Zorn



Der Zorn (lateinisch ira) ist ein elementarer Zustand starker emotionaler Erregung mit unterschiedlich aggressiver Tendenz, der zum Teil mit vegetativen Begleiterscheinungen verknüpft ist. Sein Gegenstück ist die Sanftmut.
Genauere Definition
Einerseits tritt er als heftiger Ärger, wutartiger Affekt, als Jähzorn oder als Zornesausbruch auf, der zu unkontrollierten Handlungen oder Worten führen kann. Der Zorn erscheint dann als Beherrscher des Menschen, der seinerseits seine Gefühlsregungen nicht mehr kontrolliert. Andererseits tritt Zorn als anhaltendes, gerecht erscheinendes „Zürnen“ auf (auch als Groll, veraltet Grimm oder stärker Ingrimm bezeichnet). Bekannte Formen sind: Bauernzorn, Bürgerzorn, Volkszorn, Wählerzorn; Götterzorn, Zorn Gottes, heiliger Zorn.
Zorn ist eher gegen eine bestimmte Person oder Gruppe gerichtet, während die Wut genauso nach allen Seiten explodieren kann. Der Wut geht im Gegensatz zum Zorn eine Kränkung voraus (etwa eine zutiefst ungerechte Behandlung), die den auf Vergeltung oder Genugtuung gerichteten Erregtheitszustand psychologisch speist. Beim Zorn hingegen speist sich die Erregtheit eher zum Beispiel aus der Versagung eines Anspruchs oder Bedürfnisses (etwa das zornige Kind, das eine Süßigkeit nicht bekommen hat, oder der zornige Vater, dem der Respekt verwehrt wurde). Das Ziel ist hier weniger die Vergeltung, sondern der deutliche Ausdruck von Unmut und Unzufriedenheit, mit dem Ziel, das Gegenüber unmissverständlich zu warnen. Ein weiterer Erregtheitszustand ist die Empörung, die einen Verstoß gegen die allgemeine Sittlichkeit zum Anlass für eine emotionale Reaktion hat.
Kulturgeschichte
In der Ilias des Homer ist der Zorn des Achill ein wichtiges Motiv. Die eigentliche Grundstimmung Achilles' ist jedoch achos, der drückende, quälende Schmerz.
Eine besondere Rolle räumt Laktanz in seiner Schrift De ira dei dem Zorn Gottes ein. In Abgrenzung zu den fernen und leidenschaftslosen Göttern bei Epikur und der Stoa sei der Zorn des christlichen Gottes, der straft und droht, eine Voraussetzung für die Gottesfurcht, die wiederum Voraussetzung für alle Religion sei. Die Religion ihrerseits ist laut Laktanz die Grundlage von Weisheit und Gerechtigkeit ( De ira dei, 12). Gott wäre auch nicht Garant der guten Weltordnung, wenn er ob der Missetaten der bösen Menschen nicht erzürnen würde.
In der christlichen Theologie zählt Zorn zu den „Sieben Hauptlastern“. Er wird in der abendländischen Kunst entsprechend allegorisch dargestellt.
Siehe auch
Literatur
- Seneca, Über den Zorn (De ira), ISBN 3442013917
- Peter Sloterdijk, Zorn und Zeit, Frankfurt/M. 2006, ISBN 3518418408
- Lactantius, De ira dei
- Eva Maria Engelen, Eine kurze Geschichte von "Zorn" und "Scham", Archiv für Begriffsgeschichte (50)2008
- Jürgen Werner, Die sieben Todsünden. Einblicke in die Abgründe menschlicher Leidenschaft, Stuttgart 1999 (zum Zorn: S. 47 - 69), ISBN 3421052786