Governance
Governance bezeichnet generell das Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie Staat oder Gemeinde. Häufig wird es auch im Sinne von Steuerung oder Regelung einer jeglichen Institution (etwa einer Gesellschaft oder eines Betriebes) verwendet.
Für den aus dem Englischen kommenden Begriff Governance gibt es keine deutsche Entsprechung; Eindeutschungsversuche wie "Gouvernanz" haben sich nicht durchgesetzt. Der Ausdruck ist - im politischen Umfeld - alternativ zum Begriff Government (Regierung) entstanden und soll ausdrücken, dass innerhalb der jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Einheit Steuerung und Regelung nicht nur vom Staat ("Erster Sektor"), sondern auch von der Privatwirtschaft ("Zweiter Sektor") und vom "Dritten Sektor" (Vereine, Verbände, Interessenvertretungen) wahrgenommen wird. (Unter Corporate Governance versteht man die Kontroll- und Steuerungsstruktur innerhalb, gelegentlich auch ausserhalb - rechtliche Regelungen - privatwirtschaftlicher Unternehmen.). Dabei können verschiedene Koordinationsmechanismen ausgemacht werden. Zum einen kann der Staat hierarchisch entscheiden, was beispielsweise in der Eingriffsverwaltung (zum Beispiel Steuererhebung) notwendig ist. In anderen Bereichen können vermehrt marktliche Arrangements getroffen werden. Im Laufe der letzten Jahre wurden namentlich die sog. Netzwerkindustrien (Telekommunikation, Elektrizität, Postdienste, etc.) entflochten und somit die ehemals staatliche Bereitstellung durch eine Wettbewerbskoordination mit staatlicher Regulation oder Selbstregulierung ersetzt. Auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung wurden zusehends "Marktmechanismen" eingeführt. So zum Beispiel der Leistungslohn oder die "Führung durch Leistungsauftrag und Globalbudget". Des Weiteren sind Netzwerke als Governance-Mechanismen erkannt worden. Dabei werden staatliche Institutionen, privatwirtschaftliche und non-for-profit Organisationen (zum Beispiel Verbände) zusammengefasst, um einen bestimmten Politikbereich zu steuern. Die Rolle des Staates soll damit nicht unterminiert, sondern neu definiert werden. Ihm obliegt es das Netzwerk zu koordinieren, wobei er sich von seiner Verantwortung zur Leistungserbringung in einem bestimmten Politikbereich nicht lossagen kann. Ebenso scheint es offensichtlich, dass netzwerkartige Arrangements an sich nicht sonderlich neu sind. Gerade in Ländern mit ausgeprägter korporatistischer Tradition sind sie gewissermassen Teil des politischen Lebens (zum Beispiel Deutschland, Niederlande, Schweiz, in gewissen Massen auch die Europäische Union). In der Governance-Debatte wird jedoch eine breitere Sicht angenommen. Es geht nicht mehr nur um die Koordination von Arbeit und Kapital, sondern auch darum, die verschiedensten Politikbereiche insb. der Leistungsverwaltung in netzwerkartiger Form zu steuern. Ein treffendes Beispiel dürfte das Standortmarketing von Städten, Regionen oder ganzen Nationen sein. Hierbei gibt es, beispielsweise im Kanton Zürich (CH), Beispiele für Netzwerke aus Behörden, Finanzinstituten, privatwirtschaftliche Unternehmen und Tourismusvertretern (http://www.greaterzuricharea.ch).
Im Gegensatz zum normativen Konzept der Good Governance wird Governance heute im Allgemeinen wertneutral verwendet. Hierbei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass auch Governance bereits eine Abwendung vom zentralen Steuerungsinstrument 'Staat' impliziert. Allerdings wird - rein empirisch - das Wort Governance häufig oder sogar meistens nicht in irgendeinem definierten Sinne, sondern als modische Alternative zu "Government" (Regierung) verwendet.
Literatur
- König, K.: Verwaltete Regierung, Köln 2002