Obersalzberg
Der Obersalzberg ist ein Berghang bei Berchtesgaden, der seit dem 19. Jahrhundert touristisch genutzt wurde. Ab 1923 war er Feriendomizil Hitlers. Er wurde nach 1933 zum Führer-Sperrgebiet ausgebaut. Am Fuße des Berges wurde in der Stanggass ein zweiter Regierungssitz (Reichskanzlei) neben Berlin errichtet, der während der Anwesenheit Hitlers am Obersalzberg genutzt wurde. Heute befindet sich in der Nähe des Berghofs, oft fälschlich Alpenfestung genannt, an der Stelle des damaligen Gästehauses die Dokumentation Obersalzberg über die nationalsozialistische Vertreibungspraxis, welches vom Institut für Zeitgeschichte in München im Auftrag des Freistaates Bayern unterhalten wird. Um wieder an die alte touristische Tradition anzukünpfen wurde 2005 ein 5-Sterne Hotel eröffnet.
Anfänge
Der Obersalzberg war bereits im 19. Jahrhundert einer der Wiegen des Berchtesgadener Tourismus. Obersalzberg war ein Teil der damals selbständigen Gemeinde Salzberg und hatte den Charakter eines kleinen Dorfes mit Laden, Post usw. sowie vielen verstreut stehenden Lehen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich auch bekannte Persönlichkeiten wie der Erfinder der Kältetechnik Prof. Dr. Carl von Linde am Obersalzberg nieder gelassen. Adolf Hitler hatte durch Dietrich Eckart Berchtesgaden und den Obersalzberg kennengelernt. Hitlers Halbschwester Angela Raubal mietete 1920 das "Haus Wachenfeld" auf dem Obersalzberg. Im Jahre 1928 erwarb Hitler das Haus Wachenfeld und benannte es in "Berghof" um. Anfangs noch ein schlichtes Haus im Stil einer Sommerfrische, entwickelte sich der Berghof bis 1945 durch mehrere Umbauten des Architektem Alois Degano zu einem zweiten Regierungssitz, umgeben von weiteren Häusern anderer NS-Politiker, Gästehäusern, SS-Kasernen, Gutshof mit Gewächshaus und unterirdischen Bunkern. Martin Bormann, Hermann Göring und Albert Speer siedelten sich in der Nachbarschaft des Berghofes an. Der gesamte Bereich des Obersalzbergs wurde zum "Führersperrgebiet" erklärt. Dabei wurden benachbarte Grundbesitzer, die ihre Grundstücke nicht freiwillig verkaufen wollten, unter Leitung des Reichsleiters und Sekretärs des Führers Martin Bormann zuerst großzügig entschädigt und, wenn sie nicht verkaufen wollten, unter Druck zum Verkauf ihrer Grundstücke gezwungen. So bestätigen Urkunden der Dokumentationsstelle Obersalzberg, dass der Fotograf Hans Brandner, der mit dem Verkaufserlös seines Grundstückes nicht zufrieden war, noch in der selben Nacht für zwei Jahre in das Konzentrationslager Dachau verschleppt wurde. Insgesamt wurde Land von 57 Grundbesitzern angekauft. Der Großteil der vorhandenen Bebauung wurde abgetragen, der Charakter des Ortes völlig verändert.
Umbau
Hitlers Wohnhaus wurde dabei nach Plänen des Diktators selbst zu einem repräsentativen Wohnsitz umgebaut. Das Zentrum des Gebäudes bildete die "Große Halle" mit dem spektakulären versenkbaren Panoramafenster, das einen einmaligen Blick auf den sagenumwobenen Untersberg freigab.
Die massiven Luftangriffe der alliierten Streitkräfte führten zu einem verstärkten Ausbau der Luftschutzanlagen am Obersalzberg. Es entstand ein weitverzweigtes Bunkersystem, das am 25. April 1945 vielen Anwohnern das Leben rettete.
Im Bischofswieser Ortsteil Stangaß, Nähe Berchtesgadens, wurde 1937 die Reichskanzlei Dienststelle Berchtesgaden erbaut. Während der Aufenthalte Hitlers in Berchtesgaden konnten die Regierungsgeschäfte von hier aus geregelt werden. Dazu war es notwendig, daß viele Beamte von Berlin nach Berchtesgaden umsiedelten.
Auf eine Anregung Hitlers hin ließ Martin Bormann auf dem Bergrücken des Kehlstein das heute alljährlich von ca. 500.000 Besuchern frequentierte Kehlsteinhaus errichten.
Die Arbeiten an diesem Projekt gelten selbst heute als Meisterwerk der Architektur und Baukunst. Wo die Straße nach 1.700 m kurz vor dem Gipfel endet, führt ein Gang 124 Meter weit in den Fels hinein. Ein Aufzug im Berginneren bringt die Besucher in wenigen Sekunden 124 Höhenmeter hinauf, direkt in das Haus. Es ist belegt, dass für diese Baumaßnahmen keine Zwangsarbeiter, sondern italienische Spezialisten angeheuert wurden. Um ein Zusammenkommen dieser mit ortsansässigen Frauen zu vermeiden, wurde sogar ein Bordell eingerichtet. Ferner kam es auf dem Obersalzberg zu keinen Folterungen, Tötungen oder Misshandlungen an den Arbeitern.
Das Kehlsteinhaus wurde Adolf Hitler zum 50. Geburtstag von der Partei geschenkt. Hitler selbst jedoch besuchte das Kehlsteinhaus relativ selten, da ihm die Ausflüge dorthin zu riskant waren. Vor allem kritisierte er, dass der Aufzugsschacht nicht sicher gegen Blitzeinschläge sei, und auch einem Überraschungsangriff der Alliierten mit Bombern wäre man schutzlos ausgeliefert. Das Projekt „Kehlsteinhaus“ kostete nach heutigen Maßstäben ca. 150. Mio €.
Nutzung
Häufig verbrachte Hitler mehrere Monate im Jahr auf dem Obersalzberg, um von Berchtesgaden aus die Regierungsgeschäfte zu führen. So empfing er als Reichskanzler folgende Gäste auf dem Berghof: David Lloyd George (britischer Premierminister), Harold Sidney Rothermere, Marquez de Magaz (spanischer Botschafter), Aga Khan (indischer Fürst), Herzog von Windsor, Lord Halifax, Kurt von Schuschnigg, Arthur Neville Chamberlain (britischer Premierminister), Francois Poncet (französischer Botschafter), König Carol II. von Rumänien, Oberst Beck, Kalif al Houd, u.v.a.
Es galt als besondere Auszeichnung für Politiker und Parteimitglieder, von Hitler auf dem Obersalzberg im "privaten Rahmen" empfangen zu werden. Hitler pflegte ein unspektakuläres Privatleben, umgeben von einem Kreis aus Adjutanten, deren Frauen, Kindern, alten Parteifreunden. Eva Braun, die inoffizielle Hausherrin, lud dabei oft Verwandete und Freunde auf den "Berg", häufig auch wenn Hitler in Berlin, München oder während des Krieges in seinen Führerhauptquartieren lebte und arbeitete.
Zerstörung
Am 25. April 1945 wurde der Obersalzberg bei Berchtesgaden von Lancaster-Bombern der Royal Air Force mit fast 1.300 Bomben angegriffen. Nach diesem Angriff waren sämtliche Gebäude beschädigt. Abziehende SS–Truppen, die sich bis 1945 dort aufhielten, setzten die Ruinen in Brand.
Historikern zufolge änderte sogar der US-amerikanische General Dwight D. Eisenhower, der Oberkommandierende der Alliierten, seine Pläne zur Eroberung der Reichshauptstadt Berlin. Eisenhower befürchtete, dass sich die SS und andere Elitetruppen in der vermuteten "Alpenfestung" verschanzen könnten. So ließ er seine Truppen nach Süden schwenken, um deutschen Truppen den Rückzug in die vermeintliche Alpenfestung abzuschneiden.
Nach dem Krieg gab es auch Bestrebungen der ehemaligen Salzberger in ihre alte Heimat zurück zu kehren. Der Wiederaufbau des Dorfes am Obersalzberg konnte aber nicht umgesetzt werden.
Verschiedene Gebäude wurden nach dem Krieg von den US-Streitkräften instand gesetzt wie der Platterhof (Hotel General Walker) und dienten den amerikanischen Streitkräften als Erholungszentrum. Im Jahre 2000 wurde das architektonisch und geschichtlich wertvolle Bauwerk — in Berchtesgaden nicht unumstritten (Bürgerbegehren) — abgerissen. Inzwischen, nach der Freigabe des Geländes an den Freistaat Bayern, wurde auf dem Obersalzberg ein modernes 5-Sterne InterContinental-Hotel mit 138 Zimmern gebaut, das an die touristische Tradition des Obersalzbergs vor dem 3. Reich anknüfen soll.
Auf Hitlers ehemaligen Berghof stehen heute Buchen. Nur vereinzelt ranken Betonteile und Eisenarmierungen aus dem Boden, die an den Ort erinnern, wo einst maßgebliche Entscheidungen getroffen wurden. Reste des Bunkers können heute noch vom "Hotel Türken" aus besichtigt werden. Andere Teile der Bunkeranlagen sind in das "Dokumentationszentrum Obersalzberg" integriert und können aber nicht den Eindruck vermitteln, wie die Anlagen des ehemaligen Sicherheitsdienstes (Hotel Türken).
Dokumentation Obersalzberg
Die 1999 eröffnete Dokumentation Obersalzberg arbeitet die NS-Zeit am Obersalzberg und die Auswirkungen der NS-Politik auf Deutschland und die ganze Welt auf. Es steht dort, wo früher das Gästehaus stand. Aussteller ist, im Auftrag des Freistaates Bayern, das Institut für Zeitgeschichte in München.