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Zivil-militärische Zusammenarbeit

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Eine polnische Einheit im Irak im Rahmen einer Civil-Military Co-operation (CIMIC), Oktober 2006

Der Begriff Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ) (engl. Civil-Military Co-operation, CIMIC) beschreibt das Zusammenwirken von staatlichen oder nichtstaatlichen zivilen Organisationen mit denen der militärischen Verteidigung im Bereich der Landesverteidigung, in der Gefahrenabwehr oder bei Auslandseinsätzen des Militärs. Dies umfasst alle Planungen, Vereinbarungen, Maßnahmen, Kräfte und Mittel, welche die Beziehungen zwischen militärischen Institutionen und zivilen Organisationen und Behörden sowie der Zivilbevölkerung unterstützen, erleichtern oder fördern. Dazu gehören beispielsweise die folgenden Bereiche:

Zivil-Militärische Zusammenarbeit in Deutschland

Wichtige Rechtsgrundlagen für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit in Deutschland sind der Artikel 35 des Grundgesetzes sowie das Zivilschutzgesetz.

Die Zivil-Militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr (ZMZ Bw) ist ein ei­gen­ständiger Aufgabenbereich innerhalb der Bundeswehr. ZMZ Bw umfasst alle Maßnahmen, Kräfte und Mittel, welche die Beziehungen zwi­schen Dienststellen der Bundeswehr auf der einen Seite und zivilen Be­hör­den sowie der Zivilbevölkerung auf der anderen Seite regeln, unterstützen oder fördern. Dies gilt sowohl innerhalb Deutschlands als auch bei Einsätzen der Bundeswehr im Ausland. ZMZ Bw schließt die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und anderen nicht-staatlichen Organisationen sowie internationalen Organisationen aus­drücklich ein.

Die Bundeswehr verfügt für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit in jedem Bundesland über ein Landeskommando (LKdo) als Ansprechpartner. In den Landkreisen und kreisfreien Städten existieren darüber hinaus Bezirksverbindungskommandos (BVK) und Kreisverbindungskommandos (KVK), die mit erfahrenen und ortskundigen Reservisten besetzt sind. Geführt werden die Verbindungskommandos durch Beauftragte der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit – kurz BeaBwZMZ.

Die Aufgaben des BeaBwZMZ bestehen primär in der Beratung der zivilen Entscheidungsträger über die Verfahren der Anforderung, über Möglichkeiten, aber auch über Grenzen der Unterstützung der Bw in der Amts- und Katastrophenhilfe. Die BeaBwZMZ mit ihren BVK/KVK stellen ein sehr wichtiges Element im neuen territorialen Netzwerk der Bundeswehr dar, da sie eine entscheidende Rolle in der Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Regierungsbezirken und Landkreisen bzw. kreisfreien Städten bei der gemeinsamen Katastrophenabwehr wahrnehmen.

16 Standorte der Bundeswehr gelten als sogenannte ZMZ-Stützpunkte beziehungsweise Spezialstützpunkte. Von diesen sind fünf mit Pioniergerätschaften ausgestattet, neun mit medizinischer Ausrüstung und zwei mit Ausrüstung zur ABC-Abwehr:

Darüber hinaus besitzt die Bundeswehr ein CIMIC-Zentrum in Nienburg/Weser (Niedersachsen), an dem insbesondere Spezialisten für Auslandseinsätze zur Verfügung stehen.

Am 8. Dezember 2008 unterzeichneten der Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), Albrecht Broemme und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, ein „Kooperationsprotokoll zwischen dem Bundesministerium des Innern, vertreten durch die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, und dem Bundesministerium der Verteidigung über die Zusammenarbeit bei Hilfeleistungen im In- und Ausland“. Danach kann das THW im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit Liegenschaften der Bundeswehr mitnutzen sowie gegenseitige Ausbildungsunterstützung leisten. Für Auslandseinsätze des THW wurden Vereinbarungen zum Mitflug von THW-Helfern in Transportfflugzeugen der Bundeswehr, der medizinischen Mitversorgung von THW-Helfern in Einsatzsanitätseinrichtungen der Bundeswehr und zu verschiedenen Maßnahmen logistischer Unterstützung, zum Beispiel Einbindung der THW-Helfer in die Feldpost- und Bargeldversorgung getroffen.

Kritik

Von verschiedenen Hilfsorganisationen wird Kritik an dem Konzept der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit geäußert, insbesondere in Bezug auf Auslandseinsätze.[1] Den Verfechtern dieses Konzepts wird vorgeworfen, der Zusammenarbeit durch die zivile Komponente eine humanitäre Note geben zu wollen, und damit den Krieg zu verharmlosen. Einer der Hauptkritikpunkte an CIMIC/ZMZ besteht darin, dass sich das Risiko für die zivilen Kräfte erhöhe, Ziel von gewalttätigen Aktionen zu werden, da sie vor allem für die Bevölkerung vor Ort oft nur schwer von den militärischen Akteuren zu unterscheiden seien und somit als potentielle Feinde wahrgenommen würden.[2] Außerdem werde durch die Zusammenarbeit von zivilen mit militärischen Akteuren die Neutralität der zivilen Helfer und Helferinnen in Frage gestellt, sodass diese möglicherweise in den Konflikt mit einbezogen werden.[3] Oft besteht die Aufgabe ziviler Organisationen unter anderem darin, als Vermittler zwischen den Konfliktparteien zu agieren (siehe auch Mediation), wofür eine neutrale Haltung natürlich unverzichtbar ist. Zudem besteht die Gefahr, dass zivile Akteure in ihrer Forderung nach Gewaltfreiheit nicht mehr ernst genommen werden, wenn sie sich selber auf den Schutz des Militärs verlassen. Des weiteren haben zivile nichtstaatliche Akteure eine Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern und Spendern sowie ihren meist humanitären Zielen. Vor allem bei einem unrechtmäßigen Handeln des Militärs müssen sie sich daher deutlich von diesem distanzieren.[4] Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich aus der Finanzierung von CIMIC/ZMZ – Einsätzen: Diese würden teilweise vom Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, nationalen und internationalen Organisationen sowie Privatpersonen finanziert. Somit fließe diesen Einsätzen und damit auch dem Militär Geld zu, das ansonsten für zivile Organisationen oder für den Einsatz von zivilen Friedensfachkräften verwendet werden könne.[5]

Literatur

  • Ute Finckh-Krämer, Ulrich Finckh: Zivil-militärische Zusammenarbeit. Über die Gefahr der Verharmlosung von Militär und Krieg, Hg. v. Bund für Soziale Verteidigung, Minden 2006, ISSN 1439-2011

Einzelnachweise

  1. Runge, Peter: Helfer in Uniform? Militäreinsätze in der humanitären Hilfe. In: Wissenschaft und Frieden Heft 4.2006
  2. Jürgen Lieser: Helfer als Handlanger? Humanitäre Hilfe in den Zeiten der neuen Kriege. (Caritas international, eingesehen am 18. Dezember 2008)
  3. VENRO-Positionspapiere: Perspektiven für Frieden, Wiederaufbau und Entwicklung in Afghanistan. Oktober 2007 und Fünf Jahre deutsche PRTs in Afghanistan:Eine Zwischenbilanz aus Sicht der deutschen Hilfsorganisationen. Januar 2009
  4. Ute Finckh-Krämer, Ulrich Finckh: Zivil-militärische Zusammenarbeit. Über die Gefahr der Verharmlosung von Militär und Krieg, Hg. v. Bund für Soziale Verteidigung, Minden 2006, S. 8-10
  5. Ute Finckh-Krämer, Ulrich Finckh: Zivil-militärische Zusammenarbeit. Über die Gefahr der Verharmlosung von Militär und Krieg, S.13