Ministerium für Staatssicherheit
Das Ministerium für Staatssicherheit, kurz MfS, war ein Machtinstrument der SED in der DDR.
Allgemein
Am 8. Februar 1950 wurde es gegründet. Wilhelm Zaisser wurde als Leiter eingesetzt, Erich Mielke als sein Stellvertreter. Von 1955 bis 1986 war Markus Wolf Leiter der Auslandsaufklärung des MfS. Im Volksmund heißt das MfS "StaSi".
Das MfS wurde im Zuge des "Volksaufstandes" am 17. Juni 1953 kurzzeitig (1953 - 1955) zu einem Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS)im Innenministerium degradiert. Dessen Leiter war Ernst Wollweber, der jedoch von Walter Ulbricht 1957 geschaßt und durch Erich Mielke ersetzt wurde, welcher das MfS bis zu seiner Auflösung 1989 leitete.
Das MfS bildete den Geheimdienst der DDR. Da sich das MfS als "Schild und Schwert der Partei" verstand, war ein Großteil seiner Mitarbeiter Mitglied in der SED. Es wird geschätzt, dass 1989 etwa 91.000 Menschen hauptamtlich für das MfS arbeiteten. Hinzu kamen weit mehr als 100.000 so genannte "Inoffizielle Mitarbeiter", von denen viele sich als Spitzel und im Ausland als Spione betätigten.
Die oben genannten Zahlen zeigen, dass bezogen auf die Gesamtzahl der OM und IM z.B. 200.000 und der Gesamtzahl der Bürger der BRD (80 Mil.) jeder 400. für das MfS gearbeitet hat. Unter Ausschluss der Kinder und Alten (18-80 Jahre) müsste vermutlich jeder 200. bis 300. Bürger in Gesamtdeutschland für das MfS gearbeitet haben. Geht man von einem Hauptschwerpunkt der Mitarbeiter in der DDR (16 Mio. Einwohner) aus und dass 2/3 (140.000) der Mitarbeiter dort tätig waren, war vermutlich ca. jeder 50. zwischen 18 und 80 Jahren für das MfS tätig. Viele der IM waren hauptamtlich Polizisten, Staatsbeamte und Armeeoffziere.
Der Eintrag als IM ist grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Die deutsche Bürokratie war und ist bekannt für eine ordnungsgemäße verwaltungsinterne Veraktung einer "Verbindung". Jede "Kontaktaufnahme" des MfS dürfte daher auch durch einen Aktenbeleg eventuell als IM dokumentiert sein. Alleine aus Vermerken und sonstigen Eintragungen auf Karteikarten lässt sich nicht wirklich zweifelsfrei feststellen, wie eng die Beziehung einer Person zum MfS war; sie liefern nur Indizien. Die wirklichen Geschehnisse können nur an Hand der Akten selbst nachvollzogen werden. Diese sind für viele IM noch erhalten. Sind die Akten vernichtet, so finden sich oft noch Berichte o.ä. in den Akten der Personen, über die der IM berichtet hat. Eine Verpflichtungserklärung (zur Zusammenarbeit mit dem MfS) ist in diesen Fällen allerdings oft nicht mehr aufzufinden.
Es gab sogar gewisse rechtliche Grundlagen für die Tätigkeit des MfS: das "Gesetz über die Bildung eines Ministeriums für Staatssicherheit" von 1950; Statuten des SfS/MfS von 1955 bzw. 1969 (die allerdings strengster Geheimhaltung unterlagen, in welchen aber die geheimdienstlichen Befugnisse von der Regierung oder dem Nationalen Verteidigungsrat sanktioniert wurden); die Strafprozessordnung und das Volkspolizei-Gesetz von 1968, dessen Paragraph 20 die Angehörigen des MfS mit polizeilichen Befugnissen ausstattete.
Vorläufer des MfS
Das MfS war nicht das erste seiner Art. Allein in der DDR gab es vor der Gründung des Ministeriums am 8. Februar 1950 2 Vorläufer.
Zum einen instalierten die sowjetischen Ministerien für Inneres und für Staatssicherheit (NKWD/NKGB bzw.MWD/ MGB) eine Reihe von selbständigen, umfangreichen Apperaten in der SBZ, die unter der Leitung des Generalobersten Iwan A. Serow, ab 1946 Nikolai K. Kowaltschuk standen. Zum Anderen wurde im August 1946 die Deutsche Verwaltung des Inneren (DVdI) gegründet, die die politische Polizei unter der Bezeichnung K5 vereinheitlichte. Sehr früh wurde die K5 schon damit betraut, geheimdienstliche Operationen/ Aufgaben durchzuführen und zu betreuen. Anfangs hatte die K5 einen Bersonalbestand von rund 160 (1946) und später einen Bestand von fast 700 ( April 1948) Mitarbeitern.
Am 28. Dezember 1948 gab das Politbüro der SBZ dann endlich den Startschuss für den Aufbau einer eigenständigen Geheimpolizei, mit dessen Beschluss sich Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck sowie Otto Grotewohl gegen die Befürchtungen des sowjetischen Ministers für Staatssicherheit Victor S. Abakumow behaupteten, der Angst hatte, welche Wirkung dieser Beschluss auf die Westalliierten hatte.
Ausbildungsstätten des MfS
Am 16. Juni 1951 eröffnete Walter Ulbricht im Beisein von Wilhelm Zaisser die "Schule des Ministeriums für Staatssicherheit" in Golm bei Potsdam. Ernst Wollweber, der Nachfolger Zaissers, wandelte sie 1955 in die "Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit" um, obgleich es zu diesem Zeitpunkt noch keine Hochschule war, sondern langsam dazu verändert wurde. Erst 1963 konnte man ein Diplom erwerben. Seit Juni 1965 wurde sie nach außen hin "Juristische Hochschule Potsdam" genannt. Intern wurde von 1976 bis 1989 der Name "Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit" verwendet. Am 18. Juni 1968 erhielt die Hochschule Promotionsrecht (Dr. jur. (Promotion A), ab 1. Juni 1981 auch Dr. sc. [scientiae] jur. [juris] (Promotion B)). Alle Arbeiten unterlagen den üblichen Geheimhaltungsregeln eines Geheimdienstes. Ziel er Ausbildung war es, verantwortliche Offiziere im MfS heranzubilden.
Bis 1961 wurde ein Lehrstuhl "Juristische Ausbildung", eine Arbeitsgruppe "Kriminalistik" und Institute für "Marxismus-Leninismus", "Recht" und "Spezialdisziplin" eingerichtet. 1988 kamen Lehrstühle für "Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit", "Spionage", "Politische und ideologische Diversionstätigkeit (PID)", "Politische Untergrundtätigkeit (PUT)" und "Grundfragen der Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" hinzu.
Am 19. Juni 1970 wurde die "Juristische Fachschule des Ministeriums für Staatssicherheit" gegründet und am 4. November 1970 von Erich Mielke eröffnet. Sie war der Juristischen Hochschule Potsdam angegliedert. Möglich war hier die Absolvierung eines Fachschuldirekt- oder ein Fachschulfernstudiums. Zugangsvoraussetzung war die vorherige Mitarbeit für das MfS. Bis 1984 gab es 6.343 Absolventen, gemäß Hochrechnungen waren es bis zur Auflösung der Schule circa 10.000.
(Literatur hierzu: Günter Förster: Die Juristische Hochschule des MfS, Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), Abteilung Bildung und Forschung. Berlin. 1996)
Aufgaben des MfS
Nach einem Beschluss des SED Politbüros am 23. Oktober 1953 :
- Auklärungsarbeit in Westdeutschland und Westberlin mit dem Ziel, dass Mitarbeiter des MfS in allen wichtigen Institutionen der Westalliierten anzutreffen sind (Bonner Regierung, Industrie, Forschung)
- aktive Spionageabwehr durch das Eindringen von MfS Informatoren in alle wichtige Bereiche des öffentlichen, westlichen Lebens
- Durchführung von Agenturarbeit z.B.: Kontrolle über Massenorganisationen, die Kirche, Intellektuellenkreise, Jugendgruppen
- Aufdeckung und Beseitigung feindlicher Zersetzungstätigkeiten
- Gewährleistung des absoluten Schutzes von verantwortlichen Parteifunktionären
- Gewährleistung der genauen Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsorganen und Polizei
Gliederung des MfS
Das MfS war in mehrere Hauptabteilungen sowie Unterabteilungen und Arbeitsgruppen gegliedert, die alle eng miteinander in Verbindung standen. Die Hauptgruppen waren meist mit römischen Ziffern durchnummeriert und jede von ihnen arbeitete auf ihrem ihr zugewiesenen Tätigkeitsfeld von Reiseangelegenheiten über visuelle Überwachung, Personenschutz bis hin zu Spionage Untertätigkeiten der Einzelnen Hauptabteilungen waren u.a. Waffenhandel und Ausbildung und Unterstützung der RAF.
- Minister für Staatssicherheit
- Abteilung 26 - Telefonüberwachung
- Abteilung Bewaffnung/Chemischer Dienst (BCD)
- Abteilung Finanzen
- Abteilung Nachrichten - Sicherstellung des Nachrichtenwesens
- Abteilung X - Internationale Verbindungen
- Abteilung XI - Chiffrierdienst
- Abteilung XIV - Untersuchungshaft und Strafvollzug
- Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK)
- Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) - Mobilmachung, Schutzbauten
- Wachregiment Berlin "Feliks Dzierzynski"
- Arbeitsgruppe E beim Stellvertreter des Ministers Generaloberst Mittig (AG E)
- Arbeitsgruppe XVII - Besucherbüros Berlin (West)
- Büro der Leitung (BdL)
- Büro der Zentralen Leitung der Sportvereinigung Dynamo
- Hauptabteilung I (HA I) - Abwehrarbeit in der NVA und Grenztruppen
- Hauptabteilung II (HA II) - Spionageabwehr
- Abteilung M - Postkontrolle
- Hauptabteilung III (HA III) - Funkaufklärung, Funkabwehr
- Hauptabteilung VI (HA VI) - Paßkontrolle, Tourismus, Interhotel
- Hauptabteilung VII (HA VII) - Abwehrarbeit im Ministeriums des Innern (MdI) und Deutschen Volkspolizei (DVP)
- Hauptabteilung VIII (HA VIII) - Beobachtung/Ermittlung
- Hauptabteilung IX (HA IX) - Untersuchungsorgane
- Hauptabteilung XIX (HA XIX) - Verkehr, Post, Nachrichtenwesen
- Hauptabteilung XVIII (HA XVIII) - Sicherung der Volkswirtschaft
- Hauptabteilung XX (HA XX) - Staatsapparat, Kultur, Kirche, Untergrund
- Hauptabteilung XXII (HA XXII) - Terrorabwehr
- Hauptabteilung Personenschutz (HA PS)
- Hauptabteilung Kader und Schulung (HA KuSch)
- (Juristische) Hochschule des MfS
- Zentraler Medizinischer Dienst (ZMD)
- Operativ-Technischer Sektor (OTS)
- Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD)
- Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz (ZAGG)
- Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG)
- Abt.XII Zentrale Auskunft/Speicher
- Abt.XIII Zentrale Rechenstation
- Rechtstelle
- Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) - Flucht und Übersiedlung
- Zentraler Operativstab (ZOS)
Offizielle Mitarbeiter
- Wilhelm Zaisser - Minister für Staatssicherheit (Februar 1950 - Juli 1953)
- Ernst Wollwebers - Minister für Staatssicherheit (24. Juli 1953 - Ende 1957)
- Erich Mielke - Minister für Staatssicherheit (1957 - 1989)
- Markus Wolf - Leiter der Auslandsaufklärung
Inoffizielle Mitarbeiter (IM)
- Ibrahim Böhme - IM "Maximilian"
- Günter Guillaume - Spion bei Willy Brandt
- Martin Kirchner
- Wolfgang Schnur
- Hermann Kant
Mitarbeit unklar
- Gregor Gysi - IM Notar
- Lothar de Maizière
- Manfred Stolpe - IM Sekretär
Opfer oder Personen, die beobachtet wurden
- Michael Gartenschläger
- Robert Havemann
- Gert Hof
- Matthias Platzeck
- Stefan Heym
- Helmut Kohl
- Willy Brandt
- Walter Linse
- Jürgen Fuchs
Siehe auch: Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Gauck-Behörde)
Weblinks
- http://www.bstu.de/
- http://www.stasimuseum.de/
- http://www.stasiopfer.de
- http://www.bstu.de/mfs/abk/index.htm (häufig verwendete Abkürzungen)