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Schlacht von Notion

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Die Schlacht von Notion war eine Seeschlacht in der Endphase des Peloponnesischen Krieges. Sie fand im Jahre 407 v. Chr. vor der kleinasiatischen Küste statt und wurde zwischen den Flotten Athens und Spartas ausgetragen. Die Spartaner errangen unter Lysander einen taktischen Sieg, der zur Abberufung des athenischen Kommandanten Alkibiades führte.

Vorgeschichte

Im Frühjahr 407 v. Chr. kehrte Alkibiades nach Athen zurück. Der vormals in Ungnade und zum Tod in Abwesenheit verurteilte Stratege war nach der demokratischen Restauration in Athen 410 v. Chr. wieder rehabilitiert worden und führte seitdem einen Krieg in der Propontis, um die Kontrolle der Getreiderouten von der Krim nach Athen zu sichern. Im Sommer 408 v. Chr. konnte an dieser Front den Kampf zu einem erfolgreichen Abschluss für Athen bringen, indem er den mit Sparta verbündeten persischen Satrapen Pharnabazos zu einem Waffenstillstand bewegen konnte: Pharnabazos zahlte Alkibiades 20 Talente und gewährte Kalchedon Autonomie. Daraus resultierend konnte Alkibiades die attischen Bemühungen auf die Wiedergewinnung von Byzantion konzentrieren, was ihm auch gelang. Somit war nicht nur das Marmarameer wieder unter der Kontrolle Athens, sondern auch der Zoll von Byzantion floss wieder in Athens Kriegskasse.

Sparta konnte den Sieg Athens auf diesem Kriegsschauplatz nicht verhindern, weil es nach der Niederlage von Kyzikos keine eigenen Truppen mehr in der Propontis unterhielt und somit auf die Kriegsanstrengungen des dortigen persischen Satrapen angewiesen war. Pharnabazos von Phrygien hatte daher die Hauptlast auf persischer Seite gegen Athen zu tragen, weil sich der Satrap von Lydien Thissaphernes weitaus neutraler verhielt, als der persische König verlangte. Im Sommer 408 zog Dareios II. daher einen Schlussstrich unter die bisher eher mäßigen Kriegserfolge der Perser auf Seiten Spartas und übertrug seinem jüngeren Sohn Kyros das persische Oberkommando in Kleinasien und ernannte ihn zum Satrapen von Lydien, Kappadokien und Großphrygien. Tissaphernes Satrapie wurde auf das unwirtliche Karien und Pharnabazos Machtbereich auf das Hellespontische Phrygien reduduziert. Da seine Kriegsbemühungen so wenig honoriert worden waren und die Begrenzung seiner Satrapie auf die Hälfte einer Demütigung gleichkam, stellte Pharnabazos die Kriegsführung ein.

In Athen begeistert empfangen wurde Alkibiades im Frühjahr 407 als "Hégémon autokrátor" zum obersten Kriegsherrn Athens mit Sondervollmachten gewählte. Das bisherige Kollegium der zehn Strategen unter dem nominellen Vorsitz des Strategos Polemarchos als oberste Kriegsleitung wurde ihm nunmehr unterstellt. Seine Vollmachten nutzte er zum Aufbau einer Armee von 1.500 Hopliten, 150 Mann Kavallerie und 100 Trieren.[1] Darüber hinaus wurden aber auch die anderen Strategen mit Aufgaben und Einheiten bedacht: Thrasyboulos beispielsweise erhielt 30 Trieren zum Schutz der Propontis und zum Kampf in Thrakien.

Auch die Spartaner sahen die Notwendigkeit neuer Rüstungen, wollten sie nicht die ionischen Städte an Alkibiades verlieren, die sich nach der athenischen Niederlage vor Syrakus 413 v. Chr. Sparta zugewandt hatten. Daher wählten sie zum neuen Nauarchen den ehrgeizigen Lysandros. Ihm fiel die Aufgabe zu, a) ein gutes Arbeitsverhältnis mit dem neuen Satrapen Kyros herzustellen, b) eine neue Flotte aufzubauen und c) die Städte Ioniens bei Sparta zu halten. Lysander bemühte sich zunächst um Kyros, da der Schlüssel für Spartas Erfolg in den Subsidien Persiens lag. Lysander verlegte daher das ionische Hauptquartier von Milet nach Ephesos, weil von dort die persische Satrapenresidenz Sardes schneller erreichbar war und persische Würdenträger häufiger die Stadt aufsuchten als das mehr griechisch geprägte Milet.[2] Lysandros wurde in Sardes bei Kyros vorstellig und entwickelte schnelle einen großen Einfluss auf den Satrapen. Der ca. 40 Jahren alte spartanische Krieger muss auf den gerade 15 jährigen Kyros faszinierend gewirkt haben; es wurde sogar behauptet, dass der junge Königsspross zum Geliebten des Spartaner wurde, weil er ihm zugang zu seinen privaten Gärten erlaubte. Jedenfalls konnte Lysandros den Kyros dazu bewegen, mit 500 Talente aus dem Schatz von Dareios Soldrückstände der Ruderer der spartanischen Flotte zu begleichen und den Sold von 3 auf 4 Obolen pro Tag zu erhöhen. Da sowohl die attische als auch die spartanische Flotte auf auswärtige Ruderer angewiesen war, wurde das Rudern für Sparta ungleich attraktiver, weil die Athene nur 3 Obolen zahlen konnten.[3] Die Städte Ioniens wurden enger an Sparta gebunden, indem Lysandros mit Hilfe der Perser die städtischen Verfassungen änderte und die Macht in den Händen von jeweils 10 Personen konzentrierte - den Dekarchen. Diese extreme Form der Oligarchie wurde in der Regel von der Stadtbevölkerung abgelehnt, so dass diese 10 Männer völlig von Sparta abhängig waren. Ihnen zur Seite stellte Lysandros einen spartanischen "Berater" (Harmost), der auch Kommandant der spartanische Garnision war - wenn es eine Militärpräsenz vor Ort nötig erschien. Lysandros gelang es so, eine Flotte von 70 Schiffen aufzubauen und zu trainieren. Gegen diese Flotte wendete sich nun Alkibiades.

Vorbereitung zur Schlacht

Da Lysandros seine Flotte erst aufbauen musste und Alkibiades mit der Befriedigung von Andros beschäftigt war, trafen beide Flotten erst im Spätsommer 407 aufeinander. Alkibiades bezog in Samos Quartier, dem Hauptstützpunkt Athens in Ionien, welcher nicht weit von Ephesos liegt. Lysandros wich zunächst einer Schlacht aus in realistischer Einschätzung seiner numerischen Unterlegenheit - er verfügte nurmehr zwar üer 90 Schiffe, war Alkibiades' 100 Trieren aber immer noch unterlegen. Daher ließ er seine Schiffe an Land ziehen.[4] Beide Flotten paralysierten sich also: Alkibiades gelang es erfolgreich Lysandros in Ephesos zu blockieren, wurde aber von Lysandros zur Untätigkeit verdammt, solange dieser keine Schlacht wagte. Der unter hohem Erfolgsdruck stehende Alkibiades konnte jedoch nicht die Initiative an Lysandros verlieren und so übertrug er das Kommando über die Flotte dem Kapitän seines Flaggschiffs Antiochos, um selber Thrasyboulos bei der Befestigung von Phokäa zu unterstützen[5] oder den Belagerungsring um Klazomenai zu sprengen.[6] So konnte der Abfall von Nordionien an Sparta abgewendet werden und Druck auf Lysandros erhöht werden, selber in Aktion zu treten. Alkibiades hatte bei seinem Abrücken Antiochos den strickten Befehl bekommen, keine Schlacht in seiner Abwesenheit zu wagen. Antiochos hielt sich aber nicht an diese Order und ließ Teile der Flotte regelmäßig auslaufen, um die Flotte von Lysandros zu einer Schlacht aufzufordern - regelmäßig vergeblich. Jedoch blieb dem überlegten spartanischen Kommandanten nicht verborgen, dass die Athener erfolgshungrig waren, und er richtete seine Strategie darauf aus.

Schlachtverlauf

Warum es schließlich zur Schlacht in Alkibiades Abwesenheit kam, kann an der Eitelkeit des Antiochos gelegen haben[7] oder einfach an Lysandros' taktischer Raffinesse.[8] Plausibel ist jedenfalls auch die Erklärung, dass die Mannschaften der zu Untätigkeit verdammten athenische Flotte Antiochos unter massiven Druck setzten, etwas zu unternehmen. Dafür würde sprechen, dass Antiochos eine Falle für die Spartaner plante, nicht aber mit eine Schlacht mit allen Schiffen der Flotte. Er ließ zwar die gesamte athenische Flotte in Bereitschaft setzten, verließ Samos aber nur mit den zehn besten Schiffen Richtung Ephesos, um acht davon in einen Hinterhalt bei Notion zu legen. Als Köder fuhr er mit einem weiteren Schiff bis in den Hafen von Ephesos hinein. So wollte er eine spartanische Einheit heraus locken.

Auf so eine Gelegenheit hatte Lysandros gewartet: er bemannte seine ganze Flotte und schickte den zwei attischen Schiffen seine drei schnellsten Schiffe hinterher, denen es gelang, Antiochos noch vor Notion zu stellen - Antiochos verlor beide Schiffe und sein Leben. Die anderen acht Schiffe der Athener eilten zu Hilfe, konnten aber selber die drei spartanischen Schiffe nicht überwältigen, weil inzwischen Lysandros mit seiner gesamten Flotte herangefahren kam. Dies merkten auch die Athener und fuhren ihrerseits Lysandros entgegen. Beide Flotten trafen nun bei Notion zusammen.

Während Lysandros jedoch seine Flotte in Schlachtformation von Ephesos heranführte, waren die Athener ihres Kommandanten beraubt und nicht auf einen Kampf mit der gesamten Flotte der Spartaner eingestellt gewesen. Die athenischen Flottenkontingente trafen auf dem Schlachtfeld unkoordiniert ein, jedes so schnell, wie es von Samos nach Notion brauchte. Dadurch wurde die numerische Überlegenheit der Athener durch die bessere Strategie des Lysandros ausgeglichen. Am Ende der Schlacht hatten die Athener zwischen 15[9] und 22 Schiffe[10] verloren.

Folgen der Schlacht

Die Schlacht hatte geringe militärische Folgen. Alkibiades fuhr sofort zusammen mit den 30 Schiffen des Thrasyboulos nach Notion und führte von dort die vereinigte athenische Flotte nach Samos. Dadurch dass die Verluste der Schlacht durch das Kontingent des Thrasyboulos wieder ausgeglichen waren[11], hatte Alkibiades wieder die numerische Überlegenheit und blockierte erfolgreich Lysandros in Ephesos. Jedoch kam es zu keiner großen Operation mehr - eine zweite Schlacht gingen beide Seiten aus dem Wege. Nur die Besatzung in Phokäa mussten die Athener abziehen.[12] Der moralische Schaden hingegen war weitaus größer, denn der Glaube in die Fähigkeiten des Alkibiades als charismatischen Führers schwanden nach der Schlacht.[13] Anstatt für das folgende Jahre wieder als Heerführer gewählt zu werden, wurde Alkibiades verbannt und musste zu Pharnabazes flüchten.[14] Auch Thrasyboulos und andere verdiente Kommandanten wurden durch den Sturz des Alkibiades mit hinabgezogen und nicht wiedergewählt. Athen ging aus dem Jahr geschwächt hervor, wohingegen Lysandros seinem Nachfolger eine intakte Flotte von über 100 Schiffen übergeben konnte.

Quellen und Sekundärliteratur

  • Diodoros: Griechische Weltgeschichte. 5 Bde. Hrsg. von Gerhard Wirth, Otto Veh und Th. Nothers. (=Bibliothek der griechischen Literatur) Stuttgart 1992-2005, hier Bd. II (1993): Buch XI-XIII (Übers. von Otto Veh), und Bd. III (2001): Buch XIV-XV (Übers. von Otto Veh).
  • P.R. McKechnie und S. J. Kern (Hrsg.): Hellenica Oxyrhychia [Engl.] . mit Übersetzung und Kommentar von Warminster 1988.
  • Xenophon: Hellenika. Hrsg. mit griech.-deutscher Übers. von Gisela Strasburger. (=Sammlung Tusculum) München ³2000 (1972).
  • Robert J. Buck: Thrasybulus and the Athenian Democracy. The life of an Athenian statesman. (=Historia Einzelschriften 120) Stuttgart 1998.
  • C. W. Fornara: The Athenian Board of Generals from 501 to 404, Wiesbaden 1971, S. 70.
  • Donald Kagan: The Fall of the Athenian Empire, Ithaca 1987.
  • Detlef Lotze: Lysander und der Peloponnesische Krieg, In: Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Philologisch-historische Klasse 57/1 (1964),S. 5-98.

Einzelnachweise

  1. Xen. Hell. I, 4.20; Diod. XIII, 69.3
  2. Plut. Lys. 3.3
  3. Xen. Hell. I, 5.1-7, Diod. XIII, 70.1-3
  4. Xen. Hell. I, 4.10
  5. Xen. Hell. I, 5.11
  6. Diod. XIII, 71.1
  7. Plut. Alc. 35.5
  8. Paus. IX, 32.6
  9. Xen.
  10. Hell. Oxy. 8.3
  11. Xen. Hell. I, 5.15
  12. Xen. Hell. I, 6.33
  13. Xen. Hell. I, 5.20
  14. Plut. Lys. 5.3; Nep. Alc. 7.3