Islamische Geschichtsschreibung
Ihren Ursprung hatte die islamische Geschichtsschreibung im Sammeln von Aussprüchen und Begebenheiten aus dem Leben des Propheten Muhammad. Schon früh nach dessen Tode vervielfachte sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Geschichten (Hadith) enorm. Die älteste erhaltene Biographie des Propheten Muhammad (sira "Lebenslauf") verfasste der medinensische Gelehrte Ibn Ishaq.
Die Sammlung und Bewertung dieser Geschichten entwickelte sich daher recht bald zu einer eigenen Wissenschaft, der Hadithwissenschaft. Ihren Höhepunkt erlebte die Hadithwissenschaft im 9. Jahrhundert mit den auch heute noch maßgeblichen Hadith-Sammlungen al-Bucharis (810--870) und Abu-Muslims (817--875).
Um die Authentizität eines Hadith zu begründen, entwickelten die Sammler dieser Überlieferungen recht bald ein kritisches Verhältnis zu Quellen. Sie verwandten zur Quellenkritik Überliefererketten (Isnad). Jedem Hadith wurde eine Überliefererkette vorangestellt, die angab, wer ihn von wem gehört hatte. Die Biographien dieser Überlieferer konnten nun auf Plausibilität durchleuchtet werden, beispielsweise unter dem Gesichtspunkt, ob eine Begegnung zwischen Erzähler und Nacherzähler belegt war. Daraus entwickelte sich die ilm ar-ridschal, die biographische Wissenschaft, die später auch säkulare Inhalte umfaßte und sich in den folgenden Jahrhunderten verselbstständigte.
War die Authentizität eines Hadith durch einen gültigen isnad und die Autorität der Überlieferer einmal gesichert, wurde an seinem Inhalt (matn) nicht mehr gezweifelt. Diese Methodik wurde auch in der säkularen, politischen Geschichtsschreibung, deren Entwicklung etwa im 8. Jahrhundert einsetzte, beibehalten. So besitzt selbst At-Tabari (839--923), einer der berühmtesten arabischen Historiker, das Selbstverständnis eines reinen Überlieferers, der sich jeglicher rationalen Reflektion enthalten sollte: "The knowledge of the events of past nations, and of the information about what is currently taking place, does not reach one who is not contemporary to, or does not observe, such events except through the reports of historians and the transmission of transmitters. These [historians] should not use rational deductions and mental eludications. Now if there happens to be in this book a report [...] to which the reader objects or which the hearer detests because he does not see how it could possibly true or correct, let him know that this report did not originate with me [...] but all I did was to deliver it as it was delivered to me." (At-Tabari, Tarich I 6-7)
Die ersten, die diese Methoden in Zweifel zogen, waren die Mu'taziliten, eine stark von der griechischen Philosophie beeinflußte theologische Schule, die die islamische Glaubenslehre auf ein rationales Fundament stellen wollte. Sie forderten, historische Ereignisse nicht nur nach der Glaubwürdigkeit der Überlieferer"-kette zu beurteilen, sondern ebenso nach ihrer Plausibilität.
Die Kritik der Mu'tazila hatte aber -- möglicherweise wegen der baldigen religiösen Verfemung ihrer Lehre -- auf die Geschichtsschreibung fast keine Wirkung. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, beherrschte die von Tabari vertretene traditionelle Richtung bis in die Zeit Ibn Khalduns das Feld.
Lokalgeschichte
Im 9. und 10. Jahrhundert entwickelte sich die Lokalgeschichtsschreibung, die sich an bedeutende Orte des Islam knüpft. Aus dieser Frühphase sind jedoch nur wenige Werke erhalten, darunter eine Geschichte Baghdads von Ahmad Ibn Abi Tahirs, eine Geschichte Ägyptens und der arabischen Eroberungen im Westen von Abd al-Hakam (gest. 871), sowie Werke über Tunis, Buchara und Ghom.
Weltgeschichte
Bedeutende arabische Historiker
- At-Tabari (839-923)
- al-Dschuwaini (gest. n. 1265)
- al-Mas'udi
- Ibn Athir
- Ibn Challikan
- Ibn Ishaq
- Ibn Khaldun (Ibn Chaldun, 1332-1406)
- Ibn Miskawaih (gest. 1030)
- Ibn Sa'd
- Ussama Ibn Munqidh (1095-1188)
- Ibn Asakir