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Naumann-Kreis

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Der Naumann-Kreis war eine Gruppe ehemaliger Nationalsozialisten um den letzten Staatssekretär des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels, Dr. Werner Naumann.

Ob man eine liberale Partei am Ende in eine NS-Kampfgruppe umwandeln ... kann, möchte ich bezweifeln, wir müssen es aber auf einen Versuch ankommen lassen. ... Gäbe es keine FDP, müßte sie noch heute gegründet werden.

Dieses Zitat von Werner Naumann, bei einem Treffen seiner Gruppe in Hamburg am 18. November 1952 zeigt sicherlich am deutlichsten, warum er und seine Mitstreiter in die FDP eintraten.

Angehörige des Naumann-Kreises

Neben Naumann selbst gehörten dem Kreis an:

  1. Hans Fritzsche, Reichskommentator des Rundfunks
  2. Dr. Werner Best, Stellvertreter von Reinhard Heydrich, später auch Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark während des 2. Weltkrieges.
  3. Wolfgang Dierwege, Intendant des Reichssenders Danzig
  4. Dr. Gustav Adolf Scheel, ehemaliger Reichsstudentenführer und Gauleiter von Salzburg
  5. Paul Zimmermann, SS-Brigadeführer
  6. Dr. Heinrich Haselmeyer, Führer des NS-Studentenbundes in Hamburg und beteiligt an der Sterilisierung von Erbkranken
  7. Heinz Siepen, NSDAP-Ortsgruppenleiter und Landrat, Besitzer eines Stahlwerks
  8. Dr. Karl Scharping, Beamter in der Rundfunkabteilung des Reichspropagandaministeriums
  9. Karl Kaufmann, Gauleiter und Reichsstatthalter von Hamburg
  10. Prof. Dr. Franz Alfred Six, SS-Obergruppenführer, wegen Massenmordes zu 20 Jahren Haft verurteilt (im Oktober 1952 frei gelassen)

Ob der spätere FDP-Bundestagsabgeordnete Ernst Achenbach, den Bundeskanzler Helmut Schmidt noch 1974 zum EU-Kommissar machen wollte, selbst zu dieser Gruppe gehörte, oder nur der nützliche Verbindungsmann zum Chef der NRW-FDP Friedrich Middelhauve war, ist bis heute stark umstritten.

Versuch der Unterwanderung der FDP

Naumann, Best, Six und Fritzsche entwarfen für Middelhauve das Deutsche Programm, einen rechts-nationalistischen Programmentwurf, der sich aber auf dem FDP-Bundesparteitag Ende November 1952 in Bad Ems nicht gegen das Liberale Manifest der Landesverbände Hamburg, Bremen und Baden-Württemberg durchsetzen konnte.

Der Naumann-Kreis versuchte durch gezielte Unterwanderung der FDP diese in Richtung Nationalsozialismus zu verändern. Das Problem für die Bundespartei war dabei, dass der ohnehin schon äußerst nationalistisch eingestellte Landesverband Nordrhein-Westfalen (in Hessen und Niedersachsen sah die politische Lage Anfang der 1950er Jahre kaum anders aus) die neuen Mitglieder mit offenen Armen aufnahm, um seine Wählerbasis nach rechts zu erweitern und - so Middelhauve - ehemalige Nationalsozialisten in die parlamentarische Demokratie zu integrieren.

Die FDP-Granden Theodor Heuss (Bundespräsident), Franz Blücher (Parteivorsitzender) und Thomas Dehler (Bundesjustizminister) wurden durch den britischen Hochkommissar Sir Ivone Kirkpatrick über die Ermittlungen des britischen Geheimdienstes informiert und rieten zum Eingreifen. In der Nacht zum 15. Januar 1953 schlugen die Engländer zu: Sechs der oben genannten (Kaufmann kam am nächsten Tag dazu) wurden verhaftet und die Naumann-Affäre, wie sie in der Öffentlichkeit genannt wurde, wurde bekannt.

Im Sommer 1953 stellte der 2. Ferienstrafsenat des Bundesgerichtshofes zwar das Verfahren ein, aber der einzigartige Versuch, eine Bonner Parlamentspartei in eine NS-Kampfgruppe (s. obiges Zitat von Naumann) zu verwandeln, war gescheitert.

Die FDP setzte zur Aufklärung der Affäre eine parteiinterne Untersuchungskommission aus Alfred Onnen, Thomas Dehler und Fritz Neumayer ein, die schwere Vorwürfe gegen Teile des Nordrhein-Westfälischen Landesverbandes erhob.

www.kokhavivpublications.com Bericht der FDP-Untersuchungskommission zur Naumann-Affäre