Zum Inhalt springen

St.-Mauritz-Kirche (Münster)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. August 2010 um 08:14 Uhr durch 92.228.253.153 (Diskussion) (Chor). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:StMauritz.jpg
St. Mauritz zu Münster vom Hohenzollernring aus gesehen

Die katholische Stifts- und Pfarrkirche St. Mauritz ist der älteste Sakralbau in Münster (Westfalen).

Sie liegt im Westen des Mauritzviertels – und damit knapp außerhalb des Innenstadtrings Münsters – an der Sankt-Mauritz-Freiheit in der Nähe des St. Franziskus-Hospitals mit Frontblick zum Hohenzollernring. Die katholische Mauritzschule (Grundschule), der Kindergarten St. Mauritz, das Kinderheim St. Mauritz und der Mauritz-Friedhof gehören zur Mauritz-Pfarre dazu.

Patrozinium

Die Kirche steht unter dem Patrozinium des Hl. Mauritius. Mauritius (deutsch: Moritz), gestorben um 290 in Agaunum im Wallis, war der Legende nach der Anführer der Thebaischen Legion. Er wird seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt. Er galt als Schutzheiliger des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede, und gilt zudem als Schutzheiliger der Handwerker, die mit dunkler Farbe umgehen, und der Pferde. Sein Gedenktag ist der 22. September.

Geschichtliche Bedeutung

Datei:StMauritz seitlich.jpg
Rechtes Seitenportal
Innenansicht

Das Kollegiatstift St. Mauritz galt nach dem Domkapitel des St.-Paulus-Doms als das bedeutendste Stift im Bistum Münster.

Das genaue Gründungsdatum des Stifts ist aufgrund der nicht mehr vorhandenen Gründungsurkunde unbekannt. Untersuchungen der romanischen Osttürme bei Grabungen im Jahre 1970 lassen aber vermuten, dass das Stift um das Jahr 1064 herum oder kurz danach errichtet wurde. Der Bau fiele damit in die Amtszeit Bischof Friedrichs I.. Möglicherweise stammten die Pläne zum Bau bereits von seinem Vorgänger Rudbert. Als Belege, dass Friedrich I. für die Errichtung verantwortlich zeichnete, dienen seine engen Verflechtungen zum St. Mauritius-Dom in Magdeburg, wo er zunächst Kanoniker war, dann zum Dompropst aufstieg, aber mit seinem Streben nach dem Amt des dortigen Erzbischofs scheiterte, sowie das daraus resultierende Mauritius-Patrozinium der St.-Mauritz-Kirche.

Der Abschluss der Bauarbeiten an der Stiftskirche erfolgte vermutlich unter dem Nachfolger Friedrichs I., Bischof Erpho. Auf ihn geht das Langhaus zurück, in dem Friedrich I. begraben liegt, sowie die Kirchweihe. Erweiterungen erfuhr das Stift offenbar durch den von 1098 bis 1118 amtierenden Bischof Burchard mit dem Kreuzgang, den Stiftsgebäuden sowie der Blasiuskapelle. Der münstersche Bischof Hermann II. stiftete die Dechanei und beauftragte 1177 den Ausbau des Kapitels. In diesen Zeitraum fallen auch der Bau des Westturmes und der Erphokapelle.

Bestimmte der Bischof von Münster bis ins 14. Jahrhundert hinein noch die Pröpste von St. Mauritz, änderte sich dies durch eine Verwaltungsreform gegen Ende des Jahrhunderts. Sie folgte vergleichbaren Veränderungen am Dom, nach denen die Rechte des jeweiligen Propstes eingeschränkt wurden. Zum Ausgleich erhielt das Stift allerdings das Recht der freien Propstwahl.

Im Jahre 1529 war das Stift St. Mauritz Ausgangspunkt der Entwicklung hin zum Täuferreich von Münster, als der damalige Kaplan Bernhard Rothmann dort anfing, reformatorisch zu predigen. Nachdem die Täufer 1534 die Kontrolle über die Stadt erlangt hatten, wurde es verwüstet und in Brand gesetzt, nach der Niederschlagung des Täuferreichs aber wiederhergestellt. Im Jahre 1811 erfolgte die Aufhebung des Stifts.

Nach weitreichender Zerstörung des St.-Paulus-Doms am 23. und 25. März 1945 war St. Mauritz zeitweilig die einzige nutzbare alte Kirche in Münster.

Gebäude

Die Kirche hat ein dreischiffiges neuromanisches Langhaus basilikalen Querschnitts. Östlich des Lanhauses liegt ein gotischer Chor, der durch zwei romanische Türme (Osttürme) flankiert wird. Dem Langhaus vorgelagert erhebt sich der mächtige Glockenturm (Westturm). Unterhalb des Turmes befindet sich der Durchgang vom Langhaus in die Erphokapelle, die dem Westturm vorgelagert ist.

Osttürme

Von dem Gründungsbau der Stiftskirche sind heute nur noch die beiden romanischen Osttürme und jeweils angrenzende Teile des Mauerwerks des Chorraumes erhalten. Dies konnte bei Grabungsarbeiten im Jahr 1970 festgestellt werden. Die Türme sind schlank gebaut. Etwa auf halber Höhe beginnt die Aufgliederung der Türme in Geschosse, in deren Wände ringsherum Fenster eingelassen sind. Im untersten Geschoss befinden sich schlichte Rundbogenfenster, im mittleren Geschoss Doppel-Arkadenfenster, im oberen Geschoss Dreier-Arkadenfenster, und über diesen jeweils ein kleines Rundfenster, das durch Relief-Figuren flankiert wird. Die Turmhauben sind jeweils schlichte Spitztürme, die mit Schiefer gedeckt sind, und deren Höhe ca. das doppelte der jeweiligen Seitenflächenbreite ergibt.

Chor

Der Chor war ursprünglich romanisch. Er wurde 1476 durch einen gotischen Chor ersetzt. Während der ursprüngliche romanische Chor eine quadratische Grundfläche hatte, ist der Neubau rechteckig angelegt und hat zwei Joche. Der anschließende Chorabschluss ist fünfflächig, von denen jeweils eine Fläche eine Verlängerung des Chores bilden. Im gesamten Chorraum sind schwarze und weiße Marmorfliesen verlegt.

Sakristei

An der Südseite des Chores befindet sich die Sakristei, die teilweise noch aus Resten des alten (romanischen) Mauerwerks besteht. Der Raum war ursprünglich wohl ein Kapellenraum.

Langhaus

Das ursprüngliche romanische Langhaus war einschiffig. Es musste 1857 wegen Einsturzgefahr abgebrochen werden und wurde durch ein dreischiffiges neuromanisches Langhaus basilikalen Querschnitts ersetzt, das in Jahren 1959-1961 nach Plänen des münsterschen Diözesanbaumeisters Emil von Manger errichtet wurde. Das neue Langhaus wurde reich ausgemalt. Erhalten sind heute noch die Wandbilder auf den Flächen oberhalb der Arkadenbögen im Mittelschiff mit szenischen Darstellungen der acht Seligkeiten. Sie verbergen sich unter einer Schutzwand, die, wie sämtliche Wandflächen der Kirche, schlicht weiß gestrichen wurden.

Westturm

Der Westturm stammt aus dem 12. Jahrhundert. Er besteht aus mehreren übereinander liegenden gewölbten Räumen. Der unterste Raum bildet den Durchgang vom Langhaus zur Erphokapelle. Der darüber liegende Raum gliedert sich in die Orgelkammer zur Kirche hin mit einem Vorraum, von dem aus früher wohl die Glocken geläutet wurden. Die tönernden Überreste der Öffnungen/Führungen für die Glockenseile sind noch vorhanden. Darüber befinden sich zwei weitere Räume, in denen u.a. das Geläut und der Uhrmechanismus untergebracht sind.

Von ihrer äußeren Erscheinung ist die obere Hälfte des Trumes ähnlich den Osttürmen gestaltet, wobei jede Turmseite gewissermaßen als "doppelte" Version der Osttürme erscheint: In Turmmitte befinden sich zunächst schlichten, schmalen Fensteröffnungen, darüber - je Turmseite - zwei Doppel-Arkadenfenstern, darüber - je Turmseite - zwei Dreifach-Arkadenfenster.

Über dem steinernden Turmgemäuer erhebt sich eine mächtige, barock geschwungene Turmhaube, die 1709 aufgesetzt wurde. Diese Haube mündet in einer schlanken Turmlaterne. Es handelt sich dabei um einen achteckigen, nach allen Seiten offenen, pavillon-ähnlichen Raum. Darüber befindet sich wiederum eine langgestreckte Turmhaube, die deutlich an eine Zwiebel-Turmform erinnert.

Erphokapelle

Von besonderer Bedeutung ist die Erphokapelle. Sie schließt an den Westturm an.

In der Erphokapelle befindet sich u.a. das Epitaph des Dechanten Johann Belholt († 1489). Es ist ein frühes Werk des Bildhauers Evert van Roden aus Münster.

Bauschmuck

Kunsthistorisch bedeutend sind die zehn Nischenreliefs der Osttürme von St. Mauritz, von denen sich heute drei im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster befinden. Sie gehören zu den sehr wenigen Reliefs am Außenbau einer Kirche im 11. Jahrhundert, welche überliefert sind. Vermutlich entstanden sie um 1090. Dargestellt sind zum Beispiel fünf männliche, kriegerische Figuren und eine weibliche Heilige. Als Vergleichswerke sind die ebenfalls im 11. Jahrhundert entstandenen Nischenreliefs der Westfassade von St. Pantaleon in Köln zu nennen.

Ausstattung

Hochaltargemälde

In der Kirche befand sich einst ein barocker Hochaltar aus dem jahre 1664. Erhalten ist davon nur das Altarbild Christus am Kreuz. Es wurde im 17. Jahrhundert von Johann Bockhorst aus Münster, einem engen Mitarbeiter von Peter Paul Rubens, geschaffen. Lange wurde das Gemälde aber Anthonis van Dyck zugeschrieben. In diesem Bild ist links der Stifter (Propst Arnold von Vittinghoff, gen. Schell) dargestellt. Im Zuge der Sanierung der Kirche 2009 wurde das Gemälde restauriert und erstrahlt im alten Glanz.

Kreuzigungsbild

An der Südwand des Chores befindet sich eine Kreuzigungsdarstellung aus dem Jahr 1547. Dieses Gemälde wurde von Hermann tom Ring (1521-1596) geschaffen. Links und rechts, am Fuße des Kreuzes, stehen Maria und Johannes, jeweils seitlich davon ist links Petrus und rechts Mauritius dargestellt. Im Vordergrund des Bildes sind die Brüder Peter (links) und Heinrich (rechts) Bischopink jeweils knieend dargestellt.

Achtermann-Madonna

An der Stirnseite des nördlichen Seitenschiffes befindet sich eine Madonna mit Kind im Nazarener-Stil. Die Figur wurde 1861 von Wilhelm Achtermann geschaffen, und war ab 1862 Teil eines Seitenaltares an gleicher Stelle. Der Alter selbst ist nicht mehr vorhanden. Die Darstellung des Jesuskindes ist ungewöhnlich: Das Kind ist verhältnismäßig groß gestaltet, es blickt ernst auf ein Kreuz, das es in der Hand hält. Auch der Blick Mariens ist auf das Kreuz gerichtet. Maria selbst steht auf dem Kopf einer Schlange, die sich um einen Apfel (Paradiesapfel) windet.

Epitaphe

An den Wänden innerhalb (und auch außerhalb) der Kirche finden sich etliche Epitaphe, die sich ursprünglich überwiegend in dem ehemaligen Kreuzgang des Stifts befanden.

Lichtkreuz

Bemerkenswert ist das von dem Künstler Ludger Hinse aus Bochum gestaltete moderne Lichtkreuz über dem Altar. Es war eines der Objekte des Ausstellungsprojektes „Das Kreuz mit dem Kreuz“, das 2007 bis 2009 in verschiedenen Kirchen in Nordrhein-Westfalen gezeigt wurde, u.a. auch in der Sankt-Mauritz-Kirche.

Das Lichtkreuz ist aus Plexiglas gefertigt. Es misst circa 2 m in der Breite beziehungsweise der Höhe und hängt frei beweglich im Kirchenraum. Durch den Luftstrom ist es immer in sanfter Bewegung. Durch eine spezielle Verarbeitung des Plexiglases spiegelt das an sich transparente Kreuz jedes Licht (Tageslicht, Kirchenbeleuchtung, Kerzenschein) im Kirchenraum wider, und macht einzelne Farbtöne des Lichts (Lichtspektrums) „sichtbar“: Für den Betrachter erscheint die an sich durchsichtige Oberfläche „gefärbt“. Die jeweilige Farbe hängt von der jeweiligen Position der Lichtquelle, dem jeweiligen Einfallswinkel des Lichts, der jeweiligen Position des Betrachters im Kirchenraum ab. Die Farberscheinung verändert sich dann immer wieder durch eine Bewegung des Kreuzes oder den Standortwechsel des Betrachters, und strahlt auch in den Kirchenraum aus.

Orgel

Die nachweislich erste Orgel wurde im Jahr 1503 von Johan tom Soide gebaut. Sie fiel aber bereits 1533/1534 den Wiedertäufern zum Opfer, die nicht nur die Orgel, sondern auch Altäre und Gemälde zerstörten und die Gewölbe der Kirche beschädigten. In der Folgezeit sind weitere Instrumente belegt, unter anderem ein Instrument von dem Orgelbauer Johann Kersting aus dem Jahr 1833 mit elf Registern.

Die (heutige) Orgel geht zurück auf das Instrument, das Friedrich Fleiter (Münster) im Jahr 1882 unter Verwendung von Material aus der Vorgängerorgel von 1833 neu erbaut hat.

In der Nachkriegszeit wurden erhebliche Eingriffe in das Orgelwerk vorgenommen. Durch Franz Breil aus Dorsten wurden der ursprüngliche „singende“ Klang der Orgel entsprechend dem damaligen Zeitgeschmack „barockisiert“ und die Disposition verändert. Nachdem bereits 1955 die Spiel- und Registermechanik durch eine neue ersetzt worden war, tauschte Franz Breil die Mechanik 1983 wiederum komplett aus. Im Jahr 2002 wurde das Instrument durch Romanus Seifert aus Kevelaer weitgehend in den historischen Zustand von 1882 zurückversetzt und das romantische Klangbild wieder hergestellt.

Die Orgel gilt als das größte und kulturhistorisch wertvollste Instrument unter den wenigen erhaltenen Denkmalorgeln in Münster. Angesichts der als herausragend beschriebenen Akustik der St.-Mauritz-Kirche lassen sich mit der Orgel mit ihrem romantischen Klangbild kathedralähnliche Klänge erzeugen.

Orgelwerk

Das Orgelwerk befindet sich in einer Orgelkammer, oberhalb des Durchganges von der Kirche zur Erpho-Kapelle. Die Kammer hat eine Fläche von circa 16 m². An ihrer Südwand befindet sich ein circa 1 m breiter Gang, dahinter, zur Nordwand hin, abgetrennt durch eine Holzwand, das Orgelwerk. Die Spielanlage befindet sich in oben genannten Gang, seitlich an der Orgel. Die Registerzüge sind hufeisenförmig um das Notenpult angeordnet (links senkrecht: Pedal, oberhalb waagerecht: Hauptwerk und Manualkoppel, rechts senkrecht: Brustwerk). Die Windanlage befindet sich außerhalb der Orgelkammer, in einem Vorraum.

Das rein mechanische Instrument hat 22 Register:

I Hauptwerk C–f3
Bordun 16′
Prinzipal 8′
Gamba 8′ 2002
Hohlflöte 8′
Oktav 4′
Rohrflöte 4′
Oktav 2′
Sesquialtera II 22/3
Mixtur IV 11/3
Trompete 8′
II Brustwerk C–f3
Geigenprinzipal 8′ 2002
Salicional 8′ 2002
Gedackt 8′
Gedackt 4′
Waldflöte 2′
Klarinette 8′
Pedalwerk C–f1
Subbahs 16′
Principalbahs 8′
Octavbahs 4′
Posaune 16′
Trompete 8′
Clairon 4′
  • Koppeln und Spielhilfen:
    • Manualkoppelzug II-I
    • Pedalkoppeltritt I-Ped
    • Pedalzungentritt (16', 8', 4')
  • Anmerkungen
Sesquialtera (Hauptwerk): Intonation ähnlich einem Cornett, Basis für die Mixtur IV.
Bahs (Bassregister im Pedal): Historische Schreibweise.
2002 = Rekonstruiertes Register.

Gehäuse

Das historische Gehäuse stammt ebenfalls aus dem Jahr 1882 und ist in Material und Ausführung einzigartig. Es wurde von dem Architekten Wilhelm Rincklake entworfen und ist vollständig erhalten.

Das Gehäuse ist circa 5,40 m breit, 6,2 m hoch und ragt circa 1,25 m in den Kirchenraum hinein. Es gliedert sich in zwei Teile: den schmiedeeisernen („eigentlichen“) Orgelprospekt, und darunter den circa 1 m hohen Gesims, auf dem die Prospektpfeifen stehen.

Der Prospektteil besteht aus einem Mittelturm, der von jeweils einem flachen Pfeifenfeld flankiert wird, und am Rande wiederum von je einem Rundturm. Die Rundtürme verfügen über filigran gestaltete Kappen aus getriebenem Messingblech. Die halbkreisförmigen Schleierbretter sind ebenfalls aus Messing gestaltet und zeigen florale Ornamente. Den unteren Abschluss der beiden seitlichen Rundtürme bilden aus Messingblech gestaltete Körbe, ähnlich den oberen Turmabschlüssen, die allerdings länglicher gestaltet sind, und daher an Bienenkörbe erinnern.

Das Gesims besteht weitgehend aus Stahlblech. Der Akadenfries wurde von der Malerin Marianne Wagener aus Münster gestaltet und zeigt Apostel-, Engel- und Heiligenfiguren, die auf Goldgrund gemalt sind.[1] Interessant ist, dass die Gehäusekosten von circa 8700 Mark (1882) die Kosten des Instruments (circa 6300 Mark, 1882) deutlich überstiegen.

Glocken

Die Basis des Geläutes bilden die drei großen Glocken des 16. Jahrhunderts, wobei die beiden Renaissanceglocken von 1550 deutliche Parallelen im Dekor zur älteren Klerusglocke erkennen lassen.

1989 ergänzte die Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock (Gescher) das Geläut um vier kleinere Cymbelglocken. Im Gegensatz zu den historischen Glocken sind die Cymbelglocken in schwerer Rippe konstruiert, so dass eine Einheit des Gesamtgeläutes nicht ganz erreicht wird.

Alle Glocken hängen in einem alten Holzglockenstuhl an Holzjochen. Zur Schonung der historischen Glocken wurden diese 2010 mit neuen Motoren und Glockenbremsen ausgestattet.[2]

In der Turmlaterne befinden sich seit 1958 zwei kleine Glocken. Sie sind nicht läutbar, sondern dienen dem Viertel-Stunden-Schlag.

Nr. Name Gussjahr Gießer Ø (cm) Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
Inschrift / (Anmerkungen)
1 Mauritius 1550 Antonius van Utrecht 124 1000 d1 +2 (lateinische Inschrift)
Mauritius ist mein Name. Mein Geläute soll Gott wohl gefallen. Die Lebenden rufe ich, den Toten läute ich. Antonius van Utrecht hat mich gemacht. 1550
2 Johannes 1550 Antonius van Utrecht 109 800 f1 +13 (lateinische Inschrift)
Johannes ist mein Name. Mein Geläute soll Gott wohl gefallen. Die Lebenden rufe ich, den Toten läute ich. Antonius van Utrecht hat mich gemacht. 1550
3 Klerus 1539 Wolter Westerhues 88 400 a1 +9 (lateinische Inschrift)
Zuvor von den bösen Wiedertäufern zerstört ist diese Glocke von dem Klerus erneuert im Jahre des Herrn 1539. Allein Gott ist die Ehre.
4 Marien 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 79 350 c2 +9 Magnificat anima mea dominum
Hoch preiset meine Seele den Herrn!
5 Kardinal von Galen 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 72,1 250 d2 +8 Nec laudibus nec timore
Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht (soll uns bewegen).
6 Niels Stensen 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 65,6 180 e2 +8 Schön ist, was wir sehen, schöner, was wir wissen, am schönsten, was wir nicht fassen.
7 Gabriel 1989 Petit & Gebr. Edelbrock 55,8 100 g2 +9 Höret auf das Wort des Herrn und verkündet es.
I Maria Regina 54 85 f2 / fis2 (Nominal nicht genau zuzuordnen)
II Carolus 45 50 as2 / a2 (Nominal nicht genau zuzuordnen)

Ansichten

Kirchenschatz

St. Mauritz verfügt über zahlreiche Gegenstände und vor allem Kostbarkeiten aus dem Schatz des ehemaligen Stifts: neben vielerlei liturgischen Geräten (Kelche, Monstranzen, Leuchter, Mantelschließen für die Chormäntel etc.) sind auch einige Reliquiare erhalten, u.a. zwei Armreliquiare des Hl. Mauritius und dessen Gefährten Exuperius, die auf das Jahr 1497 datiert werden. Außerdem zählen zum Kirchenschatz einige sehr kostbare Paramente, und auch "profane" Gegenstände, wie etwa 4 von ursprünglich 14 "Umtrunkbechern", die um 1540 gefertigt wurden und dem Stiftskapitel später von dem Mauritzer Propst Gottfried von Raesfeld überlassen wurden.

Zu den ältesten Stücken zählen ein kleiner, ca. 10 cm. hoher Silberkelch, eine Patene und der Elfenbein-Knauf des Bischofsstabes von Friedrich I. Diese Gegenstände wurden 1970 aus dem Grab des 1084 verstorbenen Bischofs entnommen. In etwa gleich alt ist auch das sogenannte Erpho-Kreuz, das der 1097 verstorbene Bischof Erpho gestiftet hat.

Erhalten sind ferner zwei (teilweise vergoldete) Silberfiguren, die Mitte des 14. Jahrhunderts gefertigt wurden. Eine Figur stellt den Stiftspatron Mauritius dar. Er steht auf einem sechseckigen (einfachen) Sockel, trägt eine Rüstung, samt Schild und Schwert und hält eine Lanze aufrecht, an deren Spitze sich eine Fahne befindet. Die andere Figur stellt die Muttergottes dar. Sie steht ebenfalls auf einem sechseckigen Sockel, der jedoch im gotischen Stil gearbeitet ist, trägt das Jesuskind, um den Hals eine Madonnenmedaille und auf dem Kopf eine Krone.

Der prunkvollste Gegenstand des Kirchenschatzes ist ein Expositorium aus Holz, das mit Silber verkleidet wurde. Diese sehr aufwändige barocke Silberschmiedearbeit stammt aus dem Jahr 1729 und wurde in Köln gefertigt. Auf einem profilierten Sockelbau befindet sich ein kleines Podest für eine Monstranz. Der mittlere Teil des Expositoriums besteht aus sechs Hermenpilastern, jeweils drei seitlich der Expositionsfläche. Aus dem jeweils mittleren Pilaster wachsen die Halbfiguren von Aaron und Melchisedech heraus. Flankiert werden sie durch je zwei Engels-Halbfiguren an dem jeweils linken bzw. rechten Pilaster der Dreiergruppe. Vor jedem Pilaster befindet sich ein kleiner, einarmiger Kerzenleuchter, der aus dem unteren Sockelaufbau herausragt.

Die Pilaster finden ihren Abschluss mit einem profilierte Aufbau, der dem Sockelaufbau unten ähnlich gestaltet ist. In der Mitte dieses Abschlusses, oberhalb der Expositionsfläche, befindet sich eine filigrane Darstellung der Taube des Heiligen Geistes, darüber, oberhalb des profilierten Abschlussaufbaus eine Halbfigur, die "Gottvater" zeigt, die wiederum von einem prachtvollen, sehr kunstvoll gestalteten Kuppelbaldachin umgeben ist.


Literatur

  • Werner Dobelmann: Kirchspiel und Stift St. Mauritz in Münster. Ursprung und Werdegang eines Stadtviertels und seines Vorlandes. Münster 1971.
  • Hildburg und Uwe Lobbedey: St. Mauritz in Münster. Westfälische Kunststätten: Heft 48, Münster 1987.
  • Antonia Bösterling-Röttgermann: Das Kollegiatstift St. Mauritz-Münster. Untersuchungen zum Gemeinschaftsleben und zur Grundherrschaft des Stifts von den Anfängen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Mit einer Liste der Pröpste, Dechanten, Kanoniker, Vikare und Kapläne des Stifts. Münster 1990, ISBN 978-3-402-03836-9.
  • Matthias Herkt: Anwendungsmöglichkeiten computergestützter Erfassungs- und Auswertungshilfen am Beispiel der Güter- und Einkünfteverzeichnisse des Kollegiatstiftes St. Mauritz in Münster. Bochum 1991, ISBN 3-88339-902-7.
  • Matthias Herkt: Münster - Kollegiatstift St. Mauritz. In: Westfälisches Klosterbuch. Band 2, hrsg. v. Karl Hengst, Münster 1994, S. 39–45, ISBN 3-402-06888-5.
  • Wilhelm Kohl: Das Kollegiatstift St. Mauritz vor Münster. Germania Sacra (Neue Folge 47), Berlin / New York 2006, ISBN 978-3-11-019235-3.

Einzelnachweise

  1. 'Detail Arkadenfries' auf der Website der Kirchengemeinde.
  2. Aufnahme des Geläuts

Koordinaten: 51° 57′ 45,6″ N, 7° 38′ 57,3″ O