Geschichte Haitis
(Siehe dazu auch Haiti)
Präkolumbianische Zeit
Bis 1492 lebten auf Haiti hauptsächlich die indianischen Völker der Siboney, Taínos, Quisqueya und Kariben.
Haiti als Kolonie
Am 5. Dezember 1492 entdeckte Christoph Kolumbus die Insel Aytí, die er La Española (Hispaniola) nannte. Damit begann die spanische Kolonisation.
Im Frieden von Rijswijk verzichtet Spanien 1697 zugunsten Frankreichs auf den westlichen Teil der Insel (Saint-Domingue). Am 22. Juli 1795 wurde zwischen Spanien und Frankreich der so genannte Frieden von Basel beschlossen. Nun wird auch der Ostteil der Insel Frankreich zugeschlagen.
Von 1799 bis 1800 tobte der Bürgerkrieg zwischen Schwarzen und Mulatten, in dem letztere unterlagen. Der Schwarzenführer François Dominique Toussaint L'Ouverture (* 1743) wurde französischer Gouverneur. 1801 besetzte Toussaint L'Ouverture den Ostteil der Insel (Santo Domingo); es kam zur Abschaffung der Sklaverei und zur Einführung einer Landreform.
1802 geriet Toussaint in Widerspruch zu Frankreich. Napoleon Bonaparte entsandte daraufhin Truppen, die am 25. Februar Santo Domingo besetzten. Toussaint wurde gefangen genommen und nach Frankreich deportiert, wo er am 7. April in der Haft starb.
1803 kapitulierten die Franzosen.
Unabhängigkeit und Abspaltung der Dominikanischen Republik
Am 1. Januar 1804 proklamierte Jean-Jacques Dessalines (*1760), der sich selbst zum Kaiser ernannte (Jacques I.), die Unabhängigkeit von Saint-Domingue. Das Land erhielt den Namen Haiti; die Selbstbezeichung lautete damals "erster freier Negerstaat". Am selben Tag besetzten französische Truppen Santo Domingo im spanischen Ostteil der Insel, wo die Sklaverei wieder eingeführt wurde. Um die Sklavenhaltung in den anderen Staaten zu rechfertigen, wurden manigfaltige Bemühungen unternommen, Haiti und die Voodoo-Religion zu dämonisiseren.
1805 eroberte Haiti den unter französischer Herrschaft stehenden Ostteil der Insel zurück.
Am 17. Oktober 1806 wurde Dessalines (Jacques I.) auf Veranlassung von Henri Christophe ermordet. Das Land spaltete sich in eine südliche Mulatten-Republik und in einen nördlichen, von verschiedenen rein schwarzen Kaisern regierten Staat. 1807 wurde Henri Christophe (1767-1820) zum Präsidenten ernannt. Zwei Jahre später, im Jahre 1809, gelangte der Osten der Insel (Santo Domingo) wieder an die spanische Krone.
1811 proklamierte sich Henri Christophe zum Kaiser. Auf dem 945 Meter hohen Pic La Fernere ließ er von über 200.000 Zwangsarbeitern die mächtigste Festung außerhalb Europas errichten.
1820 wurden Nord- und Südhaiti wieder vereint und die republikanische Staatsform im ganzen Land eingeführt. Am 8. Februar 1822 besetzte Haitis Präsident Jean-Pierre Boyer Santo Domingo. Es kam zum Anschluss an Haiti und zur Abschaffung der Sklaverei.
Im Jahre 1825 kam es schließlich zur Anerkennung der Unabhängigkeit Haitis durch Frankreich unter Zahlung einer horrenden Entschädigung, welche die haitianische Wirtschaft für Jahrzehnte ruinierte und im Osten des Landes zu Widerstand führt.
Am 27. Februar 1844 trennte sich der Ostteil der Republik, Santo Domingo, vom westlichen Landesteil (Haiti) und proklamierte als Dominikanische Republik seine Unabhängigkeit.
Die Weltkriege
Zwischen 1915 und 1934 kam es zur Besetzung des Landes durch die USA.
Während des Zweiten Weltkieges erklärte Haiti dem Deutschen Reich am 11. Dezember 1941 den Krieg.
Die Duvalier-Diktatur
1957 errichtete der Arzt François Duvalier, genannt Papa Doc, eine Familiendiktatur. Nach seinem Tod 1971 trat sein Sohn Jean-Claude Duvalier, genannt Baby Doc, seine Nachfolge an und ließ sich als Präsident auf Lebenszeit bestätigen. Nach dessen Absetzung und Flucht 1986 begann die Zeit des Übergangs mit Versuchen, eine stabile Republik zu bilden, das Einkammerparlament mit 59 Sitzen wurde aufgelöst.
Die Zeit des Übergangs von 1986 bis Aristide
Am 19. Oktober 1986 wurde eine verfassungsgebende Versammlung gewählt, die für 1987 eine Präsidialrepublik mit einer entsprechenden Verfassung vorbereiten sollte. Am 29. März 1987 erfolgte mit großer Mehrheit die Annahme der neuen Verfassung durch das Volk. Es wurde ein Abgeordnetenhaus mit 83 Mitgliedern, das alle vier Jahre gewählt wird und ein Senat mit 27 Mitgliedern, der alle sechs Jahre gewählt wird, installiert. Alle fünf Jahre sollte das Staatsoberhaupt direkt gewählt werden.
1988 wurde der heutige Ministerpräsident Gerard Latortue Außenminister im Kabinett des nach wenigen Monaten vom Militär gestürzten Präsidenten Leslie Manigat.
Die Amtszeit von Jean Bertrand Aristide
In freien Wahlen gewann Jean Bertrand Aristide 1990 die Präsidentenwahlen, wurde aber bereits 1991 durch einen Armeeputsch gestürzt. General Raoul Cédras übernahm die Macht.
1994 interveniert die USA in Haiti und setzt Jean Bertrand Aristide wieder ins Präsidentenamt ein. Er löst das Militär auf, stärkt aber im Gegenzug den Polizeiapparat (Chimeres). Der spätere Rebellenführer und Gegenspieler Guy Philippe kehrte aus Ecuador in seine Heimat zurück und steigt im neuen Polizeiapparat schnell auf. 1995 wurde er dann zum Polizeichef von Cap Haitien.
Haiti wird nun unter ein UNO-Mandat gestellt, das 1997 wieder ausläuft. Während dieser Zeit funktioniert das öffentliche Leben einigermaßen.
- 1995: René Préval, "Ziehkind" von Aristide, wird Präsident.
- 2000 (Januar): Die Interventionstruppen der USA verlassen das Land.
- 2000 (Mai): Bei umstrittenen Parlamentswahlen gewinnt die Partei Aristides (Lavalas(kreolisch f. Lawine)-Familie) die Mehrheit der Parlamentssitze. Die internationale Hilfe für Haiti wird eingestellt.
- 2000 (26.11.): Jean-Bertrand Aristide mit 91,8% der Stimmen erneut zum Präsidenten gewählt (Vorwurf der Wahlmanipulation). Amtsantritt am 7. Februar 2001.
- 2002 (November): Zahlreiche Protestkundgebungen gegen Aristide mit Rücktrittsforderungen. Zusammenstöße zwischen Aristide-Gegnern und regierungstreuen Demonstranten.
Die Revolution 2004
Der Sturz von Jean Bertrand Aristide
Am 200. Unabhängigkeitstag am 1. Januar 2004 kam es zu schweren Unruhen in Haiti, die mit Schüssen gegen den Präsidenten Jean Bertrand Aristide und seinen südafrikanischen Amtskollegen Thabo Mbeki in der Stadt Gonaives begannen. Haitianische Polizisten und südafrikanische Sicherheitsleute erwiderten das Feuer. Im ganzen Land kam es daraufhin zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und den Sicherheitskräften.
Gegen Aristide gerichtete Aufstände, vor allem der "Revolutionären Widerstandsfront des Artibonite" (FRRA), brachten das Land Anfang Februar an den Rand eines Bürgerkrieges. Am 5. Februar 2004 hatten die Aufständischen unter ihrem Anführer Butteur Métayer in der Stadt Goniaves (160 Kilometer nordwestlich von Port-au-Prince) die Macht übernommen.
Nachdem am 14. Februar 2004 die früheren Putschisten Louis-Jodel Chamblain und Guy Philippe aus ihrem Exil in der Dominikanischen Republik zurückgekehrt waren, schlossen diese sich dem Aufstand an. Die Rebellen eroberten daraufhin in den folgenden Tagen zahlreiche Städte und Orte im Norden der Karibikrepublik.
Schließlich erreichten die Truppen Ende Februar Port-au-Prince. Nun gab der amtierende Präsident Jean-Bertrand Aristide dem Druck der Rebellen und der USA nach, die ihn bis dahin unterstützt hatten, und verließ das Land am 29. Februar 2004 (kurioserweise der Geburtstag von Guy Philippe) mit zunächst unbekanntem Ziel. Nach Aristides Flucht übernahm der Oberste Richter Boniface Alexandre die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts in der Hauptstadt. Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen waren von Anfang bis Anfang März 2004 mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen.
Am 4. März 2004 kündigte der Anführer der Rebellen Guy Philippe an, ihre Waffen niederzulegen, was er dann später wieder relativierte. In der Hauptstadt Port-au-Prince demonstrierten am selben Tag tausende von Menschen für die Rückkehr von Aristide. Am 7. März 2004 schossen unbekannte Täter auf friedliche Demonstranten und töteten mindestens sechs Menschen. Erstmals seit Beginn der Unruhen kam auch ein ausländischer Journalist ums Leben.
Jean Bertrand Aristide im Exil
Von seinem Exilort in Bangui, Zentralafrikanische Republik aus warf Aristide am 1. März 2004 den USA vor, ihn gegen seinen Willen aus dem Land gebracht zu haben, die US-Regierung dementierte umgehend.
Am 9. März 2004 teilte ein Rechtsanwalt von Aristide mit, dass man die USA und Frankreich wegen Entführung verklagen will. Dazu werde man in beiden Ländern identische Klagen einreichen. Der konkrete Vorwurf lautete, die Regierung von US-Präsident George W. Bush wollte Aristide aus Haiti entfernen, und Frankreich hätte im Verstoß gegen internationales Recht dabei geholfen. Sollte man die Unterstützung einiger afrikanischer Staaten bekommen, werde man auch bei den Vereinten Nationen Beschwerde einlegen.
Weiterhin rief er zum Widerstand gegen die seiner Meinung nach inakzeptablen Besatzung auf. So sagte er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt: Ich bin der demokratisch gewählte Präsident und bleibe es auch.
Unterdessen teilte ein Regierungsvertreter von Südafrika am 5. März 2004 mit, dass die USA für Aristide um Asyl gebeten habe, denn die Zentralafrikanische Republik sei nur ein vorübergehender Aufenthaltsort des gestürzten Präsidenten.
Ausländische Truppenpräsenz
Die USA, Kanada, Frankreich und Chile entsandten am 29. Februar 2004, also noch am selben Tag an dem Aristide das Land verlassen hat, erste Truppen nach Haiti. Brasilianische Regierungsvertreter teilten am 4. März 2004 mit, dass sie sich wenn gewünscht mit 1.100 Soldaten an einer UN-Truppe für Haiti beteiligen könnten. Brasilien ist damit das erste Land, das ein solches Angebot unterbreitet. Eine UN-Friedenstruppe könnte in etwa drei Monaten die so genannten Eingreiftruppen ablösen. Zur Vorbereitung dieses multinationalen Einsatzes brach inzwischen ein Team von UN-Experten Richtung Haiti auf.
US-Marineinfanteristen, das zahlenmäßig größte Kontingent der Eingreiftruppe hilft seit dem 10. März 2004 der haitianischen Polizei bei der Entwaffnung so genannter illegaler bewaffneter Gruppen.
Regierungsbildung nach Aristide
Die Bemühungen um die Bildung einer neuen Regierung kamen am 5. März 2004 weiter voran. Es wurde eine Wahlkomission gebildet, der dem neuen am 8. März 2004 vereidigten Übergangspräsidenten Boniface Alexandre einen neuen Premierminister vorschlagen soll. Am 9. März 2004 schlug die Kommission den Juristen und Wirtschaftsexperten Gerard Latortue als neuen Ministerpräsident vor. Er würde damit seinen Vorgänger Yvon Neptune ab, der die Regierung unter dem gestürzten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide geführt hatte.
Präsident Alexandre rief seine Landsleute zur Versöhnung auf. Bei seiner Amtseinführungszeremonie bedankte er sich bei der internationalen Gemeinschaft für deren Hilfe.