.
Gichtgas besteht zum großen Teil aus heißem Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2) sowie verschiedenen Schwefel- und Stickstoffverbindungen. Dieses tödlich-giftige, brennbare Gasgemisch wird über große Rohre abgefangen, im so genannten Staubsack vom mitgeführten Staub befreit und dann den Brennern der Winderhitzer zugeführt.

Erst seit der Entwicklung der gichtgasbeheizten Winderhitzer wird die Gichtöffnung mit einer Schleuse verschlossen, die eine Beschickung des Hochofens zulässt, ohne dass das wertvolle Heizgas verloren geht. Die bis in die 1970er Jahre am weitesten verbreitete Form der Gichtschleuse war der „Doppelglockenverschluss“ mit einem von McKee entwickelten und zwischengeschalteten Drehtrichter zur Verteilung des Schüttguts. Zur Verringerung der Schütthöhe, die den definierten Durchmesser der Pellets gefährden könnten und bei Hochöfen mit höherem Gegendruck der Gicht kamen aber auch Systeme mit drei oder vier Glocken im Einsatz. Das große Gewicht dieser Konstruktion und die zunehmenden Probleme zum Erhalt der Dichtigkeit des Glockensystems setzte den Bemühungen einer Leistungserhöhung der Hochöfen schließlich eine Grenze.
Eine wesentliche Verbesserung des Gichtverschlusses brachte erst die Erfindung des luxemburgischen Ingenieurs Paul Wurth, dessen 1970/1971 entwickelter Gichtverschluss ohne Glockenschleuse auskommt. Stattdessen stehen nun, je nach Größe und Bedarf des Hochofens zwei oder mehrere Vorratsbehälter für Koks und Möller auf dem Ofenkopf, die über Bandverteiler befüllt werden. Durch schräge Fallrohre gelangen Koks und Möller in die Mitte des Ofenverschlusses zu einer dreh- und schwenkbaren Schurre, die das ankommende Material präzise und gleichmäßig auf der Schüttoberfläche verteilen kann. Abgedichtet wird das System über Dichtklappen über und unter den Vorratsbehältern. Eine zusätzliche Materialklappe unter den Behältern sorgt für eine gleichbleibende Auslaufgeschwindigkeit des Schüttguts. Die Bauhöhe des neuen „Glockenlosen Gichtverschlusses“ verringerte sich um rund 1/3 und auch das Gewicht der Konstruktion sank entsprechend. Zudem war die Dichtigkeit des Systems leichter zu gewährleisten. Am 9.Januar 1972 wurde der erste glockenlose Gichtverschluss am Hochofen 4 der August Thyssen-Hütte in Hamborn in Betrieb genommen und setzte sich aufgrund der vielen Vorteile gegenüber dem alten System erfolgreich durch.[10]
Hochofen
Der Hochofen selbst ähnelt als „Schachtofen“ prinzipiell einem Kamin oder Schornstein, da diese Form aufgrund des entstehenden Kamineffekts eine optimale Durchgasung der Beschickung erleichtert. Je nach Leistungsfähigkeit erreicht der Hochofenkern eine Bauhöhe zwischen 30 und 75 m. Die oberen , der eigentliche Schacht, entspricht dabei einem langgezogenen Kegelstumpf. Daran angeschlossen folgt ein kurzer, auf dem Kopf stehender Kegelstumpf, der „Kohlensack“, der seinerseits etwa der Resthöhe einnimmt. Den unteren Abschluss bildet die zylindrisch ausgeführte „Rast“, die ohne weiteren Absatz in das „Gestell“ übergeht. Bei einer Gesamthöhe von 30 m entfallen also auf den Schacht etwa 20 m, den Kohlensack 6 bis 7 m und den Rest etwa 3 bis 4 m.
Der gesamte Hochofenkern besteht aus einem meterdicken Mauerwerk oder aber einem zentimeterdicken Stahlpanzer und ist innen mit feuerfesten Schamotte-Steinen ausgekleidet. Gestützt und stabilisiert wird die Konstruktion mit einem Stahlgerüst, regelmäßig unterbrochen durch Arbeits- und Montagebühnen. Die Gesamthöhe der Anlage beträgt etwa 90 m. Der Hochofen 2 in Duisburg-Schwelgern hat eine Ofenhöhe von nahezu 75 m und einen Gestelldurchmesser von rund 15 m.
Den unteren Bereich des Hochofens schützt ein geschlossenes System aus Kühlwasserleitungen gegen Überhitzung der Ofenwände und sorgt nebenbei für eine Verlängerung der Standzeit der Ausmauerung.
Früher war das Kühlsystem offen ausgeführt, das heißt: Wasser wurde kalt in die Ofenwand geleitet und wurde dann in einem Kühlturm wieder abgekühlt. Das brachte einen großen Wasser- und Energieverlust mit sich. Die neuen Hochöfen sind mit geschlossenem Kühlkreisläufen ausgestattet. Der „schwarze Riese“ in Duisburg hat zum Beispiel fünf verschiedene Kühlkreisläufe, die alle separat in sich geschlossen sind. Wasser, das durch Temperaturschwankungen oder Verlust verloren geht, wird durch spezielles, kalkarmes Wasser mit 0,1 °dH ersetzt.
Am unteren Ende der Rast befindet sich die mit einem keramischen Stopfen verschlossene Abstichöffnung für das Roheisen. Die sich über dem flüssigen Roheisen ansammelnde Schlacke wird am oberen Ende der Rast abgelassen. Zur völligen Entleerung („Sauabstich“) bei einer bevorstehenden Neuzustellung des Hochofens ist an der tiefsten Stelle des Gestells sowie in dessen Boden je ein „Sauloch“ (auch Ofensau) angebracht.[11]
Die Düsen der Heißwindringleitung setzen an der Grenze zwischen Kohlensack und Rast an und werden von Winderhitzern versorgt.
Winderhitzer
Einer der ersten, die Winderhitzer in rekuperativer Bauform, bei denen die benötigte Luft durch Wärmetauscher aufgeheizt wird, entwickelte und sich patentieren ließ, war James Beaumont Neilson (1792–1865). Zuvor wurden Hochöfen immer mit Kaltluft betrieben, da man im Hüttenwesen seit Alters her die Erfahrung gemacht hatte, dass ein Hochofen im Winter besser liefen als im Sommer.[12] Entsprechend stieß Neilsen auf großen Widerstand bei dem Versuch, das neue Prinzip einzusetzen. Auch ein von den Clyde Iron Works gestatteter Versuch, bei dem ein auf 30 °C erwärmter Gebläsewind die anfallende Schlacke bereits deutlich verflüssigte, überzeugte die Arbeiter noch nicht. Neilsons recht einfach konstruierte Winderhitzer bestanden aus einem Stück gewölbeförmig gebogener Zuführungsleitung, die über ein Rostfeuer erhitzt wurde. Ein über dem Rohrgewölbe angebrachter Blechkasten hielt die Wärme eine Weile fest, um die Wärmeübertragung zu verbessern. Weitere konstruktive Verbesserungen dieser „Röhren-Winderhitzer“ durch Einsatz von wärmerbeständigeren Gusseisenrohren und Verlängerung der Heizschlangen versetzten diese in die Lage, den Gebläsewind bis auf 315 °C aufzuheizen.
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wird nachgewiesenermaßen auch Gichtgas im Hüttenwesen genutzt, anfangs jedoch nur zum Rösten von Erz, Trocknen von Gussformen und brennen von Kalk und Ziegelsteinen.[13] Erst Faber du Faur gelang es Anfang des 19. Jahrhunderts einen effektiven und stabilen „Röhren-Winderhitzer“ zu entwickeln, der mit Gichtgas beheizt wurde und die Windtemperatur auf 540 °C brachte. Damit war allerdings auch die Leistungsgrenze dieser Bauform erreicht.[14]
Eine entscheidende Verbesserung in der Versorgung der Hochöfen mit Heißwind – inzwischen hatte man den in der erheblichen Brennstoffeinsparung begründeten Nutzen von Winderhitzern erkannt – konnte schließlich Edward Alfred Cowper für sich verbuchen, indem er die Winderhitzer nicht mehr aus einem System von Röhren sondern mit feuerfesten, luftdurchlässigen Viellochsteinen konstruierte. Die „Cowper-Winderhitzer“ brachten bereits in der ersten Entwicklungsstufe innerhalb von einer Minute 29 m³ Luft auf eine Temperatur von 650 bis 700 °C. Gemessen werden konnte die Windtemperatur zu dieser Zeit nur mit Schmelzproben verschiedener Metalle. Die bisher verwendeten Proben aus Blei (SP = 327,4 °C) und Zink (SP = 419,5 °C) konnten bei Cowpers Winderhitzern nicht mehr angewendet werden und selbst Antimon (SP = 630,6 °C) schmolz innerhalb von Sekunden.[15] Eine weitere ebenfalls von Cowper entwickelte Neuerung war der regenerative Wechselbetrieb von zwei Winderhitzern, bei dem jeweils einer durch Gichtgasbefeuerung aufgeheizt wurde, während der andere die gespeicherte Hitze an die eingeblasene Kaltluft abgibt.
Ein moderner „Cowper-Winderhitzer“ des 20./21. Jahrhunderts besteht aus einem senkrecht stehenden Stahlrohr von bis zu 30 m Höhe bei einem Durchmesser von 6 bis 7 m. Nach innen folgt zunächst eine Schicht wärmedämmender Steine und anschließend eine Schicht aus feuerfesten Schamotte-Steinen. Der Kern besteht vollständig aus übereinander geschichteten Viellochsteinen. Nur an einer Seite zieht sich ein ebenfalls feuerfest ausgekleideter Brennschacht bis in Höhe der Kuppel, der etwa ein Viertel des Winderhitzer-Querschnitts einnimmt. Am unteren Brennschacht befinden sich die Brenndüsen und die Anschlüsse für Kaltluft und Heißluft. Üblicherweise sorgen immer drei „Cowper“ für eine reibungslose und störungsfreie Versorgung des Hochofens mit Heißluft. Während der erste aufgeheizt wird, drückt ein Radial- oder Axialgebläse Kaltluft mit einem Druck von 3 at (entspricht etwa 2,94 bar bzw. 294,2 kPa) durch den zweiten Winderhitzer. Die zuvor verwendeten Dampf- bzw. Gaskolbengebläse erwiesen sich als zu unwirtschaftlich und schlecht regelbar. Der dritte „Cowper“ dient als Reserve gegen Ausfälle und bei Wartungsarbeiten.
Heißwindringleitung und Düsen

Mit einer maximal erreichbaren Temperatur von 1270 °C (1980) bis 1350 °C (1985) gelangt der Heißwind über die „Heißwindringleitung“ zu den je nach Baugröße 10 bis 20 Zuführungsdüsen. Zur weiteren Verminderung des Koksverbrauches wird Öl mit eingeblasen und an der Düsenöffnung entzündet. Da der Ölpreis im Laufe der Zeit immer weiter anstieg, gab es verschiedene Versuche mit Ersatzstoffen. Bei Armco in den USA wurden über längere Zeiträume und in chinesischen Betrieben ab 1963 sogar im Dauerbetrieb Kohlenstaub als Brennstoffersatz erfolgreich eingesetzt.[16]

Roheisen- und Schlackeabstich
In regelmäßigen Abständen von etwa 2 bis 3 h erfolgt der Roheisen-Abstich, das heißt der Keramik-Stopfen an der Abstichöffnung wird mit einem Druckluft-Meißel oder einer Sauerstofflanze durchstoßen. Etwa 15 bis 20 Minuten lang fließt dann das Roheisen in der Abstichhalle durch vorgeformte Rinnen bis zu einem Loch, unter dem ein Pfannen- oder Torpedowaggon bereitsteht, das aufgefangene Eisen zur Weiterverarbeitung ins Stahl- oder Gießwerk zu transportieren.[17]
Auch die Schlacke wird mit speziellen Waggons aufgefangen und zur Weiterverarbeitung abtransportiert.
Leistung und Verbrauch
Die besten Öfen der Welt lieferten in den 1970er Jahren am Tag 60 t und mehr (je m²) Gestellfläche bei einem durchschnittlichen Verbrauch an Koks sowie Öl von etwa 503 kg.[16] Das entspricht bei mittleren Hochöfen mit einem Gestelldurchmesser von 10 bis 11 m einer Tagesleistung von 5.000 bis 6.000 t.
In der Bundesrepublik Deutschland lag der spezifische Koksverbrauch eines Hochofens 1980 bei etwa 515 kg/t Roheisen. Der spezifische Verbrauch von Heizöl betrug 23 kg/t Roheisen. Bis 1994 sank der Koksverbrauch auf etwa 379 kg und der Heizölverbrauch auf etwa 45 kg/t Roheisen.[18] Große Hochöfen wie der Hochofen 5 des Hochofenbetriebes Rogesa auf dem Werksgelände der Dillinger Hütte mit einem Gestelldurchmesser von 12 m bringen es auf etwa 7.000 t pro Tag. Größere Hochöfen können bis zu 12.000 t Roheisen täglich produzieren.
Die Weltjahresproduktion lag 2005 bei etwa 500 Mio. t Roheisen.[19] Der Ende 1993 angefahrene Hochofen 2 der ThyssenKrupp Steel in Schwelgern brachte es bei einem Gestelldurchmesser von 14,9 m auf eine Tagesleistungen von mehr als 10.000 t Roheisen.[20] Derart große Hochöfen haben mehrere Abstichlöcher für Roheisen. Das Roheisen wird, wenn es nicht als Gusseisen eingesetzt wird, in der Regel zu Stahl veredelt.
2007 produzierten große Hochöfen mit einem Gestelldurchmesser von etwa 15 m durchschnittlich rund 12.000 t Roheisen pro Tag (entspricht ca. 4 Mio. t/a). Um diese Leistung zu vollbringen, braucht es täglich etwa 19.200 t Eisenerze, 4.000 t Koks, 1.750 t Einblaskohle (Kohlenstaub zum Einblasen über die Heißwinddüsen) sowie 11 Millionen m³ Luft. Dies entspricht pro Tonne Roheisen einem Verbrauch von etwa 1.600 kg Erz, 330 kg Koks, 146 kg Einblaskohle und 917 m³ Luft. Als Nebenprodukt fielen 3.300 t Schlacke und 17 Millionen m³ Gichtgas pro Tag an.[21]
Um die gewünschte Standzeit, auch Ofenreise genannt, von 15 bis 20 Jahren bis zur fälligen, vollständigen Erneuerung der Hochofenauskleidung[21] zu erreichen, müssen nicht nur Rast, sondern auch Kohlensack und der untere Schachtbereich feuerfest ausgekleidet sein. Bewährt haben sich Halbgraphit- und Siliciumcarbidsteine, die direkt- oder nitridgebunden sind, um den Alkalidämpfen des Hochofengases standzuhalten. Auch Reinsttonsteine bringen diese Widerstandsfähigkeit auf, sind jedoch von geringerer Wärmeleitfähigkeit und bewirken im Einsatz an besonders wärmebelasteten Ofenbereichen eine Koksersparnis von etwa 10 kg/t Roheisen. Einen weiteren Schutz der Hochofenauskleidung stellen die rund um die Ofenwände angebrachten Kühlsysteme, bestehend aus wassergekühlten Kupferplatten, dar.
Nach einer Ofenreise wird zumeist die komplette Auskleidung aus feuerfesten Steinen erneuert und beschädigte Stahlbauteile ersetzt. Oft werden zusätzlich auch neue Einrichtungen zur Energieeinsparung und Qualitätsverbesserung, die der Leistungssteigerung und Verringerung der Umweltbelastungen dienen, eingebaut.
Von entscheidender Wichtigkeit für die Leistungsfähigkeit eines Hochofens sind jedoch Form, Zusammensetzung und mechanische Eigenschaften der Beschickung, vor allem der Erze, sowie eine möglichst gleichmäßige Korngröße. Auch das Reduktionsverhalten bei erhöhter Temperatur spielt eine Rolle, wobei ein möglichst geringer Niedrigtemperaturzerfall und eine hohe Erweichungstemperatur bei gleichzeitig geringem Temperaturbereich der Erweichungsphase angestrebt werden. Nur wenn Sinter und Pellets möglichst lange stückig und im festen Zustand verbleiben, halten sie Druckbelastung der darüber liegenden Schichten stand und können eine gute Durchgasung gewährleisten.
Die Reduzierbarkeit des Sinters steht in Abhängigkeit zur Sinterzusammensetzung und ist dabei umso besser, je basischer die Zusammensetzung ist. Das Reduzierbarkeitsmaximum wird in einem Basizitätsbereich von 2 bis 2,5 erreicht. Die mechanische Belastbarkeit ist ebenfalls in diesem Bereich am größten. Ab einer Basizität von 2,6 und höher nimmt der Anteil der Schmelzphase im Sinteranteil zu, was die Poren verschließt und die Reduktionsfähigkeit verringert, da die Reduktionsgase nicht mehr direkt an den Erzanteil gelangen. Bei sauren Sintern setzt die Erweichungsphase teilweise bereits ein, wenn erst etwa 15 % des Erzes reduziert worden sind.[22]
Im Gegensatz zum Sinter haben Pellets eher eine saure Zusammensetzung, da aufgrund ihrer stabilen Kugelgestalt die Neigung zur Feinkornbildung und Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften geringer ist. Pellets bestehen also überwiegend aus Hämatit, verschiedenen Silicaten zur Schlackebindung und Poren. Der Anteil an Hämatit muss allerdings begrenzt bleiben, da sich das Gefüge der Pellets ansonsten im Verlauf der Reduktion zu sehr auflockern und die Pellets schließlich zu konzentriertem Staub zerfallen würden, was einen erheblichen Verlust der Druckfestigkeit zur Folge hätte. Die gleichzeitig übermäßig stattfindende Erhöhung des Pelletvolumens (Schwellen) birgt zusätzlich die Gefahr der Hochofenverstopfung in sich.[23]
Hochofenprozess
Anblasen
Bevor ein neuer Hochofen in den Produktionsbetrieb gehen kann, muss er zunächst mit Hilfe von Gasbrennern oder durch Einblasen von Heißluft langsam getrocknet werden. Erst dann erfolgt das eigentliche „Anblasen“ des Ofens. Die Wahl der Anblasmethode hat dabei große Auswirkungen auf seine anschließende Betriegbsweise und seine Lebensdauer, kann sich von Werk zu Werk unterscheiden und dauert etwa ein bis zwei Wochen (bei älteren Hochöfen mitunter auch mehrere Monate).[24]
Nach dem Trocknen erfolgt die erste Befüllung des Gestells mit Holz und Koks. Im Schacht darüber wird schichtweise Koks und Möller eingefüllt, angezündet und durch Einblasen von Heißluft angefacht.[25] Die Zusammensetzung der Schichtung unterscheidet sich stark von der des späteren Betriebsschichtung. Sie enthält wesentlich mehr Koks, da das Aufwärmen der Hochofenauskleidung und der kalten Koks-Möller-Säule viel Energie verbraucht. Für eine Aufwärmung und den Schutz des Gestells sorgt der Einsatz einer entsprechend hohen Schlackemenge. [24]
Aufbau und Verhalten der Beschickung während der Hochofenreise
Mehrere vor allem in Japan durchgeführte Versuche, bei denen man Hochöfen mitten in der Produktion erkalten ließ („einfror“), ergaben, dass sich die Erweichungs- und Schmelzzone glockenförmig an der Mittelachse nach oben wölbt. Das Zentrum der Glocke besteht aus Koks, der in dieser 1000 bis 1600 °C heißen Zone immer noch gasdurchlässig ist. Über diese aktive Koksglocke gelangen die schmelzenden Erze und Schlacken nach innen und sinken bis in Rast und Gestell, während der eingeblasene Heißwind gleichmäßig nach außen und oben verteilt wird. Der bisher angenommene so genannte „Tote Mann“, ein ruhender und reaktionsloser, kegelförmiger Körper aus Koks und verfestigtem Eisen, existiert also nicht.[26]
Lediglich der Fuß dieser „kohäsiven Zone“ ist gasundurchlässig und befindet sich optimalerweise in Höhe der Rast. Er soll von der Durchgasung auch nicht betroffen sein, damit zum einen die Zustellungen (feuerfeste Auskleidung) von Kohlensack und Rast weniger angegriffen werden und zum anderen würden die dabei entstehenden Verwirbelungen des Heißwindes eine gleichmäßige Reduktion der Beschickung erschweren oder gar verhindern. Um die Durchgasung in der beschriebenen Form zu optimieren und damit den Energieverbrauch bei gleichzeitiger Steigerung der Roheisenqualität zu senken, ist eine sorgfältige Berechnung der Zonenquerschnitte sowie der eingebrachten Heißwindmenge und Zusammensetzung von großer Wichtigkeit.
Folgende weiteren Erkenntnisse wurden bei der Untersuchung an „eingefrorenen“ Hochöfen gewonnen:
- Die sich abwechselnde Beschickung mit Möller und Koks bleibt auch während der Hochofenreise bis in tiefere Schichten erhalten. Lediglich die Schichtdicken werden im Verlauf der Reduktion geringer.
- In Höhe der Blasebene finden sich statt der festen Erze nur noch Tropfen von metallischem Eisen und mit Schlacke vermischter Koks.
- 3 bis 4 m unter der Beschickungsebene beginnt die Reduktion mit der Folge, dass die Korngröße von Sinter, Pellets und Stückerz gleichmäßig abnimmt. Dabei tritt der Sinterzerfall bereits bei einer Temperatur von 200 bis 500 °C ein, der von Stückerz dagegen erst bei etwa 800 bis 900 °C.
- 7 m unter der Oberfläche ist die Reduktion so weit fortgeschritten, dass der Sinteranteil nicht weiter zerfällt. Für die anderen Möllerstoffe gilt dies jedoch nicht, da bis in eine Tiefe von 18 m ein immer weiter ansteigender Anteil an Feinkorn unter 5 mm festgestellt wurde. Ob und an welcher Stelle im Hochofen sich Feinkorn bildet, hängt jedoch von der Temperatur und Gasstromverteilung, von der Aufheizgeschwindigkeit sowie von der Art der Beschickung ab. Beim Sinter ist der Feinkornanteil grundsätzlich höher.
- Die Reduktion verläuft in der Mitte des Hochofenquerschnitts viel rascher als im Randbereich.
- In Höhe der Gicht nimmt die Festigkeit aller Möllerstoffe zunächst stark ab und in zunehmender Tiefe wieder zu, was mit dem Fortschreiten der Reduktion und der damit verbundenen Zunahme des Eisenanteils zusammenhängt.
Reaktionsschädling Schwefel
Großen Einfluss auf die Reduktionsvorgänge haben die immer in der Beschickung vorhandenen Alkalien und der Schwefelverbindungen. Besonders nachteilig auf die ablaufenden Reduktionsvorgänge wirken jedoch vor allem die Schwefelverbindungen, die sich trotz aufwändiger Vorbehandlung von Erz und Koks nie ganz austreiben lassen. Bereits geringe Mengen von Schwefeldioxid (SO2) von etwa 5 bis 50 ppm im Reduktionsgas beschleunigen zwar zunächst den Sauerstoffabbau erheblich. Sobald allerdings das erste metallische Eisen auftritt, kehrt sich der Vorgang um und der Sauerstoffabbau wird stark verlangsamt. Ursache für diese seltsame Reaktion ist die Eigenschaft des Schwefels, sich oberflächlich mit dem metallischen Eisen zu verbinden und dadurch die Aufnahme von Kohlenstoff zu verhindern.
Die Reaktion der Eisenoxids FeO (Wüstit) mit CO verläuft üblicherweise nicht nur über die Oberfläche des FeO sondern auch über die Oberfläche des bereits ausgeschiedenen Eisens. Aufgrund des besseren Absorptionsverhaltens von Eisen findet über selbiges ein Großteil des Gastransports von und zur Phasengrenze Eisen-Eisenoxid statt. Dies geschieht jedoch nur, wenn das Eisen ausreichend Kohlenstoff aufnehmen (aufkohlen) konnte. Wird die Aufnahme des Kohlenstoffs vom Schwefel blockiert, kann die Reduktion nur noch an der Oberfläche des Eisenoxids stattfinden.
Der Schwefel als Reaktionsschädling ist auch die Ursache für das bereits beschriebene übermäßige Schwellen der Pellets. Da die Auskristallisation des Eisens nur noch in Richtung des sich abbauenden Eisenoxids stattfinden kann, kommt es zu einer langgestreckten, faserigen Ausbildung der Eisenkristalle. Die bereits aufgrund der ersten Reduktionsstufe aufgelockerte Pelletstruktur verstärkt sich noch einmal und das Pelletvolumen kann insgesamt auf das zwei- bis dreifache seines Ursprungsvolumens anwachsen.[27]
Um den Anteil an Schwefelverbindungen möglichst niedrig zu halten, werden zum einen sulfidische Erze durch sorgfältiges Rösten in Oxide überführt und zum anderen schwefelbindende Möller-Zuschläge eingebracht.
Chemische Reaktionen während der Reduktion
Um überhaupt erst eine Reduktion der Eisenerze in Gang zu bringen, müssen zunächst die dafür nötigen Reduktionsgase erzeugt werden. Dies geschieht im unteren Bereich des Hochofens bei der Verbrennung des im Koks enthaltenen Kohlenstoffs mit Sauerstoff.
Die Reaktion ist stark exotherm, das heißt es wird Wärme frei, die bei dieser Reaktion 406 kJ/gMol beträgt und den Hochofen im Bereich der Heißwind-Ringdüsen auf eine Temperatur von 1800 bis 2000 °C, bei Einsatz von zusätzlichem Sauerstoff sogar auf 2200 °C erhitzt. Zwei unmittelbar darauffolgende endotherme, also wärmeverbrauchende Reaktionen senken die Temperatur jedoch wieder auf etwa 1600 bis 1800 °C.
Die so genannte „Boudouard-Reaktion“ , die allerdings eine Mindesttemperatur von 1000 °C benötigt, verbraucht 161 kJ/gMol.
Eine gleichzeitig stattfindende Aufspaltung des im Heißgas befindlichen Wasserdampfs benötigt nochmals 136 kJ/gMol.
Beide Gase, Kohlenmonoxid und Wasserstoff, sind reduktionsfähig und steigen entgegen dem Materialstrom im Hochofen nach oben. Aufgrund dieser Eigenschaft – absinkende Möller-Koks-Säule einerseits und aufsteigende, dem wandernden Schüttgut entgegenströmenden Reaktionsgase andererseits – wird der Hochofen auch als „Gegenstrom-Reaktor“ sowie als „Wanderbett-Reaktor“ bezeichnet.
In der Temperaturzone zwischen 400 und 900 °C findet die so genannte „Indirekte Reduktion“ statt. Über drei Stufen reagieren die verschiedenen Eisenoxide jeweils mit Kohlenmonoxid bzw. Wasserstoff bis schließlich metallisches Eisen vorliegt:
- Aus Magnetit entsteht Wüstit
- und
- Es entsteht metallisches Eisen, das sich unten im Hochofen ansammelt.
Solange sich das entstehende CO2-Gas im Temperaturbereich von über 1000 °C aufhält, wird es durch die genannte Boudouard-Reaktion immer wieder zu CO regeneriert und steht dem Reduktionsprozess zur Verfügung. Die Reduktion durch Wasserstoff ist bei etwa 800 °C besonders effektiv. Ein Gehalt von nur 10 % H2 im Reaktionsgas verdreifacht die Reduktionsgeschwindigkeit, allerdings sinkt diese wieder bei weiterer Erhöhung der Temperatur. Auch darf die Stückgröße des Erzes ein gewisses Maß nicht überschreiten, damit die Diffusionswege des Wasserstoffs nicht zu groß werden.
Im Temperaturbereich von 900 °C bis 1600 °C findet zusätzlich eine „Direkte Reduktion“ mit Kohlenstoff statt:
Hochofenerzeugnisse
Das gewonnene Roheisen wird entsprechend seiner Zusammensetzung in zwei Arten unterteilt und unterschiedlich weiterverwendet:
- „Weißes Roheisen“ enthält neben den anderen Eisenbegleitern Kohlenstoff, Silicium, Phosphor und Schwefel auch einen großen Anteil an Mangan. Dieser bewirkt zum einen eine weiße, strahlige Bruchfläche und zum anderen eine Verbindung von Kohlenstoff und Eisen zu Eisencarbid. Weißes Roheisen dient als Ausgangsstoff zur Stahlerzeugung und wird in einem Blasstahlwerk („Stahlkocherei“) durch Einblasen von Sauerstoff von seinen unerwünschten Begleitstoffen und einem Großteil des Kohlenstoffs befreit. Diese verlassen den glutflüssigen, fertigen Stahl entweder als Gase (Schwefeldioxid, Kohlendioxid) oder mit den Zuschlägen als Schlacke (Kalcium- und Mangansilicate oder -phosphate).
- Beispiel:
- Eisenoxid und siliciumhaltiges Roheisen reagieren zu Eisen (Stahl) und Siliciumdioxid.
- Beim „Grauen Roheisen“ überwiegt neben den anderen Eisenbegleitern vor allem das Silicium. Dieser bewirkt, dass sich der Kohlenstoff beim Abkühlen als Graphit ausscheidet, was sich in einer grauen Bruchfläche bemerkbar macht. Graues Roheisen dient als Ausgangsstoff zur Herstellung von Gusseisen.
- Schlacke besteht aus kieselsaurem Kalk und ist ein wertvoller Rohstoff zur Erzeugung von Hüttensand, Straßenschotter, Schlackensteine, Schlackenwolle, Portlandzement und Hochofenzement.
- Gichtgas enthält etwa 22 % Kohlenmonoxid, 22 % Kohlendioxid, 59 % Stickstoff und Wasserstoff und dient als Brennstoff nicht nur zur Erwärmung der Winderhitzer und Kokskammern, sondern auch als Heizgas bei Fernwärme-Heizungen und als Treibgas für Gasmotoren.
Stillsetzung
Je nachdem, ob das Hüttenwerk den Hochofen nur kurzfristig stillsetzen (Dämpfen) oder komplett herunterfahren und stilllegen (Ausblasen) will, sind verschiedene Verfahrensweisen notwendig.
Dämpfen
Soll ein Hochofen nur vorübergehend stillgesetzt werden, beispielsweise bei Versorgungsengpässen oder kleineren Reparaturen, wird er gedämpft. Dabei wird zunächst die Beschickung je nach geplanter Dauer der Betriebspause umgestellt. Sie besteht nun einerseits aus einem "leichten", das heißt eisenärmeren Dämpfmöller und andererseits aus einer höheren Anzahl Koksschichten. Beim letzten Abstich vor dem Stillsetzen wird darauf geachtet, dass Roheisen und Schlacke möglichst vollständig ablaufen. Soll die Dämpfungsphase länger dauern, kommt zusätzlich die Ofensau zum Einsatz. Steht der Ofen still, werden alle Zu- und Abführleitungen geschlossen, die Heißwinddüsen zugemauert und die Beschickungsoberfläche mit Feinerz oder Schlackensand abgedeckt, damit der Hochofen seine Wärme möglichst lange halten kann und der natürliche Windzug nicht zu unnötigen Koksverbrennungen führt. Um Wassereinbrüche, die zu schweren Störungen des Hochofenprozesses führen würden, zu verhindern, wird das Kühlsystem erst nach einer sorgfältigen Dichtigkeitsprüfung abgestellt.
Das Wiederanblasen erfolgt in umgekehrter Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte beim Dämpfen, wobei allerdings zunächst nur wenige Winddüsen der Heißwindanlage im Stichlochbereich, dann schrittweise weitere Düsen in Betrieb genommen werden. Falls nötig, wird auch das Stichloch für einige Zeit höher gesetzt.[24]
Ausblasen
Ist ein regelmäßiger Betrieb nicht mehr möglich, unter anderem weil die Ausmauerung durch Abnutzung teilweise oder vollständig Neuzugestellt werden muss, wird der Hochofen ausgeblasen.
Der Hochofenprozess läuft dabei im unteren Bereich zunächst weiter, allerdings wird die Zufuhr der Beschickung abgestellt und die Windzufuhr in der Anfangsphase stark verringert und schließlich ebenfalls abgestellt. In der Tiefblasphase (Absenken der Koks-Möller-Säule) wird an allen Stellen, wo sich "tote", das heißt leere Räume bilden, durch spezielle Düsen Wasserdampf eingespritzt. Teilweise wird auch Wasser von oben zugegeben. Dies verhindert die Entstehung explosionsgefährlicher Gas-Luft-Gemische. Tote Räume entstehen vor allem über der Beschickungsoberfläche bis zum Gichtabzug, aber auch in den Zwischenräumen der Gichtgasschleuse, je nach Lage der Absperrventile an den Gasabzügen zwischen Ofen und Staubsack oder im Staubsack selbst sowie in den Wirblern und im Ofenventil. Eine andere Methode zur Vermeidung von Gasexplosionen ist der Abbrand der an der Beschickungsoberfläche austretenden Gichtgase mithilfe einer ständig brennenden Koksgas-Zündlanze. Den Abschluss des Ausblasens bildet der Abstich der Ofensau, wobei neben Schlacke je nach Dauer der Hochofenreise und den Kühlbedingungen im Gestell mehrere Tonnen Roheisen anfallen können.[24]
Siehe auch
Literatur
- Hans Schoppa: Was der Hochöfner von seiner Arbeit wissen muss. 4. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1992, ISBN 3-514-00443-9.
- M. A. Pawlow (М. А. ПАВЛОВ): Der Hochofenprozess. In: Metallurgie des Roheisens. Band 2. VEB Verlag Technik, Berlin 1953, ISBN Dg.-Nr. 370/40/53 (DDR)(?!) – (russisch: МЕТАЛЛУРГИЯ ЧУГУНА - ЧАСТЬ ВТОРАЯ ДОМЕННЫЙ ПРОЦЕСС. Übersetzt von Rudolf Rickert, Walter Philipp, Alexander Junge, Heinz Frahn).
- Verein Deutscher Eisenhüttenleute (Hrsg.): Der Hochofenprozess – Das kinetisch-dynamische Simulationsmodell. Bericht über eine Gemeinschaftsarbeit mit Beiträgen der Vortragstagung „Mathematische Modelle des Hochofenprozesses“ am 2. und 3. Dezember 1971 in Düsseldorf. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1973, ISBN 3-514-00124-3.
- H. Dickmann: Entwicklung der Hochofen-Winderhitzung bis zur Erfindung E. A. Cowpers. In: Brohltal AG für Stein- und Tonindustrie (Hrsg.): Hundert Jahre Cowper-Winderhitzung.
- Teil I: Eisenerzeugung. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6.
- Otto Johannsen (im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute): Geschichte des Eisens. 3. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1953.
- Richard Troska: Die Hochofen-Dimensionen auf Grundlage des Hochofen-Prozesses, 1867, S. 23 ff., online verfügbar bei google books.
- Johann Heinrich Gottlob von Justi: Abhandlung von den Eisenhammern und hohen Oefen.., Berlin, Stettin und Leipzig 1763, eBook, ISBN 978-3-941919-72-3, Potsdam 2010.
- Johann Heinrich Gottlob von Justi: Abhandlung von den Eisenhammern und hohen Oefen in Teutschland.., Berlin, Stettin und Leipzig, 1764, eBook, ISBN 978-3-941919-73-0, Potsdam 2010.
Weblinks
- Commons: Hochofen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Wiktionary: Hochofen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Bilder zu allen Verfahren der Eisen- und Stahlherstellung und zur Weiterverarbeitung
- Vom Eisenerz zum Roheisen: Der Hochofen – Aufbau
- Hochofenmuseum Radwerk IV in Vordernberg
- Die technische Entwicklung der japanischen Stahlindustrie
Einzelnachweise
- ↑ Hans Schoppa: Was der Hochöfner von seiner Arbeit wissen muss. 4. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1992, ISBN 3-514-00443-9, S. 1.
- ↑ a b c Robert Durrer: Grundlagen der Eisengewinnung. Verlag Francke AG, Bern 1947, S. 56–58.
- ↑ Meyers Konversationslexikon - Blauofen
- ↑ Otto Johannsen (im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute): Geschichte des Eisens. 3. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1953, S. 32.
- ↑ Otto Johannsen (im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute): Geschichte des Eisens. 3. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1953, S. 22, 23.
- ↑ Otto Johannsen (im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute): Geschichte des Eisens. 3. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1953, S. 35.
- ↑ Otto Johannsen (im Auftrag des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute): Geschichte des Eisens. 3. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1953, S. 9–11.
- ↑ Innovations-Report: Hochofen: Kunststoff-Pellets statt Koks und Schweröl
- ↑ Netzwerk Umwelttechnik – Durch Einsatz von Altkunststoffen reduziert die voestalpine CO2-Emissionen in Linz um mehr als 400.000 t/a
- ↑ AUS DER GESCHICHTE DER STAHLINDUSTRIE - Über 25 Jahre glockenloser Gichtverschluss.
- ↑ Salzgitter Flachstahl – Gestellzustellung in Hochofen B unfallfrei abgeschlossen
- ↑ H. Dickmann: Entwicklung der Hochofen-Winderhitzung bis zur Erfindung E.A. Cowpers. In: Brohltal AG für Stein- und Tonindustrie (Hrsg.): Hundert Jahre Cowper-Winderhitzung. S. 1.
- ↑ H. Dickmann: Entwicklung der Hochofen-Winderhitzung bis zur Erfindung E.A. Cowpers. In: Brohltal AG für Stein- und Tonindustrie (Hrsg.): Hundert Jahre Cowper-Winderhitzung. S. 4.
- ↑ H. Dickmann: Entwicklung der Hochofen-Winderhitzung bis zur Erfindung E.A. Cowpers. In: Brohltal AG für Stein- und Tonindustrie (Hrsg.): Hundert Jahre Cowper-Winderhitzung. S. 6.
- ↑ H. Dickmann: Entwicklung der Hochofen-Winderhitzung bis zur Erfindung E.A. Cowpers. In: Brohltal AG für Stein- und Tonindustrie (Hrsg.): Hundert Jahre Cowper-Winderhitzung. S. 9.
- ↑ a b Gerhard Winzer, Eberhard Reichenstein: Entwicklung der Hochofentechnik. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens; Teil I: Eisenerzeugung“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6, S. 80, 81.
- ↑ Jürgen Ruge, Helmut Wohlfahrt: Technologie der Werkstoffe. 8. Auflage. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-8348-0286-7, S. 195. (Google-Suche)
- ↑ Bergbau-Lexikon der steinkohle-portal.de
- ↑ dillinger.de – Vom Eisenerz zum Roheisen: Eisen – Produkt des Hochofens
- ↑ ThyssenKrupp Steel – Zehn Jahre Hochofen Schwelgern 2 und 38 Mio. t Roheisen
- ↑ a b stahl-online.de - Roheisen- und Stahlerzeugung (Werte stehen laut Webarchiv bereits seit Oktober 2007 unverändert auf der Webseite)
- ↑ K. Grebe: Das Hochofenverhalten von Möller und Koks. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens; Teil I: Eisenerzeugung“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6, S. 95–101.
- ↑ K. Grebe: Das Hochofenverhalten von Möller und Koks. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens; Teil I: Eisenerzeugung“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6, S. 101–109.
- ↑ a b c d Hans Schoppa: Was der Hochöfner von seiner Arbeit wissen muss. 4. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1992, ISBN 3-514-00443-9, S. 85–88.
- ↑ Fritz Toussaint: Der Weg des Eisens. 6. Auflage. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1969.
- ↑ Gerhard Winzer, Eberhard Reichenstein: Entwicklung der Hochofentechnik. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens; Teil I: Eisenerzeugung“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6, S. 79.
- ↑ K. Grebe: Das Hochofenverhalten von Möller und Koks. Berichte, gehalten im Kontaktstudium „Metallurgie des Eisens; Teil I: Eisenerzeugung“. In: F. Oeters, R. Steffen (Hrsg.): Metallurgie. Band 2. Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1982, ISBN 3-514-00260-6, S. 104–107.