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Egon Krenz

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Egon Krenz war Vorsitzender des DDR-Kinderverbandes "Pionierorganisation 'Ernst Thälmann'", der DDR-Jugendorganisation "Freie Deutsche Jugend" (FDJ), hochrangiger Funktionär der DDR-Staatspartei "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) und 1989, dem Jahr der Wende in der DDR, für wenige Wochen als Nachfolger Erich Honeckers SED- und Staatsratsvorsitzender der DDR.

Kindheit, Ausbildung und Wehrdienst

Am 19. März 1937 wird Egon Krenz in Kolberg (Pommern) als Sohn eines Schneiders geboren. Er zieht mit seinen Eltern 1944 nach Damgarten um. 1953 wird er Mitglied in der "Freien Deutsche Jugend" (FDJ). Egon Krenz bricht eine Schlosserlehre ab und studiert von 1953-1957 am Institut für Lehrerbildung in Putbus auf Rügen und schließt mit dem Staatsexamen ab. 1955 wird er in die SED aufgenommen. Von 1957 bis 1959 leistet Krenz seinen Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee (NVA) in Prora auf Rügen ab. 1958 wird er als Delegierter der Parteiorganisation der NVA zum V. Parteitag der SED geschickt.

Aufstieg in Jugendorganisation und Partei

Egon Krenz wird zuerst 2., dann 1. Kreissekretär der FDJ im Kreis Bergen auf Rügen. Ab 1960 ist er 1. Sekretär der Bezirksleitung Rostock der FDJ. 1961 wird er Sekretär des Zentralrates der FDJ und ist verantwortlich für die Arbeit des Jugendverbandes an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen. Von 1964 bis 1967 studiert Krenz an der Parteihochschule des Zentralkomitees der KPdSU in Moskau und schließt mit dem Staatsexamen als Diplomgesellschaftswissenschaftler ab. Anschließend (von 1967 bis 1974) wird er Sekretär des Zentralrates der FDJ, verantwortlich für Agitation und Propaganda sowie für die Arbeit der FDJ an den Schulen. Gleichzeitig arbeitet er von 1971 bis 1974 als Vorsitzender der Pionierorganisation "Ernst Thälmann". Von 1971 bis 1990 ist Egon Krenz Abgeordneter der Volkskammer der DDR. Von 1971 bis 1981 ist er außerdem Mitglied des Präsidiums der Volkskammer. Ab 1973 ist Egon Krenz Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der SED. Von 1974 von 1983 hat er als Erster Sekretär des Zentralrates der FDJ die höchste Funktion in der einzigen legalen Jugendorganistation der DDR inne. Von 1981 bis 1984 ist Krenz Mitglied des Staatsrates der DDR. 1983 wird er zum Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED gewählt. Mit der Ernennung zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates wird Krenz 1984 zum zweiten Mann hinter Erich Honecker.

Wendezeit

Zur blutigen Niederschlagung des Studentenaufstandes auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking äußert sich Krenz im Juni 1989 mit den Worten: es sei "etwas getan worden, um die Ordnung wiederherzustellen". Am 18. Oktober wird Krenz Generalsekretär des ZK der SED als Nachfolger von Erich Honecker dem der Rücktritt nahegelegt worden war. Krenz wird am 24. Oktober außerdem Vorsitzender des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Er verlässt mit seiner Frau Erika, einer früheren Lehrerin, und seinen zwei Kindern (Sohn Carsten und ?) das Ghetto für hohe DDR-Funktionäre "Waldsiedlung Wandlitz". Am 3. Dezember tritt das Politbüro des ZK der SED (einschließlich Egon Krenz) geschlossen zurück. Krenz gibt am 6. Dezember den Vorsitz des Staatsrates ab. Im Januar 1990 legt er sein Volkskammermandat nieder und wird aus der (inzwischen umbenannten) SED-PDS (unter Gregor Gysi) ausgeschlossen.

Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit durch bundesdeutsche Gerichte

Nach 1991 tritt Egon Krenz als Zeuge in verschiedenen Prozessen gegen frühere Repräsentanten der DDR auf. 1992 bestreitet er, in seiner Funktion als oberster Wahlleiter der DDR die systematischen Wahlfälschungen bemerkt zu haben. 1993 streitet er die Verantwortung der früheren Mitglieder des DDR-Verteidigungsrates für die Verhältnisse an der innerdeutschen Grenze ab. Ab 1993 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Krenz wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze und Anstiftung zur Wahlfälschung. Die Berliner Staatsanwaltschaft erhebt im Juni 1993 Anklage "Totschlags und Mitverantwortung für das Grenzregime der DDR". Egon Krenz bezeichnet die Anklage wegen der Todesfälle als "verfassungs- und völkerrechtswidrig". Auch im Februar 1996 spricht er der bundesdeutschen Justiz das Recht ab, über frühere Bürger der DDR zu Gericht zu sitzen. Im Juni 1997 bedauert Krenz vor Gericht einerseits die Opfer an der innerdeutsche Grenze, weist jedoch andererseits seine Verantwortung zurück. Im August verurteilt die Große Strafkammer im Landgericht Berlin Egon Krenz wegen Totschlags in vier Fällen zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Aufgrund einer Haftbeschwerde kommt er jedoch im September nach 18 Tagen aus der Haft frei. Im November wird das Verfahren wegen Wahlfälschung gegen ihn eingestellt. Im November 1999 bestätigt der Bundesgerichtshof die Haftstrafe gegen Krenz wegen der Todesschüsse an der Mauer und verwirft damit die Revision gegen das Urteil von 1997. Egon Krenz bezeichnet das Urteil als "Kalten Krieg im Gerichtssaal". Seine Verfassungsbeschwerde wird vom Bundesverfassungsgericht am 11. Januar 2000 abgelehnt. Seine Haftstrafe muss er am 13. Januar in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Hakenfelde antreten. Am 24. Januar wird Egon Krenz in die Justizvollzugsanstalt Berlin-Plötzensee verlegt.

Verurteilt zu 6½ Jahren Haft, wird er am 18. Dezember 2003 - nach nicht ganz 4 Jahren - auf Anordnung des Berliner Kammergerichts, vorzeitig entlassen und der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Er war schon länger Freigänger im Freien Vollzug und musste nur noch nachts in die Haftanstalt. Tagsüber war Krenz am Flughafen Tegel beschäftigt, wo er ausrangierte Flugzeuge nach Russland verkaufen sollte. Zuletzt hatte er 21 Tage Urlaub im Jahr, den er an der Ostsee verbrachte. Dort lebt auch seine Ehefrau.

Da Egon Krenz mit Dean Read befreundet war, einem US-Musiker, der in die DDR aus Liebe gezogen ist und dort unter ungeklärten Umständen verstarb, interviewte ihn Tom Hanks für seine Rolle als Dean Read.

Siehe auch: DDR, Geschichte der DDR, SED, FDJ